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Gen.-Dir. Präs. Dkfm. Dr. Claus J. Raidl

Gen.-Dir. Präs. Dkfm. Dr. Claus J. Raidl

Urverbindung: Bajuvaria (15.06.1963)

Geboren: 06.11.1942, Kapfenberg (Bezirk Bruck/Mur, nunmehr Bruck/Mur-Mürzzuschlag, Steiermark)
Gestorben: 10.12.2024, Wien
Vorortspräsident, ÖCV-Amtsträger (Hochschulpolitik), Präsident (Generalrat Österreichische Nationalbank), Generaldirektor (Böhler- Uddeholm AG)

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSBILDUNG

Claus Josef Raidl, so sein vol­ler Name, wurde als Sohn eines spä­te­ren Di­rek­tors eines Böh­ler Stahl­wer­kes (in Waid­ho­fen/Ybbs, Nie­der­ös­ter­reich) ge­bo­ren. 1957 zog die Fa­mi­lie dort­hin, wo dann Raidl die Re­al­schu­le be­such­te und bei der MKV-Ver­bin­dung No­ri­ka aktiv wurde, deren Se­ni­or er auch war. 1959/60 war er mit­tels des Schü­ler­aus­tausch­pro­gramms „Ame­ri­can Field Ser­vice“ (AFS) an der Du­x­bu­ry High School (Mas­sa­chu­setts, USA). Zu­rück­ge­kehrt legte er 1961 in Waid­ho­fen/Ybbs die Ma­tu­ra ab.

An­schlie­ßend be­gann Raidl das Stu­di­um an der Hoch­schu­le für Welt­han­del in Wien, nun­mehr Wirt­schafts­uni­ver­si­tät (Dkfm. 1966; Dr. rer. comm. 1971), wo er der Ba­ju­va­ria bei­trat (Cou­leur­na­me Ro­land). Er en­ga­gier­te sich auch bei der Ös­ter­rei­chi­schen Hoch­schü­ler­schaft (ÖH) und war 1966/67 Vor­sit­zen­der des Haupt­aus­schus­ses an der Hoch­schu­le für Welt­han­del. Zu die­ser Zeit waren gleich­zei­tig Her­mann Kert (Baj) Vor­sit­zen­der des Zen­tral­aus­schus­ses der ÖH und Vik­tor Li­ber­da (Baj) Vor­sit­zen­der des Haupt­aus­schus­ses der ÖH an der Tech­ni­schen Hoch­schu­le Wien. Daß drei An­ge­hö­ri­ge der­sel­ben Ver­bin­dung, in die­sem Fall der Ba­ju­va­ria, Vor­sit­zen­de des Zen­tral­aus­schus­ses und zwei­er Haupt­aus­schüs­se waren, ist in der Ge­schich­te des ÖCV ein­ma­lig.

Zwecks Ab­fas­sung einer Dis­ser­ta­ti­on war Raidl 1970/71 As­sis­tent am In­sti­tut für an­ge­wand­te So­zi­al- und Wirt­schafts­for­schung. Die­ses stand da­mals unter der Lei­tung von Karl Wen­ger (Kb), Pro­fes­sor für Wirt­schafts­ver­wal­tungs­recht an der Uni­ver­si­tät Wien. Raidl ver­faß­te dort eine Dok­tor­ar­beit über die Mehr­wert­steu­er. Die­ses Thema war da­mals ak­tu­ell, weil in Ös­ter­reich 1972 die Mehr­wert­steu­er ein­ge­führt wurde. Ne­ben­her en­ga­gier­te er sich auch im ÖAAB für die Wirt­schafts­po­li­tik, ins­be­son­de­re als im Mai 1971 Alois Mock (Nc) des­sen Bun­des­ob­mann wurde.

