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Univ.-Prof. Dr. Oswald Menghin

Univ.-Prof. Dr. Oswald Menghin

Urverbindung: Rudolfina (20.10.1906)

Bandverbindungen: Rg

Geboren: 19.04.1888, Meran (Südtirol)
Gestorben: 29.11.1973, Chivilcoy (Provinz Buenos Aires, Argentinien)
Von der Rudolfina c. i. dimittiert, Universitätsprofessor (Urgeschichte des Menschen), „Bundesminister“

Lebenslauf:

Menghin wurde als Sohn eines Bürgerschuldirektors (Hauptschule) geboren und absolvierte 1906 in Meran das Gymnasium. Danach begann er das Studium der Germanistik, Geschichte und Prähistorische Archäologie an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien (Dr. phil. 1910), wo er der Rudolfina beitrat (Couleurname Eulenspiegel). Von 1909 bis 1911 besuchte er den Kurs des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung.

Nach dem Studium wurde Menghin 1910 Archivar im Niederösterreichischen Landesarchiv (bis 1918). 1913 habilitierte er sich in Wien für Prähistorische Archäologie. 1918 wurde er zum außerordentlichen und 1922 zum ordentlichen Universitätsprofessor für die Urgeschichte des Menschen an der Wiener Universität ernannt. Im Studienjahr 1928/29 war er Dekan der Philosophischen Fakultät, 1935/36 Rektor. Zwischen 1930 und 1933 war er öfters in Ägypten zu Ausgrabungen und als Gastprofessor an der Universität Kairo. 1931 wurde er zusätzlich Leiter der Prähistorischen Abteilung am Naturhistorischen Museum in Wien.

Menghin war ein sog. Katholisch-Nationaler. So war er Mitglied bei der nach dem Ersten Weltkrieg gegründeten „Deutschen Gemeinschaft“, der auch der Anschlußkanzler Arthur Seyß-Inquart angehörte. Er hatte auch im CV großen Einfluß. Im Juli 1936 wurde er als Vertreter der Katholisch-Nationalen in den Führerrat der Vaterländischen Front berufen und gehörte dem sog. „Siebener Ausschuß“ an, dem Verhandlungspartner mit der „nationalen Opposition“. Nicht zuletzt deshalb wurde er am 11. März. 1938 in das sog. Anschlußkabinett Seyß-Inquart als Unterrichtsminister berufen. Neben Außenminister Wilhelm Wolf (ehemals AIn) war er der zweite CVer in diesem Kabinett. Dies geschah auch deshalb, um den noch amtierenden Bundespräsidenten Wilhelm Miklas (AW EM) zu beruhigen.

In einem Fragebogen für Universitätsangehörige nach dem Anschluß 1938 gab Menghin freimütig zu: „Obgleich aus dem CV hervorgegangen, war ich keinen Augenblick im Zweifel, wo ich mich als Deutscher hinzustellen hatte. Meine Stellungnahme in der Anschluß- und Judenfrage hatte ich gleich schon nach dem Anschluß bezogen und konnte die Bestrebungen der Regierung Dollfuß daher nur als traurige Verirrung betrachten.“ Die Position als Bundesminister hatte er nur zwei Tage, nämlich bis zum formalen Anschluß am 13. März 1938 inne, danach war er bis Ende Mai 1938 Minister für Kultus und Unterricht der noch amtierenden österreichischen Landesregierung. In seine Amtszeit fielen u. a. die Säuberungen der Lehrkörper der Universitäten (Juden, Regimegegner). Im August 1938 kehrte er wieder an die Universität zurück, 1940 wurde er Mitglied der NSDAP.

Auf einem BC Rudolfinas vom 12. November 1938 wurden sechs Rudolfinen dimittiert, die sich dem neuen Regime zur Verfügung gestellt hatten, darunter auch Menghin. Der Chronist der Rudolfina bemerkt dazu: „Wo in der Welt findet sich eine Gemeinschaft, die unter den denkbar gefährlichsten Umständen dieser Zeit eine so radikale Säuberung ihrer Reihen vornahm!“ Als es Mitte 1949 zu formalrechtlichen Bemängelungen dieses Urteils kam, schrieb der damalige Vorsitzende der Verbandsführung Heinrich Drimmel (NdW): „Jene Bundesbrüder [...] haben mit dieser Dimissio einen Akt der Notwehr in Ehrensachen gesetzt [...] Sie handelten mit dem Recht einer Truppe, die nach der letzten verlorenen Schlacht auf dem Rückzug einer der ihrigen des geheimen Einverständnisses mit dem Feind überführt und daraufhin kurzen Prozeß machten.“

1945 wurde Menghin wegen seiner nationalsozialistischen Haltung seiner Professorenstelle enthoben und 1957 in den Ruhestand versetzt, nachdem 1956 sein Verfahren gegen ihn eingestellt wurde. Von 1945 bis 1947 war er in verschiedenen US-Lagern interniert. 1948 konnte er aus Österreich fliehen und emigrierte über Italien nach Argentinien, wo er auf dem Gebiet der Urgeschichte weiter wissenschaftlich arbeitete. 1957 wurde er Honorarprofessor an der Universität La Plata, 1961 Titular-Professor für Urgeschichte an der Universität Buenos Aires. 1968 ging er dort in den Ruhestand.

Menghin war Gründungsmitglied und von 1917 bis 1945 Präsident der Wiener Prähistorischen Gesellschaft sowie u. a. Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und korrespondierendes Mitglied der Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle/Saale. Die Universität Göttingen verlieh ihm 1937 das Ehrendoktorat. 1957 gründete er das Centro Argentino de Estudios Prehistóricos. Von 1914 bis 1943 war er Herausgeber der „Wiener Prähistorischen Zeitschrift“, von 1924 bis 1945 der „Mitteilungen der Prähistorischen Kommission“ der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und ab 1957 der „Acta Praehistorica“.

Menghin war auch Ehrenphilister der MKV-Verbindungen Karantania Klagenfurt (1909) sowie Gothia und Guelfia Wien, aus denen er ebenfalls ausgeschlossen wurde. Er wurde in Chivilcoy (Provinz Buenos Aires) begraben.

Werke:

(Auswahl)
Urgeschichte Niederösterreichs (1921).
Einführung in die Urgeschichte Böhmens und Mährens (1926).
Weltgeschichte der Steinzeit (1931).
Geist und Blut. Grundsätzliches um Rasse, Sprache, Kultur und Volkstum (1934).
Die vorgeschichtlichen Funde Vorarlbergs (1937).

Quellen und Literatur:

Fellner, Fritz – Corradini, Doris A.: Österreichische Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Ein biographisch-bibliographisches Lexikon. Wien 2006, S. 279f.
Hartmann, Gerhard: Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 246, 343f., 420, 422, 441.
Salzburger Nachrichten, 2. 12. 2023, U7.