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Fürsterzbischof Dr. Franz Xaver Kardinal Nagl

Fürsterzbischof Dr. Franz Xaver Kardinal Nagl

Ehrenmitgliedschaften: Aargau, Rudolfina, Austria-Wien

Geboren: 26.11.1855, Wien
Gestorben: 04.02.1913, Wien
Fürsterzbischof von Wien, Bischof von Triest, Hochschulprofessor (Philosophie, Exegese), Mitglied des Herrenhauses, Landtagsabgeordneter (Niederösterreich, Istrien und Triest)

Lebenslauf:

Nagl wurde als Sohn eines aus Niederösterreich stammenden Portiers geboren, der mit seiner Familie nach wenigen Jahren als Landwirt wieder nach Röhrenbach (Bezirk Horn) zurückkehrte, wo er die Volksschule absolvierte. Er besuchte ab 1866 als Frequentant der entsprechenden Knabenseminare die Gymnasien in Krems und Seitenstetten. Nach der Matura trat er 1874 in das Priesterseminar von St. Pölten ein und studierte an der dortigen Philosophisch-Theologischen Hauslehranstalt. Am 14. Juli 1878 empfing er in St. Pölten die Priesterweihe. Nach einer einjährigen Kaplanstätigkeit in Amstetten studierte er von 1879 bis 1881 als Frequentant des Frintaneums an der Theologischen Fakultät der Universität Wien (Dr. theol. 1883) und 1882/83 an der Gregoriana in Rom (Lic. phil. 1883).

Nach seiner Rückkehrt wurde Nagl Professor an der St. Pöltener Hauslehranstalt für Thomistische Philosophie und Exegese des Neuen Testamentes. 1885 wurde er zum k. k. Hofkaplan ernannt, gleichzeitig bewarb er sich für den Lehrstuhl für Fundamentaltheologie in Wien, wurde aber nicht berücksichtigt. 1887 wurde er zum Spiritualdirektor am Frintaneum in Wien und zum Inspektor für den Religionsunterricht ernannt.

Am 14. März 1889 wurde Nagl als Nachfolger von Franz S. Doppelbauer (AW EM) zum Rektor der Anima in Rom ernannt. Als solcher war er nicht nur Leiter des Kollegs für die Weiterbildung von Priestern des deutschsprachigen Raums, sondern war auch eine wichtige Vermittlungsstelle zwischen den deutschen bzw. österreichischen Bischöfen und Rom.

Am 26. März 1902 ernannte Kaiser Franz Joseph Nagl zum Bischof der Doppel-Diözese Triest-Capo d’ Istria (Koper). Die päpstliche Bestätigung erfolgte am 2. Juni, die Bischofsweihe empfing er am 15. Juni in Rom. Als solcher war er automatisch (als Virilist) Landtagsabgeordneter der Markgrafschaft Istrien und der Freien Stadt Triest (der Gemeinderat der Freien Stadt Triest war zugleich auch Landtag). Damit übernahm er wegen der Nationalitätenverteilung eine der schwierigsten Diözesen der k. u. k. Monarchie. Neben einer kleinen deutschen Minderheit (hauptsächlich Beamte und Militär) lebte in dieser Diözese je ein Drittel Italiener, Kroaten und Slowenen. Er förderte in Triest-Capo d’Istria das katholische Vereins- sowie Pressewesen und bemühte sich, das christlichsoziale Gedankengut zu verbreiten.

Nagls Verbindungen zu den Christlichsozialen waren die Voraussetzung zur Translation nach Wien. So war er in seiner Wiener Zeit anfänglich Teilnehmer der sog. Entenabende von Franz Martin Schindler (Fd EM). Der Christlichsoziale Politiker Albert Geßmann (AW EM) favorisierte Nagl als Nachfolger des greisen Kardinals Anton Gruscha (AW EM), nachdem wegen einer persönlichen Entfremdung zwischen dem Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand und dem populären Weihbischof Godfried Marschall (AW EM) dieser als Kandidat nicht mehr in Frage kam.

