Lebenslauf:
HERKUNFT, AUSBILDUNG UND ERSTE STATIONEN
Hanig stammte von der deutsch-mährischen Sprachinsel Schönhengstau und besuchte in Zwittau die Volksschule sowie die erste Klasse der Realschule. Dieses Gebiet gehört zum Erzbistum Olmütz. Da er den Wunsch äußerte, Priester zu werden, wechselte er danach auf das Gymnasium in der Bezirkshauptstadt Mährisch Trübau. 1905 trat er in das Juvenat der Redemptoristen in Katzelsdorf (Bezirk Wiener Neustadt-Land, Niederösterreich) ein. Dort oblag er zwar den Gymnasialstudien: Da aber diese Anstalt noch kein Öffentlichkeitsrecht besaß, mußte er als Externist semesterweise die Prüfungen zuerst bis zur 6. Klasse am Gymnasium in Wiener Neustadt und dann am Franziskanergymnasium in Hall in Tirol ablegen, wo er schließlich 1912 maturierte.
Danach trat Hanig in den Redemptoristenorden ein, absolvierte das Noviziatsjahr und legte die einfachen Gelübde ab. 1913 begann er das Studium an der Philosophisch-Theologischen Hauslehranstalt der Redemptoristen in Mautern (Bezirk Leoben, Steiermark). Vor den ewigen Gelübden wechselte er 1916 nach Wien, trat in das dortige Priesterseminar ein und setzte sein Studium an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien fort (abs. theol. 1918; Dr. theol. 1948), wo er dem Nordgau beitrat (Couleurname Zeus). Während seines Studiums in Wien interessierte er sich für Kirchenrecht und wurde von Eduard Eichmann (Mm), dem damaligen Professor dieses Faches, geprägt. Am 21. Juli 1919 wurde er zum Priester geweiht.
Danach war Hanig Kaplan in Laa an der Thaya (Bezirk Mistelbach, Niederösterreich), um mit 1. April 1919 in dieser Funktion nach Groß-Schweinbarth (Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich) zu wechseln. Dort blieb er bis zum 31. März 1923. Danach war er bis zum 31. August 1925 Kaplan in Payerbach (Bezirk Neunkirchen, Niederösterreich). In dieser Funktion war er Katechet im benachbarten Gloggnitz.
DER DOLLFUSS-PFARRER HANIG
Mit 1. September 1925 wurde Hanig zum Pfarrer von Dreistetten (nunmehr Gemeinde Markt Piesting, Bezirk Wiener Neustadt-Land, Niederösterreich) ernannt. Diese war eine Problempfarre, weil sie durch 41 Jahre hindurch nicht besetzt war. Entsprechend war die darniederliegende seelsorgliche Situation, die Hanig dort vorfand. In den folgenden Jahren gelang es ihm, diese entsprechend zu verbessern.
Zur Pfarre Dreistetten gehörte auch die Hohe Wand. Diese ist ein gut sichtbares, 8,5 km langes und 2,5 breites Karstplateau am Rande der Wiener Neustädter Bucht des Wiener Beckens. Offenbar inspiriert durch den Wiener Pastoraltheologen Heinrich Swoboda (M-D EM), reifte bei Hanig die Idee, für die zahlreichen, vor allem aus Wien im Sommerhalbjahr anreisenden Ausflügler an Sonntagen ein Gottesdienstangebot zu organisieren. Im Zuge von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit unter Bundeskanzler Karl Buresch (Wl EM) wurde eine Straße auf die Hohe Wand erbaut. Bei deren Einweihung war der damalige Landwirtschaftsminister Engelbert Dollfuß (F-B) anwesend und kündigte die Errichtung einer Kirche am Endpunkt dieser Straße an.
Im Frühjahr 1934 gründete Hanig ein Kirchenbaukomitee, und Dollfuß wollte die notwendigen Mittel organisieren bzw. bereitstellen. Für 5. August 1934 war die Grundsteinlegung vorgesehen, die dann zu diesem Termin auch vorgenommen wurde. Infolge des NS-Putsches vom 25. Juli 1934, bei dem Dollfuß ums Leben kam, änderte sich jedoch die Lage. Das Dollfuß-Denkmal-Komitee der Vaterländischen Front (VF), für das Rudolf Kloss (Am) zuständig war, beschloß im März 1935, aus dieser Kirche ein „religiöses Nationaldenkmal“ zu machen. Maßgeblicher Architekt war der im Kirchenbau tätige Robert Kramreiter. Die Kirche wurde für heutige Verhältnisse sehr rasch fertiggestellt und am 21. Juli 1935 – im zeitlichen Umfeld des Jahrestages des Juli-Putsches 1934 – vom Erzbischof von Wien, Theodor Kardinal Innitzer (NdW), eingeweiht.
Die Kirche wurde dem hl. Engelbert, Erzbischof von Köln und Märtyrer (1185/86–1225), geweiht. In der Unterkirche befindet sich ein Wandgemälde, wo Dollfuß gemeinsam mit Märtyrern dargestellt wird. Bereits im Jahr 1935 sollen 30.000 Besucher dorthin gekommen sein. Die Kirche war eine Filialkirche von Dreistetten und wurde von Hanig betreut, der nun „Dollfuß-Pfarrer“ genannt wurde. Mit dem Anschluß war allerdings dieser „Dollfuß-Kult“ zu Ende.
