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Eugenio (Pius XII.) Pacelli

Eugenio (Pius XII.) Pacelli

Ehrenmitgliedschaften:

Geboren: 02.03.1876, Rom
Gestorben: 09.10.1958, Castel Gandolfo (Latium, Italien)
Papst, Kardinalstaatssekretär, Päpstlicher Nuntius

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSBILDUNG

Eu­ge­nio Maria Giu­sep­pe Gio­van­ni Pacel­li, so sein vol­ler Name, ent­stamm­te einer rö­mi­schen Ju­ris­ten­fa­mi­lie und wurde als Sohn eines Kon­sis­to­ri­al­ad­vo­ka­ten ge­bo­ren, d. h. eines für den Va­ti­kan tä­ti­gen Rechts­an­walts. Sein Gro­ßva­ter war bis 1870 Vize-In­nen­mi­nis­ter des Kir­chen­staa­tes und Mit­be­grün­der des „Os­ser­va­to­re Ro­ma­no“. Sein äl­te­rer Bru­der Fran­ces­co war Pro­fes­sor für Ver­wal­tungs­recht und hatte 1929 we­sent­li­chen An­teil am Zu­stan­de­kom­men der La­te­r­an­ver­trä­ge.

Pacel­li be­such­te das rö­mi­sche Ly­ze­um (Gym­na­si­um) Vis­con­ti, das er 1894 ab­schloß. An­schlie­ßend be­gann er zu­erst das Stu­di­um an der Päpst­li­chen Uni­ver­si­tät Gre­go­ria­na sowie dann am Päpst­li­chen In­sti­tut Sant’Apol­li­na­re, der spä­te­ren La­te­ran­uni­ver­si­tät. Er stu­dier­te Theo­lo­gie (abs. theol. 1899; Dr. theol. 1901) sowie Kir­chen­recht (Dr. iur. can. 1902). Er woll­te zum einen Pries­ter wer­den, zum an­de­ren auf­grund sei­nes fa­mi­liä­ren Hin­ter­grunds in den va­ti­ka­ni­schen Dienst tre­ten. Aus ge­sund­heit­li­chen Grün­den brauch­te er die meis­te Zeit nicht in einem Se­mi­nar woh­nen, son­dern konn­te sich zu Hause auf­hal­ten. Am Os­ter­sonn­tag 1899, dem 2. April, wurde er zum Pries­ter ge­weiht.

BERUFLICHE LAUFBAHN

1901, nach sei­ner ers­ten Pro­mo­ti­on, trat Pacel­li in den Dienst des Kar­di­nal­staats­se­kre­ta­ri­ats. Im Ok­to­ber 1903 wurde er Mi­nutant (Sach­be­ar­bei­ter) in der neu er­rich­te­ten Kon­gre­ga­ti­on für au­ßer­or­dent­li­che kirch­li­che An­ge­le­gen­hei­ten (S. Con­gre­ga­tio pro nego­tiis ec­cle­si­a­sti­cis ex­tra­or­di­na­riis). Diese war für kir­chen­po­li­ti­sche An­ge­le­gen­hei­ten, Ver­hand­lun­gen mit den Re­gie­run­gen wegen der Er­rich­tung und der Be­set­zun­gen von Diö­ze­sen sowie für die Kon­kor­da­te zu­stän­dig. Meis­tens war der Kar­di­nal­staats­se­kre­tär in Per­so­nal­uni­on auch Prä­fekt die­ser Kon­gre­ga­ti­on, die in­zwi­schen im Staats­se­kre­ta­ri­at auf­ge­gan­gen ist. Auf jeden Fall er­lern­te Pacel­li dort sein „Hand­werk“ für seine spä­te­ren Auf­ga­ben. Prä­fekt der Kon­gre­ga­ti­on war der spä­te­re Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Gas­par­ri.

1911 wurde Pacel­li Pro­se­kre­tär und 1914 Se­kre­tär die­ser Kon­gre­ga­ti­on. Die­ser war dort nach dem Prä­fek­ten der zwei­te Mann. In die­ser Zeit ge­lang ihm 1914 der Ab­schluß eines Kon­kor­da­tes mit dem Kö­nig­reich Ser­bi­en.1912 wurde er auch Kon­sul­tor des Hei­li­gen Of­fi­zi­ums. Seit 1909 war er noch zu­sätz­lich Pro­fes­sor an der Päpst­li­chen Di­plo­ma­ti­schen Aka­de­mie. Mit Be­ginn des Ers­ten Welt­kriegs über­trug ihm Papst Be­ne­dikt XV. hu­ma­ni­tä­re Auf­ga­ben des Va­ti­kans. Das alles war bis dahin für je­man­den, der noch nicht 40 Jahre alt war, eine be­acht­li­che kirch­li­che Kar­rie­re.

PACELLI ALS NUNTIUS IN DEUTSCHLAND

Mit 20. April 1917 wurde Pacel­li zum Nun­ti­us für das Kö­nig­reich Bay­ern er­nannt und am 13. Mai als 41-jäh­ri­ger zum Ti­tu­lar-Erz­bi­schof von Sar­des ge­weiht. Die Si­tua­ti­on war da­mals so, daß der Hei­li­ge Stuhl und das Deut­sche Reich zwar di­plo­ma­ti­sche Be­zie­hun­gen pfleg­ten, aber keine Bot­schaf­ten in Rom bzw. Ber­lin un­ter­hiel­ten. Zwi­schen Preu­ßen und dem Hei­li­gen Stuhl gab es keine di­plo­ma­ti­schen Be­zie­hun­gen. Auf­grund die­ser Kon­struk­ti­on kam Pacel­li gleich­sam die in­of­fi­zi­el­le Ver­tre­tung beim Deut­schen Reich zu.

