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Aloys Prinz von und zu Liechtenstein

Aloys Prinz von und zu Liechtenstein

Ehrenmitgliedschaften: Austria-Wien

Geboren: 18.11.1846, Prag
Gestorben: 25.03.1920, Wien
Landeshauptmann (Niederösterreich), Reichsratsabgeordneter, Mitglied des Herrenhauses, Landtagsabgeordneter (Niederösterreich und Steiermark), Obmann der Christlichsozialen Reichspartei

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSBILDUNG

Aloys Prinz von und zu Liechtenstein wurde als Sohn des Prinzen Franz von und zu Liechtenstein und der Gräfin Julie von Potocky geboren. Dieser war der Bruder des Fürsten Aloys II. von und zu Liechtenstein. Prinz Franz war Kavallerieoffizier und zuletzt General der Kavallerie. Prinz Aloys war der Vetter des kinderlosen Fürsten Johann II. von und zu Liechtenstein. Der Bruder von Prinz Aloys war Prinz Alfred, dessen Sohn Prinz Alois war dann der Vater des späteren Fürst Franz Joseph II. von und zu Liechtenstein (NdW).

Liechtenstein – die Schreibweise seines Vornamens variiert zwischen Aloys und Alois – besuchte nach einer Privaterziehung in Wien das Schottengymnasium, wo er 1864 die Matura ablegte, und begann danach das Studium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (abs. iur. 1868). Das Einjährig-Freiwilligenjahr absolvierte er beim Husarenregiment Nr. 9, wo sein Vater Regimentsinhaber war (letzter Dienstgrad Oberleutnant der Reserve). 1869 trat er in den diplomatischen Dienst und war an den k. u. k. Gesandtschaften bzw. Botschaften in München, London und Berlin eingesetzt. In London lernte er seine Frau Mary Fox, Adoptivtochter des Lord Holland, kennen. Am 4. November 1873 quittierte er wegen Differenzen mit Außenminister Friedrich Graf Beust als Legationssekretär den Dienst und widmete sich fortan seinem Gut bei Deutschlandsberg (Steiermark).

POLITISCHE ÄMTER

Danach wandte sich Liechtenstein der Politik zu. Als überzeugter Katholik war er ein Gegner der Liberalen. Bei einer Nachwahl zog er am 22. Oktober 1878 für die Kurie des Großgrundbesitzes Salzburg in das Abgeordnetenhaus des Reichsrates ein. Bei der nächsten Wahl im Jahr 1879 kandidierte er erfolgreich für die Kurie der Landgemeinden in der Steiermark. 1885 kandidierte er neuerlich erfolgreich, legte aber am 12. November 1889 das Mandat zurück.

1891 kandidierte Liechtenstein erfolgreich für den Wiener Wahlkreis des 16. bis 18. Bezirks und gehörte dann dem Abgeordnetenhaus des Reichsrates nach Wiederwahlen ununterbrochen vom 9. April 1891 bis zum 30. März 1911 an. 1911 kandidierte er zwar neuerlich für den Wahlkreis Wien-Währing 1 (18. Bezirk) und erhielt im ersten Wahlgang die meisten Stimmen, unterlag jedoch im zweiten Wahlgang dem deutschnationalen Kandidaten, der von den Sozialdemokraten unterstützt wurde. Im Anschluß daran wurde er am 26. Februar 1912 von Kaiser Franz Joseph I. zum lebenslänglichen Mitglied des Herrenhauses ernannt.

Neben seinen Funktionen im Reichsrat war Liechtenstein auch auf Landesebene politisch aktiv. 1890 kandidierte er für den steirischen Landtag, wurde gewählt und gehörte ihm vom 14. Oktober 1890 bis zum 13. Februar 1896 an. Da er inzwischen in Niederösterreich, zu dem damals Wien gehörte, politisch beheimatet war, kandidierte er 1896 für den dortigen Landtag, wurde gewählt und gehörte diesem vom 28. Dezember 1896 bis 8. Januar 1915 an. Am 8. Dezember 1906 wurde er von Kaiser Franz Joseph zum Landeshauptmann von Niederösterreich ernannt, welches Amt dort Landmarschall hieß. Dieses übte er bis zum Ende der Monarchie aus. Von 1896 bis 1902 war er noch zusätzlich Gemeinderat von Wien.

POLITISCHE LAUFBAHN

Als 1871 Liechtenstein an der k. u. k. Botschaft in London tätig war, lernte er dort erstmals die durch die Industrialisierung entstandene soziale Frage kennen. Als er 1872 nach Berlin versetzt wurde, geriet er in Kontakt zu den Führern des Politischen Katholizismus (Zentrum), wie z. B. Ludwig Windthorst (AW EM). Nach seinem Ausscheiden aus dem diplomatischen Dienst und seiner Rückkehr nach Wien im Jahr 1873 begann er, sich politisch gegen den Liberalismus und für Sozialreformen zu engagieren.

