Wartungsfunktionen

Msgr. Eduard Köck

Msgr. Eduard Köck

Urverbindung: Rudolfina (16.10.1912)

Geboren: 30.04.1891, Hohenau (Cáhnov, Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich)
Gestorben: 14.10.1952, Wien
Gefängnisseelsorger, Weltpriester

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSBILDUNG

Köck wurde als Sohn eines Tabak- und Spielwarenhändlers geboren. Nach der Volksschule trat er in das Erzbischöfliche Knabenseminar in Hollabrunn ein und legte am dortigen Gymnasium 1910 die Matura ab. Danach begann er das Studium an der Theologischen Fakultät der Universität Wien (abs. theol. 1914), wo er der Rudolfina beitrat (Couleurname Kunibert). Am 25. Juli 1914 wurde er vom Wiener Erzbischof, Friedrich Gustav Kardinal Piffl (Wl EM), zum Priester geweiht.

Nach der Priesterweihe war Köck als Kaplan in Kirchschlag (Bezirk Wiener Neustadt Land), Inzersdorf (damals noch nicht zu Wien gehörig) und Wien-Rudolfsheim eingesetzt. Am 2. April 1917 wurde er zum Feldkuraten der Reserve ernannt, kam aber nicht an die Front. Seit 1915 war die Stelle eines zweiten Seelsorgers am Wiener landesgerichtlichen Gefangenenhaus I vakant. Köck bewarb sich auf diese und wurde am 28. Februar 1921 dazu ernannt. Er sollte die Funktion eines Gefängnisseelsorgers bis zu seinem Tod ausüben. Seine dortige Tätigkeit Köcks ist in vier Abschnitte einteilbar.

ERSTER ABSCHNITT 1921 BIS 1933

In diesem Zeitabschnitt konnte man von einer üblichen bzw. geordneten Gefangenhausseelsorge sprechen. Insassen waren fast ausschließlich Personen, die infolge eines Verstoßes gegen Bestimmungen des Strafgesetzes einsaßen. Die Inhaftierungen geschahen gemäß den Regeln eines demokratischen Rechtsstaates. Es war sowohl für eine allgemeine wie auch für eine Individualseelsorge entsprechende Zeit vorhanden.

ZWEITER ABSCHNITT 1933 BIS 1938

Die politischen Verhältnisse ab 1933 veränderte Köcks Arbeitsweise als Gefangenhausseelsorger in erheblicher Art und Weise, denn es wurde ab dieser Zeit der Boden eines demokratischen Rechtsstaates verlassen, was entsprechende Auswirkungen auf den Strafvollzug hatte. Zum einen wurden zusätzlich viele „politische“ Gefangene eingeliefert, insbesondere illegale Nationalsozialisten und dann ab 1934 nach dem Februaraufstand des Schutzbundes und dem Juli-Putsch der Nationalsozialisten. Zum anderen wurde von der autoritären Regierung wieder die Todesstrafe eingeführt, die nun vor allem bei politisch motivierten Delikten wie auch bei Kapitalverbrechen zur Anwendung gelangte. Somit kam zur normalen seelsorglichen Betreuung Inhaftierter noch die an die auf die Hinrichtung in den sog. „Armesünderzellen“ Wartenden hinzu.

Die ersten Hinrichtungen fanden im Zusammenhang mit dem sozialdemokratischen Aufstand im Februar 1934 statt. Theodor Kardinal Innitzer (NdW) intervenierte wegen eines Gnadenaktes vergebens beim damaligen Justizminister Kurt von Schuschnigg (AIn) für die zum Tode Verurteilten. In diesem Zusammenhang gibt es die heroisierende sozialdemokratische Legendenbildung über die Hinrichtung des angeblich mit der Bahre zum Galgen gebrachten verwundeten Karl Münichreiter. In seinem Tagebuch berichtet jedoch Köck, daß dieser die Beichte abgelegt, jedoch nicht die Kommunion empfangen hätte. Dann heißt es dort über ihn: „Ging, eine Zigarette rauchend, seelenruhig aus der Armesünderzelle zur Richtstätte.“

Die nächsten Hinrichtungen gab es im Zusammenhang mit dem Juli-Putsch der Nationalsozialisten und der Ermordung von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß (F-B). Hier hatte Köck dem Dollfuß-Mörder Otto Planetta vor dessen Hinrichtung die Beichte abgenommen.

In diesen vier Jahren, in denen sich die Gefängniszellen infolge politischer Gefangener (Sozialdemokraten und dann vor allem Nationalsozialisten) füllten, war Köck Tag und Nacht unterwegs, um vielen Insassen Trost und Hilfe in ihrer seelischen und vielfach auch sozialen Not zu bringen. Es war ein Vorspiel zu dem, was danach kommen sollte und um ein Vielfaches schrecklicher war.