Kaum hatte Pacel­li sei­nen Pos­ten in Mün­chen an­ge­tre­ten, mußte er für die Frie­dens­in­itia­ti­ve Papst Be­ne­dikts XV. wer­ben. Zu die­sem Zweck war er Ende Juni 1917 in Ber­lin, um mit dem Reichs­kanz­ler Theo­bald von Beth­mann Holl­weg sowie Kai­ser Wil­helm II. zu spre­chen. Die be­reits am 1. Au­gust er­gan­ge­ne päpst­li­che Frie­dens­no­te „Dès le début“ wurde je­doch von den kriegs­füh­ren­den Mäch­ten ab­ge­lehnt. Le­dig­lich Ös­ter­reich-Un­garn wäre dafür ge­we­sen, mußte aber auf deut­schem Druck hin eben­falls ab­leh­nen. Diese Er­fah­rung führ­te bei Pacel­li zu der Er­kennt­nis, daß sich der Hei­li­ge Stuhl im Kriegs­fall streng neu­tral ver­hal­ten müsse, was er dann auch wäh­rend des Zwei­ten Welt­kriegs prak­ti­ziert hatte.

Nach dem Krieg und einer kurz­zei­ti­gen Be­set­zung der Mün­che­ner Nun­tia­tur durch rä­te­re­pu­bli­ka­ni­sche Re­vo­lu­tio­nä­re än­der­te sich die staats­kir­chen­recht­li­che Si­tua­ti­on durch die Er­rich­tung der Wei­ma­rer Re­pu­blik, deren Län­der kaum noch au­ßen­po­li­ti­sche Kom­pe­ten­zen be­sa­ßen. Daher be­schlos­sen der Hei­li­ge Stuhl und Ber­lin, ge­gen­sei­ti­ge di­plo­ma­ti­sche Ver­tre­tun­gen zu er­rich­ten. In­fol­ge­des­sen wurde Pacel­li mit 22. Juni 1922 zum Nun­ti­us für das Deut­sche Reich er­nannt, blieb aber vor­erst noch in Mün­chen. Erst als die Nun­tia­tur im Ber­li­ner Tier­gar­ten­vier­tel fer­tig war, ver­leg­te er am 18. Au­gust 1925 sei­nen Sitz dort­hin.

Vor­her er­leb­te Pacel­li am 9. No­vem­ber 1923 in Mün­chen noch den Hit­ler-Putsch sowie das Ent­ste­hen der NSDAP. In­zwi­schen hat er auch Deutsch ge­lernt. In den fol­gen­den Jah­ren war er als Nun­ti­us be­müht, Kon­kor­da­te ab­zu­schlie­ßen, weil sich die An­fang des 19. Jahr­hun­derts ab­ge­schlos­se­nen kon­kor­datä­ren Ver­ein­ba­run­gen mit ei­ni­gen Staa­ten des Deut­schen Bun­des über­lebt hat­ten bzw. sich die Staats­form in Deutsch­land ge­wan­delt hat. Das erste Kon­kor­dat war 1924 das mit Bay­ern. Hier konn­te er das freie päpst­li­che Bi­schofs­er­nen­nungs­recht durch­set­zen. Das nächs­te und weit­aus wich­ti­ge­re Kon­kor­dat war 1929 das mit dem Frei­staat Preu­ßen, dem grö­ß­ten Land des Deut­schen Rei­ches. Hier ge­lang es dem staat­li­chen Ver­trags­part­ner, nicht zu­letzt durch das En­ga­ge­ment der ka­tho­li­schen Zen­trums­par­tei, das Dom­ka­pi­tel­wahl­recht auf der Basis eines rö­mi­schen Drei­er­vor­schlags zu er­hal­ten. Dar­über hin­aus wur­den die Bis­tü­mer Aa­chen sowie Ber­lin er­rich­tet und das Bis­tum Bres­lau zum Erz­bis­tum er­ho­ben.

Pacel­li war gern in Deutsch­land und fühl­te sich dort sicht­lich wohl. Josef Gelmi schreibt dar­über: „Er lobte und lieb­te die baye­ri­sche Me­tro­po­le als eine Stadt mit herr­li­chen Schöp­fun­gen sei­nes Kunst­sinns und le­ben­di­gen Glau­bens. Bay­ern sei für ihn eine zwei­te Hei­mat ge­wor­den. Vor allem die Wäl­der, die Berge und Seen, die Berg­kir­chen und Dome, Alm­hüt­ten und Schlös­ser hät­ten es ihm an­ge­tan. Sein Takt­ge­fühl, seine Ge­nau­ig­keit und seine In­tel­li­genz ver­schaff­ten ihn in Deutsch­land ein au­ßer­or­dent­li­ches An­se­hen.“ (Gelmi 1989, S, 302f.) Gerne wähl­te er zu sei­nen engs­ten Ver­trau­ten Per­so­nen aus Deutsch­land, wie z. B. die Je­sui­ten Ro­bert Lei­ber und Au­gus­ti­nus Bea, Schwes­ter Pas­ca­li­na Leh­nert und dann ab 1933 den ehe­ma­li­gen Zen­trums­füh­rer Prä­lat Lud­wig Kaas (AlBo EM), der dann die Aus­gra­bun­gen im Un­ter­grund von St. Peter lei­te­te, die vor allem das Pe­trus­grab be­tra­fen. Es ver­ging kaum ein Tag, ohne daß die­ser te­le­fo­nisch „nach oben“, d. h. zum Papst, ge­ru­fen wurde.

