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Dr. Dr. Heinrich Maier

Dr. Dr. Heinrich Maier

Urverbindung: Nibelungia (22.11.1926)

Geboren: 16.02.1908, Großweikersdorf (Bezirk Tulln, Niederösterreich)
Gestorben: 22.03.1945, in Wien hingerichtet
NS-Opfer, Weltpriester
Politische Haft: 1944 Polizeihaft und Landesgericht Wien, 1944/45 KZ Mauthausen, 1945 Landesgericht Wien

Lebenslauf:

Maier wurde als Sohn eines Beamten der k. k. Staatseisenbahn geboren. Wegen der häufigen Dienstversetzungen des Vaters besuchte er die Gymnasien in St. Pölten und Leoben, wo er 1926 maturierte. Danach trat er in das Wiener Priesterseminar ein und begann das Studium an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien (abs. theol. 1932, Dr. theol. 1942), wo er der Nibelungia beitrat (Couleurname Wolf). Im Herbst 1928 ging er nach Rom und studierte als Frequentant des Collegium Germanicum et Hungaricum an der Päpstlichen Universität Gregoriana (Dr. phil. schol. 1930). Im Herbst 1930 kehrte er nach Wien zurück und beendete das Theologiestudium. Am 24. Juli 1932 wurde er vom amtierenden Kapitelvikar, Weihbischof Franz Kamprath (F-B EM), zum Priester geweiht.

Danach war Maier Kaplan in Schwarzau im Steinfeld (Bezirk Neunkirchen) und Mödling. 1935 wurde er nach Wien-Gersthof versetzt, der sein letzter Posten werden sollte. Seiner Begabung und Neigung nach zog es ihn hin zur studierenden Jugend und zu Akademikern sowie Künstlern. Daher wurde er als Religionslehrer zuerst an der Technisch-gewerblichen Bundesanstalt in Mödling, wo er Kaplan war, danach am Albertus-Magnus-Gymnasium der Marienbrüder (Wien-Währing, Semperstraße) eingesetzt. Dort war der spätere Finanzminister Wolfgang Schmitz (Nc) einer seiner Schüler. Da diese konfessionelle Privatschule nach dem Anschluß aufgelassen wurde, nützte er die Zeit, um seine theologische Dissertation zu vollenden.

Maier geriet nach dem Anschluß zunehmend in eine Konfrontation mit dem Nationalsozialismus, dessen Weltanschauung mit allen nur erdenklichen Mitteln zu bekämpfen sei. Gegenüber seinen Jahrgangskollegen Josef Streidt (AW), dem späteren Wiener Weihbischof und Generalvikar, und Franz Loidl (ehemals NbW), dem späteren Professor für Kirchengeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, äußerte er sich mehrmals unmißverständlich: Das auf Brutalität und Militärmacht aufgebaute nationalsozialistische System könne nur gewaltsam und militärisch überwunden werden. Daher müsse aktiv mit dem militärischen Ausland zusammengearbeitet werden. Die Konsequenz daraus: Schwächung der deutschen Okkupationsmacht, Sabotage, Spionage für die Alliierten.

Streidt, damals schon im Ordinariat beschäftigt, warnte Maier mehrmals von den Konsequenzen seiner Vorstellungen, die als Hochverrat zu werten seien. Er ließ sich aber davon nicht abringen. Gemeinsam mit Gleichgesinnten gründete er ab dem Frühjahr 1940 ein Widerstandsnetzwerk, die „Gruppe Maier-Messner-Caldonazzi“ genannt wird. 1942 stieß der Generaldirektor der Semperit AG, Josef Messner, und ab 1943 Walter Caldonazzi (Am) dazu. Messner und Maier versuchten, Lagepläne von Rüstungsbetrieben den Alliierten zuzuspielen. Messner lieferte aufgrund des Semperit-Werkes bei Auschwitz auch erste Information über den dortigen Massenmord an den Juden, was aber bei den Amerikanern nur Erstaunen hervorrief. Über den Schweizer Theologen Otto Karrer versuchte Maier, Kontakte zu den Briten herzustellen.

Im Frühjahr 1944 wurde die Gruppe zerschlagen, Maier wurde verhaftet, jedoch nicht am in der Literatur tradierten „Schmerzensfreitag“. Der wurde bis 1970 am Freitag vor dem Palmsonntag („Fest der Sieben Schmerzen der allerseligsten Jungfrau Maria“) begangen, nach dem Kalendarium von 1944 wäre das der 31. März gewesen. Tatsächlich wurde Heinrich Maier bereits am Dienstag, dem 28. März, nach der Morgenmesse in der Sakristei verhaftet, wie Bernhard Kreutner nachweisen konnte.