BERUFLICHE LAUFBAHN

Von 1971 bis 1974 war Raidl bei einer Bank und dann bei einer Wirt­schafts­prü­fungs­ge­sell­schaft sowie Kon­su­lent der OECD zu Fra­gen des in­ter­na­tio­na­len Steu­er­we­sens, 1974 wurde er Pro­ku­rist bei der Ös­ter­rei­chi­schen Volks­für­sor­ge All­ge­mei­ne Ver­si­che­rung AG. Diese war ein ge­werk­schafts­ei­ge­nes Un­ter­neh­men, des­sen lei­ten­de Funk­tio­nen po­li­tisch be­setzt wur­den. Des­halb stand dem ÖAAB bzw. der Frak­ti­on Christ­li­cher Ge­werk­schaf­ter auch eine ent­spre­chen­de Po­si­ti­on zu.

1981 wurde Raidl Vor­stands­mit­glied der Wie­ner Hol­ding GmbH. Diese war die Kon­zern­zen­tra­le der im Ei­gen­tum der Ge­mein­de Wien be­find­li­chen Wirt­schafts­be­trie­be. Durch diese Funk­ti­on be­währtt, wurde er be­reits 1982 Vor­stands­mit­glied der Ös­ter­rei­chi­schen In­dus­trie­hol­dung AG (ÖIAG). Diese war die Kon­zern­zen­tra­le der Ver­staat­lich­ten In­dus­trie Ös­ter­reichs. 1986 wech­sel­te er als stell­ver­tre­ten­der Vor­stands­vor­sit­zen­der in deren Toch­ter­ge­sell­schaft VOEST-AL­PI­NE AG, was er bis 1992 blieb.

Die­ser Wech­sel er­folg­te in einer für die VOEST sowie für deren Toch­ter­fir­ma No­ri­cum Lie­zen bri­san­ten Zeit. Denn 1985 lie­fer­te No­ri­cum, teil­wei­se mit dem Umweg über Li­by­en, zu­sam­men über 300 Ge­schüt­ze des Typs GHN (Gun Ho­wit­zer No­ri­cum) an den Irak und an den Iran, die da­mals im Ers­ten Golf­krieg ge­gen­über­stan­den. Da diese Ge­schüt­ze eine Schuß­wei­te von 40 km auf­wie­sen, ver­stie­ßen sie gegen Art. 13, Z. 1, lit. i des Ös­ter­rei­chi­schen Staats­ver­trags. Denn nach die­ser Be­stim­mung durf­te Ös­ter­reich nur Ge­schüt­ze mit einer Schuß­wei­te bis 30 km be­sit­zen bzw. her­stel­len. Es kam daher 1990 zu einem Pro­zeß wegen Ver­sto­ßes des Kriegs­waf­fen­ge­set­zes und der Neu­tra­li­täts­ge­fähr­dung gegen Ma­na­ger jener ver­staat­lich­ten Un­ter­neh­mun­gen, die an die­ser Lie­fe­rung be­tei­ligt waren. Dar­un­ter be­fand sich auch Raidl, ob­wohl er erst dann zur VOEST ge­sto­ßen ist, als diese Ge­schäf­te schon längst ab­ge­wi­ckelt waren. 1991 wur­den 14 Ur­tei­le ge­fällt, auch Raidl wurde ver­ur­teilt. Es kam zu einem Be­ru­fungs­ver­fah­ren vor dem Obers­ten Ge­richts­hof, bei dem sie­ben Ur­tei­le auf­ge­ho­ben wur­den, dar­un­ter auch jenes von Raidl. 1990 wur­den im Ein­ver­neh­men mit den vier Si­gna­tar­mäch­ten die mi­li­tä­ri­schen Be­stim­mun­gen des Staats­ver­trags für ob­so­let er­klärt.