Der Ein­fluß der Deut­schen wurde in Rom nicht sel­ten kri­ti­siert, und man sprach von der „Ca­ma­ril­la te­de­s­ca“. Der be­kann­te Kir­chen­his­to­ri­ker Hu­bert Jedin war je­doch der Mei­nung, daß die Deut­schen nicht ent­fernt auf Pius XII. jenen Ein­fluß aus­ge­übt hat­ten, wie dann spä­ter die Fran­zo­sen auf Paul VI. Als nach dem Tod von Pius XII. Kon­rad Ade­nau­er in Rom für die Er­nen­nung des Je­sui­ten Au­gus­tin Bea zum Kar­di­nal ein­trat, sagte er, bis jetzt hät­ten die Deut­schen kei­nen ei­ge­nen Kar­di­nal in Rom ge­braucht, weil sie ja den Papst ge­habt hät­ten.

PACELLI ALS KARDINALSTAATSSEKRETÄR

Als sich das Ende der Amts­zeit von Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Gas­par­ri ab­zeich­ne­te, hatte Papst Pius XI. Pacel­li als des­sen Nach­fol­ger ins Auge ge­faßt. Zu die­sem Zweck be­rief er ihn Ende 1929 nach Rom und kre­ierte ihn am 16. De­zem­ber d. J. zum Kar­di­nal. Schlie­ß­lich wurde er am 7. Fe­bru­ar 1930 zum Kar­di­nal­staats­se­kre­tär er­nannt. Des­glei­chen er­folg­te seine Be­stel­lung zum Prä­fek­ten der Kon­gre­ga­ti­on für au­ßer­or­dent­li­che kirch­li­che An­ge­le­gen­hei­ten. In die­sen Funk­tio­nen setz­te er auf einer hö­he­ren Ebene seine Kon­kor­dats­po­li­tik fort, die wegen der po­li­ti­schen Um­wäl­zun­gen im Ge­fol­ge des Ers­ten Welt­kriegs not­wen­dig ge­wor­den war (Sturz von Mon­ar­chi­en, Ent­ste­hung neuer Staa­ten).

Für Deutsch­land wurde am 12. Ok­to­ber 1932 das Kon­kor­dat mit dem Land Baden un­ter­zeich­net, des­sen Ver­hand­lun­gen be­reits be­gon­nen hat­ten, als Pacel­li noch Nun­ti­us in Deutsch­land war. Hier wurde für das Erz­bis­tum Frei­burg/Br, eben­falls das Dom­ka­pi­tel­wahl­recht wie im Preu­ßen-Kon­kor­dat ver­ein­bart. Den Plan für ein Reichs­kon­kor­dat gab es be­reits bald nach 1918, je­doch nicht zu­letzt aus po­li­ti­schen Über­le­gun­gen kam es nach der Macht­über­nah­me Adolf Hit­lers zu einem zü­gi­gen Ab­schluß des Reichs­kon­kor­dats, das am 8. Juli 1933 un­ter­zeich­net wurde und am 20.​Juli in Kraft trat. Neben vie­len an­de­ren Re­ge­lun­gen wurde für die Diö­ze­sen Mainz, (Dres­den-)Mei­ßen und Rot­ten­burg das Dom­ka­pi­tel­wahl­recht nach dem Ba­di­schen Kon­kor­dat ver­ein­bart. Des­glei­chen ge­währ­te das Reichs­kon­kor­dat jenen ka­tho­li­schen Ver­ei­nen, die sich „unter die Fit­ti­che“ der Bi­schö­fe be­ga­ben, den sog. „Kon­kor­dats­schutz“, der aber in der Folge nicht ge­hol­fen hat.

Mit Ös­ter­reich wurde be­reits am 5. Juni 1933 ein Kon­kor­dat in Rom un­ter­zeich­net, das je­doch erst mit 1. Mai 1934 ra­ti­fi­ziert wurde und in Kraft trat. Zur Un­ter­zeich­nung reis­te Bun­des­kanz­ler En­gel­bert Doll­fuß (F-B) nach Rom, in sei­ner Be­glei­tung be­fand sich auch des­sen Se­kre­tär Otto Kempt­ner (F-B). Be­züg­lich der Bi­schofs­be­stel­lung wurde zwar das freie päpst­li­che Er­nen­nungs­recht fest­ge­legt, al­ler­dings ge­lang es durch In­itia­ti­ve des Salz­bur­ger Lan­des­haupt­manns Franz Rehrl (AW), das Salz­bur­ger Dom­ka­pi­tel­wahl­recht nach preu­ßi­schem Vor­bild zu ver­an­kern. An­sons­ten wur­den der Kir­che ei­ni­ge Son­der­rech­te ge­währt, die nach 1945 ein­ver­nehm­lich aus­ge­setzt wur­den. Aus Anlaß der Kon­kor­dats­un­ter­zeich­nung wurde Pacel­li das Große Gol­de­ne Eh­ren­zei­chen am Bande für Ver­diens­te um die Re­pu­blik Ös­ter­reich ver­lie­hen.
In sei­ner Tä­tig­keit als Kar­di­nal­staats­se­kre­tär ver­such­te Pacel­li, so man­che Vor­stö­ße von Papst Pius XI. aus di­plo­ma­ti­schen Grün­den ab­zu­mil­dern. Er be­reis­te in die­ser Zeit ei­ni­ge Staa­ten Eu­ro­pas und Ame­ri­kas und wurde da­durch in­ter­na­tio­nal be­kannt. Er war u a. 1934 in La­tein­ame­ri­ka und 1936 in den USA. Er ver­mit­tel­te 1934 im Kon­flikt der Kir­che mit Me­xi­ko und 1936 im Spa­ni­schen Bür­ger­krieg. Die Er­mor­dung Tau­sen­der ka­tho­li­scher Pries­ter in die­sem nähr­te beim Hei­li­gen Stuhl die Angst vor dem Bol­sche­wis­mus bzw. dem Kom­mu­nis­mus. Das führ­te am 19. März 1937 zur Ver­öf­fent­li­chung der En­zy­kli­ka „Di­vi­ni redemp­to­ris“, in der der athe­is­ti­sche So­wjet­kom­mu­nis­mus ver­ur­teilt wurde.

