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Präs. Abg. z. NR K. k. Minister Reichsrats-Abg. Bgm. a.D. Dr. Dr. h.c. Richard Weiskirchner

Präs. Abg. z. NR K. k. Minister Reichsrats-Abg. Bgm. a.D. Dr. Dr. h.c. Richard Weiskirchner

Ehrenmitgliedschaften: Rudolfina, Austria-Wien, Frankonia (Czernowitz) zu Erlangen, Norica, Amelungia

Geboren: 24.03.1861, Wien
Gestorben: 30.04.1926, Wien
k. k. Minister, Präsident des Abgeordnetenhauses des Reichsrates, Präsident des Nationalrates, Mitglied des Herrenhauses, Landtagsabgeordneter (Niederösterreich), Bürgermeister von Wien, Magistratsdirektor

Lebenslauf:

Weiskirchner wurde als Sohn eines Lehrers geboren. 1881 wurde amtlich sein ursprünglicher Familienname Weiskircher auf Weiskirchner geändert. Nach der Volkschule in Wien-Margareten absolvierte er 1879 in Wien-Mariahilf das Gymnasium. Sein Vater war übrigens auch der Lehrer von Karl Lueger (Nc EM). Danach studierte Weiskirchner an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (abs. iur. 1883; Dr. iur. 1884) und trat nach dem Studium in den Wiener Magistratsdienst ein.

Weiskirchner war zuerst in den Abteilungen für das Marktwesen, dann für die Statistik und die Sanitätsangelegenheiten tätig. Am 6. Februar 1900 wurde er Leiter der Armen-Abteilung. Lueger erkannte in Weiskirchner einen hervorragenden Verwaltungsfachmann und ernannte ihn daher am 20. März 1901 zum Magistratsvizedirektor sowie am 9. März 1903 zum Magistratsdirektor. Damit war er in relativ jungen Jahren der höchste Beamte der Stadt Wien.

Weiskirchner stieß nach dem 2. Katholikentag 1889 zu den „Enten-Abenden“ – über diese siehe bei der Biographie von Franz Martin Schindler (Fd EM) – und kam so in die Politik. Er wurde ein Gefolgsmann Luegers. 1897 kandidierte er für die Christlichsozialen bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus des Reichsrates, dem er dann vom 27. März 1897 bis zum 30. März 1911 angehörte. Vom 25. Juni 1907 bis zum 5. Februar 1909 war er dessen Präsident.

Aufgrund des Umstandes, daß er sich als Abgeordneter stark mit Gewerbefragen beschäftigte, wurde Weiskirchner am 10. Februar 1909 von Kaiser Franz Joseph I. zum k. k. Handelsminister ernannt (Regierungen Bienerth I und II), welches Amt er bis zum 25. Juni 1911 ausübte. Er trat nach der verlorenen Reichsratswahl dieses Jahres zurück. Als er zum Minister ernannt wurde, schied er zum einen aus dem Amt eines Präsidenten des Abgeordnetenhauses, zum anderen ließ er sich dann am 22. März 1910 als Magistratsdirektor pensionieren. Am 19. Mai 1917 wurde er von Kaiser Karl zum lebenslänglichen Mitglied des Herrenhauses ernannt, was er bis zum Ende der Monarchie blieb.

Noch während seiner Ministerzeit wurde Weiskirchner 1910 in den Wiener Gemeinderat gewählt. Nach dem Tod Luegers sollte nach dessen Wunsch eigentlich er Bürgermeister von Wien werden, doch er war als Minister unabkömmlich. Daher wurde der bisherige Vizebürgermeister Josef Neumayer (Rd EM) zum Bürgermeister gewählt. Dieser trat im Dezember 1912 zurück, so daß dann Weiskirchner am 23. Dezember 1912 in dieses Amt gewählt wurde. Die kaiserliche Bestätigung erfolgte am 29. Dezember. An der Vereidigung nahm der WCV offiziell teil. Er bekleidete diese Funktion bis zum 21. Mai 1919.

