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Sen.Präs. a.D. RA i.R. Dkfm. Dr. Dr. Wilfried Dorazil

Sen.Präs. a.D. RA i.R. Dkfm. Dr. Dr. Wilfried Dorazil

Urverbindung: Austria-Wien (28.11.1928)

Geboren: 23.07.1910, Troppau (Österr. Schlesien; nunmehr Opava, Tschechien)
Gestorben: 28.05.2009, Wien
Senatspräsident des Verwaltungsgerichtshofes, Rechtsanwalt

Lebenslauf:

Wilfried Theodor Franz Dorazil, so sein voller Name, absolvierte 1928 das Realgymnasium in Eisenstadt und begann danach das Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (Dr. iur. 1933), wo er der Austria beitrat (Couleurname Wilfried) und deren Senior im Wintersemester 1931/32 war. Während des Studiums verdiente er sich seinen Unterhalt als Hauslehrer. Im Anschluß an das Jus-Studium begann er eines an der Hochschule für Welthandel, das er aber erst im bzw. nach dem Krieg abschloß (Dkfm., Dr. rer. comm. 1946).

Nach dem Gerichtsjahr im ersten Halbjahr 1933 trat Dorazil am 11. Juli 1933in den Dienst der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und das Burgenland. Am 12. April 1937 wurde er dem Unterrichtsministerium zugeteilt und war Sekretär des damaligen Unterrichtsminister Hand Pernter (Nc). Nach dem Anschluß im März 1938 wurde er aus politischen Gründen wieder in die Finanzverwaltung rückversetzt. 1939 wurde er zur Luftnachrichtentruppe der Deutschen Wehrmacht einberufen, jedoch war er dann später als Kriegsverwaltungsinspektor tätig, in dessen Eigenschaft er auch im besetzten Frankreich Dienst tat. Das Kriegsende erlebte er in Österreich.

Nach der Wiedererrichtung Österreichs 1945 begann Dorazil seinen Dienst wieder im Unterrichtsministerium, wo er u. a. Sekretär von Unterrichtsminister Felix Hurdes (NbW EM) war, wechselte aber bald in das Bundesministerium für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung unter Bundesminister Peter Krauland (ehemals AW). Da sein Dissertationsthema an der Hochschule für Welthandel (1946) „Das Grundproblem der gelenkten Wirtschaft“ lautete, war er für diesen Wechsel qualifiziert. Mit 27. Januar 1948 wurde er in das Bundeskanzleramt berufen.

Mit 29. Januar 1952 wechselte Dorazil als Hofrat in den Verwaltungsgerichtshof und wurde dort mit 1. Januar 1969 zum Senatspräsidenten ernannt (entspricht dem Rang eines Sektionschefs), welche Funktion er bis zu seiner Pension Ende 1975 Jahr ausübte. Hier leitete er einen Senat, der sich mit Finanz- und Steuerrechtsfällen befaßte. Nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst war er als selbständiger Rechtsanwalt tätig. Den Juristengenerationen des letzten Viertels des 20. Jahrhunderts wurde Dorazil durch seine wissenschaftlichen Kommentare vor allem zu Themen des Steuerrechts bekannt, die er als Autor und Herausgeber in der dafür spezialisierten Wiener Manz’schen Verlags- und Universitätsbuchhandlung verfaßte.

Bereits in seiner Studienzeit trat Dorazil in den renommierten Schachklub Wien-Hietzing ein und engagierte sich in der Folge für den Schachsport. Von 1946 bis 1952 und von 1955 bis 1970 war er Präsident dieses Klubs. Als solcher organisierte er 1957 die erste Europamannschaftsmeisterschaft in Wien. Von 1966 bis 1980 war er Zonenpräsident und Vizepräsident des Weltschachverbandes FIDE, ebenso war er als Schiedsrichter in internationalen Schachturnieren tätig. Er war Begründer der Österreichischen Schachzeitung und deren Chefredakteur, was er auch beim Österreichischen Schachmagazin war.

Als in den siebziger Jahren der Hietzinger Schachklub ein neues Vereinslokal suchte, fanden sie es im Café Frey in der Favoritenstraße (Wien-Wieden). Dorazil ehelichte in der Folge deren Eigentümerin. Als wiederverheirateter Geschiedener mußte er damals die Austria verlassen, deren Philistersenior er von 1962 bis 1965 war. Hier war er der Nachfolger von Rudolf Mayr (AW). Sein Nachfolger war dann Hans Friedrich (AW). Nach dem Tod seiner ersten Frau kehrte er wieder in die Verbindung zurück. Er starb fast 100-jährig und wurde auf dem Hietzinger Friedhof begraben.

Werke:

Im Schatten des Schachkongresses. Partien aus den Wiener Schachturnieren (1943).
Kommentar zum Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz samt Erbschaftssteueräquivalentgesetz (2. Aufl. 1975)
Gebührengesetz (1985).
Kapitalverkehrssteuergesetz (1992).
Grunderwerbsteuergesetz. GrEStG 1987 mit einer ausführlichen Kommentierung der GrEStG-Nov BGBl 1994/682 Nach d. Stand vom 1. 1. 1996 (1996).
Finanzstrafgesetz (1997)

Quellen und Literatur:

Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsdirektor i. R. Heinz Hafner Am, Mitteilung 3-10. 2024).
Verbindungsarchiv Austria Wien (Richard Huka, 27. 1. 2017).
Schönner, Hannes (AW): Auf, mit Gott zur Mannestat! Die Geschichte der K. Ö. St. V. Austria-Wien. Festschrift anläßlich des 125. Stiftungsfestes. Sommersemester 2001. Kommentierte Darstellung im Spiegel historischer Quellen. Klosterneuburg 2001, 131 und 153.
http://www.meinbezirk.at/wieden/lokales/120-jahre-wiedner-geschichte-d1257828.html (28. 1. 2017)
http://www.schachklub-hietzing.at/75jahre/fotos6.php (27. 1. 2017)