Lebenslauf:
HERKUNFT UND AUSBILDUNG
Borodajkewycz wurde als Sohn eines Beamten der k. k. Staatsbahnen geboren, der aus Stryj im Königreich Galizien, ca. 50 km südlich von Lemberg, stammte. Die väterliche Familie war ukrainischer bzw. ruthenischer Abstammung. Die Ukrainer bzw. Ruthenen in Galizien gehörten größtenteils der mit Rom unierten Kirche mit byzantinischem Ritus an. Seine Mutter war hingegen eine geborene Löwe, hatte offensichtlich einen deutschsprachigen Hintergrund und dürfte aller Wahrscheinlichkeit dem lateinischen Ritus angehört haben. Da der jüngere Bruder von Borodajkewycz nach ukrainisch-katholischen Ritus getauft worden ist, dürfte das wahrscheinlich auch bei ihm der Fall gewesen sein..
Borodajkewycz besuchte das Gymnasium in Baden bei Wien. In dieser Zeit engagierte er sich im Christlich-Deutschen Studentenbund (CDSB). Anfang 1920 bekamen dort Vertreter der Ideen der sog. „bündischen Jugend“ im CDSB die Oberhand, so daß im Frühjahr 1921 Anton Böhm auf dem Bundestag zum Bundesführer-Stellvertreter gewählt wurde. Borodajkewycz war als Gymnasiast bei diesem Bundestag und freundete sich mit Böhm an, der später Bundesführer des Bundes Neuland, Katholisch-Nationaler und dann Mitglied der NSDAP wurde.
Nach der Matura im Jahr im Jahr 1922 begann Borodajkewycz mit dem Wunsch, Priester zu werden, das Studium an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. 1924 trat er aus dem Wiener Priesterseminar wieder aus und begann das Studium der Geschichte und Kunstgeschichte an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien (Dr. phil. 1932), wo er zusammen mit seinem Bruder Ostap der Norica beitrat (Couleurname Totila).
BERUFLICHE LAUFBAHN
Borodajkewycz schlug in der Folge eine wissenschaftliche Laufbahn ein. Zu diesem Zweck absolvierte er von 1929 bis 1932 als ordentliches Mitglied den Kurs am Institut für Österreichische Geschichtsforschung und war ab 1932 Mitarbeiter bei der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs, die unter der Leitung des deutschnational orientierten Historikers Heinrich von Srbik stand. 1934 trat er als Archivar in den Dienst des Haus-, Hof- und Staatsarchivs und habilitierte sich 1937 als Privatdozent für Neuere Geschichte an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien.
1941 wurde Borodajkewycz zum Reichsarchivrat und 1942 zum außerordentlichen Universitätsprofessor für Neuere Geschichte an der Philosophischen Fakultät der deutschen Karl-Ferdinands-Universität zu Prag ernannt. Allerdings wurde er im Herbst 1942 zur Deutschen Wehrmacht eingezogen, jedoch nach wenigen Wochen wieder entlassen, so daß er mit seiner Lehrtätigkeit erst 1943 beginnen konnte. Diese Position bekleidete er bis März 1945. 1946 kehrte er über Bayern nach Österreich zurück und war von da an bis 1950 Verlagslektor beim Otto-Müller-Verlag in Salzburg. Dieser entstand 1938 als Privatunternehmen aus dem Verlag Anton Pustet Salzburg, der zuvor eine Tochterfirma des Verlags Styria Graz war und bei dem Otto Müller beschäftigt war. Anschließend war er wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Institut für Wissenschaft und Kunst.
Borodajkewycz strebte jedoch weiterhin eine Hochschullaufbahn an und erreichte, daß er 1955 zum außerordentlichen Hochschulprofessor für Wirtschaftsgeschichte an der Hochschule für Welthandel ernannt wurde. 1966 wurde er aufgrund der „Affäre Borodajkewycz“ (siehe unten) in den Ruhestand versetzt.
BORODAJKEWYCZ UND DER NATIONALSOZIALISMUS
Borodajkewycz kam, wie erwähnt, bereits als Gymnasiast mit den Ideen der Jugendbewegung in Berührung, aus denen sich große Teile der sog. Katholisch-Nationalen rekrutierten und die dann größtenteils in den Bannkreis des Nationalsozialismus gerieten. Obwohl es innerhalb des Verbandskatholizismus zwischen dieser Richtung (Bund Neuland) und dem CV zu Spannungen kam, tangierten diese Borodajkewycz nicht bei seiner Mitgliedschaft im CV. In seiner Studentenzeit (ab 1924 bis 1932) gehörte er der katholisch-nationalen Gruppe in der Studentenvertretung – Deutsche Studentenschaft (DSt) – an. Auch wurde er stark von Otmar Spann, der damals Professor für Volkswirtschaftslehre und Gesellschaftslehre an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien war, beeinflußt. Dieser vertrat vor allem antiparlamentarische bzw. ständestaatliche Vorstellungen.
