Wartungsfunktionen

Bschf. Dr.h.c. Clemens August Kardinal Graf von Galen

Bschf. Dr.h.c. Clemens August Kardinal Graf von Galen

Ehrenmitgliedschaften: Rheno-Guestfalia (Hann. Münden) zu Göttingen

Geboren: 16.03.1878, Dinklage (Kreis Vechta, damals Großherzogtum Oldenburg, nunmehr Niedersachen)
Gestorben: 22.03.1946, Münster (Provinz Westfalen, später Nordrhein-Westfalen)
Seliger, Kardinal, Bischof von Münster, Sonstiger Adel

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSBILDUNG

Clemens Augustinus Joseph Emmanuel Pius Antonius Hubertus Marie Graf von Galen, so sein voller Name, wurde als Sohn des Ferdinand Graf von Galen und der Elisabeth, geborene Gräfin von Spee, sowie als elftes von dreizehn Kindern geboren. Die Familie von Galen ist westfälischer Uradel, die im 13. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt wird. Ihr gleichnamiges Stammhaus (Ruine) liegt im Landkreis Soest (Nordrhein-Westfalen). 1665 wurde die Familie von Kaiser Leopold I. in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Die Familie von Galen war eng mit dem Hochstift (Fürstbistum) Münster verbunden und dort Erbkämmerer. Dieses hatte Territorialbesitz auch im heutigen Bundesland Niedersachsen, und zwar im wesentlichen die Landkreise Cloppenburg und Vechta. Im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 wurde dieses katholische Gebiet dem protestantischen Herzogtum (später Großherzogtum) Oldenburg zugesprochen und heißt deswegen auch Oldenburger Münsterland. 1803 wurde die Familie von Galen in den preußischen Grafenstand erhoben.

Galen wuchs auf der Burg Dinklage bei Vechta auf, eine der Besitzungen der Familie, und wurde zuerst von Hauslehrern unterrichtet. Im Herbst 1890 wechselte er in die dritte Klasse des Gymnasiums des renommierten Jesuitenkollegs „Stella matutina“ in Feldkirch (Vorarlberg). Da aufgrund des Kulturkampfes die Reifeprüfung eines Jesuitengymnasiums in Preußen nicht anerkannt wurde, besuchte Galen die letzten beiden Klassen des Gymnasiums Antonianum in Vechta, wo er 1896 das Abitur ablegte.

Nach einem halben Jahr Pause begann Galen im Frühjahr 1897 das Studium der Geschichte, Philosophie und Literatur an der katholischen Universität Freiburg/Schweiz, die damals eine beliebte Studienstätte katholischer Adeliger des deutschen Sprachraums war. Im Frühjahr 1898 unternahm Galen mit seinem Bruder eine mehrmonatige Italienreise, die diese auch nach Rom führte. Dort wurden die beiden von Papst Leo XIII. in Privataudienz empfangen. Während dieses Aufenthalts reifte bei Galen der Entschluß, Priester zu werden.

Galen begann daher im Herbst 1898 das Studium an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck (abs. theol. 1902), wo er im Studienkolleg Canisianum der Jesuiten wohnte. Nach einer Pause trat er zu Ostern 1903 in das Priesterseminar in Münster ein und empfing am 28. Mai 1904 die Priesterweihe. Danach wurde er zum Domvikar am Dom zu Münster und zugleich zum Sekretär seines Onkels, des Münsteraner Weihbischofs Maximilian Gereon Graf von Galen, ernannt.

