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Sekt.-Chef i.R. Dr. Arbogast Josef Fleisch

Sekt.-Chef i.R. Dr. Arbogast Josef Fleisch

Urverbindung: Norica (11.11.1903)

Geboren: 29.04.1884, Klaus (Bezirk Feldkirch, Vorarlberg)
Gestorben: 15.03.1970, Wien
Sektionschef (Bundeskanzleramt), Bundeskommissär für Personalangelegenheiten

Lebenslauf:

Fleisch absolvierte 1903 das Gymnasium in Brixen und studierte danach an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (Dr. iur.), wo er der Norica beitrat. Nach Beendigung des Studiums und des Gerichtsjahres trat er 1911 in den Staatsdienst und war an der Bezirkshauptmannschaft Hohenelbe (heute Vrchlabí, Nordböhmen) tätig.

Im letzten Kriegsjahr 1918 wurde Fleisch in das Präsidium des k. k. Ackerbauministeriums berufen und nach Kriegsende in das Landwirtschaftsministerium übernommen, wo er 1921 Stellvertreter des Präsidialvorstands und am 21. Mai 1926 zum Ministerialrat ernannt sowie zum Präsidialvorstand bestellt wurde.

Nach dem Krieg war Fleisch Mitglied der „Deutschen Gemeinschaft“, einem logenartig organisierten Verband, der nach 1918 gegründet wurde und katholische wie nationale Intellektuelle umfaßte. Er gilt als ein Ausgangspunkt der späteren sog. „Katholisch-Nationalen“. Mitglieder von CV-Seite waren neben Fleisch u. a. Josef Bick (Fd), Emmerich Czermak (NdW), Engelbert Dollfuß (F-B), Oswald Menghin (ehemals Rd), Nivard Schlögl (Nc), Gustav Steinbauer (F-B), Richard Wollek (AIn) sowie u. a. auch Arthur Seyß-Inquart.

Am 12. Januar 1934 wurde durch einen Ministerratsbeschluß Fleisch zum Bundeskommissär für Personalangelegenheiten im Bundeskanzleramt und am 31. Dezember 1934 zum Sektionschef ernannt. Hintergrund dieser Maßnahme war die seit 1933 zunehmende auch auf Gewalt beruhende (Sprengstoffanschläge) Agitation der illegalen Nazis in Österreich und die nationalsozialistische Infiltration des Beamtenapparats. Dieses Bundeskommissariat hatte daher Disziplinarhoheit über alle Beamten und Vertragsbediensteten des Bundes, der Länder sowie der Gemeinden und war gezwungen, entsprechende Maßnahmen gegen illegale Nationalsozialisten wie auch Sozialdemokraten zu ergreifen. Neben dieser Kompetenz bekam dieses Bundeskommissariat auch noch all jene, wie sie in der Zweiten Republik in der Personalsektion des Bundeskanzleramtes zusammengefaßt sind (Dienstrecht, Mitwirkung bei Anstellungen etc.).

Fleisch saß daher auf einer der wichtigsten Schaltstellen des „Ständestaates“, deren „Personalchef“ er gewissermaßen war. Als Bundeskommissar war er auch Teilnehmer am Ministerrat. Denn in einem autoritären System waren die Personalfragen eine eminent wichtige Angelegenheit. Daher war es auch notwendig, daß die dort tätigen Beamten im Sinne der Regierung zuverlässig waren. So gab es 1935 in dieser Sektion elf Beamte, die Akademiker waren, davon waren fünf CVer. Neben Fleisch waren dies noch Eduard Chaloupka (Baj) – er war nach 1945 langjähriger Präsidialsektionschef des Bundeskanzleramtes – , der damalige CV-Funktionär Max Dinkhauser (AIn) sowie Leopold Thanhofer (Nc) und Otto Krammer (Baj). Chaloupka und Thanhofer leiteten das Büro des Bundeskommissars.

Aufgrund seiner herausragenden Stellung im „Ständestaat“ wurde Fleisch nach dem Anschluß sofort seines Dienstes enthoben, am 30. Juni 1938 in den dauernden Ruhestand versetzt und kurz danach am 15. Juli 1938 entlassen. Allerdings wurde er nicht verhaftet, was man eigentlich aufgrund seiner Stellung hätte annehmen müssen. Nach Nicolaus Drimmel (Baj) – siehe unten – dürfte es ihm gelungen sein, die Verantwortung für die Maßregelungen gegen die Nazis auf Chaloupka abzuschieben.

Ab 1. Mai 1945 wurde Fleisch als Beamter rehabilitiert und gleichzeitig in den dauernden Ruhestand versetzt bzw. ordnungsgemäß pensioniert. Nach dem Krieg wurde Fleisch nicht gleich in die Norica aufgenommen. Er findet sich nicht in den Gesamtverzeichnissen der Jahre 1949 und 1954, sondern erst wieder in dem des Jahres 1959. Aus welchem Grund er ausgeschlossen war, ist nicht bekannt. Eine Mitgliedschaft in der NSDAP lag bei ihm nicht vor, ebenso gab es keine Wiederverehelichung nach Scheidung. Es wird jedoch ein Zusammenhang gesehen (Drimmel), daß Fleisch erst nach dem Tod von Robert Krasser (Nc), der führenden Persönlichkeit in der Norica, wieder im Gesamtverzeichnis auftaucht.

Quellen und Literatur:

Enderle-Burcel, Gertrud–Follner, Michaela: Diener vieler Herren. Biographisches Handbuch der Sektionschefs der Ersten Republik und des Jahres 1945. Hg. vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands und der Österreichischen Gesellschaft für Quellenstudien. Wien 1997, S. 98f.
Drimmel, Nicolaus (Baj): Abwehrkampf, Verfolgung und Widerstand, in: Für Volk und Glauben leben, SS. 45-98. Für Volk und Glauben leben. Festschrift für Eduard Chaloupka. Hg. von Nicolaus Drimmel. Wien 2002, bes. S. 62–77.
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 343 und 515.