Eng mit der Personengruppe der Katholisch-Nationalen ist auch ein Kreis katholischer Jungakademiker zu sehen, der nach der Wahlniederlage der Christlichsozialen Partei im Herbst 1930 von der Parteiführung unter Obmann Carl Vaugoin (Rd EM) forciert wurde, um „heimatlos“ gewordene Rechte wieder an die Partei zu binden. Aus ihm bildete sich unter der Führung des späteren Außenministers im „Anschlußkabinett“, Wilhelm Wolf (ehemals AIn), Anfang 1932 der „Volksdeutsche Arbeitskreis österreichischer Katholiken“, der eine führende Rolle bei der Vorbereitung des Katholikentags im September 1933 spielen sollte.
Zu diesem Arbeitskreis gehörten seitens des CV Borodajkewycz sowie u. a. auch Ernst Klebel (BvBl, ehemals Am), Walter Ternik (ehemals M-D), Theodor Veiter (ehemals Rd), Josef Klaus (Rd), Karl Rudolf (Am), Ernst Marboe (Baj) und Karl Lugmayer (Aa). Er vertrat nicht nur die Anschlußidee – die ja vor 1933 ideologisch unverdächtig war – , sondern im Sinne Spanns auch antiparlamentarische, antiliberale, antikapitalistische sowie antimarxistische Auffassungen.
Der um den 12. September 1933 in Wien abgehaltene Allgemeine Deutsche Katholikentag wurde sehr stark von Vertretern der „bündischen“ Idee geprägt, die zum einen die herkömmlichen katholischen Verbände, so auch den CV, zurückdrängen wollten, aus denen aber zum anderen auch – wie erwähnt – viele Katholisch-Nationale stammten. Borodajkewycz arbeitete zuerst bei dem unter der Leitung von Karl Rudolf (Am) stehenden vorbereitenden Programmausschuß mit und wurde dann – von diesem favorisiert – zum Generalsekretär des Katholikentages bestellt. Das war innerhalb des katholischen Milieus zu dieser Zeit eine Schlüsselstellung. Für diese Tätigkeit erhielt er auch den päpstlichen Orden „Pro Ecclesia et Pontifice“.
Nach Beendigung dieser Tätigkeit begann bei Borodajkewycz die deutliche Hinwendung zur NSDAP. Er stellte seine Wohnung für Treffen illegaler NS-Organisationen zur Verfügung und wurde 1938 aufgrund von Bestätigungen als illegaler Nationalsozialist sowie als „alter Kämpfer“ anerkannt. Dieser Umstand war offenbar weder seiner Verbindung Norica noch staatlichen Stellen bekannt. Im ersteren Fall wäre er aufgrund der Beschlüsse des ÖCV sofort ausgeschlossen worden. Laut parteiamtlicher Unterlagen war er vom Februar 1935 bis März 1938 illegaler Vertrauensmann des SS-Nachrichten- und Sicherheitsdienstes (SD) und stand zu dieser Zeit auch in konspirativer Verbindung mit Angehörigen der deutschen Gesandtschaft in Wien. Er gehörte auch zusammen mit anderen „Brückenbauern“ zu den Unterzeichnern einer Denkschrift der „Aktion für den religiösen Frieden“, die am 8. April 1938 dem Wiener Erzbischof, Theodor Kardinal Innitzer (NdW), überreicht wurde.
Entsprechend der jeweiligen Situation nannte Borodajkewycz unterschiedliche Zeitpunkte für seinen formellen Beitritt zur NSDAP. In einem Personal-Fragebogen der NSDAP für die Ausstellung einer vorläufigen Mitgliedskarte gab er am 12. Juni 1938 an, mit 1. Januar 1934 der Partei beigetreten zu sein. Dort behauptete er auch, er sei zwischen 1934 und 1938 aus dem CV ausgetreten. Diese Behauptung wiederholte er bei einer Zeugenaussage vor dem Strafbezirksgericht Wien am 29. Oktober 1962, wobei er als Austrittszeitpunkt Ende 1937 angab. Das entsprach aber nicht den Tatsachen.