Der Pro­zeß hatte kei­nen nen­nens­wer­ten Ein­fluß auf die wei­te­re be­ruf­li­che Kar­rie­re Raidls. Im Ge­gen­teil, die VOEST-Un­ter­neh­mens­grup­pe mußte von Grund auf re­or­ga­ni­siert und re­struk­tu­riert wer­den. Es war auch Raidls Leis­tung, daß die Ge­sun­dung die­ses zen­tra­len Kon­zerns der ös­ter­rei­chi­schen Wirt­schaft in einem ver­hält­nis­mä­ßig kur­zen Zeit­raum be­wäl­tigt wer­den konn­te. 1991 wurde er zum Vor­stand­vor­sit­zen­den (Ge­ne­ral­di­rek­tor) des neu for­mier­ten Edel­stahl­kon­zerns Böh­ler-Ud­de­holm AG be­stellt, der aus der bis­he­ri­gen Böh­ler AG her­vor­ge­gan­gen ist. Diese Funk­ti­on be­klei­de­te er bis 2010. Zu­sätz­lich war er noch 1993/94 Vor­stands­mit­glied der Aus­tri­an In­dus­tries, eines kurz­zei­ti­gen Toch­ter-Kon­zerns der ÖIAG, und 2007 bis 2010 Mit­glied des Vor­stands der voestal­pi­ne AG, in die in­zwi­schen die Böh­ler-Ud­de­holm AG auf­ge­gan­gen ist. In all die­sen Po­si­tio­nen hatte er gro­ßen An­teil an der Ent­staat­li­chung und Ent­po­li­ti­sie­rung der Ver­staat­lich­ten In­dus­trie Ös­ter­reichs.

2008 wurde Raidl von der ös­ter­rei­chi­schen Bund­e­re­gie­rung zum Prä­si­den­ten des Ge­ne­ral­rats der Ös­ter­rei­chi­schen Na­tio­nal­bank er­nannt. Bei einer No­vel­le des Na­tio­nal­bank­ge­set­zes im Jahr 1998 im Hin­blick auf die an­ste­hen­de Ein­füh­rung des Euro ging die bis­he­ri­ge obers­te Exe­ku­tiv­funk­ti­on der Na­tio­nal­bank, näm­lich der Prä­si­dent, auf den neu ge­schaf­fe­nen Gou­ver­neur über. Der nun­meh­ri­ge Prä­si­dent des Ge­ne­ral­rats ent­spricht ab da un­ge­fähr dem Prä­si­den­ten eines Auf­sichts­ra­tes. Raidl über­nahm diese Funk­ti­on ge­ra­de zum kri­ti­schen Zeit­punkt einer in­ter­na­tio­na­len Fi­nanz­kri­se.

Dar­über hin­aus be­klei­de­te Raidl wei­te­re zu­sätz­li­che Funk­tio­nen. So war er von 2001 bis 2006 Vor­sit­zen­der des Fach­hoch­schul­bei­ra­tes und von sei­ner Grün­dung an Vor­sit­zen­der des Ku­ra­to­ri­ums des In­sti­tu­te of Sci­ence and Tech­no­lo­gy Aus­tria (I. S. T.). Au­ßer­dem war er seit 2012 auch Vi­ze­prä­si­dent des Eu­ro­päi­schen Fo­rums Alp­bach. Er ge­hör­te zahl­rei­chen Auf­sichts­rä­ten an, u. a. bei der Wie­ner­ber­ger AG, der Wie­ner Börse, der Donau Ver­si­che­rung und der Flug­ha­fen Wien GmbH. Und er war seit 2011 als Nach­fol­ger von Lud­wig Stei­ner (AIn) Vi­ze­prä­si­dent des Stif­tungs­ra­tes und des Ver­eins Do­ku­men­ta­ti­ons­ar­chiv des Ös­ter­rei­chi­schen Wi­der­stands (DÖW), wel­che Funk­ti­on er bis kurz vor sei­nem Tod aus­üb­te.