GALEN ALS PFARRSEELSORGER

Im August 1906 erfolgte die Ernennung Galens zum Kaplan der Pfarre St. Matthias in Berlin-Schöneberg. Seit 1865 wurde diese vom Bistum Münster betreut. Für sie spendete er einen Großteil seines Erbes zum Bau von Filialkirchen und eines Gesellenhauses. Schließlich wurde er Ende 1919 Pfarrer von St. Matthias. In Berlin erlebte er die „goldenen zwanziger Jahre“ in all ihren Facetten einer Weltstadt, bis er 1929 ins relativ beschauliche Münster zurückgerufen wurde, um Pfarrer an St. Lamberti zu werden. Das ist jene Kirche in Sichtweite des Domes, wo sich hoch oben am Turm jene eisernen Käfige befinden, in denen die Leichname der 1536 hingerichteten Wiedertäufer der Verwesung preisgegeben wurden. Hier erlebte Galen die Endphase der Weimarer Republik sowie Anfang 1933 die Machtergreifung der Nationalsozialisten. Als sich die ersten Repressalien des neuen Regimes gegenüber der Kirche bemerkbar machten (z. B. Vereinsauflösungen, Einschränkungen des Religionsunterrichts), leistete Galen noch als Pfarrer bereits Widerstand.

GALEN WIRD BISCHOF VON MÜNSTER

Doch am 5. Januar 1933 war der Bischof von Münster verstorben, und somit galt es, nach dem Preußenkonkordat einen neuen Bischof zu bestimmen. Als ein Kandidat auf der römischen Dreierliste vom Domkapitel gewählt wurde, lehnte dieser aus gesundheitlichen Gründen ab, ebenso lehnte ein weiterer Kandidat ab. Somit war die Dreierliste, auf der Galen nicht stand, auf einen Kandidaten geschrumpft, so daß ihn Rom zusätzlich auf die Liste setzte. Ihn wählte am 18. Juli 1933 das Domkapitel einstimmig zum Bischof und 69. Nachfolger des hl. Liudger. Am 5. September erfolgte die päpstliche Ernennung.

Aufgrund des am 20. Juli 1933 abgeschlossenen Reichskonkordats müssen Bischöfe, bevor sie ihr Amt antreten, einen Treueeid ablegen. Als erster Bischof nach dieser Bestimmung tat dies Galen am 19. Oktober 1933 in die Hand des preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring. Am 28. Oktober 1933 erfolgten die Bischofsweihe im Dom zu Münster und die Besitzergreifung. Hauptkonsekrator war der zuständige Metropolit, der Erzbischof von Köln Karl Joseph Kardinal Schulte (Nv, Sd).

Bereits in seinem ersten Hirtenbrief, datiert mit dem Tag seiner Bischofsweihe, schlug Galen verklausuliert kritische Töne gegenüber den neuen Machthabern an. Das steigerte sich dann im Osterhirtenbrief 1934, wo er neuheidnische Erscheinungen offen kritisierte. Im Oktober 1934 gab er zwei Autoren die Gelegenheit, ihre Kritik an der nationalsozialistischen Rassenlehre in Beilagen des kirchlichen Amtsblattes zu veröffentlichen, wodurch sie der Zensur entzogen waren. Am 12. August 1934 predigte Galen bei einer Wallfahrt im Oldenburger Münsterland über das Herrscherrecht Gottes über Leib und Leben der Menschen. In der Folge gab es weitere derartige Äußerungen Galens, und die Gestapo fing an, ihn zu beobachten.

OFFENE KRITIK AM NATIONALSOZIALISMUS

Die Kritik Galens am Nationalsozialismus wurde stärker und öffentlicher. Am 9. Februar 1936 weihte er die Krypta des Doms von Xanten ein. Dort sind christliche Märtyrer begraben, u. a. der hl. Viktor. Für das NS-Regime war Xanten aber ein besonderer Ort, denn von dort stammt nach dem Nibelungenlied „ihr Held“ Siegfried. Dem stellte Galen nun Viktor gegenüber. In seiner Predigt bezog er die Tradition der christlichen Märtyrer auf die Gegenwart: „Ihr wißt es, die Zeit ist da, wo nicht wenigen von uns solches Los zuteil wird. […] Es gibt in deutschen Ländern frische Gräber, in denen die Asche solcher ruht, die das katholische Volk für Märtyrer des Glaubens hält.“ Hier bezog er sich auf die beim Röhm-Putsch ermordeten Katholiken.

