Lebenslauf:
HERKUNFT UND AUSBILDUNG
Klebel wurde als Sohn eines Kärntner Landesbeamten (Bezirkshauptmann in Völkermarkt) geboren und absolvierte 1915 das Gymnasium in Klagenfurt. Danach leistete er bis 1918 Kriegsdienst. Er war nach dem Ersten Weltkrieg teilweise auch am Kärntner Abwehrkampf beteiligt. In dieser Zeit dürfte wahrscheinlich auch sein übermäßiges deutschnationales Gedankengut geprägt worden sein. Das führte auch dazu, daß er in den Jahren 1921 bis 1923 Mitglied der Großdeutschen Volkspartei war.
Ab 1917 studierte Klebel Geschichte und Kunstgeschichte zuerst an der Philosophischen Fakultät der Universität Graz, dann ab 1918 an der in Wien (Dr. phil. 1922), wo er von 1919 bis 1921 auch den Kurs des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung absolvierte. Erst nach Studienende trat er – nach seiner Darstellung wegen einer inneren Krise – im November 1923 der Amelungia bei (Couleurname Harald).
In dieser Zeit war Klebel auch im Katholisch-Deutschen Hochschul-Ausschuß (KDHA) – das war damals die katholische „Studentenpartei“ – auf der Universität Wien aktiv. Ab 1922 war er Assistent am Kunsthistorischen Institut, ab 1927 war er Mitarbeiter der „Monumenta Germaniae Historica“ (Schwabenspiegel). 1931 habilitierte er sich für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Wien.
KLEBEL ALS KATHOLISCH-NATIONALER
Klebel war vom Deutschnationalismus bzw. vom Anschlußgedanken stark geprägt, wird zu den sog. Katholisch-Nationalen gezählt und war u. a. auch Mitglied des Anfang 1932 gegründeten Volksdeutschen Arbeitskreises österreichischer Katholiken. Innerhalb der Amelungia gehörte er zusammen mit Josef Tzöbl (ehemals Am) zu den Anschlußfreunden. Im Februar 1930 wollten unter seiner Führung weitere sechs Aktive und 17 Alte Herren der Amelungia eine „großdeutsche“ Verbindung im Rahmen des CV gründen. Als dies nicht gelang, wurden sie mit Zustimmung des Vororts von der nach 1945 nicht mehr reaktivierten Wiener CV-Verbindung Pflug als Urmitglieder übernommen, die diese wegen der drohenden Gefahr einer Sistierung dringend benötigte.
Wegen seiner Sympathien für den Nationalsozialismus – Klebel trat am 1. Juni 1933 der NSDAP bei – mußte er aber 1933 den Pflug verlassen. Treibende Kraft für diesen Austritt war der spätere Landwirtschaftsminister Ludwig Strobl (F-B). Die Dozentur wurde ihm aus politischen Gründen mit 1. Oktober 1934 von Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg (AIn) in dessen Eigenschaft als Unterrichtsminister entzogen. Gegen diesen Bescheid ging Klebel gerichtlich vor, verlor jedoch Ende 1935 in letzter Instanz vor dem damaligen Bundesgerichtshof. Anwaltlich wurde er dabei von dem späteren „Anschluß-Bundeskanzler“ Arthur Seyß-Inquart vertreten.
Klebel stand nicht in der ersten Reihe der damaligen Katholisch-Nationalen, sondern bestenfalls in der zweiten, wenn nicht sogar in der dritten. In diesen Kreisen spielte er eine eher marginale Rolle. Er rückte jedoch im CV wegen seines Versuchs, eine eigene großdeutsche Verbindung zu gründen, und wegen seines Verbindungsübertritts stärker in den Vordergrund, weil diesem Vorgang im historischen Rückblick eine gewisse Einmaligkeit anhaftet.
KLEBELS WEITERER BERUFSWEG
Nachdem 1933 ein Ruf Klebels auf den Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte in Graz aus naheliegenden Gründen gescheitert war, verließ er – nicht zuletzt auch aus politischen Motiven – 1934 Österreich. Im Wintersemester 1934/35 übernahm er eine Vertretung der Lehrkanzel für Mittelalterliche Geschichte in Frankfurt/Main. Weitere kurze derartige Vertretungen folgten in Berlin und Würzburg. Ansonsten gelang es ihm aber nicht, einen Lehrstuhl an einer Universität zu erlangen, weil für einen weiteren Aufstieg seine frühere CV-Mitgliedschaft offenbar hinderlich war. Klebel war daher vorerst auf Unterstützung durch die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft – heute Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) – angewiesen.