1993 be­auf­trag­te Bun­des­prä­si­dent Tho­mas Kle­stil (Baj) die Grün­dung eines „So­zi­al­fonds des Herrn Bun­des­prä­si­den­ten“ (spä­ter „So­zi­al­werk“) als Ver­ein, des­sen Or­ga­ni­sie­rung sei­tens der Prä­si­dent­schafts­kanz­le Heinz Haf­ner (Am) vor­nahm. Zweck des Ver­eins ist die Be­reit­stel­lung von Mit­teln bei Hil­fe­an­su­chen an den Bun­des­prä­si­den­ten. Mit­glie­der des Ver­eins sind vor allem Ban­ken und Ver­si­che­run­gen. Das wich­tigs­te Mit­glied ist die Na­tio­nal­bank, des­sen Ver­tre­ter den ers­ten Vi­ze­prä­si­den­ten stellt (Prä­si­dent ist immer der Ka­bi­netts­di­rek­tor). Als Raidl zum Prä­si­den­ten des Ge­ne­ral­rats der Na­tio­nal­bank er­nannt wurde, ist er von die­ser in die­ses „So­zi­al­werk“ ent­sandt wor­den und über­nahm die Funk­ti­on des ers­ten Vi­ze­prä­si­den­ten. Er blieb nach sei­nem Aus­schei­den aus der Na­tio­nal­bank wei­ter­hin deren Ver­tre­ter und war daher bis zu sei­nem Tod Vi­ze­prä­si­dent die­ses So­zi­al­werks.

Raidl hatte auch als wirt­schafts­po­li­ti­scher Ex­per­te und Be­ra­ter in der ÖVP gro­ßen Ein­fluß, ob­wohl er nie eine po­li­ti­sche Funk­ti­on aus­ge­übt hatte. Diese Funk­ti­on be­gann im ÖAAB unter des­sen Ob­mann Alois Mock (Nc), dem er zeit­le­bens ver­bun­den blieb. Vor allem war er Be­ra­ter von Bun­des­kanz­ler Wolf­gang Schüs­sel. Daher kam es, daß er immer wie­der als Mi­nis­ter ge­nannt wurde. Sein dies­be­züg­li­cher Ein­fluß in der ÖVP kann nicht un­ter­schätzt wer­den.

RAIDL UND DER ÖCV

Ob­wohl Raidl wegen sei­nes ÖH-En­ga­ge­ments keine Funk­ti­on in sei­ner Ver­bin­dung aus­ge­übt hatte, wurde er zum Vor­orts­prä­si­den­ten (VOP) no­mi­niert, als die Ba­ju­va­ria für das Stu­di­en­jahr 1968/69 für den Vor­ort kan­di­diert hatte und im Mai 1968 auf der Car­tell­ver­samm­lung in Wie­ner Neu­stadt ge­wählt wurde. Sein un­mit­tel­ba­rer Vor­gän­ger war der spä­te­re Na­tio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te Ro­de­rich Reg­ler (Am). Einer der Haupt­grün­de für die No­mi­nie­rung Raidls war seine hoch­schul­po­li­ti­sche Er­fah­rung, denn seit Herbst 1967 be­gan­nen Über­le­gun­gen, die bis­he­ri­ge Stu­den­ten­par­tei Wahl­block, des­sen Mit­glie­der die Ver­bän­de, dar­un­ter der ÖCV, waren, in eine Ein­zel­mit­glie­der­par­tei um­zu­wan­deln, was dann mit der Ös­ter­rei­chi­schen Stu­den­ten­uni­on (ÖSU) ge­schah

