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StadtR a.D. em. RA Dr. Mag. Heinrich H. Wille

StadtR a.D. em. RA Dr. Mag. Heinrich H. Wille

Urverbindung: Austria-Wien (16.11.1956)

Bandverbindungen: Kb

Geboren: 21.09.1938, Wien
Gestorben: 08.08.2018, Wien
Stadtrat (Wien), Landesparteiobmann, ÖCV-Amtsträger, Rechtsanwalt

Lebenslauf:

Wille wurde als Sohn des späteren Rechtsanwaltes und Ziegelindustriellen Heinrich Franz Wille geboren und absolvierte die Volksschule in Gaweinstal (Niederösterreich), Wien-Wieden und Wien-Innere Stadt. Danach besuchte er das Wiener Schottengymnasium, wo er 1956 maturierte. Während dieser Zeit war er bei der MKV-Verbindung Vindobona I aktiv und in der Folge Mitbegründer der MKV-Verbindungen Chremsia Krems und Lamberg Steyr. Danach begann er das Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (Dr. iur. 1960), wo er der Austria beitrat (Couleurname Gawein). Sein Leibbursch war Engelbert Königswieser (AW). Im Sommersemester 1959 war er dort Senior. Während seines Studiums betrieb er Sprachstudien in London, Paris und Rom.

Während seines Studiums engagierte sich Wille auch in der ÖH. So war er von 1957 bis 1961 Mandatar im Hauptausschuß der Universität Wien. Zwangsläufig zählte er dadurch zum Kreis der hochschulpolitisch engagierten Gruppe der Austria, der u. a. Michael Mitterauer (AW), Manfred Leeb (AW) und Werner Vogt (ehemals AW) angehörten. Diese Gruppe forcierte die Hochschulreform und erstellte ein diesbezügliches Programm, des Forderungen dann auch beim Allgemeinen Hochschulstudien-Gesetz Berücksichtigung fanden.

Wille wurde mit 17. Oktober 1962 provisorisch und dann auf der CVV definitiv zum Leiter des Amtes für Hochschulpolitik bestellt bzw. gewählt, welches Amt er bis 1965 ausübte. Von 1961 bis 1963 war Hans G. Blaickner (Cl) Vorsitzender des Zentralausschusses der ÖH. In dieser Zeit ging es auch um die Einführung der Studienbeihilfe und um eine bessere Dotierung des Hochschulbudgets, wofür auch gestreikt wurde.

Wille absolvierte nach dem Studium und dem Gerichtsjahr den Wehrdienst (Einjährig-Freiwilliger; Leutnant der Reserve) und begann anschließend die Berufslaufbahn eines Rechtsanwaltes. 1968 machte er sich mit einer eigenen Kanzlei selbständig, die er bis 2003 betrieb. Sein besonderes Interesse fanden bei ihm Fälle mit politischem Akzent. So erreichte er u. a. 1980 beim Obersten Gerichtshof die Staatshaftung für alle Bankeinlagen, wenn die Bankenaufsicht versagt. 1984/1985 verhinderten seine Verwaltungsgerichtshof-Beschwerden den Bau des Wasserkraftwerkes Hainburg. 1990 erkämpfte er beim Verfassungsgerichtshof das gleiche Pensionsalter für Männer und Frauen und 1997 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg die Aufhebung des Rundfunkmonopols des ORF. 1987 wurde er Obmann der Vereinigung Österreichischer Rechtsanwälte.

Willes politisches Engagement hatte seinen Ursprung im sog. „Landtmannkreis“ (Café Landtmann), wo sich ab 1962 politisch Interessierte aus dem ÖCV und dem Bereich KHG/KHJ trafen. Seitens des CV nahmen u. a. daran teil: Wolfgang Aigner (Nc), Engelbert Schragl (Nc), Alfred Strommer (Nc), Günther Winkler (Nc EM), Hannes Aiginger (Nc), Michael Mitterauer (AW) und Leopold Wallner (Dan). Seitens der KHG nahm u. a. Erhard Busek teil. Dieser Kreis unterstütze u. a. die Reformer in der ÖVP. 1966 löste sich dieser Kreis wieder auf. 1963 war Wille Trauzeuge bei der Hochzeit von Edith und Alois Mock (Nc).

Nachdem Wille 1962 der ÖVP beigetreten war, kandidierte er bei den Wiener Landtagswahlen 1969 für den Bezirksrat von Wien-Wieden (sein Wohnbezirk), wurde gewählt und gehörte diesem nach Wiederwahlen bis Ende 1979 an. 1978/79 war er auch Bezirksvorsteherstellvertreter. Darüber hinaus war er für ÖVP anwaltlich tätig und blieb weiterhin in ihr vernetzt. Das führte zu einem überraschenden politischen Aufstieg in der Wiener ÖVP bzw. in Wien.

Als 1989 Erhard Busek Wissenschaftsminister wurde, gelang es ihm nicht, ÖVP-Landesparteiobmann zu werden. Die Folge war eine innere Spaltung der Wiener ÖVP. Der 1989 ins Amt gelangte ÖVP-Landesobmann Wolfgang Petrik konnte sich wegen des schlechten Abschneidens Wiens bei den Nationalratswahlen im Herbst 1990 nicht halten, so daß Ende 1990 Wille zur Überraschung vieler zum Landesobmann nominiert und Anfang 1991 dazu gewählt wurde. In dieser Funktion versuchte er zum einen, die innere Spaltung der ÖVP zu überwinden, zum anderen auch neue Themen zu bringen, so u. a. eine gemeinsame Weltausstellung Wien-Budapest, wo er aber keinen Erfolg hatte, für einen Hauptbahnhof unterhalb der UNO-City.

Für die nächste Wiener Wahl am 10. November 1991 war Wille Spitzenkandidat. Sein Wahlslogan lautete „Der Wille der Wiener“. Doch es war für ihn schwierig, sich dazu aufzubauen. So war keiner der nichtamtsführenden ÖVP-Stadträte bereit, für ihn den Platz zu räumen, damit er ein politisches Mandat besitzt. Nicht zuletzt aus Gründen der inneren Streitereien der ÖVP sowie der mangelnden Unterstützung Willes ging die Wahl für die ÖVP katastrophal aus. Ihr Mandatsstand sank von 30 auf 18, ihr Anteil von 28,4 auf 18,1 Prozent. Trotzdem wurde Wille als Spitzenkandidat am 9. Dezember 1991 zum nichtamtsführenden Stadtrat gewählt. Diese Funktion übte er nicht einmal ein Jahr aus, nämlich bis zum 30. September 1992. In der Zeit bis dahin gelang es ihm, Bernhard Görg (AW) aufzubauen, der ihm dann als Landesobmann wie als Stadtrat nachfolgte.

Wille engagierte sich auch auf kulturellem Gebiet, indem er 1964 als einer der drei Gründer die Obmannstelle des Österreichischen Filmmuseums in der Albertina übernahm, die er 41 Jahre lang bis 2005 ausübte. In seiner Kanzlei ermöglichte er ab 1982 jungen Künstlern unter dem Namen „Ars Para § Grafica“ Ausstellungen mit Vernissagen.

Wille erlag ziemlich rasch einem Bauchspeicheldrüsenkrebs und wurde auf dem Friedhof Wien-Kalksburg (23. Bezirk) begraben.

Quellen und Literatur:

Persönliche Mitteilung am 2. 11. 2016.
Königswieser, Engelbert: Fiducit Bbr. Gawein, in: Facit. Zs. der K. Ö. St. V. Austria Wien, 35 Jg., November 2018, S. 16f.