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KonsR. Peter Lorenz

KonsR. Peter Lorenz

Urverbindung: Nibelungia (09.11.1931)

Geboren: 29.06.1912, Wien
Gestorben: 28.01.1990, Wien
Baum in der „Allee der Gerechten“, Weltpriester

Lebenslauf:

Lorenz wurde als Sohn eines deutschen Staatsbürgers geboren, der beruflich sehr viel unterwegs war und dabei unterschiedliche Berufe ausübte. Lorenz war daher auch deutscher Staatsbürger. Seine Mutter war Ungarin, sehr religiös und stammte aus dem südöstlich von Preßburg liegenden Sommerein (slowak. Šamorín, auch Somoryn, ungar. Somorja) – nicht zu verwechseln mit dem niederösterreichischen Sommerein bei Bruck/Leitha. Sie war u. a. Schneiderin bei einem Erzherzog. Nach seiner Geburt zogen die Eltern nach Stuttgart, dann nach Sommerein, wo er eine slowakische Volksschule besuchte.

Inzwischen war Österreich-Ungarn zerfallen, und Sommerein gehörte nun zur neu entstandenen Tschechoslowakei, wo in der südlichen Slowakei die Ungarn eine Minderheit bildeten. Nach der Volksschule besuchte Lorenz das ungarische Gymnasium in Komorn (ungar. Komárom, slowak. Komárno), wo er 1930 maturierte. Dort reifte sein Entschluß, Priester zu werden.

Die Umsetzung seines Wunsches war nicht leicht. Zuerst bat Lorenz im Priesterseminar der Diözese Tyrnau (slowak. Trnava, ungar. Nagyszombat), zu der Sommerein gehörte, um Aufnahme. Wegen seiner deutschen Staatsbürgerschaft wurde er aber abgelehnt. Danach begab er sich nach Deutschland, Freiburg/Br., wo er ebenfalls nicht aufgenommen wurde, weil er die Matura an einem ungarischen Gymnasium abgelegt hatte.

Verzweifelt wollte Lorenz in Wien mit dem Medizinstudium beginnen, aber der damalige Regens des Wiener Priesterseminars, Karl Handloß, nahm in auf, so daß er im Herbst 1930 mit dem Studium an der Theologischen Fakultät der Universität Wien beginnen konnte (abs. theol. 1935), wo er der Nibelungia beitrat (Couleurname Klingsor). 1934 gelang es ihm, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erhalten, und am 21. Juli 1935 wurde er zum Priester geweiht. Danach wurde er Kaplan in Hainburg, also in Sichtweite zu Preßburg.

Nach dem Anschluß im März 1938 wurde Lorenz zunehmend dem NS-Regime ablehnend eingestellt. Er ging in einen inneren Widerstand, besorgte Juden einen Ariernachweis und half Zwangsarbeitern im Steinbruch. Das blieb aber nicht unbemerkt, so daß die Gestapo auf ihn aufmerksam wurde. Da man ihm aber nichts nachweisen konnte, blieb er zwar auf freiem Fuß, stand jedoch unter Beobachtung. Und man legte ihm nahe, sich versetzen zu lassen. So wurde Lorenz am 15. Juni 1942 Pfarrprovisor in Rohr am Gebirge, einer kleinen Ortschaft im Dekanat Piesting, wo in dieser Gegend die NS-Prominenz häufig zur Jagd weilte.

Seine große Stunde bzw. Bewährung schlug gegen Ende des Krieges. Lorenz half flüchtenden ungarischen Zivilisten, desertierenden Soldaten sowohl der Deutschen Wehrmacht wie auch der noch mit ihr kämpfenden Teilen der ungarischen Armee. Dabei kamen ihm seine Sprachkenntnisse (Ungarisch, Slowakisch) zugute.

Desgleichen waren auch ungarische Juden in dieser Gegend als Zwangsarbeiter eingesetzt. Diese konnten ihrer Bewachung entkommen und wurden von Lorenz im Pfarrhof oder anderen sicheren Orten untergebracht bzw. versteckt. Gegenüber Kontrollen wies er sie als ungarische Zwangsarbeiter aus. Den Bauern im Ort, die bei der NSDAP waren, zwang er, Lebensmittel bereitzustellen. Dafür wolle er dann nach dem Krieg für sie aussagen.

Rund sechs Wochen dauerte dieser Zustand, bis der Krieg zu Ende war. Jedoch gab es, nachdem die Russen gekommen waren, wieder andere Schwierigkeiten, bei deren Beseitigung Lorenz half, insbesondere weil er sich durch seine slowakischen Sprachkenntnisse mit den Russen verständigen konnte. Jedoch wäre er beinahe von Russen erschossen worden.

Sieht man von den Schwierigkeiten, die der Krieg und die sowjetische Besatzung mit sich gebracht hatten, einmal ab, so verlief der weitere Lebensweg von Lorenz unauffällig. Mit 1. August 1945 wurde er nach Altenmarkt an der Triesting versetzt, dessen Pfarrer in der Sakristei von Angehörigen der Roten Armee erschossen wurde. Am 1. Mai 1952 wurde er zum Dechanten des Dekanats Pottenstein ernannt und ab 15. September 1955 wirkte er als Pfarrer von Pottenstein.

Aufgrund seiner Kenntnis der ungarischen Sprache wurde Lorenz während des Ungarnaufstandes Ende Oktober/Anfang November 1956 als Dolmetscher im Lager Traiskirchen eingesetzt. Im Auftrag von Erzbischof Franz Kardinal König (Rd EM) reiste er nach Ungarn. König holte sich in der Angelegenheit des Kardinals Josef Mindszenty bei Lorenz öfters Rat, weil dieser den Sekretär von Mindszenty gut kannte.

Am 30. April 1972 legte Lorenz das Amt des Dechanten zurück, und am 30. Juni 1976 resignierte er auf die Pfarre Pottenstein. Danach war er noch weiter in der Seelsorge tätig und blieb auch im Ruhestand in Pottenstein.

Lorenz gehört – ähnlich wie Arthur Lanc (NdW) und Kaplan Hans Spitzer (Kb) – in die Reihe der „Gerechten unter den Völkern“, die unter Aufsichnahme von Gefahren für ihre eigene Person in extremen Situationen des Krieges und der Verfolgung Menschen geholfen und Menschenleben gerettet haben. Für ihn wurde in Jerusalem in der „Allee der Gerechten“ ein Baum gepflanzt. Seine höchste kirchliche Ehrung war (lediglich) Konsistorialrat – sie war eigentlich für das, was Lorenz getan hat, unverhältnismäßig.

Im Alter erinnerte sich Lorenz an die Zeit um 1945: „Damals war es mir klar geworden, daß es sich rentiert hat, Priester zu werden.“

Lorenz wurde auch Urphilister der MKV-Verbindung Merkenstein-Berndorf und starb nach kurzer Krankheit im Wiener Wilhelminenspital und wurde in Pottenstein begraben.



Quellen und Literatur:

Foto: © Diözesanarchiv Wien
Weinzierl, Erika: Zu wenig Gerechte. Österreicher und Judenverfolgung 1938–1945. Graz 3. Aufl. 1985, S. 108.
Mikrut, Jan: Ein mutiger Helfer in der großen Not. Pfarrer Peter Lorenz (1912 – 1990), in: Faszinierende Gestalten der Kirche Österreichs. Hg. von Jan Mikrut. Band 9. Wien 2003, S. 189–382.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Herbert Fritz und Peter Krause (Rt-D). Wien 2. wesentlich verb. Aufl. 2013, S. 413f.