Lebenslauf:
HERKUNFT UND AUSBILDUNG
Lerch wurde als Sohn eines Privatlehrers sowie einer geborenen Contessa di Onesti geboren und besuchte die Volksschulen in Triest und Bleiburg (Bezirk Völkermarkt, Kärnten). Aufgrund seiner verwandtschaftlichen Beziehungen wuchs er dreisprachig auf (Deutsch, Italienisch, Slowenisch). Das Gymnasium besuchte er in Graz sowie in Linz, wo er im Juni 1925 die Matura ablegte.
Danach begann Lerch das Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (abs. iur.), wo er der Austria beitrat (Couleurname Egon). Während seiner Aktivenzeit war er 1928 einer der Gründer der Waltharia. Zusätzlich begann er in der Folge das Studium der Klassischen Philologie, der Geschichte und der Leibesübungen an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien (Lehramtsprüfung für Latein und Turnen 1932; Dr. phil. 1937 in Geschichte). Ab 1929 arbeitete er auch als Präfekt im Internat des katholischen Schulvereins in Wien-Währing
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BERUFLICHE LAUFBAHN
Nach seiner Lehramtsprüfung trat Lerch in den Schuldienst und war zuerst am Gymnasium Wien-Währing und dann an der Realschule in Linz tätig. Dort war er an der Gründung der „Ostmärkischen Sturmscharen“ beteiligt und auch zeitweise Mitglied der oberösterreichischen Landesführung. 1934 wurde er dem Universitätsinstitut für Turnlehrerausbildung an der Universität Wien zugeteilt, ging aber bald wieder in den Schuldienst (ab 1937 Gymnasium Stockerau).
Nach dem Anschluß wurde Lerch mit Wirkung vom 28. April 1938 vom niederösterreichischen Landesschulrat mit zwei Drittel der Bezüge suspendiert, weil „das Ansehen der der Schule und wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden“. Mit 20. März 1939 wurde er dann ohne Bezugsansprüche aus dem Schul- bzw. Staatsdienst entlassen.
Nach dem Krieg wurde Lerch als Gymnasialprofessor rehabilitiert und wurde noch im April 1945 mit der vorläufigen Leitung des Instituts für Turnlehrerausbildung, des Hochschulinstituts für Leibesübungen und der Universitätsturnanstalten betraut. 1947 legte er zusätzlich die Lehramtsprüfung für Gymnasien für Geschichte und Deutsch ab und beendete an der Universität Wien das Jus-Studium mit dem Absolutorium. Mit 30. Oktober 1954 trat er aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand, begann ein Studium an der Hochschule für Welthandel und leitete zeitweise Buchhaltungskurse am Wirtschaftsförderungsinstitut. 1959 kehrte er als Sportlehrer an die Universitätsturnanstalten zurück, kam aber 1962 in das Finanzministerium und war dann von 1962 bis Ende 1966 im Bundeskanzleramt tätig. Mit 1. Januar 1967 trat er endgültig in den Ruhestand.
IM WIDERSTAND UND IM KRIEG
Nach seiner Suspendierung lebte Lerch vorerst in der elterlichen Villa in Wien-Mauer. Doch bereits am 15. März 1938, kurz nach dem Anschluß, gründete er eine Widerstandsgruppe. die sich „Geheimgruppe Dr, Lerch“ nannte. Zu ihren Zielen gehörte es, NS-Verfolgte in Betrieben unterzubringen, Verfolgten zu helfen, ausländische Sender abzuhören und deren Nachrichten zu verbreiten. Angeregt wurde die Gründung von Eduard Mayller (AW), der vor 1938 ÖCV-Amtsträger für das Bildungswesen war. Ihr gehörten zahlreiche CVer an, so u. a. Ferdinand Habl (Pan), Julius Kallus (Dan), August Maria Knoll (NbW), Otto Kranzlmayr (AW) und Josef Kresse (AW).
Diese Aktivitäten blieben der Gestapo nicht verborgen. Bei einer Ankunft eines Zuges aus dem „Altreich“, in dem sich Lerch befand, wartete in der Ankunftshalle des Westbahnhofes die Gestapo auf ihn. Jedoch durch einen Hinweis, angeblich ein CVer in der Gestapo, wurde er gewarnt und bestieg den nächsten abfahrbereiten Zug. Schließlich wurde er am 4. November 1938 verhaftet, jedoch Mangels an Beweisen am 8. Mai 1939 wieder aus der Polizeihaft entlassen. Eine Überweisung ins KZ Dachau konnte verhindert werden. Er arbeitete zunächst in einer Schuhfabrik, konnte aber im Oktober 1939, nach Beginn des Zweiten Weltkriegs, als Notdienstangestellter beim Oberfinanzpräsidium Wien (wie die Finanzlandesdirektion Wien nun hieß) arbeiten, wurde jedoch schon im April 1940 als politisch untragbar wieder entlassen.