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Das Vor­orts­jahr 1968/69 war aus ver­schie­de­nen Grün­den her­aus­for­dernd. Neben der ge­nann­ten Grün­dung der ÖSU waren es vor allem die eu­ro­pa­weit auf­tre­ten­den spe­zi­fi­schen Phä­no­me­ne des „Jah­res 1968“. Zum einen auf den Uni­ver­si­tä­ten, wo im Mai die Un­ru­hen in Paris be­gan­nen, zum an­de­ren mit dem sog. „Eu­ro­kom­mu­nis­mus“, als es am 21. Au­gust zur Be­set­zung der Tsche­cho­slo­wa­kei und zum Ende des „Pra­ger Früh­lings“ kam. Bei die­ser Ge­le­gen­heit war der Vor­ort bei der Or­ga­ni­sa­ti­on einer De­mons­tra­ti­on in Wien in­vol­viert. Für den ÖCV als ka­tho­li­schen Ver­band war dann auch der Um­stand re­le­vant, daß kurz zuvor (25. Juli) Papst Paul VI. die En­zy­kli­ka „Hu­ma­nae vitae“ (sog. „Pil­len-En­zy­kli­ka“) ver­öf­fent­licht hatte, mit der der künst­li­chen Ge­bur­ten­re­ge­lung eine Ab­sa­ge er­teilt wurde. Das war eine große Ent­täu­schung für en­ga­gier­te Ka­tho­li­ken, auch im ÖCV. Im Sep­tem­ber ver­öf­fent­lich­te der vor­ma­li­ge Un­ter­richts­mi­nis­ter und nun­meh­ri­ge Wie­ner Vi­ze­bür­ger­meis­ter Hein­rich Drim­mel (NdW) in der „Fur­che“ einen Bei­trag mit dem Titel „Rutscht der CV nach links ab“. Raidl ant­wor­te­te mit „Nicht die Wache von ges­tern“. Eben­so re­pli­zier­te dar­auf Kurt Vor­ho­fer (Nc) in der „Klei­nen Zei­tung“.

Im Herbst wurde ver­sucht, auch in Wien die „Stu­den­ten­re­vol­te“ zu prak­ti­zie­ren. Dabei soll­te die Rek­to­rats­i­nau­gu­ra­ti­on auf der Uni­ver­si­tät Wien ge­stört wer­den. Mit Hilfe des WCV unter dem da­ma­li­gen WCV-Se­ni­or Ger­hard Erich Ort­ner (Merc) ge­lang es, das zu ver­hin­dern. Kurz da­nach gab es ein vom CV or­ga­ni­sier­tes Hea­ring im Hör­saal I des Neuen In­sti­tuts­ge­bäu­des der Uni­ver­sitüt Wien, bei dem sich Raidl der Dis­kus­si­on mit Lin­ken stell­te. Am 11. No­vem­ber ver­an­stal­te­te der Vor­ort einen Re­pu­blik­kom­mers in Er­in­ne­rung an den 50. Jah­res­tag der Re­pu­blik­grün­dung.

Ende Ja­nu­ar 1969 fan­den die ÖH-Wah­len statt, bei der erst­mals die ÖSU kan­di­dier­te. Da­mals war der Haupt­geg­ner der Ring Frei­heit­li­cher Stu­den­ten (RFS), der sich bei der letz­ten Wahl 1967 stei­gern konn­te und seit Jah­ren auf dem zwei­ten Platz lag. Die ÖSU konn­te ge­gen­über den Wahl­block 1967 etwas zu­le­gen, und der RFS sta­gnier­te. Im eu­ro­päi­schen Ver­gleich war es ge­ra­de sen­sa­tio­nell, daß die lin­ken Grup­pie­run­gen er­folg­los blie­ben. Somit war der Trans­for­ma­ti­ons­pro­zeß vom Wahl­block zur ÖSU erst­mals ein Er­folg. Dazu haben nicht nur die aus dem ÖCV stam­men­den ÖH-Funk­tio­nä­re, son­dern auch der ÖCV mit sei­nen Amts­trä­gern ent­schei­dend bei­ge­tra­gen.

Raidl und der Vor­ort Ba­ju­va­ria haben auch Re­for­men im ÖCV an­ge­sto­ßen, die in der Folge beim Vor­ort in Rich­tung eines Prä­si­di­al­prin­zips ging. Diese Vor­schlä­ge wur­den dann in den bei­den fol­gen­den Vor­or­ten um­ge­setzt. Auf der Car­tell­ver­samm­lung 1969 in Krems war es re­vo­lu­tio­när, daß erst- und ein­mal im ÖCV auf einen Kom­mers ver­zich­tet wurde. Statt­des­sen gab es ein Abend­essen, daß vom nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Lan­des­haupt­mann An­dre­as Mau­rer ge­ge­ben wurde.