HANIG HALF JUDEN IN DER NS-ZEIT
Als „Dollfuß-Pfarrer“ wurde Hanig im Zuge des Anschlusses verhaftet, jedoch nach einigen Tagen aufgrund einer Intervention von Kardinal Innitzer wieder freigelassen. Da er als Pfarrer in Dreistetten nicht mehr zu halten war, wurde er mit 1. Mai 1938 zum Pfarrer von Stillfried (Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich) ernannt. Seine NS-gegnerische Haltung manifestierte sich nun dadurch, daß er Juden half, indem er sie taufte und ihnen Tauf- und Geburtsscheine ausstellte. Die Taufen wurden teilweise in den Wohnungen (Wien) der Betreffenden vorgenommen. Bei dieser Aktion half ihm seine Schwester Stefanie. Nach seinen Angaben sollen es über 50 Taufen gewesen sein.
Dieser Umstand wurde bereits in einem Tagesreport der Gestapo vom 4. Oktober 1938 vermerkt. Schließlich wurde Hanig am 18. Dezember 1938 verhaftet, „da er fortgesetzt mangelhaft ausgefüllte Geburtsdokumente an Juden ausstellte, die sich bei ihm taufen ließen“. In einem Bericht der Gestapo vom 9. Februar 1939 wird vermerkt, daß durch die „auffallend vielen Judentaufen“ in Stillfried öffentliches Ärgernis erregt wurde. Am 9. Juni 1939 wurde er entlassen, war aber dann vom 27. April 1941 bis zum 21. Juni 1942 neuerlich in Gestapohaft. Insgesamt war er also rund 18 Monate in Haft, verurteilt wegen Amtsmißbrauches wurde er nur zu acht Monaten.
Hanig gehörte zum Kreis jener CVer, die währende der NS-Zeit auf unterschiedlichste Weise und mit Gefahr für sich selbst Juden geholfen haben, wie z. B. der Priester und Universitätsprofessor Johannes Kosnetter (Aa), Rudolf Krasel-Almwehr (Merc), der Arzt Arthur Lanc (NdW), Pfarrer Peter Lorenz (NbW), Josef Marschall (Dan), der Priester Anton Maria Pichler (NbW), Ludwig Sölder (Le) und Kaplan Hans Spitzer (Kb).
HANIGS WEITERE LAUFBAHN
Durch die Haft wurde Hanig gesundheitlich sehr stark beeinträchtigt, so daß er mit 1. Juni 1940 seitens der Erzdiözese Wien offiziell in Ruhestand ging. In der Pfarre Stillfried wäre er ohnedies nicht mehr zu halten gewesen. Er nützte nun die Zeit für ein Promotionsstudium im Fach Kirchenrecht. Seit 1938 supplierte Franz Zehentbauer (Pan EM) diese Lehrkanzel, bis 1947/48 Franz Arnold (Nc) zum Professor ernannt wurde.
Mit 17. November 1947 wurde Hanig zum Auditor (Untersuchungsrichter) beim Erzbischöflichen Metropolitan- und Diözesangericht Wien und am 29. März 1950 zum Defensor vinculi substitutus (stellvertretender Ehebandverteidiger) bestellt, wobei er die Funktion eines Auditors beibehielt. Mit 1. Februar 1964 wurde er schließlich zum Prosynodalrichter ernannt, welche Funktion er bis zu seinem Tod ausübte. Gleichzeitig wurde ihm mit dieser Ernennung der Titel Erzbischöflicher Gerichtsrat verliehen. Zu dieser Zeit waren Alois Illek (Rd) und ab 1953 Franz Arnold (Nc) Offiziale des Erzbischöflichen Metropolitan- und Diözesangerichts.
Hanig engagierte sich auch bei seiner Verbindung Nordgau. Nachdem deren bisheriges Heim am Kohlmarkt nicht mehr zur Verfügung stand, stellte er von 1946 bis 1959 einen Teil seiner geräumigen Wohnung im Komplex des Schottenstiftes zur Verfügung. Dadurch ergab sich praktischerweise, daß er ab 1951 auch die Funktion eines Verbindungsseelsorgers ausübte. 1959 legte er diese Funktion nieder, und die Verbindung fand im selben Jahr ein neues Heim in der Herrengasse. Er wurde auf dem Friedhof in Wiener Neustadt begraben.
Quellen und Literatur:
Verbindungsarchiv Nordgau Wien (Stammblatt, Biographie, Parte).Diözesanarchiv Wien. Priesterdatenbank.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Farbe Verfolgung. Hg. von Herbert Fritz und Peter Krause (Rt-D). Wien 2. wesentlich verb. Aufl. 2013, 325f.
Dreidemy, Lucile: „Denn ein Engel kann nicht sterben.“ Engelbert Dollfuß 1934–2012: Eine Biographie des Posthumen. Wien phil. Diss. 2012, 103–106 (über die Kirche auf der Hohen Wand).
Weinzierl, Erika: Zu wenig gerechte. Österreicher und Judenverfolgung 1938–945. Graz 4. erw. Auflage 1997, 114.
Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1934–1945. Eine Dokumentation. Band 3. Hg. vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands. Wien 1987, 103, 144f., 336 und 688..