Maier kam zuerst ins Gestapo-Gefängnis am Morzinplatz und wurde dann im August ins Wiener Landesgericht verlegt. Am 27. und 28. Oktober kam es zur Hauptverhandlung vor dem Volksgerichtshof in Wien. Maier und Messner wurde zur Last gelegt, daß sie „Verbindungen zum feindlichen Ausland aufgenommen und dieses auf deutsche Rüstungswerke zum Zwecke des Luftbombardements hingewiesen“ haben. Der Gruppe als solcher wurde die „Beteiligung an einem separatistischen Zusammenschluß“ vorgeworfen, womit sie Hochverrat vorbereitet hätten.

Maier, Messner und Caldonazzi sowie auch andere wurden zum Tode verurteilt. Maier wurde trotz dieses Todesurteils am 22. November 1944 in das KZ Mauthausen überstellt, weil man hoffte, dort noch weitere Informationen über die Widerstandsbewegung herauszubekommen. Dies geschah unter Einsatz von Foltermethoden. Anfang Januar 1945 wurde er zusammen mit Leopold Figl (Nc) und Felix Hurdes (NbW EM) wieder nach Wien zurückgebracht. Dann wurde er zur Entschärfung von Sprengkörpern bzw. Blindgängern in Wien herangezogen.

Maier wurde am Donnerstag, dem 22. März 1945, am letzten Hinrichtungstag vor der Befreiung durch die Sowjets, mit dem Fallbeil hingerichtet. Zur Hinrichtungsstätte begleitet wurde er nicht von dem katholischen Gefängnisseelsorger Eduard Köck (Rd), der mußte sich bereits bei der „Armensünderzelle“ verabschieden, sondern vom evangelischen Seelsorger. Der las ihm aus dem Römerbrief Kapitel 8, 35 bis 39 vor:

„Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Fährlichkeit oder Schwert? Wie geschrieben steht: ‚Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geächtet wie Schlachtschafe.’ Aber in dem allem überwinden wir weit um des willen, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiß, daß weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch keine andere Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserm Herrn.“ (Text nach der Übersetzung von Nivard Schlögl [Nc].)

In dem Bericht des evangelischen Gefängnispfarrers steht „Als ihn zwei Wärter unmittelbar vor der schwarzen Tür packten, waren Heinrich Maiers letzte, mit fester Stimme gesprochenen Worte: ‚Für Christus, den König! Es lebe Österreich!‘“ Einer der Wärter schlug ihm daraufhin den Schlüsselbund auf den Kopf und fluchte: „Schon wieder einer, der die Gosch’n nicht halten kann.“ Laut Sterbebuch starb er um 18.40 Uhr. Zwei Wochen später war die Rote Armee in Wien.

Maier wurde zuerst in einem Schachtgrab des Wiener Zentralfriedhofs beerdigt. Zwei mit ihm befreundete Ärzte forschten die Grabstelle aus und konnten eine endgültige Bestattung auf dem Friedhof Wien-Neustift erreichen. In Wien-Pötzleinsdorf wurde eine Straße nach Maier benannt. Dort wurde 1995 am Haus Nr. 1 eine Gedenktafel für ihn angebracht. Am 22. März 2019, seinem Todestag, wurde ihm in besonderer Weise der Kreuzweg in der Pfarrkirche Gersthof gewidmet.

Quellen und Literatur:

Loidl, Franz (ehemals NbW): Kaplan Heinrich Maier. Ein Opfer des nationalsozialistischen Gewaltsystems, in: Kirche und Staat. Fritz Eckert zum 65. Geburtstag. Hg. von Herbert Schambeck. Berlin 1976, S. 271–292.
Schmitz, Wolfgang (Nc): „Es lebe Österreich!“, in: Die Furche, Nr. 15, 12. April 1985, S. 4.
Stehle, Hansjakob: Der Spion aus dem Pfarrhaus, in: Die Zeit, Nr. 2, 5. Januar 1996, S. 50.
Bamberg, Wolfgang (Am): Der letzte Märtyrer, in: öAc 56 (2005), Dezember, S. 30f.
Jagschitz, Gerhard: Kaplan DDr. Heinrich Maier, in: Hundert (100) Jahre Nibelungia. Festschrift zum hundertsten Stiftungsfest der Katholisch-Österreichischen Studentenverbindung Nibelungia zu Wien im ÖCV. Wien 2008, S. 25–30.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Farbe Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 208–210.
Kreutner, Bernhard: Gefangener 2959. Das Leben des Heinrich Maier. Mann Gottes und unbeugsamer Widerstandskämpfer. Salzburg 2021.