Wer die Fixierung des Episkopates nach Römerbrief 13 auf die rechtmäßige staatliche Autorität kennt, für den muß Galens nochmalige Predigt in Xanten am 6. September 1936 geradezu revolutionär erscheinen: „Denn in dem Augenblick, in welchem menschliche Obrigkeit in ihren Befehlen dem klar erkannten, im eigenen Gewissen bezeugten Willen Gottes widerstreitet, hört sie auf ‚Gottes Dienerin’ zu sein, zerstört sie ihre eigene Würde, verliert sie ihr Recht zu gebieten.“ Das Reichskirchenministerium reagierte in scharfer Form auf diese Predigten. Galen zog die Konsequenz daraus und hinterlegte genaue Anweisungen für den Fall seiner Verhaftung. Nach dem Krieg wurde die Xantener Krypta eine Weihestätte für NS-Opfer, in der auch der im KZ Dachau zum Priester geweihte sel. Karl Leisner begraben wurde.

Nachdem es am 4. November 1936 zum „Oldenburger Kreuzkampf“ gekommen war (Entfernung der Kreuze aus Schulen u. s. w.), spitzte sich 1937 mit der Enzyklika „Mit brennender Sorge“ von Papst Pius XI. der Konflikt zwischen NS-Staat und Kirche zu. Schon im März 1936 überreichte Galen Rom eine Denkschrift, in der er anregte, die Kirche soll viel öfter öffentlich auftreten. Denn der NS-Staat habe immer dann zurückhaltender reagiert, wenn die Kirche öffentlich Kritik übte. So lag es nahe, daß Galen zu jener kleinen Delegation von fünf deutschen Bischöfen gehörte, darunter auch Karl Joseph Kardinal Schulte (Nv), die im Januar 1937 den Papst über die kirchliche Lage in Deutschland informierte. Daraus entstand diese Enzyklika. Sie wurde am 21. März 1937, dem Palmsonntag, nach der Matthäuspassion von den Kanzeln verlesen.

DIE SOMMER-PREDIGTEN GALENS IM JAHR 1941

In den folgenden Jahren übte Galen immer wieder Kritik am NS-Regime und leistete gegen dieses Widerstand. Nach dem Beginn des Rußlandfeldzuges eskalierte aber die Situation, und es kam zu den drei großen Predigten, wegen derer Galen bekannt und berühmt wurde. Am Samstag, dem 12. Juli 1941, erfuhr er, daß die Jesuiten aus Münster vertrieben werden. Persönlich eilte er zu deren Niederlassung und beschimpfte die Gestapo-Beamten als Diebe und Räuber. Auf dem Rückweg in die bischöfliche Residenz brach es aus ihm heraus: „Jetzt kann ich nicht mehr schweigen.“ Er setzte sich sofort an die Schreibmaschine und schrieb fast die ganze Nach hindurch an seiner Predigt für den nächsten Tag, den Sonntag, um 11 Uhr in der Lamberti-Kirche, wo er früher Pfarrer war. (Der Dom war durch einen Bombenangriff beschädigt.)

Galen ging in seiner Predigt auf den „Klostersturm“ ein und prangerte an, daß „der physischen Übermacht der Gestapo jeder deutsche Staatsbürger völlig schutzlos und wehrlos“ gegenüberstehe. Kein noch so gewissenhafter Bürger könne sicher sein, daß er nicht eines Tages aus seiner Wohnung geholt und in den Kellern und Konzentrationslagern der Gestapo eingesperrt werde. Das waren deutliche Worte, die man in dieser Form im Dritten Reich noch nie gehört hatte.