Zwischen 1938 und 1943 gab Borodajkewycz drei verschiedene Zeitpunkte des Beginns einer formellen Mitgliedschaft an: 1934, 1937 und 1923. Die Mitgliedskarte der NSDAP wurde schließlich mit Eintrittsdatum 1. Mai 1938 (Mitgliedsnummer 6124741) ausgestellt, was damals bei „Illegalen“ (Parteieintritt vor dem Anschluß) üblich war. In einem Gespräch im Jahr 1972 gab er an, der NSDAP wegen der brutalen Niederschlagung des Februar-Putsches 1934 beigetreten zu sein. In einem Verfahren nach dem Verbotsgesetz im Jahre 1948 führte er eine früher angeführte Zugehörigkeit zur SS auf eine Gefälligkeitsbestätigung zurück.
Nach dem Anschluß war Borodajkewycz weiter für den SD tätig. Dazu warb ihn der SD-Mann Wilhelm Höttl an, der ihn als „Spion“ im Frühjahr 1939 zum Konklave nach Rom schickte. Allerdings blieb die „große Karriere“ bei Borodajkewycz aus, er wurde lediglich außerordentlicher Professor zwar an der ältesten deutschen Universität, die jedoch damals akademisch nicht mehr ihre frühere Bedeutung hatte.
Außerdem wurde seine weiterhin gläubig-katholische Einstellung kritisch vermerkt. Der SS-Sicherheitsdienst Wien stufte Borodajkewycz im Februar 1943 als einen „der gefährlichsten Vertreter der katholisch-nationalen Zwischenschicht, denen sich die Kirche von jeher in schwierigen politischen Situationen mit Erfolg bedient hat“, ein. Wegen verschiedener Äußerungen wurde dann am 7. Juli 1943 ein Parteiausschluß über ihn verhängt, der aber nicht rechtswirksam wurde, weil er Berufung eingelegt hatte. Dadurch ist dieser Ausschluß nicht aktenkundig, beruht auf einer unbeeideten Zeugenaussage von Borodajkewycz vom 28. Oktober 1962 vor dem Strafbezirksgericht Wien und ist womöglich eine Schutzbehauptung.
Seine unzweifelhafte bereits „illegale“ Mitgliedschaft in der NSDAP führte nach dem Zweiten Weltkrieg zum Ausschluß Borodajkewycz‘ aus dem ÖCV. Seine Urverbindung Norica nahm in nicht mehr auf. Nach seiner Rückkehr nach Österreich wurde er staatlicherseits als Belasteter registriert und dann 1950 als Minderbelasteter eingestuft.
DIE ZEIT NACH 1945: DIE „AFFÄRE BORODAJKEWYCZ“
Borodajkewycz versuchte, nach 1945 wieder seine alten Netzwerke zu reaktivieren, wozu seine Beziehungen u. a. zu Kardinal Innitzer, Julius Raab (Nc) und Alfons Gorbach (Cl) zählten. Es gelang ihm schlußendlich 1954, ein Extraordinariat an der Hochschule für Welthandel zu bekommen. Der zuständige Unterrichtsminister war zu dieser Zeit Ernst Kolb (AIn), der Leiter der Hochschulsektion der spätere Unterrichtsminister Heinrich Drimmel (NdW). Dieser hatte als führender Funktionär der sog. Sachwalterschaft (Ersatz für die DSt) ab 1933 eine gewisse Affinität zu den Katholisch-Nationalen.
Politisch setzte Borodajkewycz aber zuerst auf die Reaktivierung des sog. „Dritten Lagers“. Dieses konstituierte sich im Februar 1949 als „Verband der Unabhängigen“ (VdU), nachdem sich innerhalb der ÖVP die Idee eines „vierten Bundes“ nicht realisieren ließ. Alfred Maleta (Cl) arrangierte für den 26. Mai 1949 (Christi Himmelfahrt) in Oberweis bei Gmunden ein Treffen zwischen hochrangigen ÖVP-Funktionären und ehemaligen Nationalsozialisten, denen die Gründung des VdU vorerst suspekt war. Von ÖVP-Seite nahmen neben Maleta u. a. Julius Raab und der oberösterreichische ÖVP-Landesparteiobmann Albert Schöpf (AIn) teil. Auf der Seite der „Ehemaligen“ saß u. a. Borodajkewycz.
Da aber die Forderungen der „Ehemaligen“ überzogen waren, blieb die Begegnung ergebnislos. Anfang Juni entstand eine Pressepolemik um dieses Treffen, und der an sich ÖVP-nahe Chef der Staatspolizei, Oswald Peterlunger (ÖKV Tirolia Innsbruck), begann gegen Unbekannt wegen Landesverrats zu ermitteln, ohne zu wissen, daß bei diesem Treffen hochrangige ÖVP-Funktionäre teilgenommen hatten.