Daher ernannte Kaiser Franz Joseph am 1. Januar 1910 Nagl auf Anregung von Papst Pius X. zum Koadjutor von Gruscha mit dem Recht der Nachfolge. Die päpstliche Bestätigung und die Erhebung zum Titularerzbischof von Tyrus erfolgten am 19. Januar 1910. Am 18. Februar 1910 traf Nagl in Wien ein, wurde aber nur sehr kühl aufgenommen und lediglich vom Sekretär Gruschas, dem späteren Weihbischof Franz Kamprath (F-B EM), am Südbahnhof in Empfang genommen.

Nach dem Tod Gruschas am 5. August 1911 wurde Nagl automatisch Fürsterzbischof von Wien. Am 27. November 1911 wurde er zum Kardinal kreiert, am 1. Dezember erhielt er das Kardinalsbirett aus der Hand des Kaisers. Am 2. Oktober 2011 wurde er ins Herrenhaus berufen, außerdem war er automatisch ab 24. September 1911 als Virilist auch niederösterreichischer Landtagsabgeordneter. Hier griff er im Streit zwischen Leopold Kunschak (Nc EM) und Anton Orel (ehemals Nc) vermittelnd ein.

Höhepunkt seiner kurzen Amtstätigkeit war der Eucharistische Weltkongreß vom 12. bis 15. September 1912 in Wien. In seiner Amtszeit begann auch der Umbau des Waisenhauses in der Boltzmanngasse zum Priesterseminar. Er bemühte sich auch um die katholischen Vereine und die katholische Presse. In seiner Amtszeit wurde der Volksbund der Katholiken gegründet. Die Großstadtseelsorge in Wien mit damals zwei Millionen Einwohnern war ihm ein besonderes Anliegen, wofür der Wiener Pastoraltheologe Heinrich Swoboda (M-D EM) die theoretischen Grundlagen lieferte.

Nagl nahm am Wintersemesterantrittskommers des WCV am 29. Oktober 1912 teil, wo er jubelnd begrüßt wurde. Im Verlaufe des Kommers ergriff er das Wort: „Meine lieben CV-Brüder, bewahren Sie Ihre Stellung auf der Universität, auf der Sie bereits ein Faktor geworden sind, mit dem man zu rechnen hat. Wenn ich zurückdenke, wie ich vor vielen Jahren einmal bei der lieben Norica weilte, da waren wir etliche zwanzig. Hätte damals jemand gedacht, daß die Pflanze so groß wird, wie sie heute ist?“ Auch dankte Nagl dem CV für die tätige Mithilfe beim Eucharistischen Weltkongreß. Der Chronist vermerkt: „Stürmischer Beifall erscholl, als der Kardinal geendet, und als er sich bald darauf verabschiedete, wollten die Ovationen kein Ende nehmen.“

Nagl starb nach nicht einmal zwei Jahren als Erzbischof an akutem Nierenversagen als Folge einer Nierenschrumpfung und wurde im Wiener Stephansdom beigesetzt. Die drei Verbindungen Aargau, Austria und Rudolfina gedachten seiner mit einem gemeinsamen Trauerkommers am 24. Februar 1913. In Wien-Erdberg ist ein Platz und damit auch eine U-Bahn-Station nach ihm benannt.

Quellen und Literatur:

Ac 25 (1912/13), 321 (Rede Nagls auf dem Semesterantrittskommers) und 26 (1913/14), 38.
Loidl, Franz (ehemals NbW): Kardinal Franz Nagl. Fürsterzbischof von Wien (1911/13), in: Beiträge zur Wiener Diözesangeschichte 6 (1965), 17–22, 25–29, 33–37 sowie 7 (1966), 1–4, 9–14, 34–38, 41–46 und 8 (1967), 1–7.
Hartmann, Gerhard (Baj): Franz Xaver Nagl, in: Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1785/1803 bis 1945. Ein biographisches Lexikon. Hg. von Erwin Gatz. Berlin 1983, 526–528.
Krause, Otto: Biographisches Handbuch des nö. Landtages 1861–1921 (online: Landtag Niederösterreich). St. Pölten 1995.
https://www.parlament.gv.at/WWER/PARL/J1848/Nagl.shtml