Die Verhaftung blieb aus, so daß Galen am nächsten Sonntag, dem 20. Juli, wieder predigte, diesmal in der Liebfrauenkirche („Überwasserkriche“). Nunmehr ging es ihm in dieser sog. „Amboß-Predigt“ um die Stärkung des inneren Widerstands gegen den Nationalsozialismus: „Hart werden und fest bleiben!“ Vor allem ging es ihm darum, den Einfluß des Nationalsozialismus auf die Kinder und die Jugend abzuwehren und wählte dazu die Metapher von Hammer und Amboß, „Wir sind Amboß, nicht Hammer! Ihr könnt eure Kinder leider den Hammerschlägen der Glaubens- und Kirchenfeindlichkeit nicht entziehen. Aber auch der Amboß formt mit. Laßt euer Elternhaus unerschütterlicher Amboß sein, der die Wucht der feindlichen Schläge auffängt!“

Inzwischen wurde in der Provinz Westfalen der „Klostersturm“ in der Erwartung eingestellt, daß damit dem Bischof von Münster für seine Kritik der Wind aus den Segeln genommen werde. Doch Galen hatte inzwischen erfahren, daß geistig Behinderte aus einer Pflegeanstalt nahe Münster zur Euthanasie abtransportiert wurden. Vierzehn Tage später, am 3. August, folgte die dritte und entscheidende Predigt wiederum in der Lambertikirche. Galen prangerte in ihr die Tötung vermeintlich unwerten Lebens an. „Hier handelt es sich um Menschen, unsere Mitmenschen, unsere Brüder und Schwestern! Arme Menschen, kranke Menschen, unproduktive Menschen meinetwegen. Aber haben sie damit das Recht auf ihr Leben verwirkt?“ Dann ging Galen auf die Frage ein, was mit den „Invaliden des Krieges und der Arbeit“, den Altersschwachen usw. passieren kann. „Dann ist keiner von uns seines Lebens mehr sicher!“

DIE WIRKUNG DER PREDIGTEN

Die vervielfältigten Predigten Galens verbreiteten sich wie ein Lauffeuer durch das „Großdeutsche Reich“ und den von ihm besetzten und unbesetzten Teil Europas. Papst Pius XII. – Eugenio (Pius XII.) Pacelli (Tfs EM) – schrieb an den Bischof von Berlin: „Die drei Predigten des Bischofs von Galen bereiten Uns Trost und Genugtuung.“ Das NS-Regime war erbost und überrascht zugleich, doch letztlich setzte sich die realistische Strömung durch, jetzt mitten im Krieg gegen den Bischof keine Maßnahmen (Verhaftung, Schauprozeß, Todesstrafe) zu setzen. Im Gegenteil, man beendete die sog. „Aktion T-14“, das Euthanasieprogramm. Für Josef Dungel (Dan), in Hartheim im August 1940 ermordet, war das allerdings zu spät.

Inzwischen wuchs der Rückhalt des Bischofs in der Bevölkerung, so daß das Regime auch aus diesem Grund keine Maßnahmen gegen ihn setzte. Lediglich der preußische Ministerpräsident Hermann Göring erinnert ihn in einem Schreiben an den Amtseid und die Loyalitätspflicht. Aber es gab für Galen kein Zurück mehr. In einem Hirtenbrief vom 14. September 1941, der von allen Kanzeln des Bistums verlesen wurde, faßte er seine drei Predigten zusammen.

Diese wurden an der Front und im Hinterland gelesen und stärkten bzw. beflügelten jene, die aufgrund ihrer christlichen Überzeugung Widerstand gegen das NS-Regime leisteten, auch und vor allem jene im CV. Auch die Geschwister Scholl wurden von diesen beeinflußt. Von Hans Scholl ist überliefert: „Endlich hat einer den Mut zu sprechen.“ Galen selber hat in der Folge nicht mehr zu der kritischen Sprache der drei Predigten zurückgefunden. Daran mag wohl auch der weitere Kriegsverlauf, insbesondere der Bombenkrieg, seine Ursache gehabt haben. Auch einen anderen Umstand gab es: Weil man ihm nichts anhaben konnte, hielt man sich an Priestern und Laien schadlos, indem man sie verhaftete und ins KZ steckte – wie den bereits erwähnten Karl Leisner.

