Lebenslauf:
HERKUNFT, AUSBILDUNG UND ERSTE RUNDFUNKTÄTIGKEIT
Übelhör wurde als Sohn des Wiener Gemeinderats Kommerzialrat Rudolf Übelhör geboren, der in Wien-Hernals einen sog. Gelbgießerbetrieb besaß. Die Familie stammte aus Anhausen, heute Stadt Hayingen im Alb-Donau-Kreis (Baden-Württemberg), das bis 1814 zum Fürstentum Fürstenberg gehörte. 1830 fuhren die Vorfahren Übelhörs mit einer Ulmer Schachtel auf der Donau nach Wien. Nach schwierigen Jahren konnte in Hernals wieder ein Gelbgießerbetrieb errichtet werden. Die Gelbgießer fertigten mittels Guß in Lehm- oder in Sandformen kleine Gegenstände aus Messing, die danach poliert, geschliffen, abgedreht oder vergoldet wurden (daher Gelbgießer), wie etwa Mörser, Schnallen, kleine Leuchter, Figuren, Beschläge, Glocken und Schellen, Armaturen, Knöpfe usw.
Übelhör hatte eine rechte steife Hüfte, und der rechte Fuß war leicht verkürzt. Daher lag er zwischen seinem 4. und 14. Lebensjahr immer wieder in einem Gipsbett. Das ist der Grund, warum er erst 1925 maturierte (Realgymnasium 17. Bezirk). Danach begann er das Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (Dr. iur. 1931), wo er der Norica beitrat (Couleurname Harro). Dort war er im Sommersemester 1927 Fuchsmajor und im Sommersemester 1928 Senior. Er studierte 1926/27 und 1929 auch an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz, wo er bei Carolina aktiv und dort auch im Wintersemester 1926/27 Schriftführer war (sein Couleurname bei der Carolina war Ingo). 1929 erlebte er die Auseinandersetzungen zwischen CV und den Schlagenden. Er studierte auch kurz in Paris.
Bereits während seines Studiums war Übelhör von dem gerade begonnenen österreichischen Rundfunk fasziniert, so daß er nach Beendigung des Studiums in der Radio-Verkehrs AG (RAVAG) tätig wurde. Die ersten Studios befanden sich im Dachgeschoß des ehemaligen Reichskriegsministeriums am Stubenring (heute Regierungsgebäude). Zuerst war er in der literarischen Abteilung, 1932 wurde er Leiter der wissenschaftlichen Abteilung. Dies blieb er bis zum Anschluß. In dieser Zeit erlebte Übelhör die Besetzung der Rundfunkstudios durch die Nazis beim Putschversuch am 25. Juli 1934, die sich inzwischen in der Johannesgasse (1. Bezirk) befanden. Zwischen 1935 und 1939 wurde dann nach Plänen von Clemens Holzmeister (Nc) das Funkhaus in der Argentinierstraße (4. Bezirk) errichtet.
Übelhör betätigte sich auch in der Vaterländischen Front (VF) des „Ständestaates“ und war Leiter deren Freizeitorganisation „Neues Leben“. Bei der RAVAG engagierte er sich in der Personalvertretung.
DIE JAHRE 1938 BIS 1945
Im Zuge des Anschlusses wurde Übelhör am 30. März 1938 fristlos entlassen. Danach fand er Beschäftigung in der Metallgußwarenfabrik seiner Familie, absolvierte einen Buchhaltungskurs und versuchte, als Rechtsanwaltsanwärter eine neue berufliche Perspektive anzugehen. Aufgrund seiner Herkunft und Tätigkeit bis 1938 schloß er sich der „Großösterreichischen Freiheitsbewegung“ (Gruppe Kastelic-Scholz-Lederer) an, bei der zahlreiche CVer mitarbeiteten, wie u. a. Wilhelm Bock (Nc), Ulrich Sattler (Kb), Walter Urbarz (NdW) und Eberhard Würzl (Wl).