Abgesehen von einer Kandidatur an aussichtsloser Stelle für den VdU bei den Nationalratswahlen des Jahres 1953 wurde es zwar etwas stiller um Borodajkewycz, aber er machte weiterhin aus seiner „großdeutschen Gesinnung“ und seinem Antisemitismus vor allem in seinen Vorlesungen keinen Hehl. Der damalige Student Ferdinand Lacina, später SPÖ-Finanzminister, fertigte ab 1961 Vorlesungsmitschriften an, die vom späteren Bundespräsidenten Heinz Fischer 1962 veröffentlicht wurden. Aufgrund dessen kam es im Oktober 1962 zu einer Ehrenbeleidigungsklage gegen Fischer.
Am 21. März 1965 wurden in einer satirischen Fernsehsendung die Äußerungen von Borodajkewycz einem größeren Publikum bekannt, so daß sich die Sache zuspitzte und er zunehmend auch der Kritik ausgesetzt war. Um dieser zu replizieren, kam es am 23. März 1965 im Auditorium maximum der Hochschule für Welthandel auf Einladung der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) zu einem vom Fernsehen übertragenen öffentlichen Vortrag bzw. einer Pressekonferenz von Borodajkewycz, in der er antisemitische Äußerungen sowie Bemerkungen, die das Dritte Reich verharmlosten, machte. Einleitende und abschließende Worte sprach der damalige Vorsitzende der ÖH auf der Welthandel, der spätere Nationalratsabgeordnete Günter Puttinger (Am), wobei er Borodajkewycz in Schutz nahm.
Die Österreichische Widerstandsbewegung und ein „Antifaschistisches Studentenkomitee“ veranstalteten daraufhin am 31. März eine Demonstration gegen Borodajkewycz, bei der der Pensionist Ernst Kirchweger, ein Mitglied der KPÖ, von dem polizeibekannten Günther Kümel, der als Angehöriger der Burschenschaft Olympia Wien bezeichnet wurde, tödlich verletzt wurde. Kirchweger beteiligte sich bei der bolschewistischen Matrosenrevolte der k. u. k. Kriegsmarine von Cattaro (Kotor) Anfang Februar 1918, kämpfte danach in Ungarn auf seiten der Räterepublik und trat 1934 der KPÖ bei. Daß er fünf Jahre im KZ war, ist unrichtig. Kümel hingegen war bereits ein notorisch bekannter Rechtsextremist, der durch entsprechende Taten vorher und nachher bereits bekannt und deswegen auch verurteilt wurde. Es trafen also hier in tragischer Weise zwei Extreme aufeinander.
Beim Begräbniszug am 8. April 1965 auf der Ringstraße beteiligten sich 25.000 Menschen. Seitens der ÖVP nahmen u. a. Nationalratspräsident Alfred Maleta (Cl), der frühere Nationalratspräsident Felix Hurdes (NbW EM) und der Handelsminister Fritz Bock (NdW) teil. Innenpolitisch war die Lage insofern angespannt, weil der Wahlkampf für die Bundespräsidentenwahl lief. Bei diesen kandidierte für die SPÖ der Wiener Bürgermeister Franz Jonas und für die ÖVP Alt-Bundeskanzler Alfons Gorbach (Cl). Hierbei ging es auch um die Stimmen des „Dritten Lagers“ (FPÖ). Daß Bundeskanzler Josef Klaus (Rd), Unterrichtsminister Theodor Piffl-Percevic sowie der Präsidentschaftskandidat Gorbach an dieser Kundgebung nicht teilnahmen, wurde von linker Seite kritisiert. Daß hingegen der SPÖ-Kandidat Jonas teilgenommen hatte, wurde hingegen als Hineinziehen in den Wahlkampf bewertet.
