Lebenslauf:
HERKUNFT UND AUSBILDUNG
Neumann wurde als Sohn eines Beamten geboren und auf den Namen Anton getauft. Er besuchte in Wien zuerst das Schottengymnasium und dann das Theresianum, wo der spätere Erzbischof von Wien, Anton Gruscha (AW EM), sein Religionslehrer war und er 1855 die Reifeprüfung ablegte. Am 14. September 1855, dem Fest der Kreuzerhöhung, trat er in das Zisterzienserstift Lilienfeld ein und nahm den Ordensnamen Wilhelm an.
Nach dem Noviziat und der einfachen Profeß studierte Neumann von 1856 bis 1860 an der Philosophisch-Theologischen Hauslehranstalt Heiligenkreuz. 1858 übertrug er seine Profeß auf das Stift Heiligenkreuz, weil er dort wegen der Nähe zu Wien besser wissenschaftlich arbeiten konnte. Sein Interesse galt der Bibelwissenschaft bzw. dem Alten Testament, aber auch der Kunstgeschichte.
Nach seiner Priesterweihe (1860) wurde Neumann 1861 Bibliothekar des Stiftes sowie Professor für Altes Testament an der Hauslehranstalt von Heiligenkreuz und vollendete ab 1870 seine Studien an der Universität Wien (Dr. theol. 1874). Während dieser Zeit begann er bereits seine umfangreiche publizistische Tätigkeit und reiste 1869 in den Vorderen Orient.
WISSENSCHAFTLICHE LAUFBAHN
Bereits im Jahr seiner Promotion – 1874 – wurde Neumann zum ao. Universitätsprofessor für Altes Testament und biblisch-orientalische Sprachen an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien ernannt, 1882 erfolgte die Ernennung zum o. Universitätsprofessor. In den Studienjahren 1890/91, 1897/98 und 1904/05 war er Dekan der Theologischen Fakultät, im Studienjahr 1899/1900 Rektor der Universität Wien. Dadurch war er auch als Virilist ab 23. September 1899 niederösterreichischer Landtagsabgeordneter. Vom Amt des Rektors resignierte er am 12. Mai 1900 (siehe unten). Zu seinen Schülern zählten u. a. P. Nivard Schlögl (Nc) und Theodor Innitzer (NdW), die selber dann Professoren an der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät wurden.
Neben seinen biblischen Forschungen war Neumann ein ausgewiesener Kunsthistoriker mit dem Spezialgebiet der Gotik. Darüber handelt die überwiegende Mehrzahl seiner Veröffentlichungen. So war er auch ein Kenner des Wiener Stephansdoms. Ganz im Sinne seiner katholisch-konservativen Grundhaltung war er ein Befürworter des Historismus (Neugotik). In diesem Sinne betrieb er u. a. die Regotisierung der Stiftskirche von Heiligenkreuz (Hallenchor).
Das stand auch in Zusammenhang mit seiner Parteinahme für die Neuscholastik und die Befürwortung des Integralismus im Rahmen des Antimodernismusstreits um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert. Obwohl Neumann zu Ende des Sommersemesters 1908 emeritiert wurde, legte er ohne Notwendigkeit im Jahr 1910 den Antimodernisteneid ab, der von den aktiven Theologieprofessoren verlangt wurde.
NEUMANN UND DER CV
Die relativ frühe Ehrenbandverleihung der Austria Wien an Neumann noch vor dessen Ernennung zum o. Universitätsprofessor stand in Zusammenhang mit der katholisch-konservativen Ära. Auf jeden Fall ist diese offenbar für ihn zu einer Verpflichtung geworden.
Während seines Rektorats wurden zu Ostern 1900 die katholischen Verbindungen Nordgau und Kürnberg gegründet. Als diese am 7. Mai 1900 zum ersten Mal in Farben auf der Universität erschienen, kam es durch vier Tage hindurch zu heftigen Auseinandersetzungen, so daß sich der Akademische Senat zu einem allgemeinen Farbenverbot gezwungen sah. Dieses hinderte eine Abordnung schlagender Verbindungen nicht, beim Rektor zu erscheinen, was zu Auseinandersetzungen im Akademischen Senat und zu Neumanns Rücktritt führte. Der Prorektor übernahm für den Rest des Studienjahres die Amtsgeschäfte.
Werke:
(Auswahl)Der Reliquienschatz des Hauses Braunschweig-Lüneburg (1891).
Qurn Dscheradi Studien zu Matth. VIII, 28; Marc V,1; Luc. VIII,26,37 (1894)
Über die orientalischen Sprachstudien seit dem 13. Jahrhundert mit besonderer Rücksicht auf Wien. Inaugurationsrede gehalten am 17. Okt. 1899 (1899).
Quellen und Literatur:
Stigler, Norbert: Wilhelm Anton Neumann 1837–1919 (=Wiener Beiträge zur Theologie Band 46). Wien 1975 (Wien kath. theol. Diss. 1972).Österreichisches Biographische Lexikon 1815–1850. Band 7. Wien 1978, S. 95f.
Krause, Otto: Biographisches Handbuch des nö. Landtages 1861–1921 (online: Landtag Niederösterreich). St. Pölten 1995.
Schachenmayr, Alkuin Volker: Prägende Professoren in der Entwicklung des theologischen Lehrbetriebes im Cistercienserstift Heiligenkreuz von 1802 bis 2002. Langwaden 2002, 129-144
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, 112.