Noch im April 1940 mußte Lerch zur Deutschen Wehrmacht und zwar wegen seiner Segelflugkenntnisse zur Luftwaffe. Er tat in einem bayerischen Fliegerhorst in der Wetterabteilung Dienst, konnte sein Jus-Studium an der Universität in München fortsetzen und legte dort das erste Staatsexamen ab. Mitte April 1942 wurde er zum Stab des „Oberbefehlshaber Süd“, Generalfeldmarschall Albert Kesselring, nach Rom versetzt, wo er als Dolmetscher eingesetzt war.
Bereits kurz nach seiner Ankunft in Rom bekam er ein Schriftstück in die Hand, aus dem der Plan eines Anschlags auf Papst Pius XII. (Tfs EM) hervorging. Lerch informierte daraufhin P. Pankratius Pfeiffer, den Generaloberen der Salvatorianer, so daß Vorkehrungen getroffen werden konnten. P. Pfeiffer bedankte sich wenige Tage später im Auftrag von Pius XII. bei Lerch, der ein Buch von Papst geschenkt bekam. P. Pfeiffer war später maßgeblich an der vatikanischen Rettungsaktion für römische Juden beteiligt. Bekannt wurde er durch den italienischen Fernsehfilm „Pius XII.“, der Ende 2010 auch im deutschen und österreichischen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Die Rolle des P. Pfeiffer spielte der österreichische Schauspieler Miguel Herz-Kestranek. Der Orden der Salvatorianer wurde übrigens von P. Franziskus (Johannes B.) Jordan (ArF) gegründet.
1942 erkrankte Lerch an Gastritis und wurde in der Folge in ein Lazarett nach Wien versetzt. Durch falsche ärztliche Atteste wurde als nicht mehr kriegsverwendungsfähig geschrieben und blieb – offiziell zwar noch im Dienst der Luftwaffe – in Wien.
LERCH ALS ÖCV-AMTSTRÄGER
Lerch engagierte sich im CV für die Leibesübungen. So ist er als Nachfolger Leopold Figls (Nc) im Jahr 1928 als WCV-Sportwart nachzuweisen. 1928 berichtete er in der „Academa“ über seine Aktivitäten in dieser Funktion. Als 1933 nach der Abschaltung vom CV der Dritte ÖCV gegründet wurde, hatte man die Struktur und die Organisationen vom CV übernommen und weitergeführt. So auch die verschiedenen Ämter, die nun in einem ÖCV-Beirat zusammengefaßt wurden. Im Rahmen des früheren sog. Academia-Beirates des CV gab es seit 1925 ein Amt für Leibesübungen. Ein Grund hierfür war u. a. – ganz im Zug der damaligen Zeit – auch die „Wehrertüchtigung“.
Daher wurde dieses Amt auch im ÖCV weitergeführt. Dabei gab es natürlich enge Beziehungen zur Christlich-Deutschen Turnerschaft sowie zu den Wehrverbänden, hier insbesondere zu den Ostmärkischen Sturmscharen, wo der CV stark vertreten war. Bei beiden war Lerch Funktionär. Aus diesem Grund sowie auch wegen seiner damaligen beruflichen Position in der Turnlehrerausbildung wurde er 1935 zum Leiter des Amtes für Sportwesen gewählt, das auch ÖCV-Sportwart genannt wurde. Dieses Amt, das 1975 abgeschafft wurde, bekleidete er von 1935 bis Anfang 1936. Sein Nachfolger wurde Rudolf Otepka (BbW).
Lerch war nicht nur Gründer der Waltharia, er wurde 1988 Bandphilister der Floriana St. Pölten und 1994 der Rheno-Saxonia Köthen zu Halle/Saale im CV. In seiner Linzer Zeit wurde er Ehrenphilister der MKV-Verbindung Siegfridia Linz, dann in der Folge der MKV-Verbindungen Donaumark Wien, Jung-Dietrich Wien, Gothia Wien sowie Herulia Stockerau.
Gelegentlich ist die Namensschreibung Lerch-Onesti zu finden, doch ist diese namensrechtlich nicht gedeckt. In den Gesamtverzeichnissen des ÖCV wird sein Name richtigerweise immer mit Lerch angegeben, In den letzten Lebensjahren lebte er in Stockerau, wo er auf dem dortigen Friedhof begraben wurde.
Quellen und Literatur:
Ac 41 (1928/29), 93f.Putz, Alfred Werner (Walth): Beispiele des katholischen Widerstands gegen den Nationalsozialismus mit besonderer Berücksichtigung der Zeit ab 1925. Wien Phil. Diss. 1981, 9–87, besonders 9–20.
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, 228, 453, 736 und 752.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Farbe Verfolgung. Hg. von Herbert Fritz und Peter Krause (Rt-D). Wien 2. wesentlich verb. Aufl. 2013, 176 und 410.
75 Jahre Befreiung. Katholische Couleurstudenten im Widerstand. Hg. vom MKV und dem ÖCV. Wien 2020, 11.