Der ÖCV nahm in der „Affäre Borodajkewycz“ rasch Stellung. Der WCV-Seniorenconvent unter dem damaligen WCV-Senior Gernot Schaffer (Dan) verabschiedete bereits am 25. März 1965 eine Erklärung, in der aufs schärfste jede Art von nationalsozialistischer Betätigung, Glorifizierung, Gutheißung oder Verharmlosung des nationalsozialistischen Regimes an den österreichischen Hochschulen verurteilt wurde. „Wir verurteilen den Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen und bedauern zutiefst, daß es […] zu Äußerungen der Geringschätzung über jüdische Mitbürger […] gekommen ist.“
Die Verbandsführung des ÖCV beschloß am 31. März ebenfalls eine eindeutige Stellungnahme gegen Borodajkewycz: „[...] Deshalb fühlt sich der ÖCV berufen, jede Gefährdung der demokratischen Prinzipien und der rechtsstaatlichen Ordnung durch Diskriminierung nationaler, rassischer oder religiöser Gruppen öffentlich abzulehnen. Er verurteilt jede Provokation durch neonazistische Äußerungen; diese sind geeignet, das Vertrauen des Auslandes an Österreich leichtfertig aufs Spiel zu setzen und rühren an den demokratischen Fundamenten unseres wiedererrichteten Staates. Aus diesem Grund distanziert sich der ÖCV von den beschämenden Ereignissen an der Hochschule für Welthandel und verlangt eine rasche, eingehende Untersuchung und sachliche Bereinigung dieser Vorkommnisse durch die zuständigen Behörden.“
Beide Stellungnahmen wurden positiv bewertet. Der Landtag bzw. Gemeinderat von Wien beschloß in dieser Sache am 26. März 1965 eine Resolution, die von der SPÖ und ÖVP beantragt und u. a. vom LAbg. Johann Lust (Wl) eingebracht wurde.
Da die Rolle Günter Puttingers (Am) bei dieser Affäre nicht unumstritten war, wurde nach Beratungen in der Verbandsführung am 10. April beschlossen, die Sache dem Landesehrengericht Wien weiterzuleiten. In einem weiteren Gespräch zwischen Puttinger, dem Vorsitzenden der Verbandsführung, Eduard Chaloupka (Baj), und dem damaligen Leiter des Amtes für Hochschulfragen, Heinrich Wille jr. (AW), später Wiener Stadtrat, wurde festgestellt, daß Puttinger kein Fehlverhalten vorzuwerfen sei, so daß keine Verhandlung vor dem Landesehrengericht stattfand.
Borodajkewycz ging noch während des laufenden Skandals auf Urlaub und wurde im Mai 1966 auf Entscheid des Disziplinarsenats der Hochschule für Welthandel in Pension geschickt. In der Folge betätigte er sich noch publizistisch. Er wurde auf dem Friedhof Neustift am Wald in Wien beigesetzt.
Werke:
(Auswahl)Deutscher Geist und Katholizismus im 19. Jahrhundert (1935).
Wirtschaftswissenschaft und Geschichte (1935).
Saint-Germain. Diktat gegen die Selbstbestimmung (1969).
Wegmarken der Geschichte Österreichs (1972).
Quellen und Literatur:
Verbindungsarchiv Norica (Georg Schmitz, 21. 3. 2015).Einer im Vordergrund. Taras Borodajkewycz. Eine Dokumentation. Hg. von Heinz Fischer. Wien 1966 (Lebendaten von Borodajkewycz aufgrund seiner Zeugenaussage am 29. 10. 1962 vor dem Strafbezirksgericht Wien, S. 66f.).
Kasemir, Gérard: Spätes Ende für „wissenschaftlich“ vorgetragenen Rassismus. Die Borodajkewycz-Affäre 1965, in: Politische Affären und Skandale in Österreich. Von Mayerling bis Waldheim. Hg. von Michael Gehler und Hubert Sickinger. Thaur 1996, S, 486–501.
Hartmann, Gerhard (Baj): Die Ära Chaloupka im österreichischen CV. Eduard Chaloupka als Vorsitzender des ÖCV-Beirates und der Verbandsführung von 1955 bis zu seinem Tod 1967, in: Für Volk und Glauben leben. Festschrift für Eduard Chaloupka. Hg. von Nicolaus Drimmel. Wien 2002, S. 141.
Fellner, Fritz–Corradini, Doris A.: Österreichische Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Ein biographisch-bibliographisches Lexikon. Wien 2006, S. 63.
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 252, 346, 348, 350, 423, 536f., 576 und 624.
Behal, Brigitte: Kontinuitäten und Diskontinuitäten deutschnationaler katholischer Eliten im Zeitraum 1930–1965. Ihr Weg und Wandel in diesen Jahren am Beispiel Dr. Anton Böhms, Dr. Theodor Veiters und ihrer katholischen und politischen Netzwerke. Wien phil. Diss. 2009, bes. 65, 141, 163, 166, 192, 207–208, 318.
www.oeaw.ac.at/inz/forschungen-projekte/oesterreichisches-biographisches-lexikon/biographien-des-monats/maerz-2015 (Biographie Ernst Kirchweger)(abgerufen am 06.07.2022)