AUS PACELLI WIRD PIUS XII

Pius XI. er­krank­te im No­vem­ber 1936 schwer, so daß seine Ge­sen­und­heit be­reits ge­schwächt war. In der ers­ten Fe­bru­ar­wo­che er­käl­te­te sich der 82-jäh­ri­ge. Seine Kräf­te waren be­reits zu sehr auf­ge­zehrt, so daß er am 10. Fe­bru­ar 1939, sie­ben Mo­na­te vor Be­ginn des Zwei­ten Welt­kriegs, ver­starb. Wäh­rend Mus­so­li­ni tri­um­phier­te: „Die­ser alte Starr­kopf ist jetzt tot“, und die NS-Zeit­schrift „Der An­griff“ Pius XI. als „einen po­li­ti­schen Aben­teu­rer“ be­zeich­ne­te, sind sich die His­to­ri­ker heute weit­ge­hend einig, daß er einer der be­deu­tends­ten Päps­te der Kir­chen­ge­schich­te war.

Pius XI. mach­te kei­nen Hehl dar­aus, daß er Pacel­li als sei­nen Nach­fol­ger be­trach­te. Am 2. März 1939, sei­nem 63. Ge­burts­tag, wurde er nur nach nur drei Wahl­gän­gen zum Papst ge­wählt und erkor den Namen Pius. Damit si­gna­li­sier­te er, daß er sich in der Nach­fol­ge sei­nes Vor­gän­gers sah. Als päpst­li­ches Wap­pen wähl­te er das Motiv der Frie­dens­tau­be, wohl ah­nend, daß es mit dem Frie­den bald vor­bei sein wird.

Nach den Weis­sa­gun­gen des iri­schen Bi­schofs Mala­chi­as über die Päps­te und das Welt­ende aus dem Jahr 1139 trug er den Bei­na­men „Pas­tor an­ge­li­cus“, en­gel­glei­cher Hirte. In einem Kom­men­tar über die­sen aus dem Jahr 1933 steht: „Man ver­mu­tet, die­ser Papst werde ein en­gel­glei­ches Leben füh­ren, also durch Hei­lig­keit glän­zen, und wäh­rend sei­ner Re­gie­rungs­zeit werde die Frie­dens­zeit (Frie­de zwi­schen den Völ­kern und Staa­ten) an­bre­chen.“ In der Tat kann man das Leben von Pius XII. vor allem nach 1945 durch­aus als „en­gel­gleich“ ta­xie­ren. Und in die­sem Jahr war auch der Welt­krieg zu Ende, und ein neuer brach nicht aus, auch wenn die Zei­ten da­nach nicht immer fried­lich waren.

PIUS XII UND DER NATIONALSOZIALISMUS

Schon als Nun­ti­us in Mün­chen und dann in Ber­lin war Pacel­li mit dem auf­stre­ben­den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus und Adolf Hit­ler kon­fron­tiert. Er wußte, was er von die­sen zu hal­ten hatte, und kann­te auch die Ge­fah­ren, die von ihnen aus­gin­gen. Als Kar­di­nal­staats­se­kre­tär und damit obers­ter Di­plo­mat des Hei­li­gen Stuhls be­fand er sich in einer Zwick­müh­le: Wie weit kön­nen of­fe­ne Worte gehen, ohne die Kir­che und Ka­tho­li­ken zu ge­fähr­den?

Als 2003 die Be­stän­de des Va­ti­kan­ar­chivs bis 1939, also bis zum Ende des Pon­ti­fi­kats von Pius XI., für die For­schung frei­ge­ge­ben wur­den, konn­te ei­ni­ges ge­klärt wer­den. Der Müns­te­ra­ner Kir­chen­his­to­ri­ker Hu­bert Wolf (Wf EM) war bei der Auf­ar­bei­tung we­sent­lich be­tei­ligt. So war sei­tens des Hei­li­gen Of­fi­zi­ums 1934 ge­plant, eine sog. An­ti­ras­sis­mus-En­zy­kli­ka her­aus­zu­brin­gen, an der Bi­schof Alois Hudal (BbG EM) mit­ar­bei­te­te. Diese kam aber nicht zu­stan­de, weil das Kar­di­nal­staats­se­kre­ta­ri­at unter Pacel­li brems­te.

