Lebenslauf:
Schönsteiner wurde als Sohn eines Werkstättenarbeiters bei der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn im damals noch nicht zu Wien gehörenden Floridsdorf geboren und absolvierte 1894 das Gymnasium in Wien-Leopoldstadt. Danach trat er in das Chorherrenstift Klosterneuburg ein, das in Floridsdorf seelsorglich aktiv war, wodurch er dorthin Kontakt bekam, und nahm den Ordensnamen Ferdinand an. Nach dem Noviziatsjahr studierte er an der stiftseigenen Philosophisch-Theologischen Hausanstalt, legte am 2. Oktober 1898 die feierliche Profeß ab und wurde am 23. Juli 1899 zum Priester geweiht.
Anschließend war Schönsteiner Kaplan in seiner Heimatpfarre in Floridsdorf. Von der Stiftsleitung – der spätere Erzbischof von Wien, Friedrich Gustav Kardinal Piffl (Wl EM), war damals Sekretär des Propstes – wurde er für eine Lehrtätigkeit an der Philosophisch-Theologischen Hausanstalt vorgesehen. Auf diese bereitete er sich neben der Seelsorge durch ein Weiterstudium an der Theologischen Fakultät der Universität Wien vor. Zuerst war er für das Fach Altes Testament vorgesehen, dessen Professur er bereits Ende 1903 provisorisch übernahm. Er mußte aber im Februar 1905 nach der damaligen Vorschrift ein spezielles Examen in seinem Fach ablegen, und zwar beim damaligen Alttestamentler, dem Heiligenkreuzer Zisterzienser Wilhelm Anton Neumann (AW EM).
Schönsteiners wissenschaftliche Liebe galt aber dem Kirchenrecht. In diesem Fach verfaßte er seine Dissertation (Dr. theol. 1906), und zwar bei Rudolf von Scherer (Gu EM). Daher übernahm er Anfang Februar 1907 an der Hauslehranstalt die Professur für Kirchenrecht. Daneben supplierte er bis 1910 das Fach Kirchengeschichte. Gleichzeitig hörte er von 1907 bis 1911 Vorlesungen an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, um sich in seinem Fach weiterzubilden. Um definitiv Kirchenrecht lehren zu können, legte er im Juni 1908 das erwähnte Examen auch in diesem Fach ab.
Schönsteiner wirkte volle 49 Jahre als Professor an der Hauslehranstalt in Klosterneuburg. Ab 1918 war er Richter am Metropolitan- und Diözesangericht in Wien und von 1925 bis 1930 dessen Vizeoffizial. Nach der Aufhebung des Stiftes durch die nationalsozialistischen Machthaber im April 1939 lebte er bis Juni 1941 im Piaristen-Kolleg „Maria Treu“ in Wien-Josefstadt, danach konnte er nach Klosterneuburg zurückkehren und wohnte im Pfarrhof St. Martin.
Die Bedeutung Schönsteiner liegt vor allem in seiner wissenschaftlichen reichen Arbeit, zu der er aufgrund der relativ kleinen Hauslehranstalt eher Zeit fand, als wenn er akademischer Lehrer auf der Universität gewesen wäre. Der „Herr Ferdinand“, wie er im Stift genannt wurde, war nicht nur ein in Theorie und in der Praxis (Seelsorge, Diözesangericht) erfahrener Kirchenrechtslehrer, sondern auch als kritischer rechtshistorischer Forscher und Quellenbearbeiter wie als Darsteller des kodikarischen Rechts weithin geschätzt. In seinen frühen rechtsgeschichtlichen Veröffentlichungen erwies er sich als Schüler von Rudolf von Scherer. Sein Hauptwerk war die über 1000 Seiten starke und 1937 erschienene 2. Auflage seines kirchlichen Eherechts.
Sein jüngerer Bruder war der Generalsekretär der Christlichsozialen Partei und Nationalratsabgeordnete Friedrich Schönsteiner (Alp EM). Schönsteiner, der sich auch bei der Caritas socialis engagierte, wurde als Ehrenmitglied in die kurz davor gegründete Welfia aufgenommen. Er starb an den Folgen eines Schlaganfalls und wurde in der Stiftsgruft auf dem Oberen Friedhof in Klosterneuburg begraben.
Werke:
(Auswahl)Die kirchlichen Freiheitsbriefe des Stiftes Klosterneuburg. Urkundensammlung mit rechtlichen und geschichtlichen Erläuterungen (1916).
Grundriß des kirchlichen Eherechts (1925, 2. erw. Aufl. 1937).
Kanonische Quellenlehre und geistliches Standesrecht (1928).
Grundriß des Ordensrechts (1930).
Tugendlehre (1952).