Lebenslauf:
WISSENSCHAFTLICHE LAUFBAHN
Friedrich Bernhard Christian Maaßen, so sein voller Name, wurde als Sohn eines Arztes geboren. Nach Absolvierung des Gymnasiums in Wismar studierte er ab 1841 an den Rechtswissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten Jena (bis 1843), Berlin (1843/44), Kiel (1844/45) und Rostock (1845 bis 1847) (dort Dr. iur.1851). Ab 1847 war er als Anwalt und ab 1851 als Syndikus der mecklenburgischen Ritterschaft tätig. In Jena wurde er Mitglied der Burschenschaft auf dem Burgkeller (nunmehr Arminia auf dem Burgkeller).
1849 war Maaßen Mitbegründer der antirevolutionären Zeitschrift „Norddeutsche Correspondenz“. 1851 konvertierte er dem Beispiel von Karl Frhr. von Vogelsang (AW EM) folgend zum Katholizismus und zog im selben Jahr nach Bonn, um sich der wissenschaftlichen Laufbahn zu widmen. Von 1852 bis 1854 war er Informator des Fürsten Adolf zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg. Aufgrund seiner Veröffentlichungen wurde er am 8. Januar 1855 auf Initiative des Unterrichtsministers Leopold Leo Graf Thun und Hohenstein (AW EM) zum außerordentlichen Universitätsprofessor für Römisches Recht an der Universität Pest (Budapest) ernannt, jedoch bereits am 8. September 1855 als solcher an die Universität Innsbruck versetzt. 1857 wurde er dann dort ordentlicher Universitätsprofessor.
1860 wurde Maaßen als Professor für Römisches Recht und Kirchenrecht an die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Graz berufen. Dort blieb er bis 1871, als er einen Ruf für diese Fächer an die Universität Wien erhielt. 1894 wurde er emeritiert und lebte im Ruhestand in Innsbruck. Maaßen war einer der bedeutendsten Kanonisten der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt war die Quellen- und Literaturgeschichte des Kirchenrechts, vor allem des Mittelalters, wie seine zahlreichen Veröffentlichungen auf diesem Gebiet beweisen. Er wurde dadurch zum Begründer der älteren österreichischen Kanonistenschule, der u. a. auch Rudolf von Scherer (Gu EM) angehörte. Maaßen war seit 1872/73 Mitglied der Wiener Akademie der Wissenschaften und von 1881 bis 1898 Mitglied des österreichischen Reichsgerichts (dem nunmehrigen Verfassungsgerichtshof vergleichbar).
POLITISCHE LAUFBAHN
Maaßen war überzeugter Föderalist sowie Katholik und nahm ab 1867 in der Steiermark regen Anteil an der Formierung der katholisch-konservativen Bewegung. Bei den zeitgleich 1870 stattgefundenen Reichsrats- und Landtagswahlen kandidierte er für den steiermärkischen Landtag, wurde gewählt und gehörte diesem vom 20. August bis 3. September 1870 an (die dortige III. Wahlperiode war extrem kurz). Aufgrund einer Anregung von Abgeordneten aus der Steiermark und Oberösterreich trafen sich am 17. Juli 1870 die gewählten katholischen Reichsrats- und Landtagsabgeordneten in Wien und wählten Maaßen zu ihrem Vorsitzenden. Man könnte ihn daher in einem gewissen Sinne als ersten katholischen Partei- bzw. Fraktionsvorsitzenden Österreichs bezeichnen.
Maaßen war nicht zuletzt aufgrund seiner kirchenrechtlichen Forschungen ein entschiedener Gegner des 1870 auf dem I. Vatikanum beschlossenen Unfehlbarkeitsdogmas und schloß sich auch der Bewegung gegen dieses aktiv an. Aus diesem Grund legte er bereits im August 1870 den vorhin genannten Vorsitz zurück. Damit war eine weitere politische Tätigkeit für ihn schwer möglich. Daher kandidierte er nicht mehr für den steirischen Landtag, und sein Vorsitz aller katholischen Abgeordneten war nur von kurzer Dauer. Einen Übertritt zum Altkatholizismus lehnte er jedoch ab. Maaßen blieb weiterhin aktiver Katholik, vor allem im Kulturkampf sowohl in Österreich als auch in Preußen. In diesem Zusammenhang steht 1885 auch die Ehrenmitgliedschaftverleihung der Austria Wien.
Für das Studienjahr 1882/83 wurde Maaßen zum Rektor der Universität Wien gewählt. Dadurch war er als Virilist vom 23. September 1882 bis zum 22. September 1883 Mitglied des niederösterreichischen Landtags. Hier verteidigte er die Regierung hinsichtlich der tschechischen Schulen in Wien, wodurch er von der Professorenschaft angefeindet wurde und was auch zu Studentenunruhen führte. Am 15. September 1885 wurde er vom Kaiser Franz Joseph I. zum lebenslänglichen Mitglied des Herrenhauses des Reichsrates ernannt.
Aus Anlaß seiner Emeritierung wurde für Maaßen am 2. Juli 1894 ein Kommers veranstaltet, an dem u. a. Karl Lueger (Nc EM), Albert Geßmann (AW EM) und Viktor Frhr. von Fuchs (AW EM) teilnahmen. Bei der Exkneipe (Inoffizium) übernahm Maaßen das Präsidium, während Lueger und Geßmann das Contra-Präsidium bildeten. Für Lueger war dies der erste offizielle Kontakt zur katholischen Studentenschaft, und er hielt dort eine Ansprache, wo er auf die Zustände auf den Universitäten einging. Nach seiner Emeritierung zog Maaßen nach Innsbruck, wo er seinen Lebensabend verbrachte und starb.
Werke:
(Auswahl)Der Primat des Bischofs von Rom und die alten Patriarchalkirchen (1853).
Civilistische Erörterungen (1854).
Personalunion, Zentralisation, Dualismus (1868).
Geschichte der Quellen und Literatur des canonischen Rechts im Abendlandes bis zum Ausgang des Mittelalters, 1. Teil (1870; Ndr. 1957).
Neun Capitel über Freie Kirche und Gewissensfreiheit (1876).
Quellen und Literatur:
Academia 7 (1894/95), 110.Till, Rudolf: Die Anfänge der christlichen Volksbewegung in Österreich, in: Jb. der österreichischen Leogesellschaft 1937. Wien 1937, 95f.
Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 5, Wien 1972, S. 384f.
Neue Deutsche Biographie 15 (1972), 603f.
Krause, Otto: Biographisches Handbuch des nö. Landtages 1861–1921 (online: Landtag Niederösterreich). St. Pölten 1995. Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, 95.
https://www.parlament.gv.at/WWER/PARL/J1848/Maassen.shtml