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Sekt.-Chef Dr. Rudolf Mayr

Sekt.-Chef Dr. Rudolf Mayr

Urverbindung: Austria-Wien (14.10.1925)

Bandverbindungen: Walth, Cl, Le, Ae, AlIn, AIn, NdW

Geboren: 10.03.1906, Wien
Gestorben: 05.11.1971, Mödling
Sektionschef (Rechnungshof), Vorsitzender der Verbandsführung des ÖCV, ÖCV-Amtsträger (Berufsfragen), Träger des Bandes „In vestigiis Wollek“

Lebenslauf:

AUSBILDUNG UND BERUFLICHE LAUFBAHN

Mayrs Vater stammt aus Niederösterreich, seine Mutter aus Pontafel, dem heutigen Pontebba im Kanaltal, das damals zu Kärnten gehörte und die Grenzstation zu Italien war. Mayr besuchte nach der Volksschule zuerst das Elisabeth-Gymnasium in Wien-Wieden (Rainergasse), wechselte aber dann auf das Benediktinergymnasium in Seitenstetten (Niederösterreich), wo er 1925 maturierte. Danach begann er das Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (Dr. iur. 1936), wo er der Austria Wien beitrat (Couleurname Grimm). Im Sommersemester 1927 war er dort Senior. Er war auch einer der Stifter der Waltharia. Das Studium mußte er sich als Werkstudent bei der Post (als Briefträger und Briefkastenentleerer) verdienen, wo er nach Absolvierung des Studiums (abs. iur.) blieb.

1933 wurde Mayr als Postkommissär dem Rechnungshof zugeteilt und 1935 dort als Ministerialkommissär übernommen. Im Krieg wurde er 1943 zur Deutschen Wehrmacht eingezogen und geriet in US-Gefangenschaft. Nach dem Krieg setzte er seine berufliche Tätigkeit im Rechnungshof fort. 1951 wurde er zum Ministerialrat ernannt und war dort viele Jahre Präsidialvorstand. 1959 erhoffte sich Mayr, zum Vizepräsidenten des Rechnungshofes gewählt zu werden. Doch die ÖVP schlug Josef Marschall (Dan) – ebenfalls Beamter des Rechnungshofes – vor, der es dann auch wurde. Zwischen diesen beiden kam es dann zu Spannungen, die auch die Verbandsführung beschäftigte. 1965 wurde dann Mayr zum Sektionschef ernannt.

MAYRS ENGAGEMENT IM ÖCV

Mayr engagierte sich nach dem Krieg in der Austria sowie im CV. Von 1951 bis 1962 war er Philistersenior der Austria Wien. Sein diesbezüglicher Nachfolger war Wilfried Dorazil (AW). Als der Vorsitzende der Altherrenschaft, Hermann Withalm (Nc), 1956 zum Staatssekretär ernannt wurde, holte er sich Mayr als Unterstützung. Auf dem Altherrentag 1958 wurde er mit Ausnahme der CO zum geschäftsführenden Vorsitzenden der Altherrenschaft gewählt. Dadurch wurde er animiert, 1959 bei der Wiederwahl Eduard Chaloupkas (Baj) zum Vorsitzender des ÖCV-Beirates bzw. der Verbandsführung als Gegenkandidat anzutreten, wo er überraschenderweise nur knapp unterlag. Er kandidierte dann ebenfalls auf der Cartellversammlung 1959 für das Amt für Berufsfragen und wurde dazu gewählt.

Als Hermann Withalm Anfang 1960 zum Generalsekretär der ÖVP gewählt wurde, war ursprünglich als dessen Nachfolger als Vorsitzender der Altherrenschaft der Philistersenior der Norica, Hans-Egon Gros (Nc), vorgesehen. Mayr kandidierte jedoch und gewann die Wahl. Dieses Amt übte er dann von 1960 bis 1967 aus. Seine Funktionen als Leiter des Amtes für Berufsfragen legte er 1960 und die des Philisterseniors der Austria 1961 zurück, wobei er dann dort zum Ehrenphilistersenior gewählt wurde.

MAYR ALS VORSITZENDER DER VERBANDSFÜHRUNG

Mayr war eine gesellige und umtriebige Persönlichkeit und auf vielen Veranstaltungen präsent, so daß im ÖCV damals das geflügelte Wort „Keine Feier ohne Mayr“ entstand. In der ÖCV-Leitung wurde er in gewissem Sinn ein Antipode zum Vorsitzenden der Verbandsführung Chaloupka, dessen Verhältnis zueinander nicht immer ohne Spannungen war. Als Chaloupka im Sommer 1967 überraschend starb, war Mayr der logische Nachfolger. Geschickt fädelte er seine Wahl ein, indem er Hans-Egon Gros zu seinem Nachfolger als Vorsitzenden forcierte.

