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Sekt.-Chef a.D. Dipl.-Ing. Rudolf Kloss

Sekt.-Chef a.D. Dipl.-Ing. Rudolf Kloss

Urverbindung: Amelungia (20.10.1920)

Bandverbindungen: Baj

Geboren: 23.02.1902, Wien
Gestorben: 27.11.1982, Wien
Sektionschef
Politische Haft: 1938 Polizeigefängnis Wien, 1938/39 KZ Dachau

Lebenslauf:

AUSBILDUNG UND ERSTE BERUFLICHE LAUFBAHN

Kloss absolvierte die Realschule in Wien-Wieden (Waltergasse) und begann nach der Matura im Jahr 1920 das Studium des Hochbaus an der Technischen Hochschule Wien (Dipl. Ing. 1928), wo er der Amelungia beitrat (Couleurname Alberich). Einer seiner Leibfüchse war Friedrich Krieger (Am). Dort war er im Wintersemester 1922/23 Senior. Offenbar wegen zögerlichen Studienverlaufs fehlt er in den CV-Gesamtverzeichnissen der Jahre 1927, 1929 und 1931 und findet sich erst wieder im ÖCV-Gesamtverzeichnis 1935.

Ende Februar 1929 wurde Kloss Volontär bei der niederösterreichischen Landesregierung und dort mit 1. Juli 1930 Vertragsbediensteter. Mit 1. März 1933 wurde er als Regierungsbaukommissär im Personalstand des niederösterreichischen Bundesbaudienstes in den Bundesdienst übernommen und mit 25. Juli 1934 zur Dienstleistung in das Bundesministerium für Handel und Verkehr einberufen und zwar in die Abteilung Allgemeine technische Angelegenheiten unter Sektionschef Rudolf Schober (Nc). Mit 5. Januar 1935 wurde er als Ministerialkommissär in den Personalstand dieses Bundesministeriums übernommen und mit 1. Januar 1938 zum Ministerialoberkommissär ernannt.

KLOSS IN DEN JAHREN 1933 BIS 1938

Als Generalsekretär der Österreichischen Akademiker- und Mittelschulfahrten nach Rom und in andere Städte wurde Kloss 1932 zum Leiter der Verkehrsausschusses des im September 1933 stattgefundenen Allgemeinen Deutschen Katholikentages in Wien berufen. In diese Zeit fiel wahrscheinlich seine Wiederaufnahme in die Amelungia. Im Februar 1934 wurde Karl Maria Stepan (Nc) Bundesleiter (i. e. Generalsekretär) der Vaterländischen Front (VF). Kloss wurde von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß (F-B) im Mai 1934 zur Dienstleistung in die VF berufen, wo er zuerst Präsidialsekretär in der Bundesleitung tätig war.

Am Morgen des 25. Juli 1934, des Tages des Nationalsozialistischen Putschversuches, bei dem Bundeskanzler Dollfuß ums Leben kam, hat einer der NS-Putschisten, der offenbar ein schlechtes Gewissen bekommen hat und den Putsch verraten wollte, um 8.45 Uhr bei der Vaterländischen Front (VF) angerufen und Stepan zu sprechen verlangt. Der hatte aber keine Zeit, so daß Kloss den Anruf entgegennahm. Der Putschist schlug ein sofortiges Treffen in einem Wiener Café vor. Kloss nahm diese Telefonnachricht gelassen zur Kenntnis, da in letzter Zeit öfters Mitteilungen über einen bevorstehenden Putsch an die VF gelangt sind. Er schickte erst nach 10.30 Uhr Mitarbeiter in das genannte Café, doch der Putschist war verständlicherweise nicht mehr dort.

Es sind also zwei wertvolle Stunden vergangen, in denen möglicherweise dieser Putsch bereits im Keim hätte erstickt werden können, nämlich am Sammelort der illegalen SS-Standarte 89 in einer Turnhalle in der Siebensterngasse. Kloss stand in diesem entscheidenden Moment der jüngeren österreichischen Geschichte an einer „Weggabelung“. Ohne sich über die Tragweite dieser Mitteilung bzw. seines Handelns auch nur im entferntesten bewußt gewesen zu sein, hat seine Entscheidung, das Treffen mit dem Putschisten derart hinauszuzögern, fatale Folgen nach sich gezogen. Er dürfte sich aber seines Versäumnisses bewußt gewesen sein, denn er hat im Rahmen der Untersuchung im Nachgang des Putsches ausgesagt, den Telefonanruf erst gegen 10 Uhr erhalten zu haben.

Kloss wurde im Dezember 1934 zum Leiter der „Dollfuß-Denkmal-Aktion“ ernannt und konnte in dieser Eigenschaft mehrere Dollfuß-Denkmäler errichten, so u. a. auf dem Ballhausplatz. 1936 wurde er zum Generalsekretär des VF-Werkes „Neues Leben“ bestellt, eine Wohlfahrtseinrichtung, die an die NS-Institution „Kraft durch Freude“ (KdF) erinnert. Er konnte diese Einrichtung in kurzer Zeit zu großer Bedeutung machen.