1875 freundete sich Liechtenstein mit dem Theoretiker der katholischen Sozialreform, Karl Frhr. von Vogelsang (AW EM), an und engagierte sich immer mehr in der katholischen Volksbewegung. Nach seiner Wahl in den Reichsrat im Jahr 1878 schloß er sich dort den Katholisch-Konservativen an. 1881 gründete er jedoch zusammen mit seinem Bruder Alfred im Abgeordnetenhaus den Liechtenstein-Klub, der christlichsozial und sozialreformorientiert war. Während dieser Zeit wurde er wegen seiner sozialpolitischen Anliegen und auch seiner Kontakte zu Sozialdemokraten von politischen Gegnern (Liberalen) als „roter Prinz“ diffamiert.

Nachdem Liechtenstein kurze Zeit im Herbst 1889 im Reichsrat Obmann des Zentrumsklubs war, legte er sein Mandat nieder und nahm bereits 1887 mit dem christlichsozialen Karl Lueger (Nc EM) Verbindung auf. In dieser Zeit war er auch regelmäßiger Besucher der sog. „Enten-Abende“, die von dem Moraltheologen Franz Martin Schindler (Fd EM) organisiert wurden.

Als christlichsozialer Kandidat eines Wiener Wahlkreises zog Liechtenstein 1891 wieder in den Reichsrat und später dann in den niederösterreichischen Landtag ein. Gemeinsam mit Lueger, Alfred Geßmann (AW EM) und Josef Scheicher (AW EM) führte Liechtenstein in Wien und Niederösterreich die Christlichsozialen zum Erfolg, deren programmatischer Kopf er in der Folge war. So schwebte ihm eine christlichsoziale „Reichspartei“ für alle Nationen Österreichs vor, und bereits seit 1896 trat er für die Vereinigung der Katholisch-Konservativen mit den Christlichsozialen ein.

Liechtensteins Bestellung im Jahr 1906 zum Landmarschall (Landeshauptmann) von Niederösterreich, dem Kernland der Christlichsozialen, und damit zum Repräsentanten der autonomen Landesverwaltung, war insofern bedeutsam, also damit ein politisches Zusammenwirken zwischen dieser und der landesunmittelbaren Stadt Wien erfolgen konnte. Dort waren zu dieser Zeit Lueger und dann bis 1918 Josef Neumayer (Rd EM) sowie Richard Weiskirchner (AW EM) Bürgermeister. Lueger war darüber hinaus noch Landmarschall-Stellvertreter. Dieses Zusammenwirken ist auch vor dem Hintergrund der jeweiligen Einwohnerzahlen – Stand 1908 – zu sehen. Das Kronland Niederösterreich hatte damals rd. 3,5 Mio. Einwohner, davon entfielen auf die Stadt Wien knapp über 2,1 Mio. Vor ihr lagen damals nur New York, London, Paris und Tokyo.


Nach dem Tod Luegers wurde Liechtenstein am 15. Oktober 1910 zu dessen Nachfolger als Parteiobmann gewählt, konnte aber das Desaster der Christlichsozialen bei den Reichsratswahlen 1911 nicht verhindern, bei denen er ebenfalls ein Opfer war. Am Tag des Waffenstillstands am 3. November 1918 trat er als Parteiobmann und als Landmarschall von Niederösterreich zurück. Nach der Ausrufung der Republik – hierbei kritisierte er die damalige Haltung der Christlichsozialen – war er Mitbegründer der Zeitschrift „Die Monarchie“ (später „Das Neue Reich“), deren Chefredakteur Josef Eberle (ArF) war.

Liechtensteins Verbindung mit der frühen katholischen Bewegung führte bereits 1881 zur Ehrenmitgliedschaftsverleihung seitens der Austria Wien. Nachdem seine erste Frau schon 1878 verstorben war, heiratete Liechtenstein Johanna, geb. von Klinkosch, die Tochter eines k. k. Hofjuweliers, deren erste Ehe kirchlich annulliert wurde. Liechtenstein wurde in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof bestattet.

Werke:

(Auswahl)
Über Interessensvertretung im Staate. Mit besonderer Beziehung auf Österreich (2. Aufl. 1877).
Die soziale Frage (1877).
„Los von Rom“ heißt „Los von Österreich“ (1877).
Glaube und Wissenschaft (1905).
Österreich-Ungarns äußere Politik (1916).
Die nationale Frage (1916).
Österreich-Ungarns neue politische Organisation (1916).

Quellen und Literatur:

Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 5, Wien 1972, 203f.
Neue Deutsche Biographie, Band 14, Berlin 1985, 521f. (Erika Weinzierl).
Krause, Otto: Biographisches Handbuch des nö. Landtages 1861–1921 (online: Landtag Niederösterreich). St. Pölten 1995.
Banauch, Maria: Prinz Aloys von und zu Liechtenstein. Stationen im Leben eines ungewöhnlichen Politikers. Wien phil. Dipl.-Arb. 1997.
https://www.parlament.gv.at/WWER/PARL/J1848/Liechtenstein_1.shtml