KRIEGSENDE UND KARDINALSERHEBUNG

Am 10. Oktober 1943 überlebte Galen nur knapp die Bombardierung der bischöflichen Residenz. Die Luftangriffe wurden immer stärker, so daß er und die bischöflichen Behörden nach Sendenhorst, ca. 15 km südöstlich von Münster, auswichen. Hier erlebte er am Karsamstag, dem 31. März 1945, wie US-Panzer die Kleinstadt besetzten. Ungeachtet des von ihm bekämpften NS-Regimes, war für ihn als Patrioten die Niederlage schmerzhaft.

Die Kirche ehrte den „Löwen von Münster“, indem am 24. Dezember 1945 Papst Pius XII. ihn zum Kardinal kreierte. Auf abenteuerliche Weise reiste er Anfang Februar 1946 mit Hilfe der Alliierten in acht Tagen nach Rom. Dort blieb er vom 16. Februar bis zum 7. März. Am 18. Februar fand das Konsistorium statt, bei dem er zum Kardinalpriester (Titelkirche San Bernardo alle Terme) erhoben wurde. Der Erzbischof von Köln, Josef Kardinal Frings (KV Rhenania Innsbruck, Rst EM), erinnert sich: „Er war der Held des Konsistoriums.“

Am 16. März wurde Galen im bombenzerstörten Münster von 50.000 Menschen begeistert empfangen, und vom Oberbürgermeister erhielt er die Ehrenbürgerwürde. Doch Galen sollte bald vom Tode gezeichnet sein. Die Anzeichen einer Blinddarmentzündung ignorierte er. Als ein Blinddarmdurchbruch festgestellt und er operiert wurde, war es bereits zu spät. Am späten Nachmittag des 22. März verstarb er, sechs Tage nach seinem triumphalen Empfang in Münster und 32 Tage nach seiner Erhebung zum Kardinal. Am 28. März wurde er hinter dem Hochaltar des damals teilweise zerstörten Domes, in der Ludgeri-Kapelle, wo bereits zwei Mitglieder seiner Familie im bischöflichen Amt ruhen, beigesetzt.

SELIGSPRECHUNG

In den folgenden Jahren wurden vor allem in Westdeutschland zahlreiche Verkehrsflächen, Schulen und sonstige Bildungseinrichtungen nach Galen benannt. 1956 wurde der Seligsprechungsprozeß auf Diözesanebene eingeleitet und das Ergebnis 1959 der Heiligsprechungskongregation in Rom übergeben. Dann ruhte die Angelegenheit, nicht zuletzt auch durch die Uraufführung des Dramas „Der Stellvertreter“ von Rolf Hochhuth im Jahr 1963. Man warf Galen antidemokratische Gesinnung vor, daß er nur die Interessen der Katholiken vertreten hat und die Juden nicht erwähnte. Unter Papst Johannes Paul II. kam jedoch wieder Bewegung in dieser Sache, der bei seinem Deutschlandbesuch 1987 das Grab besuchte.

Schließlich kam es 2003 zum Abschluß des Seligsprechungsverfahrens. Am 9. Oktober 2005 wurde er im Petersdom seliggesprochen. Zu Ende des Gottesdienstes erschien Papst Benedikt XVI. (Rup EM) und würdigte Galen in einer Ansprache, in der es u. a. hieß: „Wir alle und besonders wir Deutschen sind dankbar, daß uns der Herr diesen großen Zeugen des Glaubens geschenkt hat. Der Glaube hat ihm die Kraft gegeben zu tun und zu sagen, was andere nicht zu tun und zu sagen wagten.“ Bei der Zeremonie waren Vertreter seiner Verbindung und des CV in Couleur anwesend.