Das Vor­orts­team be­stand neben Raidl noch aus fol­gen­den Ba­ju­va­ren: Nor­bert Vana (Baj) als 1. Vor­orts­bei­sit­zer, er wurde spä­ter Vor­sit­zen­der des ÖCV-Alt­her­ren­län­der­ra­tes und Prä­si­dent des Eu­ro­päi­schen Kar­tell­ver­ban­des (EKV); Her­bert Hö­nigs­mann (Baj) 2. Vor­orts­bei­sit­zer, er wurde im nach­fol­gen­den Vor­ort Mer­cu­ria unter VOP Ger­hard Erich Ort­ner (Merc) 1. Vor­orts­bei­sit­zer, wo­durch die Kon­ti­nui­tät ge­wahrt wer­den soll­te; Ger­hard Hart­mann (Baj) als 1. Vor­ort­schrift­füh­rer, er war spä­ter der drit­te Lei­ter der ÖCV-Bil­dungs­aka­de­mie; Karl Bar­bor­ka (Baj) als 2. Vor­ort­schrift­füh­rer sowie als Bei­sit­zer Peter We­n­in­ger (Baj) und Hanns­pe­ter Win­ter (Baj).

Raidl wurde auf der Car­tell­ver­samm­lung 1969 als Nach­fol­ger von Hel­muth Schat­to­vits (Am) zum Lei­ter des Amtes für Hoch­schul­po­li­tik ge­wählt. Er ge­stal­te­te somit die hoch­schul­po­li­ti­sche Aus­rich­tung des ÖCV wei­ter und half beim wei­te­ren Ge­ste­hungs­pro­zeß der ÖSU. Er legte je­doch diese Funk­ti­on nach einem Jahr zu­rück, weil er an sei­ner Dis­ser­ta­ti­on ar­bei­te­te. Sein Nach­fol­ger in die­sem Amt wurde Sepp-Gott­fried Bie­ler (Rt-D). der von 1967 bis 1969 Vor­sit­zen­der des Zen­tral­aus­schus­ses der ÖH war.

Raidl pfleg­te eine of­fe­ne sowie di­rek­te Kom­mu­ni­ka­ti­on und hielt seine Mei­nung nicht zu­rück, ohne dabei sei­nen Humor zu ver­ges­sen. Als In­ter­view­part­ner und als Vor­tra­gen­der, auch im ÖCV, war er ge­fragt. Sein Cou­sin war Leo­pold Wall­ner (Dan), der Ge­ne­ral­di­rek­tor der Ca­si­no Aus­tria AG. Er starb nach län­ge­rer Krank­heit am Diens­tag jener Woche, in der zwei wei­te­re be­deu­ten­de ös­ter­rei­chi­sche Wirt­schafts­po­li­ti­ker ver­stor­ben sind: Am Mitt­woch der ehe­ma­li­ge SPÖ-Fi­nanz­mi­nis­ter Han­nes An­drosch und am Sams­tag der ehe­ma­li­ge ÖVP-Bun­des­par­tei­ob­mann und be­deu­ten­de Un­ter­neh­mer Josef Taus (Baj). Eine mehr als an­mer­kens­wer­te Ab­fol­ge von drei To­des­fäl­len. Alle drei waren üb­ri­gens be­ken­nen­de Chris­ten, was bei sol­chen Po­si­tio­nen nun­mehr nicht mehr selbst­ver­ständ­lich ist.