Als sich je­doch die kir­chen­feind­li­che Po­li­tik des NS-Re­gimes und des­sen Ver­stö­ße gegen das Reichs­kon­kor­dat immer deut­li­cher ma­ni­fes­tier­ten, wurde eine En­zy­kli­ka zwi­schen den deut­schen Bi­schö­fen und Rom ver­ein­bart. Vor­ar­bei­ten dazu lie­fer­ten das Hei­li­ge Of­fi­zi­um, der Erz­bi­schof von Mün­chen und Frei­sing, Mi­cha­el Kar­di­nal Faul­ha­ber, und der Bi­schof von Müns­ter, der sel. Cle­mens Au­gust Graf von Galen (R-GM EM). Die End­re­dak­ti­on nahm dann Pacel­li vor. Nach­dem am 19. März 1937, dem da­ma­li­gen „Schmer­zens­frei­tag“, die er­wähn­te En­zy­kli­ka „Di­vi­ni redemp­to­ris“ gegen den Kom­mu­nis­mus ver­öf­fent­licht wurde, wurde am dar­auf­fol­gen­den Palm­sonn­tag, dem 21. März, im Deut­schen Reich die En­zy­kli­ka „Mit bren­nen­der Sorge“ von den Kan­zeln ver­le­sen. Das ganze ge­schah in einer ge­hei­men „Nacht-und-Nebel-Ak­ti­on“, die den NS-Be­hör­den ver­bor­gen blieb. In der Folge wur­den Haus­durch­su­chun­gen und Ver­haf­tun­gen vor­ge­nom­men, ka­tho­li­sche Schu­len und Dru­cke­rei­en wur­den ge­schlos­sen, und wei­te­re ka­tho­li­sche Or­ga­ni­sa­tio­nen auf­ge­löst. .

Pius XII. war bald nach sei­ner Wahl mit einem her­auf­zie­hen­den neuen Welt­krieg kon­fron­tiert. Er ver­such­te, die­sen durch ver­schie­de­ne Ak­tio­nen zu ver­hin­dern – ver­geb­lich. Im Ok­to­ber 1939 ver­öf­fent­lich­te er seine An­tritt­sen­zy­kli­ka „Summi Pon­ti­fi­ca­tus“, in der er für den Frie­den warb. Das tat er dann auch immer wie­der in den fol­gen­den Weih­nachts­bot­schaf­ten. Wie schon Be­ne­dikt XV., so hat sich auch Pius XII. be­müht, daß sich Ita­li­en aus dem Krieg her­aus­hält – ver­geb­lich. Wie schon im Ers­ten Welt­krieg, so hat der Hei­li­ge Stuhl auch ab 1939 Ein­rich­tun­gen zur Lin­de­rung der Not u. ä. ge­schaf­fen. Lei­ter wurde Gio­van­ni Mon­ti­ni, da­mals Sub­sti­tut des Staats­se­kre­ta­ri­ats, spä­ter dann Papst Paul VI.

Seit dem Früh­jahr 1941 rech­ne­te die Kurie mit der Mög­lich­keit einer deut­schen Be­set­zung des Va­ti­kans und der Amo­vie­rung des Paps­tes. Be­son­ders akut wurde diese Ge­fahr mit dem Sturz Mus­so­li­nis am 25. Juli 1943 und der deut­schen Be­set­zung Roms am 8. Sep­tem­ber des­sel­ben Jah­res. Nach der Be­frei­ung Roms am 5. Juni 1944 durch die Al­li­ier­ten war diese Ge­fahr end­gül­tig vor­bei. Pius XII. hat sich auch be­müht, Rom aus dem Kriegs­ge­sche­hen her­aus­zu­hal­ten. Im Juli 1943 hat er sich nicht neh­men las­sen, den Va­ti­kan zu ver­las­sen, um den Op­fern eines Bom­ben­an­griffs im Stadt­teil San Lo­ren­zo bei­zu­ste­hen.

Im Jahr 1963 löste das Büh­nen­stück „Der Stell­ver­tre­ter“ von Rolf Hoch­huth, einem Lek­tor im Ber­tels­mann-Le­se­ring, eine Kon­tro­ver­se über Pius XII. aus, die bis heute an­dau­ert. Kurz zu­sam­men­ge­faßt geht es um den Vor­wurf, der Papst hätte zu den NS-Ver­bre­chen ge­schwie­gen. Hätte er das nicht getan, wären diese ver­hin­dert wor­den. Es ist jetzt in die­ser Bio­gra­phie nicht der Platz, die ge­gen­sätz­li­chen Ar­gu­men­ta­tio­nen im De­tail an­zu­füh­ren und zu be­wer­ten. Auch sind die For­schun­gen über die in­zwi­schen ge­öff­ne­ten Ar­chi­ve des Va­ti­kans (zu­letzt 2020 für die Zeit bis 1945) noch nicht ab­ge­schlos­sen. End­gül­ti­ge Aus­sa­gen kön­nen noch nicht vor­ge­nom­men wer­den.

Al­ler­dings ist es mög­lich, den seit 1963 ge­führ­ten Streit aus einem an­de­ren Blick­win­kel zu be­trach­ten, näm­lich nach den von Max Weber 1919 ein­ge­führ­ten Ka­te­go­ri­en der Ge­sin­nungs­ethik und der Ver­ant­wor­tungs­ethik bzw. nach dem Minor-Malus-Prin­zip, näm­lich dem des ge­rin­ge­ren Übels. In die­ser Span­nung be­fand sich Pius XII. Konn­te er si­cher sein, daß ein ent­schie­de­nes Auf­tre­ten sei­ner­seits die Ver­bre­chen ver­hin­dert hätte? Oder mußte er be­fürch­ten, daß da­durch noch mehr Leid ent­ste­hen wird? Aus der ge­si­cher­ten Zeit Jahr­zehn­te spä­ter ist es leicht zu ur­tei­len bzw. zu ver­ur­tei­len.

Der Ge­sin­nungs­ethi­ker ist von der „in­ne­ren Wahr­haf­tig­keit“, wie sie die deut­sche Ju­gend­be­we­gung vor 1914 for­mu­lier­te, ge­lei­tet und geht kom­pro­mi­ßlos einen ein­mal als rich­tig er­kann­ten Weg. Der Ver­ant­wor­tungs­ethi­ker hin­ge­gen wägt ab, er über­legt, mit wel­cher Ent­schei­dung wird mehr bzw. we­ni­ger Scha­den bzw. Leid an­ge­rich­tet. Er nimmt also ein ge­rin­ge­res Übel in Kauf (be­geht da­durch ggf. sogar eine Straf­tat und lädt mo­ra­li­sche Schuld auf sich), um ein weit­aus grö­ße­res Übel zu ver­hin­dern. Das Di­lem­ma bei einer sol­chen Ent­schei­dung ist aber, daß man sich vor­her nicht hun­dert­pro­zen­tig si­cher sein kann, wie diese aus­geht.

