Lebenslauf:
Öhlinger wurde als Sohn eines Oberlehrers geboren und besuchte in Linz die Volksschule sowie das Gymnasium, wo er 1897 die Matura ablegte. Danach begann er das Studium an der Medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck, wo er der Austria beitrat (Couleurname Fritz), führte es aber in der Folge nicht fort, sondern wechselte an die Rechtswissenschaftliche bzw. dann an die Philosophische Fakultät, wo er nationalökonomische bzw. historische Vorlesungen besuchte. Da er nicht ordnungsgemäß studierte bzw. kein Studium abschloß, mußte er später die Verbindung vorerst verlassen.
Öhlinger folgte im Jahr 1906 Richard Wollek (AIn) nach Wien und fand eine Anstellung im damals gegründeten niederösterreichischen Bauernbund. Albert Geßmann (AW EM), der „Generalstabschef“ der Christlichsozialen Partei, schickte ihn 1909 zuerst nach Warnsdorf (Varnsdorf), dann nach Trautenau (Trutnov) in Böhmen, um dort die Christlichsoziale Bewegung bzw. Partei organisatorisch zu verstärken. Diese war damals im Vergleich zu Wien-Niederösterreich strukturell schwach. Er wurde Parteisekretär für das Gebiet Ostböhmen mit Sitz in Trautenau und kandidierte für die Christlichsozialen bei den Reichsratswahlen des Jahres 1911 im Wahlkreis Braunau-Land, war aber chancenlos.
Nach dem er bereits 1901 sein Einjährig-Freiwilligenjahr bei den Tiroler Kaiserjägern ableistete, wurde er 1914 zum Landwehrinfanterieregiment Nr. 2 (Linz) eingezogen, das an der russischen Front eingesetzt war, und machte den ganzen Krieg mit (letzter Dienstgrad Leutnant der Reserve; Auszeichnungen: Silberne Tapferkeitsmedaille, Karl-Truppenkreuz). Während des Kriegsdienstes erkrankte er an der Cholera, an deren Folgen er zeitlebens noch zu leiden hatte.
Nach dem Krieg kehrte Öhlinger nach Trautenau zurück und war wieder Kreisparteisekretär der Deutschen Christlichsozialen Volkspartei in der neu gegründeten Tschechoslowakei. Aufgrund seiner nun erreichten Lebensstellung wurde er am 18. Oktober 1920 als Alter Herr wieder in die Austria Innsbruck aufgenommen. In den Gesamtverzeichnissen 1925 bis 1931 wird er als Vorsitzender des CV-Philisterzirkels Teplitz-Schönau (Teplice) angeführt.
Bei den Wahlen zur tschechoslowakischen Nationalversammlung des Jahres 1925 kandidierte Öhlinger als Abgeordneter und wurde gewählt. Dieser gehörte er von 1925 bis 1935 an. Öhlinger zählte zum sog. aktivistischen Flügel der Christlichsozialen, der für eine Zusammenarbeit mit den Tschechen war. Bei den Wahlen 1935 verloren alle Parteien zugunsten der kryptonationalsozialistischen Sudetendeutschen Parte Konrad Henleins sehr stark, so daß Öhlinger kein Mandat mehr erhielt. Er war damals Spitzenkandidat im Wahklreis Königgrätz (Hradec Králové). Sowohl die deutschen Sozialdemokraten wie auch die Christlichsozialen verloren mehr als die Hälfte ihrer Mandate.
Öhlinger gehörte neben Emil Bobek (Fd EM), Josef Böhr (Fd EM), Wenzel Feierfeil (Va EM), Karl Hilgenreiner (Fd EM), Johann Krumpe (Va), Eugen Graf Ledebur-Wicheln (S-B EM), Hans Lokscha (Nc), Felix Luschka (Va EM), Robert Mayr-Harting (S-B EM) und Robert Johann Schälzky (NdP EM) u. a. zur nicht unbedeutenden Riege der CVer, die politische Mandate (Minister, Abgeordnete, Senatoren, Parteivorsitzende) in der ersten tschechoslowakischen Republik bekleidete. Sie taten dies in der 1919 gegründeten Deutschen Christlichsozialen Volkspartei, die insgesamt einen kooperierenden Kurs gegenüber den Tschechen fuhr, der damals „aktivistisch“ (im Gegensatz zu nationalistisch) genannt wurde.
Nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht ins Sudetenland im September 1938 floh Öhlinger nach Prag in die Rest-Tschechei. Nach deren Zerschlagung durch die Deutschen im März 1939 war er zeitweise inhaftiert. Nach dem Krieg konnte er noch einige Zeit in der Tschechoslowakei verbleiben, wurde jedoch am 7. Dezember 1948 vertrieben und kehrte in seine Heimat Oberösterreich zurück. Dor verbrachte er den Rest seines Lebens in Vöcklabruck in bescheidenen Verhältnissen. Er engagierte sich beim oberösterreichischen Land- und Forstarbeiterbund sowie für die Heimatvertriebenen. Beim Begräbnis sprach Landeshauptmann Heinrich Gleißner (S-B) Abschiedsworte am offenen Grab. Öhlinger wurde auf dem Friedhof in Vöcklabruck bestattet.
Quellen und Literatur:
Austrier-Blätter Nr. 26. 1957. 314f.Kriss, Simon–Zathammer, Stefan: Austriae mortuis I. Die Verstorbenen Austrier der Rezeptionsjahrgänge von 1864–1910. Innsbruck 2024, 298f, und 533.
Šebek, Jaroslav: Sudetendeutscher Katholizismus auf dem Kreuzweg. Politische Aktivitäten der sudetendeutschen Katholiken in der Ersten Tschechoslowakischen Republik in den 30er Jahren (= Kirche und Gesellschaft im Karpaten-Donauraum Bd. 2). Münster 2010, 175 und 182.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, 235.