Der eben­falls be­kann­te Un­ter­neh­mer Mi­cha­el To­j­ner (Baj) schrieb über sie am 19. De­zem­ber 2024 in der „Kro­nen­zei­tung“: „Die Be­reit­schaft, sich immer wie­der ein­zu­brin­gen und mit­zu­ge­stal­ten, zeich­ne­te die gro­ßen Per­sön­lich­kei­ten Josef Taus, Claus Raidl und Han­nes An­drosch aus. Sie nutz­ten ihre in­ter­na­tio­na­le Of­fen­heit, in­tel­lek­tu­el­le Kraft und Krea­ti­vi­tät, um über par­tei­po­li­ti­sche In­ter­es­sen hin­aus un­se­re Hei­mat vor­an­zu­brin­gen.“. To­j­ner er­wähn­te in sei­nem Bei­trag auch, daß er und Raidl der­sel­ben Ver­bin­dung an­ge­hör(t)en

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Auch der ehe­ma­li­ge Prä­si­dent der Wirt­schafts­kam­mer Ös­ter­reich, Chris­toph Leitl (Kb EM), ver­faß­te über diese drei im „Ku­rier“ am 21. De­zem­ber 2024 einen Nach­ruf: „Alle drei waren ho­no­ri­ge Per­sön­lich­kei­ten. Ein Be­griff, der viel­leicht alt­mo­disch klingt, aber für die Be­wäl­ti­gung der Her­aus­for­de­run­gen un­se­rer Zeit un­end­lich wich­tig ist. Sie stan­den für An­stand und So­li­di­tät, für Cha­rak­ter und Werte, die sie auch leb­ten. Sie stan­den für Ziele, Vi­sio­nen und hat­ten Ant­wor­ten auf die Fra­gen nach dem Wohin. Und sie stan­den für Ge­mein­schafts­geist, Zu­sam­men­halt, So­li­da­ri­tät und To­le­ranz.“

Raidl wurde im engs­ten Fa­mi­li­en­kreis vor Weih­nach­ten 2024 auf dem Fried­hof Wien-Nu­ß­dorf be­stat­tet. Am 20. Ja­nu­ar 2025 fand ein Ge­dächt­nis­got­tes­dienst in der Wie­ner Au­gus­ti­ner­kir­che statt, bei dem der Ver­bin­dungs­seel­sor­ger der Ba­ju­va­ria, der Propst von Klos­ter­neu­burg Anton W. Hös­lin­ger, kon­ze­le­brier­te und zahl­rei­che Per­sön­lich­kei­ten des öf­fent­li­chen und wirt­schaft­li­chen Le­bens teil­nah­men, u. a. der ehe­ma­li­ge Na­tio­nal­rats­prä­si­dent Wolf­gang Sobot­ka (Rd EM), der ehe­ma­li­ge Vi­ze­kanz­ler Wolf­gang Brand­stet­ter (Nc EM), der Be­zirks­vor­ste­her des 1. Wie­ner Ge­mein­de­be­zirks Mar­kus Figl (Nc) sowie Edith Mock, Witwe nach Vi­ze­kanz­ler Alois Mock (Nc), und Mar­tha Taus, Witwe nach Josef Taus (Baj), teil­nah­men. Der ehe­ma­li­ge Bun­des­kanz­ler Wolf­gang Schüs­sel sowie der ehe­ma­li­ge VOEST-Ge­ne­ral­di­rek­tor Wolf­gang Eder hiel­ten An­spra­chen. Es char­gier­ten Ver­tre­ter der Ba­ju­va­ria, der MKV-Ver­bin­dung No­ri­ka Waid­ho­fen/Ybbs sowie des Vor­orts des ÖCV.

Werke:

Mehrwertsteuer und Preisniveau (1971).

Quellen und Literatur:

Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsdirektor i. R. Heinz Hafner Am, Mitteilung 11. 12. 2024).
Verbindungsarchiv Bajuvaria.
Hartmann, Gerhard: Für Volk und Glauben. Hundert Jahre Bajuvaria 1920 bis 2020. Unter Mitarbeit von Herbert Markwitz. Wien 1920, 225, 257, 269–297, 323, 406, 474, 508, 517, 545f., 734f., 741 und 758.
Hartmann, Gerhard: Treu zu Gott und Vaterland. Die Geschichte des CV in Österreich. Wien–Kevelaer 2023, 793, 876, 880, 884, 907 und 933.