Nach dem Anschluß erhielt Klebel am 31. Oktober 1938 seine Wiener Dozentur wieder zurück, jedoch blieb ihm eine akademische Karriere versagt, wobei weiterhin seine ehemalige CV-Mitgliedschaft hinderlich war. 1939 nahm er eine Stellung als Stadtarchivar von St. Pölten an, wurde aber 1945 aus dieser Position entlassen.
Bereits gegen Ende des Krieges war Klebel Mitarbeiter des renommierten Münchener Südost-Instituts, das in der Nähe von Deggendorf (Bayern) sein Ausweichquartier hatte. Dort konnte er nach dem Krieg teilweise weiterarbeiten, ebenso war er freiberuflich wissenschaftlich tätig. 1949 gelang ihm dann eine feste Anstellung im Stadtarchiv Regensburg.
Nachdem Klebel bereits für das Sommersemester 1951 einen Lehrauftrag an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Regensburg erhalten hatte, wurde er dort 1952 zum ordentlichen Professor für Allgemeine Geschichte und Bayerische Landesgeschichte ernannt (diese Hochschule ging 1962 bzw. 1967 in die Universität Regensburg auf), obwohl er bei der Berufung nur an zweiter Stelle lag. Über die Hintergründe seines Reüssements in Regensburg gibt es zurzeit keine Erkenntnisse.
Klebel war auch seit 1959 ordentliches Mitglied der Kommission für Bayerische Landesgeschichte und seit 1952 Ehrenmitglied der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde. Der spätere Direktor des Regensburger Diözesanarchivs und deutsche CV-Archivar, Paul Mai (Rup), soll bei ihm seine Dissertation verfaßt haben.
KLEBELS CV-MITGLIEDSCHAFT
Wie oben bereits erwähnt stand Klebel mit Beginn des Jahres 1933 im Status eines Urmitglieds der Wiener Verbindung Pflug mit dem ursprünglichen Rezeptionsdatum bei der Amelungia. Im Jahr 1933 verließ er den Pflug. Ob er freiwillig ausgeschieden ist, ob ein entsprechender Druck auf ihn ausgeübt oder ob er ausgeschlossen wurde, läßt sich zurzeit exakt nicht feststellen, ebenso wann das genau geschah.
Offenbar im Zusammenhang seiner Vorlesungsvertretungstätigkeit in Berlin kam Klebel in Kontakt mit der dortigen CV-Verbindung Bavaria. Allem Anschein nach muß das ca. 1936 gewesen sein, also nach offizieller Auflösung des CV in Deutschland. Rechtlich gesehen war die Bavaria damals keine CV-Verbindung, denn den CV gab es nicht mehr. sondern eine verbandsfreie Verbindung. CV-Bestimmungen hatten also formal gesehen keine Relevanz mehr für die Bavaria.
Wie aus den deutschen CV-Gesamtverzeichnissen nach dem Krieg offenbar ersichtlich ist, hat die Bavaria Berlin Klebel in den Status eines Urmitglieds aufgenommen, wobei das ursprüngliche Rezeptionsdatum übernommen wurde. Die Bavaria lehnte sich dabei an die Bestimmungen des gleichgeschalteten CV vom Sommer 1933 an, wo nach der Abschaltung des ÖCV die in Deutschland wohnenden Urmitglieder einer ÖCV-Verbindung bei ihrer Bandverbindung in Deutschland in den Status eines Urmitglieds mit dem ursprünglichen Rezeptionsdatum übernommen wurden.
Abgesehen davon, daß diese Bestimmung nach der Auflösung des CV nicht mehr existent war, wäre sie auf Klebel gar nicht anwendbar gewesen, weil er ja seit 1933 nicht mehr Mitglied einer ÖCV-Verbindung war. Da aber der CV nicht mehr existierte, brauchte die Bavaria nicht mehr auf Bestimmungen eines Dachverbandes Rücksicht nehmen und war in ihrer Entscheidungsfreiheit völlig autonom. Aus ihrer Sicht war daher die Übernahme Klebels als Urmitglied rechtens. Sie war auch vereinsrechtlich gedeckt, sofern die zuständigen Organe der Verbindungen die entsprechenden Beschlüsse gefaßt haben.
Unmittelbar nach 1945 läßt sich nun nachweisen, daß Klebel versucht hat, bei seiner ursprünglichen Verbindung Amelungia wieder als Urmitglied aufgenommen zu werden. (Die Bavaria gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.) Doch die Amelungia hätte ihn streng genommen ohnedies nicht aufnehmen können, denn sie mußte 1930 erklären, die Urmitgliedschaft jener, die damals zum Pflug wechselten, nicht mehr zu reklamieren. Sie wollte ihn aber auch wegen seiner Nazi-Verstrickung nicht haben.