Nach 1945 be­gann bald aus durch­aus nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den (Ka­ta­stro­phe der Na­zi­zeit) im deutsch­spra­chi­gen Raum bzw. dann auch im üb­ri­gen frei­en Wes­ten, die Ge­sin­nungs­ethik in vie­len ge­sell­schaft­li­chen Be­rei­chen und auch in der Po­li­tik zu do­mi­nie­ren. Da­durch stie­ßen die The­sen von Hoch­huth in der öf­fent­li­chen Mei­nung auf große Ak­zep­tanz und dräng­ten die Mög­lich­kei­ten und Hand­lungs­spiel­räu­me in den Hin­ter­grund. Eben­so wur­den auch nicht die ne­ga­ti­ven Fol­gen einer ge­sin­nungs­ethi­schen Hal­tung in Be­tracht ge­zo­gen.

In die­sem Zu­sam­men­hang ein Bei­spiel: Im Som­mer 1942 wurde die deut­sche Ver­wal­tung in den Nie­der­lan­den auf­ge­for­dert, die dort woh­nen­de jü­di­sche Be­völ­ke­rung nach Ausch­witz ab­zu­trans­por­tie­ren. Den Ver­tre­tern der bei­den grö­ß­ten Kon­fes­sio­nen – Re­for­mier­te und Ka­tho­li­ken – wurde ge­sagt, wenn sie still­hal­ten, pas­siert den ge­tauf­ten Juden nichts. Eine Kon­fes­si­on hat sich daran ge­hal­ten, und deren Juden pas­sier­te in der Tat nichts; die an­de­re Kon­fes­si­on hat von den Kan­zeln ge­wet­tert, und deren jü­di­sche An­ge­hö­ri­ge wur­den de­por­tiert. Wenn man nun diese Ge­schich­te er­zählt und fragt, wel­che Kon­fes­si­on hat still­ge­hal­ten, so wird die über­wie­gen­de Ant­wort lau­ten: die Ka­tho­li­ken. Das ist nicht zu­letzt die Folge der durch Hoch­huth aus­ge­lös­ten Grund­stim­mung. Die rich­ti­ge Ant­wort lau­tet aber: Die Ka­tho­li­ken haben gegen die Ju­den­ver­schi­ckung von den Kan­zeln pro­tes­tiert – die Folge war: Edith Stein wurde am 9. Au­gust 1942 in Ausch­witz ver­gast

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Das Schau­spiel von Rolf Hoch­huth war ab 1963 auf jeden Fall ein gi­gan­ti­scher Me­di­en­er­folg. Aber man sieht auch, daß die seit­dem ge­führ­te De­bat­te über Pius XII. der Sache nicht ge­recht wird. Die Per­sön­lich­keit die­ses Paps­tes in Bezug auf den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus wird wohl erst eine spä­te­re Zeit wür­di­gen kön­nen, wenn das Für und Wider einer ru­hi­ge­ren Be­ur­tei­lung Platz ma­chen wird.

DIE ZEIT NACH 1945

Be­reits gegen Ende des Zwei­ten Wet­kriegs zeig­te sich bei Pius XII. ein au­to­ri­tä­rer Füh­rungs­stil. Als am 22. Au­gust 1944 der Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Luigi Ma­glio­ne ver­starb, über­nahm Pius XII. per­sön­lich die Lei­tung des Staats­se­kre­ta­ri­ats und der Kon­gre­ga­ti­on für au­ßer­or­dent­li­che kirch­li­che An­ge­le­gen­hei­ten. In der Folge traf dies auch auf die Lei­tung des Hei­li­gen Of­fi­zi­ums und wei­te­rer Dik­as­te­ri­en zu. Nicht sel­ten über­ging er die Kurie und löste de­li­ka­te Pro­ble­me im Kreis von ei­ni­gen we­ni­gen Ver­trau­ten, zu denen auch Gio­van­ni Mon­ti­ni, der spä­te­re Papst Paul VI., und der spä­te­re Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Do­me­ni­co Tar­di­ni ge­hör­ten.

Einer der Schwer­punk­te von Pius XII. lag in der theo­lo­gi­schen Ent­wick­lung, die sich u. a. in zahl­rei­chen En­zy­kli­ken ma­ni­fes­tier­te. Zu den be­deu­tends­ten zähl­ten: „Mys­tici cor­po­ris“ (1943), in der die Kir­che als der mys­ti­sche Leib Chris­ti dar­ge­stellt wird; die En­zy­kli­ka „Di­vi­no af­flan­te Spi­ri­tu“ (1943), die die Vor­be­hal­te gegen die his­to­risch-kri­ti­sche Me­tho­de in den Bi­bel­wis­sen­schaf­ten ab­mil­der­te; die En­zy­kli­ka „Me­dia­tor Dei“ (1947) nahm erst­mals po­si­tiv zur lit­ur­gi­schen Be­we­gung Stel­lung; in der En­zy­kli­ka „Hu­ma­ni ge­ne­ris““ (1950) geht er wie­der­um auf ver­schie­de­ne Ideo­lo­gi­en im Wi­der­spruch zur christ­li­chen Of­fen­ba­rung ein, u a. auch auf die Evo­lu­ti­ons­ideo­lo­gie, wobei aber nicht die wis­sen­schaft­lich fun­dier­te Evo­lu­ti­ons­leh­re ge­meint war.

