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Univ.-Prof. Dr. Rudolf von Scherer

Univ.-Prof. Dr. Rudolf von Scherer

Ehrenmitgliedschaften: Guestfalia Tübingen

Geboren: 11.08.1845, Graz
Gestorben: 21.12.1918, Wien
Universitätsprofessor (Kirchenrecht), Weltpriester

Lebenslauf:

Scherer wurde als Sohn eines Statthaltereibeamten geboren. Der Großvater – Claudius Martin Scherer – war Professor für Medizin in Innsbruck und Protomedicus von Tirol. Zugleich war er dort Leibarzt der Erzherzogin Elisabeth, der Äbtissin des Adeligen Damenstiftes in Innsbruck. Danach zog er als Professor nach Graz, Von Kaiser Franz I. wurde er in den erblichen Ritterstand erhoben.

Scherer absolvierte 1862 das Akademische Gymnasium in Graz und studierte anschließend an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz (Dr. iur. 1867), wo er Schüler von Friedrich Maaßen (AW EM) war, der auf ihn einen nachhaltigen Einfluß ausübte. 1864 war er Mitbegründer der nichtfarbentragenden Verbindung Orion, deren Präses er auch zeitweise war. Gründer war der Jurist Karl Hugelmann, der Vater von Karl-Gottfried Hugelmann (ehemals AW).

Bereits Anfang 1867 begann Scherer mit rückwirkender Inskription (Wintersemester 1866/67) mit dem Studium an der Theologischen Fakultät der Universität Graz. Im Wintersemester 1867/68 studierte er in München, im Sommersemester 1868 in Tübingen. Im Herbst 1868 kehrte er nach Graz zurück, trat ins Grazer Priesterseminar ein und studierte an der dortigen Theologischen Fakultät weiter. Nach seiner Priesterweihe am 19. Juli 1869 war er drei Jahre als Kaplan in Leibnitz, um dann von 1872 bis 1874 als Frequentant des Frintaneums an der Theologischen Fakultät der Universität Wien weiter zu studieren (Dr. theol. 1875).

Scherer war bereits ab Herbst 1874 an der Grazer Theologischen Fakultät Supplent für Kirchengeschichte und wurde dort am 20. Mai 1876 zum o. Universitätsprofessor für Kirchenrecht ernannt. In den Studienjahren 1881/82, 1887/88 und 1892/93 war er Dekan dieser Fakultät. Für das Studienjahr 1888/89 wäre er zum Rektor gewählt worden, nahm aber aus Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand die Wahl nicht an. 1887 lehnte er eine Berufung nach Freiburg/Breisgau ab.

Nachdem Scherer 1896 bereits den Titel Hofrat verliehen wurde, erhielt er 1899 einen Ruf als Professor für Kirchenrecht an die Theologische Fakultät der Universität Wien, deren Dekan er im Studienjahr 1902/03 war. Er stand primo et unico loco auf der Berufungsliste, wobei dabei Albert Ehrhard (AW EM) eine Rolle gespielt hat. Auch hier wurde er 1904 zum Rektor gewählt, nahm die Wahl so wie in Graz nicht an. 1912 trat er krankheitshalber in den Ruhestand. Einer seiner Schüler damals war Ferdinand Rudolf Schönsteiner (Wl EM), der dann Professor an der Philosophisch-Theologischen Hauslehranstalt in Klosterneuburg wurde.

Scherer vertrat bei seinen Forschungen die damals moderne historisch-kritische Methode, die er auf das Kirchenrecht anwandte. 1911 geriet er in den Strudel des von Pius X. 1910 geforderten Antimodernisteneides. Er weigerte sich, diesen unter Hinweis auf den bereits abgelegten Amtseid zu leisten, wobei er rechtshistorisch argumentierte. Seine Haltung dürfte u. a. von seiner Mutter beeinflußt worden sein, die 1848 in einer Broschüre aus heutiger Sicht reformkatholische Forderungen erhob (u. a. Aufhebung des Pflichtzölibats, muttersprachliche Liturgie).

Diese Auseinandersetzungen setzten Scherer gesundheitlich zu. Hinzu kam noch, daß er sich in der Fakultät zunehmend isolierte, so daß er mit Ende des Studienjahres 1911/12 krankheitshalber in den Ruhestand ging. Sein Nachfolger wurde Eduard Eichmann (Mm).

Scherer erhielt zahlreiche Ehrungen und war Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Sein wissenschaftlicher Nachlaß ging nach dessen Tod an Karl-Gottfried Hugelmann (ehemals AW).

Scherer wurde im Zusammenhang seines Aufenthalts in Tübingen Ehrenmitglied der Guestfalia, die 1859 gegründet wurde und erst 1864 das Katholizitätsprinzip annahm. Er gilt als einer der ersten Ehrenmitglieder des CV in Österreich. Allerdings dürfte es mit seiner Bindung zum CV nicht allzu weit her gewesen sein. Weder in Graz noch in Wien hatte Scherer nachweislichen Kontakt zu den örtlichen CV-Verbindungen.

Scherer wurde auf dem St. Leonhardfriedhof in Graz begraben.

Werke:

(Auswahl)
Handbuch des Kirchenrechts, 2 Bände (1886/1898).
Grundriß des Kirchenrechts (1901).

Quellen und Literatur:

Großmann, Alois (AIn): Die ersten Ehrenmitglieder des CV in Österreich, in: Mitteilungsblatt des Österreichischen Cartellverbands und des Österreichischen Altherrenbundes 17 (15. 2. 1938), S. 5f.
Helm, Philipp Hagen: Leben und bedeutendste Werke des österreichischen Kirchenrechtsgelehrten Rudolf Ritter von Scherer. Innsbruck Dipl. Arb. 1995.
Liebmann, Maximilian (Cl): Rudolf Ritter von Scherer – Rechtshistoriker und Theologe, in: Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften aus Graz. Hg. von Karl Acham. Wien 2011, S. 235–253.