Der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf (Wf EM) schreibt über die Botschaft, die von der Seligsprechung Galens ausgeht: „Ein ganz durchschnittlicher Zeitgenosse [...] wurde zum mutigen Prediger, dessen Stimme weit über Westfalen hinaus gehört wurde; ein Obrigkeitsfanatiker wurde zum Widerständler gegen einen Staat, den er als Unrechtsregime erkannt und gegen dessen Morde an unschuldigen Menschen er öffentlich protestiert hat; ein Verteidiger rein kirchlicher Interessen entwickelte sich zum Anwalt der fundamentalen Rechte aller Menschen.“

GALEN UND DER CV

Galen wird während seines Studiums in der überschaubaren Universitätsstadt Innsbruck sicherlich den dortigen CV kennengelernt haben, aber damals war es für einen Adeligen nicht standesgemäß, einer Studentenverbindung beizutreten. Anfang 1936 faßte der Altherrenconvent (die Aktivitas war wegen der Gleichschaltung des CV bereits 1934 sistiert worden) der FAV (Forstakademischen Verbindung) Rheno-Guestfalia Hannoversch Münden zu (nunmehr) Göttingen den Beschluß, Bischof Galen die Ehrenmitgliedschaft zu verleihen – nicht zuletzt auch deshalb, weil er ein passionierter Jäger war. Am 17. Juli 1936 bat Galen die Verbindung zu sich, um Band und Mütze der Rheno-Guestfalia überreicht zu bekommen, die 1927 gegründet und noch im selben Jahr in den CV aufgenommen wurde.

Bereits am nächsten Tag schrieb Galen dem Philistersenior: „Für die mir [...] erbrachten Ehrenbezeugungen [...] anläßlich der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft [...] danke ich euch allen herzlich. [...] Das mir verliehene schwarz-grün-weiße-Band soll die Verpflichtung zu Bekennermut und Tapferkeit sein, um trotz Bedrängnis und Unwegsamkeit treu zu unserem christkatholischen Glauben und zu unserem Vaterland zu stehen, wie dies auch sinnfällig in dem Wahlspruch unserer lb. Rheno-Guestfalia in den Worten ‚Pro Deo et Patria’ zum Ausdruck kommt. In diesem Vertrauen gemeinsamer Tatkraft darf ich Euch als Euer Bundesbruder zurufen, verzagt nicht, sondern steht auch weiterhin treu und fest zu unserer Kirche und zu unserem Schöpfer.“

Der Umstand der Ehrenmitgliedschaft Galens, die dieser offenbar nach seinen Worten als sehr ernst auffaßte – im Gegensatz zu manchem seiner mit einer CV-Ehrenmitgliedschaft bedachten Mitbrüder – , geriet in der folgenden Auflösung des CV und im Krieg in Vergessenheit. 1946 starb bereits Galen, und erst 1948 rekonstituierte sich die Verbindung. Zufällig stieß man 2001 durch Recherchen im Verbindungsarchiv auf den Vorgang der CV-Ehrenmitgliedschaft Galens.

Bislang wurden fünf Angehörige des CV selig (bzw. heilig) gesprochen. Der erste war 1987 der Jesuit Rupert Mayer (Tt, Ae, Gu), der zweite war 1998 der Prämonstratenser (Geras) Sel. Jakob Kern (Am), der dritte war der seinerzeitige Erzbischof von Lemberg (rit. lat.), Heiliger Josef (Józef) Bilczewski (FcC EM). Er wurde dann 2005 von Papst Benedikt XVI. (Rup EM) heiliggesprochen, der vierte war 2005 Clemens August Kardinal Graf von Galen, der fünfte war 2021 der Gründer des Ordens der Salvatorianer Seliger Franziskus Maria Johann Baptist Jordan SDS (ArF).


Quellen und Literatur:

Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser 1912. Gotha o. J. (1912), 326f.
Academia 94 (2001), 110f.
Paul Josef Cordes (Sd), nunmehr Kardinal, in: Academia 97 (2004), 298–304,
Hubert Wolf (Wf EM): Man muß auch löschen, wenn das Nachbarhaus brennt, in: Frankfurter Allgemeine, 26. 2. 2005, 47.
Trautmann, Markus: Clemens August von Galen. Ich erhebe meine Stimme (= topos taschenbuch 566). Kevelaer 2. Aufl. 2010.