Jedoch machte sich auf dieser bereits das bemerkbar, was in den folgenden Jahren auf den CV zukommen sollte. Gegen Mayr trat als Gegenkandidat der „Jungen“ der bald danach zum Generaldirektor der NEWAG (heute EVN) bestellte Rudolf Gruber (NdW), an, der fast 45 Prozent der Stimmen erhalten sollte. Die Amtszeit Mayrs als Vorsitzender der Verbandsführung war von der Umbruchzeit dieser Jahre („1968“) geprägt, die vor dem ÖCV aber auch vor seiner Verbindung Austria Wien nicht Halt machte.

Daher war Mayrs Amtszeit im ÖCV von den gesellschaftlichen Entwicklungen dieser Zeit geprägt. Unter dem Vorort Amelungia unter VOP Roderich Regler begann die Diskussion um die Aufnahme nichtkatholischer Christen und Studentinnen, und in der Hochschulpolitik kam es zur Ablöse des Wahlblocks durch die Österreichische Studentenunion (ÖSU). Ein Schock für den ÖCV war 1970 der Verlust der Mehrheit der ÖVP im Nationalrat, die dann für fast 17 Jahre in die Opposition gehen mußte.

Durch die vom Leiter für Bildungsfragen, Maximilian Liebmann (Cl), veranstalteten legendären ÖCV-Symposien in Seggauberg (Steiermark) wurden aktuelle Themen ohne Tabuisierung im CV diskutiert, ebenso auch in der Verbandszeitschrift „Österreichische Academia“. All das führte zu kontroversen Diskussionen bzw. sogar Auseinandersetzungen. In den Jahren 1970/71 kam es dann auf Initiative Liebmanns zur Gründung der ÖCV-Bildungsakademie, die von Mayr unterstützt wurde.

Mayrs Amtszeit endete auf der Cartellversammlung 1971, er verzichtete – nun 65 Jahre alt – auf eine weitere Kandidatur. Zu seinem Nachfolger wurde Hans Kronhuber (Am) gewählt, der jedoch bereits ein halbes Jahr später aus gesundheitlichen Gründen sein Amt aufgeben mußte. Auf dieser Cartellversammlung wurde auch die Verleihung des Bandes „In-vestigiis-Wollek“ – die höchste Auszeichnung im ÖCV – an Mayr beschlossen, das dann am 19. Juni 1971 in Graz verliehen wurde.

Mayr starb „völlig unerwartet, überraschend, ohne sich abzumelden, ohne sich zu entschuldigen, wie es sonst nicht seine Art war“, so der langjährige ÖCV-Sekretär Karl Lager (Nc) auf dem Trauerkommers des ÖCV am 23. November 1971 im „Grünen Tor“ (ÖCV-Haus). Die Persönlichkeit Mayrs wurde von Lager in seiner Rede auf diesem Kommers treffend charakterisiert: „Du hast es verstanden, Gegensätze durch Milde und Einsicht zu überbrücken, warst nie böse, wenn harte Auseinandersetzungen gegen Deine persönliche Meinung sich richteten, warst aufgeschlossen gegenüber persönlicher und sachlicher Kritik, hattest keine Feinde, nur Freunde: die Frucht Deines in echter CV-Freundschaft gestalteten Lebens.“

Mayr wurde auf dem Stadtfriedhof Mödling (Niederösterreich) bestattet.

Quellen und Literatur:

Verbindungsarchiv Austria Wien (Heinz Dopplinger)
Academia CV-intern, August/September 1971, 1f. und November/Dezember 1971, 1.
Austrier-Blätter Nr. 41, 1972, 59–61
Schönner, Hannes: Auf, mit Gott zur Mannestat! Die Geschichte der K. Ö. St. V. Austria-Wien. Festschrift anläßlich des 125. Stiftungsfestes. Sommersemester 2001. Kommentierte Darstellung im Spiegel historischer Quellen. Klosterneuburg 2001, 130–132 und 157.
Hartmann, Gerhard (Baj): Die Ära Chaloupka im österreichischen CV. Eduard Chaloupka als Vorsitzender des ÖCV-Beirates und der Verbandsführung von 1955 bis zu seinem Tod 1967, in: Für Volk und Glauben leben. Festschrift für Eduard Chaloupka. Hg. von Nicolaus Drimmel. Wien 2002, 122ff.
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, 522, 621, 632 – 634.