Im Sommer 1940 flog die Gruppe auf, und Übelhör wurde am 28. August 1940 verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. Zuerst war er im Polizeigefängnis Wien (Roßauer Lände), dann wurde er im Juli 1941 ins Gefängnis nach Anrath (nun Stadt Willich, zwischen Krefeld und Neuss) verlegt. Am 29. April 1942 wurde er entlassen. Danach stand er in Wien unter Polizeiaufsicht und war zeitweise ohne Beschäftigung. Am 7. Dezember 1944 wurde dann Übelhör vor dem Volksgerichtshof Wien zu zwölf Monate Gefängnis verurteilt, was aber ohne unmittelbare Auswirkung blieb, weil die Untersuchungshaft angerechnet wurde.
Zwischenzeitlich fand Übelhör von 1943 bis 1945 eine Anstellung als Referent der Wirtschaftsgruppe Eisenstahl- und Blechwarenindustrie in Berlin. Nachdem das dortige Büro ausgebombt, wurde verlegte es seinen Sitz nach Schwarzenberg (Sachsen). Übelhör zog am 21. Juli 1944 – einen Tag nach dem Hitler-Attentat – dorthin, seine Familie, die noch in Wien war, kam dann ebenfalls nach Schwarzenberg. Diese kleine Stadt im Erzgebirge wurde durch einen Zufall zu Ende des Zweiten Weltkrieges von alliierten Truppen vorerst nicht besetzt, so daß sich im April/Mai kurzfristig eine „Republik Schwarzenberg“ bildete.
ÜBERLHÖR ALS HÖRFUNKDIREKTOR
Im Oktober 1945 kehrte Übelhör mit seiner Familie nach Wien zurück und meldete sich wieder zum Dienst bei der RAVAG. Abgesehen von den Zerstörungen des Funkhauses und der Sendeanlagen durch den Krieg war die Lage des Rundfunks in Österreich durch die alliierte Besatzung kompliziert. Die RAVAG wurde seitens des Bundes unter eine öffentliche Verwaltung gestellt. Öffentlicher Verwalter wurde Siegmund Guggenberger (Kb), der – so wie Übelhör – bereits vor 1938 bei der RAVAG tätig war.
Da das Funkhaus im sowjetischen Sektor lag, errichteten die westlichen Alliierten eigene Radiosender: die Franzosen die Sendergruppe West mit Studios in Innsbruck und Dornbirn, die Briten die Sendergruppe Alpenland in Graz und Klagenfurt und die Amerikaner den Sender Rot-Weiß-Rot in Salzburg und Linz. Die Sowjets übten hingegen Einfluß auf Radio Wien aus, das als einziges von der RAVAG betrieben wurde. Bekannt/berüchtigt war dabei die sog. „Russische Stunde“.
Da die westlichen Radiosender auch in Wien über ihre Sektoren sendeten (der britische Sender hieß da Radio Schönbrunn), herrschte dort eine Vielfalt an Radiosendern, die erst wieder bei der Privatisierungswelle ab den achtziger Jahren erreicht wurde. Neben den drei Sendern der westlichen Alliierten und den zwei von Radio Wien gab es noch je einen amerikanischen (Blue Danube Network) und britischen (British Forces Network) Soldatensender (also insgesamt sieben). Besonders beliebt war der Sender Rot-Weiß-Rot, der von engagierten Mitarbeitern gestaltet wurde und dessen Formate zum Teil die Zeit nach 1955 lange überlebten (z. B. der „Watschnmann“).
Übelhör begann wieder bei der RAVAG bzw. Radio Wien dort, wo er 1938 aufgehört hatte, nämlich in der Abteilung Wissenschaft. Er wurde dann bald Leiter der Abteilung Wissenschaft, Erziehung und Kulturpolitik. In dieser Eigenschaft führte er 1949 die Radio-Hochschule ein. Gleichzeitig engagierte er sich in der Politik sowie in der Bildungs- und Kulturpolitik. So war er u. a. Hauptreferent für Kulturpolitik der ÖVP Wien, Vizepräsident der Urania, Vorsitzender des Wiener Kultur- und Bildungsvereins sowie Obmannstellvertreter der Gesellschaft für Filmfreunde. Vom Wiener Landtag wurde er in den Bundesrat entsandt, dem er vom 5. Dezember 1949 bis zum 10. Dezember 1954 angehörte.