Bei einer Ersatzwahl wurde Weiskirchner in den niederösterreichischen Landtag gewählt, dem vom 14. Januar 1898 bis zum 8. Januar 1915 angehörte. Dadurch wurde er am 5. November 1918 Mitglied der Provisorischen Landesversammlung Niederösterreichs, der er bis zum 4. Mai 1919 angehörte. Am 15. Juni 1914 wurde er zum Landmarschall-Stellvertreter ernannt (das entsprach der Funktion eines Vizepräsidenten des Landtags und des Landesausschusses, der Vorform einer Landesregierung).

Nach dem Ersten Weltkrieg engagierte sich Weiskirchner weiter bei den Christlichsozialen und wurde am 16. Dezember 1918 zu deren Wiener Obmann gewählt. Die Folge war, daß er in die Konstituierende Nationalversammlung bzw. dann in den Nationalrat gewählt wurde, denen er vom 4. März 1919 bis zum 21. Oktober 1923 angehörte. Vom 10. November 1920 bis zum 21. Oktober 1923 war er Nationalratspräsident. In dieser Eigenschaft leitete er die Bundesversammlung anläßlich der Wahl des ersten Bundespräsidenten Michael Hainisch. 1923 schied er aus der aktiven Politik aus.

Als hoher Wiener Stadtbeamter, dann Magistratsdirektor und danach selber Bürgermeister war Weiskirchner vor dem Ersten Weltkrieg an der Entwicklung Wiens zu einer Zweimillionen-Stadt beteiligt. In der ersten Zeit war er ein enger Mitarbeiter Luegers. Insbesondere förderte er das Armenwesen und errichtete das erste Wiener Arbeitsamt. In seiner Zeit wurden die Gebiete jenseits der Donau (Floridsdorf) Wien einverleibt. Unter Lueger war er auch an der Kommunalisierung der Straßenbeleuchtung, der Straßenbahn und des Elektrizitätswerkes beteiligt. Auch bei der Schaffung des Grüngürtels, der Regulierung des Wienflusses und des Donaukanals wirkte er entscheidend mit. Im Krieg ging es dann in der Hauptsache um die Versorgung der Stadtbevölkerung und 1914/15 um die Bewältigung der Flüchtlinge aus Galizien.

Als Handelsminister setzte Weiskirchner u. a. folgende Maßnahmen: Das Verbot der Nachtarbeit von Frauen, das Verbot von Phosphor bei der Erzeugung von Zündhölzern, der Abschluß diverser Handelsabkommen, die Verstaatlichung der DDSG. Er hatte besonderes Augenmerk auf die Schiffahrt. So förderte er Werften, u. a. in Monfalcone (Gefürstete Grafschaft Görz-Gradisca), und eröffnete den neuen Franz-Josephs-Hafen in Triest. Das Handelsministerium war damals auch für die Post zuständig. Unter ihm wurden die Bestimmungen für den Funk-Telegraphenbetrieb erlassen.

Weiskirchner erhielt Ende 1908 das Großkreuz des Franz-Josephs-Ordens und 1918 das Ehrendoktorat der Technischen Hochschule Wien. Nach ihm ist eine Straße im 1. Wiener Gemeindebezirk benannt. Er wurde auf dem Friedhof Wien-Hietzing begraben.

Werke:

Österreichische Städteordnungen. Die Gemeindeordnungen und Gemeindewahlordnungen der mit eigenen Statuten versehenen Städte (1895).
Die Armenpflege einer Großstadt (1896).
Das Cartellwesen vom Standpunkte der christlichen Wirtschaftsauffassung (1896).
Städtische Wohnungspolitik (1917).

Quellen und Literatur:

Academia 25 (1912/13), S. 569, 30 (1917/18), S. 82, und 31 (1918/19), S. 91.
Czedik, Alois: Zur Geschichte der k. k. österreichischen Ministerien 1861–1916. IV. Band: 1908–1916. Teschen 1920, S. 144–148.
Harrer, Karl: Dr. Richard Weiskirchner. Wien phil. Diss. 1950.
Knauer, Oswald: Dr. Richard Weiskirchner, in: Wiener Geschichtsblätter 17 (1962), S. 65–70.
Krause, Otto: Biographisches Handbuch des nö. Landtages 1861–1921 (online: Landtag Niederösterreich). St. Pölten 1995. Mertens, Christian: Richard Weiskirchner (1861–1926). Der unbekannte Wiener Bürgermeister. Wien 2006.
https://www.parlament.gv.at/WWER/PARL/J1848/Weiskirchner.shtml