Hö­he­punkt sei­ner Lehr­tä­tig­keit war das Jahr 1950, in dem Pius XII. das Dogma der leib­li­chen Auf­nah­me Ma­ri­ens in den Him­mel ver­kün­de­te. Das war zum ers­ten Mal, daß ein Papst nach dem Un­fehl­bar­keits­dog­mas von 1870 davon Ge­brauch ge­macht hat. Al­ler­dings ist ein sol­ches Fest und damit ein sol­cher Gaube seit 450 in der Ost­kir­che nach­weis­bar, im Wes­ten seit dem 7. Jahr­hun­dert. In­so­fern war die Ver­kün­di­gung die­ses Dog­mas nur der Schlu­ß­punkt einer sehr lan­gen Glau­bens­tra­di­ti­on in der Kir­che.

Rück­bli­ckend wer­den die theo­lo­gi­schen Po­si­tio­nen von Pius XII. oft als tra­di­tio­nell be­zeich­net. In der Tat war er dies­be­züg­lich ein Kind sei­ner Zeit, doch seine og. vier En­zy­kli­ken be­han­deln wich­ti­ge theo­lo­gi­sche The­men (Ek­kle­sio­lo­gie, Lit­ur­gie, Bi­bel­wis­sen­schaf­ten), die dann spä­ter im II. Va­ti­ka­num eine große Rolle spie­len soll­ten. Er sel­ber soll sich be­wu­ßt ge­we­sen sein, daß ein Kon­zil not­wen­dig wäre.

Für 1950 wurde das tra­di­tio­nel­le „Hei­li­ge Jahr“ aus­ge­ru­fen. Nach den Schreck­nis­sen des Zwei­ten Welt­krie­ges war die­ses ein ers­ter Hö­he­punkt im Leben der Kir­che, der zahl­rei­che Pil­ger nach Rom führ­te. Fünf Jahre nach dem Krieg hat sich zu­min­dest im frei­en Teil Eu­ro­pas bzw. der Welt die Lage öko­no­misch so­weit sta­bi­li­siert, daß sol­che Rei­sen in grö­ße­rem Aus­maß wie­der mög­lich waren. Hin­ge­gen war Pius XII. mit der Eta­blie­rung des Kom­mu­nis­mus in Ost­mit­tel­eu­ro­pa kon­fron­tiert, der zur Un­ter­drü­ckung und Ver­fol­gung der dor­ti­gen Kir­che bzw. der Ka­tho­li­ken führ­te. Es gab dort zahl­rei­che Ver­haf­tun­gen, auch von Bi­schö­fen, wie z. B. die Erz­bi­schö­fe Josef Minds­zen­ty (Gran, Un­garn 1947), Alois Ste­pinac (Agram, Ju­go­sla­wi­en 1946) und Josef Sli­pyj (Lem­berg [rit. byz.], Ukrai­ne 1945).

PIUS XII UND DER CV

Im CV bzw. ÖCV ist kaum prä­sent, daß Papst Pius XII. ein CV-Eh­ren­mit­glied war. Wie kam es dazu? 1922 grün­de­te die Aenania in Mün­chen die Toch­ter­ver­bin­dung Tri­fels. Als Ze­le­brant des Got­tes­diens­tes in der Mün­che­ner Lud­wigs­kir­che an­lä­ß­lich des Pu­bli­ka­ti­ons­fes­tes am 21. Juli 1922 konn­te Pacel­li, der da­ma­li­ge dor­ti­ge Nun­ti­us, ge­won­nen wer­den. Dabei wurde die Krö­nungs­mes­se von Wolf­gang Ama­de­us Mo­zart auf­ge­führt. Der Phi­lis­ter­se­ni­or dank­te Pacel­li dafür und mein­te, daß das ein­zi­ge Ge­schenk, das eine arme Ver­bin­dung ma­chen könne, näm­lich die Band­ver­lei­hung, ja nicht in Frage käme. Dem wi­der­sprach Pacel­li.

Ein Cu­mu­la­tiv­con­vent am Nach­mit­tag be­schloß die Band­ver­lei­hung, und am Abend nahm Pacel­li am Pu­bli­ka­ti­ons­kom­mers im Bür­ger­bräu­kel­ler teil, der zu­gleich der Stif­tungs­fest­kom­mers der Aenania war. Dort wurde dann das Band ver­lie­hen. Er nahm die­ses mit der Be­mer­kung, als ob er „selbst ein Fuchs wäre“, an. Er war nach An­to­nio Agli­ar­di (Nc EM) der zwei­te Nun­ti­us, dem das Band einer CV-Ver­bin­dung ver­lie­hen wurde. Pacel­li fühl­te sich in der Folge dem CV immer ver­bun­den. So be­such­te er z. B. 1927 das Haus der Ar­mi­nia Hei­del­berg.

Als im Zuge der Gleich­schal­tung des CV die­ser das Ka­tho­li­zi­täts­prin­zip auf­ge­ben mußte, kri­ti­sier­te Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pacel­li in einer Note vom 9. Mai 1934 an den deut­schen Bot­schaf­ter beim Hei­li­gen Stuhl die „auf mehr als frag­wür­di­gen Wegen er­zwun­ge­ne Auf­ga­be der Kon­fes­sio­na­li­tät der frü­he­ren ka­tho­li­schen Stu­den­ten­ver­ei­ni­gun­gen“. Die Deut­sche Reichs­re­gie­rung be­ant­wor­te­te diese Note erst mehr als ein Jahr spä­ter am 16. Mai 1935 und wies diese For­mu­lie­rung zu­rück.