KLOSS NACH 1938

Aufgrund seines mannigfaltigen Engagements im und für den „Ständestaat“ wurde Kloss nach dem Anschluß noch in der Nacht vom 11. auf den 12. März 1938 verhaftet und im Polizeigefängnis Wien festgehalten. Mit dem ersten Prominententransport wurde er am 1./2. April 1938 ins KZ Dachau gebracht, von wo er am 13. März 1939 freikam. Desgleichen wurde er 1938 ohne Bezüge entlassen. Nach seiner Haft wurde er ab 15. April 1939 im Heeresbauamt eingesetzt. Der dortige Leiter war der aus München abkommandierte Karl Schmanck (Vc). Kloss konnte dort einige CVer unterbringen, so u. a. Maximilian Pammer (Baj EM), den er aus VF-Zeiten gut kannte. 1941 wurde Kloss aus politischen Gründen aus dem Heeresbauamt entlassen, wurde nach Polen (Generalgouvernement) dienstverpflichtet und konnte 1943 wieder nach Wien zurückkehren, wo er bei einem Zivilingenieur beschäftigt war.

Am 30. April 1945 meldete sich Kloss wieder zum Dienst beim Staatsamt (i. e. Ministerium) für öffentliche Bauten, Übergangswirtschaft und Wiederaufbau der Provisorischen Staatsregierung unter Karl Renner, das aus dem Handelsressort ausgegliedert wurde. Staatssekretär (i. e. Minister) dieses Staatsamtes war Julius Raab (Nc). Dieser kannte natürlich Kloss und dessen Organisationstalent aus der Zeit vor 1938 und betraute ihn gleich mit der Leitung der neugeschaffenen Sektion III, die vor allem für Wiederaufbauangelegenheiten zuständig war. Bereits mit 29. August 1945 wurde Kloss zum Sektionschef ernannt, obwohl sein letzter Rang mit 1. Januar 1938 Ministerialoberkommissär war. Diese außergewöhnliche Vorgangswiese war möglich, weil zum einen die gesamte Nazizeit als Dienstzeit angerechnet und zum anderen seine Haftzeit doppelt berechnet wurde.

Zu den Aufgabengebieten von Kloss gehörte anfänglich die Organisierung des Übergangs von der Kriegs- auf eine Friedenswirtschaft. In seine Amtszeit fiel auch die wichtige Errichtung des Wohnhauswiederaufbaufonds, mit dem die Wohnraumnot der Nachkriegszeit entscheidend gemildert wurde. Durch eine Änderung des Wasserbautengesetzes konnte die Trinkwasserversorgung sowie die Abwasserbeseitigung grundlegend verbessert werden. Er diente u. a. unter den Handelsministern Eduard Heinl (Baj EM) (1946–1948), Ernst Kolb (AIn) (1948–1952) und Fritz Bock (NdW) (ab 1956). Seit 1963 war Vinzenz Kotzina (Am) Staatssekretär und als solcher besonders für die Bauangelegenheiten zuständig.

Nach der Pensionierung von Sektionschef Schober Ende 1953 übernahm die Sektion von Kloss auch die Bundesgebäudeverwaltung, womit die Errichtung, Instandsetzung und Renovierung von zivilen wie militärischen Bundesbauten verbunden war. In seine Amtszeit fielen u. a. die Wiederherstellung von Staatsoper und Burgtheater, der Neubau des Salzburger Festspielhauses, die Bauten für die Winterolympiade 1964 in Innsbruck, die Fertigstellung der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt sowie vor allem die zahlreichen Neubauten und Renovierungen von Bundesschulen (Gymnasien). In seiner Eigenschaft als Beamter war er auch Mitglied zahlreicher Aufsichtsräte, so u. a. bei den Betriebsgesellschaften sämtlicher Zivilflughäfen Österreichs. Mit 31. August 1965 wurde er pensioniert. Sein Nachfolger wurde Josef Krzisch (Nc).

Kloss war von 1936 bis 1946 Philistersenior der Amelungia. Er wurde auf dem Friedhof in Breitenfurt bei Wien begraben.

Quellen und Literatur:

Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsdirektor i. R. Heinz Hafner Am, Mitteilung 20. und 21. 5. 2021).
Enderle-Burcel, Gertrude–Follner, Michaela: Diener vieler Herren. Biographisches Handbuch der Sektionschefs der Ersten Republik und des Jahres 1945. Hg. vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands und der Österreichischen Gesellschaft für Quellenstudien. Wien 1997, S. 239f.
Bauer, Kurt: Hitlers zweiter Putsch. Dollfuß, die Nazis und der 25. Juli 1934. Wien 2014, S. 42 und 258.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Farbe Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 164.