Im Februar 1954 übernahm Übelhör von Guggenberger als Öffentlicher Verwalter die Leitung der RAVAG. In diesem Jahr wurden auch die Sender der Alliierten der Öffentlichen Verwaltung übergeben, und die Zuständigkeit des Bundes für das Rundfunkwesen wurde gesetzlich festgelegt. Nachdem es im Jahr 1956 zu massiven finanziellen Problemen im Rundfunk kam, wurde dieser auf Initiative von Bundeskanzler Julius Raab (Nc) neu geordnet. Nach der für die ÖVP günstig ausgegangenen Nationalratswahlen in diesem Jahr, kam die Zuständigkeit für den Rundfunk vom Verkehrsministerium zum Bundeskanzleramt.
1957 wurde die Österreichische Rundfunk GmbH gegründet, und es kam dann zur Konstituierung der gesellschaftsrechtlichen Organe. Zu Geschäftsführern wurden mit 1. Januar 1958 u. a. der bisherige Sektionsrat im Finanzministerium, Karl Cejka (Alp), als Generaldirektor (er übte dieses Amt bis Dezember 1960 aus), und Übelhör als Hörfunkdirektor bestellt. Der Technische Direktor sowie der Fernsehdirektor wurden von der SPÖ nominiert. Raab hatte damals die zukünftige Bedeutung des Fernsehens in der ihm eigenen Art falsch eingeschätzt („Büldl-G’spül“).
Mit der Rundfunkregelung des Jahres 1957 hielt der starre Proporz im ORF Einzug. Von den Spitzenfunktionen abwärts wurden die Positionen zwischen den beiden Koalitionsparteien ÖVP und SPÖ aufgeteilt. Dadurch war eine Qualitätsverbesserung des Rundfunks nicht möglich. Deshalb organisierten 1964 die unabhängigen Tageszeitungen das Rundfunkvolksbegehren, das über 800.000 Unterschriften zusammenbrachte. Nach dem Wahlsieg der ÖVP im März 1966 wurde dieses Volksbegehren im ORF-Gesetz umgesetzt. Es kam zu einer Neustrukturierung am 1. April 1967. Mit diesem Datum schieden die bisherigen Geschäftsführer, darunter auch Übelhör, aus.
Übelhör stand von 1954 bis 1967 an der Spitze des Rundfunks bzw. des Radios, zuerst als Öffentlicher Verwalter, dann als Hörfunkdirektor. In dieser Zeit galt es anfänglich, die österreichische Rundfunklandschaft von den Besatzungsstrukturen in eine bundeseinheitliche Form zu bringen. Weiters begann Mitte der fünfziger Jahre der Aufbau von UKW-Sendern.
Übelhörs Sohn war Alphons Übelhör (Nc), sein Onkel war Robert Übelhör (Nc), seine Tante ehelichte Ferdinand Habel sen. (Nc EM), deren Kinder waren das spätere NS-Opfer Ferdinand Habel jr. (BbW) und die Tochter Maria, die Hans Schmitz (Nc) ehelichte. Diese waren wiederum die Eltern von Wolfgang Schmitz (Nc) und Georg Schmitz (Nc).
Über Übelhör kursierten vor allem im Wiener Raum Witze, die auf seinen Familiennamen in Verbindung mit seiner Stellung als Hörfunkdirektor Bezug nahmen. Er verstarb unerwartet an ein einer Herzoperation, kurz nachdem er als Geschäftsführer des Österreichischen Rundfunks ausschied, und wurde auf dem Hernalser Friedhof beerdigt.
Werke:
Große Österreicher (1946).Quellen und Literatur:
Verbindungsarchiv Norica (Georg Schmitz).Verbindungsarchiv Carolina. Carolinas Tote XI, S. 265f.
Biographisches Handbuch der österreichischen Parlamentarier 1918–1993. Hg. von der Parlamentsdirektion. Wien 1993, S. 607f.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 366f.