Pacel­li hin­ge­gen ant­wor­te­te am 1. Juni 1935 und stell­te be­züg­lich der Gleich­schal­tung der ka­tho­li­schen Stu­den­ten­ver­bin­dun­gen ein­deu­tig, wenn auch durch den di­plo­ma­ti­schen Stil for­mal ent­schärft, fest: „Die ein­wand­frei­en und noch­mals nach­ge­prüf­ten In­for­ma­tio­nen des Hei­li­gen Stuh­les ma­chen es letz­te­rem zu sei­nem Be­dau­ern un­mög­lich, an der am 9. Mai 1934 vor­ge­nom­me­nen Cha­rak­te­ri­sie­rung des staat­li­chen Vor­ge­hens Ab­schwä­chun­gen vor­zu­neh­men.“ Der Hei­li­ge Stuhl und ins­be­son­de­re Pacel­li, der die Si­tua­ti­on in Deutsch­land und die des CV aus ei­ge­nem Er­le­ben gut kann­te, waren über diese Er­eig­nis­se wohl in­for­miert.

Als am 24. Sep­tem­ber 1950 über 300 CVer in Cou­leur an­lä­ß­lich des Hei­li­gen Jah­res zu einer Au­di­enz in Cas­tel Gan­dol­fo weil­ten, stell­te der Papst in ge­lös­ter Sprech­wei­se die Frage: „Ihr seid CVer?“ Nach dem Jubel der an­we­sen­den CVer fuhr er mit einem Lä­cheln und auf sich deu­tend fort: „Ich bin auch CVer.“ Be­mer­kens­wert an die­sem Aus­spruch war, daß Pius XII., der nur im plu­ra­lis maie­sta­ti­cus ge­spro­chen hatte, die Ich-Form ver­wen­de­te. Auch sei­tens des ÖCV hatte man vor­ge­habt, an­lä­ß­lich des Hei­li­gen Jah­res nach Rom zu fah­ren, hat das aber „in­fol­ge der neuen Schil­ling-Re­la­ti­on“ ab­ge­sagt. Vier Mo­na­te vor sei­nem Tod 1958 emp­fing Pius XII. wie­der 315 CVer in pri­va­tem Rah­men an­lä­ß­lich der Rom­wall­fahrt der Go­thia Er­lan­gen. Im „Os­ser­va­to­re Ro­ma­no“ vom 4. Juli 1958 heißt es dazu, der Papst habe u. a. er­klärt, er habe die Freu­de ge­habt, als Eh­ren­mit­glied in den CV ein­ge­reiht zu wer­den.

Für den CV, ins­be­son­de­re aber für den ÖCV, war es vor allem in den fünf­zi­ger Jah­ren be­deut­sam, daß ein Papst einer der ihren war. Das war da­mals näm­lich die Zeit, als man vor allem in Ös­ter­reich sei­tens der Ka­tho­li­schen Ak­ti­on ver­sucht hat, die ka­tho­li­schen Ver­bän­de, vor allem auch den CV, in­ner­kirch­lich an den Rand zu drän­gen.

Pius XII. er­krank­te im Früh­jahr 1954 an einer chro­ni­schen Gas­tri­tis, die ihm in den fol­gen­den Jah­ren zu schaf­fen mach­te und auch Ma­gen­blu­tun­gen ver­ur­sach­te. Auch eine um­strit­te­ne Frisch­zel­len­kur konn­te am lang­sa­men ge­sund­heit­li­chen Ver­fall nichts mehr än­dern. Am 6. und 8. Ok­to­ber 1958 er­litt er hin­ter­ein­an­der zwei Schlag­an­fäl­le, denen er dann am 9. erlag. Er wurde in der Kryp­ta der Pe­ters­kir­che, den sog. „Grot­ten“, nur sechs Meter vom Pe­trus­grab ent­fernt, be­gra­ben. 1965 er­öff­ne­te Papst Paul VI. ein Se­lig­spre­chungs­ver­fah­ren, das noch nicht ab­ge­schlos­sen ist. In deut­schen Städ­ten wur­den nach ihm Stra­ßen (mit dem Namen Pacel­li) be­nannt, so u. a. auch in Ber­lin-Dah­lem. Gegen diese gibt es seit 2020 eine Um­be­nen­nungs­agi­ta­ti­on.

Quellen und Literatur:

Eisele, Hans (Ae): Wie Kardinal Pacelli als Münchener Nuntius zum CV kam, in: Academia 42 (1929/30), S, 261.
Schambeck, Herbert (Rd) (Hg.): Pius XII. Friede durch Gerechtigkeit. Kevelaer 1986.
Gelmi, Josef: Die Päpste in Lebensbildern. Graz 2. völlig neu bearbeitete Auflage 1989, S. 302–312.
CV-Handbuch. Hg. von der Gesellschaft für Studentengeschichte und studentisches Brauchtum e. V. Regensburg 3. erweiterte Auflage 2000, S. 574–576.
Hartmann, Gerhard (Baj): „Ich bin auch CVer“, in: Österreichische Academia (2005), Juni, S. 37.
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 237, 249, 252, 254f., 347, 359f., 465, 662–664, 667f.
Wolf, Hubert (Wf EM): Papst & Teufel. Die Archive des Vatikans und das Dritte Reich. München 2008.
Gelmi. Josef_ Die Päpste in Kurzbiographien. Von Petrus bis Franziskus (= topos taschenbuch 552). Kevelaer 4. ergänzte Auflage 2013, S. 148–151.