Wartungsfunktionen

ObStdtBauR. i.R. Dipl.-Ing. Alfred Unger

ObStdtBauR. i.R. Dipl.-Ing. Alfred Unger

Urverbindung: Franco-Bavaria (27.05.1913)

Geboren: 09.05.1888, Wien
Gestorben: 24.11.1975
Stadtoberbaurat (Gemeinde Wien)
Politische Haft: 1939 bis 1945 Polizeihaft, KZ Dachau und Neuengamme

Lebenslauf:

Unger stammte aus Wien-Währing und begann nach der Matura sowie dem Einjährig-Freiwilligenjahr das Studium der Bauingenieurwissenschaften an der Technischen Hochschule Wien (Dipl.-Ing.), wo er zuerst am 7. Oktober 1910 der Norica beitrat (Couleurname Dietrich), bei der er auch Fuchsmajor war. In der ersten Mai-Hälfte des Jahres 1913 kam es jedoch zwischen ihm und der Norica zum Bruch. Er bat um „schlichte Entlassung“, der stattgegeben wurde, und trat als Bursch der Franco-Bavaria bei. Dort waren Otto Kemptner (F-B) sein Leibbursch und u. a. Engelbert Dollfuß (F-B) sein Leibfuchs.

Im Ersten Weltkrieg war Unger bei der Festungsartillerie (letzter Dienstrang: Oberleutnant der Reserve). Nach Beendigung seines Studiums war er in der Bauwirtschaft tätig (u. a. bei der Reform-Baugesellschaft). Aufgrund verbindungsinterner Konflikte schied er Mitte der zwanziger aus der Franco-Bavaria aus, kehrte aber 1935 wieder zurück. In den Jahren 1932 bis 1934 arbeitete er als Bauleiterstellvertreter am Bau der Großglockner Hochalpenstraße mit.

Nach dem Anschluß im März 1938 organisierte Unger schon recht bald geheime Treffen von Mitgliedern der Franco-Bavaria und baute daraus eine eigene Widerstandsgruppe auf, der u. a. auch Fritz Meznik (F-B) angehörte. Ebenso hielt er mit Johann Wollinger (Nc), dem Senior der Norica, Kontakt. Diese Gruppe berichtete u. a. auch nach London. Am 9. November 1939 wurden Unger, dessen Frau und deren beider Kinder, sowie vier weitere dieser Runde verhaftet, darunter Meznik und Alexander Karri (F-B). Die Verhaftung an diesem Tag stand auch im Zusammenhang mit dem Attentat auf Adolf Hitler im Münchner Bürgerbräukeller.

Unger kam zuerst ins Polizeigefängnis und wurde dann am 22. April 1940 ins KZ Dachau verbracht. Seine Frau Hermine wurde wegen Hoch- und Landesverrat verurteilt und saß drei Jahre im Gefängnis, seine damals 18-jährige Tochter Gertrude war fünf Monate in Gestapohaft und sein damals 15-jähriger Sohn drei Wochen. Am 25. August 1940 wurde Unger ins KZ Neuengamme (nunmehr in Hamburg) verlegt, einem damaligen Außenlager des KZ Sachsenhausen. Dort wurde er schwer mißhandelt, so daß er erhebliche gesundheitliche Schäden davontrug. Am 14. September 1941 wurde er wieder ins KZ Dachau zurückgebracht, wo sich Leopold Figl (Nc) um ihn kümmerte und ihn von der sog. „Vergasungsliste“ wegbringen konnte. Unger und andere schwer gesundheitlich Geschädigte sollten in Hartheim bei Linz vergast werden, nachdem dort die Vergasungen von Behinderten (Euthanasie) nicht zuletzt aufgrund der Predigten des Bischofs von Münster, Clemens August Graf von Galen (R-GM EM), eingestellt wurden.

Unger blieb nun bis zum Kriegsende im KZ Dachau. Das war aufgrund seines „Delikts“ unverhältnismäßig. Aufgrund eines Berichts der Gestapoleitstelle Wien vom 10. Oktober 1941 besteht die Vermutung, daß der Umstand, daß er Leibbursch von Dollfuß war, zu dieser langen Dauer des KZ-Aufenthalts geführt hat. Beim Herannahen der US-Army wurde eine Gruppe von Häftlingen des KZ Dachau auf einen Marsch Richtung Tirol geschickt. Am 2. Mai 1945 wurde Unger von der US-Army befreit und kehrte sofort nach Wien zurück, wo er beruflich bei der Gemeinde Wien zuletzt als Stadtoberbaurat tätig wurde.

Unger engagierte sich trotz seiner Schwierigkeiten in der Franco-Bavaria. Bereits 1920/21 hatte er für kurze Zeit das Amt des Philisterseniors inne. In dieser Amtszeit wurde die Tochterverbindung Pflug gegründet und in den CV aufgenommen. Nach dem Anschluß war er, wie erwähnt, stark bemüht, den Kontakt unter den Angehörigen der Franco-Bavaria aufrecht zu erhalten. Nachdem der letzte Philistersenior der Franco-Bavaria, Friedrich Stockinger (ehemals F-B), geflohen war, wurde Unger provisorisch zum Philistersenior gewählt. Bereits am 10. Mai 1945 konnte er mit einigen Bundesbrüdern die Verbindung wieder begründen und wurde nun offiziell zum Philistersenior bestellt, welches Amt er bis 1948 bekleidete. Als solcher war er maßgeblich am Widerentstehen der Verbindung sowie an der Integration der Angehörigen der nicht mehr reaktivierten Verbindung Pflug beteiligt. Er wurde auf dem Friedhof Wien-Neustift (A/8/5) begraben.

Quellen und Literatur:

Foto: © (Wiener Stadt- und Landesarchiv, Gestapo-Kartei, K 1)
Verbindungsarchiv Franco-Bavaria (Karl-Wolfgang Schrammel, 27. 12. 2017).
Verbindungsarchiv Norica (Georg Schmitz).
https://stevemorse.org/dachau/details.php?lastname=UNGER&firstname=Alfred&birthyear=1888.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 369f.