Nun wurde nach dem Krieg der Pflug nicht mehr reaktiviert. Dessen Mutterverbindung hat sich – mit entsprechender Rückendeckung durch den ÖCV – bereit erklärt, die Mitglieder des Pflugs zum dortigen Rezeptionsdatum zu übernehmen. Das war kein Automatismus, sondern die Betreffenden mußten darum nachsuchen. Da Klebel aus dem Pflug ausgeschieden war, hätte ihn die Franco-Bavaria gar nicht so einfach aufnehmen können. Es hätte zumindest desselben Verfahrens bedurft, wenn ein ausgeschiedener Angehöriger der Franco-Bavaria um Wiederaufnahme ersucht hätte. Diese Option war daher weder für Klebel, noch für die Franco-Bavaria realistisch.
Klebel, nunmehr in Deutschland bzw. Regensburg beruflich orientiert, behielt nun seine Urmitgliedschaft bei Bavaria Berlin, die 1948 zuerst in Köln reaktiviert wurde (Rückverlegung nach Berlin 1951/52), weiter. All das geschah zu einer Zeit, bevor sich der CV in Deutschland rekonstituierte. D. h., die Bavaria Berlin war vorerst an keinerlei CV-Regelungen gebunden. Da aus ihrer Sicht die Urmitgliedschaft rechtens war, sah sie auch keine Veranlassung, sich mit Klebels ursprünglicher Verbindung wegen der Transferierung der Urmitgliedschaft ins Benehmen zu setzen, wie das CV-Recht das vorsieht. Sie hätte das auch nicht können, denn es gab ja diese Verbindung – den Pflug – nicht mehr, und die Franco-Bavaria war rechtlich nicht die Rechtsnachfolgerin des Pflugs. Auf ihr ist nicht das Recht übergegangen, namens des untergegangenen Pflug nachträglich einem solchen Verbindungstransfer zustimmen zu müssen.
Nach Wiederbegründung des CV in Deutschland im Juli 1950 wurde daher die Urmitgliedschaft Klebels bei Bavaria Berlin auch seitens des CV anerkannt, denn sonst hätte er als solcher nicht im deutschen Gesamtverzeichnis von 1955, dem ersten derartigen nach dem Krieg, gestanden. Klebel war offenbar im CV von Regensburg auch bald integriert, wie die Bandverleihung der Rupertia an ihn nahelegt.
Im Zuge des Salzburger Verbändeabkommens von 1957 zwischen dem ÖCV und dem wiederentstandenen CV in Deutschland wurde nun dieser Status von Klebel auch für den ÖCV verbindlich. Seine korrekte Verbindungsanzeige als Suffix bei seinem Namen lautet demnach: Ernst Klebel (BvBl), ggf. Ernst Klebel (BvBl [ehemals Pf]). Eine Anzeige der Amelungia in diesem Suffix, in welcher Form auch immer, ist demnach nicht korrekt. Auf sie kann nur kontextual bezug genommen werden.
Nicht richtig ist die bei Ziegler (siehe Literatur) vertretene Auffassung, Klebel sei bereits 1923 der Bavaria beigetreten. Hier waren die og. Zusammenhänge bezüglich Weiterführung des Rezeptionsdatums bei formal korrekten Verbindungsübertritt offenbar nicht bekannt. Falsch ist auch Klebels Todesort Salzburg bei Fellner/Corradini (siehe Literatur).
Im Nordwesten von St. Pölten ist nach ihm (merkwürdigerweise) eine Gasse benannt.
Werke:
(Auswahl)Das alte Chorgestühl zu St. Stefan in Wien (1924).
Die älteste datierte Schwabenspiegelhandschrift und ihre Ableitungen (1930; Habilitationsschrift).
Siedlungsgeschichte des deutschen Südostens (1940).
Probleme der bayerischen Verfassungsgeschichte (1957).
Der Lungau. Historisch-politische Untersuchung (1960).
Quellen und Literatur:
Academia 44 (1931/32), S. 18.Fellner, Fritz–Corradini, Doris A.: Österreichische Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Ein biographisch-bibliographisches Lexikon. Wien 2006, S. 220f.
Hartmann, Gerhard: Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 227, 295, 344.
Hundert (100) Jahre Katholische Österreichische Hochschulverbindung Amelungia im ÖCV. Für Volk und Altar. Redaktion Oskar Mayer. Wien 2008, S. 33–40.
Ziegler, Wolfram: Ernst Ziegler (1896–1961). Eine österreichische Karriere, in: Österreichische Historiker. Lebensläufe und Karrieren 1900–1945. Band 2. Hg. von Karl Hruza. Wien 2012, S. 489– 522.