DRITTER ABSCHNITT 1938 BIS 1945

Alles Bisherige wurde in diesem Zeitraum in den Schatten gestellt. Für Köck war diese Zeit wohl die größte Herausforderung seines Lebens, denn es ging hier nicht nur um „normale Verbrecher“, sondern um Menschen, die wegen ihrer Abstammung, Weltanschauung oder Nationalität inhaftiert wurden oder hingerichtet werden sollten. In ihren Ängsten erwarteten sie gerade von einem katholischen Priester Hilfe und Beistand. Für Köck war dies umso mehr von Bedeutung, weil sich nun in seinem Beruf die Forderung Jesu in seiner Endzeitrede nach den Werken der Barmherzigkeit, darunter Gefangene zu besuchen, sich besonders konkretisierte (Mt 25,34–46). Nicht zuletzt wurde er als „Engel des Gefangenenhauses“ bezeichnet. Mit 1. November 1939 rückte er zum Gefängnispfarrer und mit 16. April 1940 zum Oberpfarrer auf.

In der Zeit vom 6. Dezember 1938 bis zum 22. März 1945 (sechs Jahre und fast vier Monate) wurden im Landesgericht Wien insgesamt 1.184 Personen durch das Fallbeil hingerichtet, davon wurden 1.020 auf eigenen Wunsch auf ihrem letzten Gang religiös betreut. Statistisch gesehen sind das über 180 Hinrichtungen pro Jahr. Das war alle zwei Tage eine solche. Allerdings kumulierten sich diese gegen Ende der Naziherrschaft, so daß es am Anfang wesentlich weniger waren. Er begleitete selber davon rd. 450 Häftlinge auf dem Weg zum Schafott.

Köck wurde in der Seelsorge u. a. von fremdsprachigen Priestern unterstützt. Allerdings wurde seine Tätigkeit von den Nazis auch behindert. Von den anderen Insassen wurden jene, die in den „Armesünderzellen“ auf ihre Hinrichtung warteten, „Köpfler“ genannt. Das geschah in einer Überdehnung des wienerischen, ironischen Sarkasmus angesichts der unfaßbaren Zustände.

Unter diesen Hingerichteten befanden sich u. a. Walter Caldonazzi (Am) am 9. Januar 1945 und der Gersthofer Kaplan Heinrich Maier (NbW), den er aber nicht zur Gänze begleiten durfte und der am 22. März 1945 hingerichtet wurde. Es war dies die letzte Hinrichtung vor der Befreiung.

VIERTER ABSCHNITT:

NACH 1945

Das Kriegsende brachte natürlich das Ende des besonderen Schreckens dieser Zeit für das Landesgericht. Doch deswegen war es für Köck oft nicht weniger mühsam. Die Todesstrafe blieb vorerst aufrecht und wurde erst 1950 im ordentlichen Verfahren abgeschafft. Die letzte Hinrichtung durch Erhängen fand am 24. März 1950 statt.

Eine besondere Facette der unmittelbaren Nachkriegszeit war nun, daß jetzt Nazi-Verbrecher in das Landesgericht eingeliefert wurden, denen in eigenen Gerichtshöfen (Volksgerichte) der Prozeß gemacht wurde. Einige davon wurden sogar hingerichtet.

Köcks Leistungen als Gefängnispfarrer in den rund 20 Jahren von 1933 bis zu seinem Tod sind nicht hoch genug einzuschätzen. Durch seine Hilfe, seine Worte und auch nur durch sein Dasein hat er Tausenden Menschen in großer und größter seelischer Not Hoffnung und Zuversicht vermittelt. Dies tat er unbeschadet der weltanschaulichen und religiösen Einstellung der Betroffenen in dem Bewußtsein, dem Wort Jesu Folge zu leisten (Mt 25, 36: „Ich bin im Gefängnis gewesen, und ihr seid zu mir gekommen.“).

Köck ist im aktiven Dienst gestorben und hat während seiner Tätigkeit ein Tagebuch geführt, das sich im Wiener Diözesanarchiv befindet. Es ist ein erschütterndes und wichtiges zeithistorisches Dokument, das Einblick in seine Arbeit gibt. Auch wenn für seinen relativ frühen Tod organische Befunde maßgeblich gewesen sein mögen, so wird man nicht umhin kommen, auch die immense jahrelange starke psychische Belastung durch seinen speziellen Beruf als eine Todesursache anzusehen. Somit stand er als ein Opfer des NS-Systems gewissermaßen auf der anderen Seite. Er wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof begraben.

Köcks Nachfolger als Gefängnisseelsorger wurde Heinrich Zeder (NdW), der selber während der Nazizeit im Landesgericht einsaß und dort von seinem Vorgänger betreut wurde. Auf Anregung des früheren ÖCV-Seelsorgers Gerhard Schultes (Rd) wurde eine Wohnhausanlage in Hernals (Gschwandnergasse) nach Köck benannt. Johannes Schönner (AW) schrieb über ihn einen Roman („Im Schatten des Schafotts“).

Quellen und Literatur:

Foto: © Diözesanarchiv Wien
Diözesanarchiv Wien. Priesterdatenbank.
Zeder, Heinrich (NdW): Graues Haus. Eine Chronik über die Seelsorge und Seelsorger von 1834–1972. Wien 1983, S. 125–130.
Schönner, Johannes (AW): Im Schatten des Schafotts. Wien 2007.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Herbert Fritz und Peter Krause (Rt-D). Wien 2. wesentlich verb. Aufl. 2013, S. 375.