Lebenslauf:
HERKUNFT UND AUSBILDUNG
Kolb wurde als Sohn eines Buchhalters und christlichsozialen Bezirksrats in Favoriten geboren und schon früh in seiner Pfarre St. Johann Evangelist (Keplerplatz) sozialisiert (Meßdiener, Lektor). Er besuchte die Realschule im 10. Bezirk (Jagdgasse), wo er 1938 mit Auszeichnung maturierte. 1935 trat er der MKV Verbindung Teutonia bei, die nach 1945 mit der Mutterverbindung fusionierte. In der Realschule war er von 1936 bis 1938 Schulführer des katholischen Jungvolkes.
Kolb war Teilnehmer der Kundgebung der Katholischen Jugend am 7. Oktober 1938 im Wiener Stephansdom. Bereits im Dezember 1938 wurde er zur Deutschen Wehrmacht eingezogen, machte den Polen- und Frankreichfeldzug mit und war dann an der russischen sowie italienischen Front eingesetzt (letzter Dienstgrad Leutnant). Im Mai 1945 kehrte er nach Wien zurück und begann im Oktober 1945 das Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (Dr. iur. 1949), wo er der Bajuvaria beitrat (Couleurname Elmar). Das bislang tradierte Rezeptionsdatum 15. Oktober ist nicht korrekt. Dort war er im WS 1947/48 und im SS 1951 Senior. Sein Leibbursch war Hans Dorrek (Baj), ein Schwager von Leopold Figl (Nc), sein Leibfuchs war Josef Taus (Baj).
BERUFLICHE LAUFBAHN
Kolb mußte sich als Werkstudent das Studium finanzieren. Daher war er bereits seit 15. Oktober 1945 Vertragsangestellter zuerst der Gemeinde Wien, dann ab 1. Dezember 1947 des Bundesministeriums für Soziale Verwaltung. Nach Ende seines Studiums wurde er dort am 12. Juli 1950 in den Höheren Dienst übernommen. Mit 1. April 1952 wurde er in das Bundesministerium für Inneres transferiert und dort Sekretär von Staatssekretär Ferdinand Graf (Trn EM). Mit ihm wechselte Kolb am 15. Juli 1956 in das neugeschaffene Bundesministerium für Landesverteidigung.
Kolb wurde dort zuerst Leiter der wehrpolitischen Abteilung und dann im Juli 1961 Leiter des Präsidiums. Mit 1. Januar 1965 wurde er zum Ministerialrat ernannt. Am 22. Juli 1974 erfolgte die Ernennung zum Leiter der Präsidial- und Rechtssektion, dann im 28. Februar 1978 die zum Sektionschef.
Kolb war unter den Bundesministern Ferdinand Graf, Karl Schleinzer, Georg Prader (Nc), Johann Freihsler, Karl Lütgendorf, Otto Rösch und Friedhelm Frischenschlager an entscheidender Stelle des Verteidigungsministeriums am Aufbau und der Weiterentwicklung des Österreichischen Bundesheeres beteiligt. Insbesondere war er für alle wehrrechtlichen Fragen zuständig. Nach Erreichung seines 65. Lebensjahres ging er 1985 in den Ruhestand.
Kolb engagierte sich nach dem Krieg wiederum in seiner Pfarrgemeinde, ab 1958 aufgrund seines neuen Wohnsitzes in St. Thekla, Wien-Wieden. Dort wurde er zuerst Vorsitzender der Katholischen Männerbewegung und Leiter des Pfarrausschusses der Katholischen Aktion. 1963 wurde er Vorsitzender der Katholischen Männerbewegung (KMB) der Erzdiözese Wien, einige Jahre war er auch Stellvertretender Vorsitzender der KMB für Österreich. Er war auch Mitglied der Wiener Diözesansynode (1969 bis 1971) und in der Folge des damals neugeschaffenen Vikariatsrates für Wien-Stadt.
KOLB ALS VORSITZENDER DER VERBANDSFÜHRUNG DES ÖCV
In der Bajuvaria war Kolb viele Jahre unter dem langjährigen Philistersenior Eduard Chaloupka (Baj) Philisterconsenior. Aufgrund der Stellung Chaloupkas als Vorsitzender des ÖCV-Beirats bzw. der Verbandsführung nahm Kolb die Vertretung des Altherrenverbands der Bajuvaria in den Gremien des ÖCV wahr. Nach dem Tod Chaloupkas 1967 wurde Kolb zum einen zum Philistersenior, zum anderen zum 2. Stellvertretenden Vorsitzenden der Altherrenschaft des ÖCV gewählt. Nachdem der 1971 zum Vorsitzenden des ÖCV-Beirats bzw. der Verbandsführung gewählte Hans Kronhuber (Am) bereits nach kurzer Amtszeit krankheitshalber sein Amt zurücklegen mußte, wurde Kolb auf der Cartellversammlung 1972 in dieses Amt gewählt. Er bekleidete es zwei Perioden lang von 1972 bis 1980. Er war bis jetzt auch der letzte aus dem Bereich der Hochbürokratie, der diese Funktion innehatte.
Seine Amtszeit umfaßte fast die ganzen siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Diese waren für den ÖCV dahingehend gekennzeichnet, daß zum einen im Jahr 1970 die ÖVP die Wahlen verloren hatte und Bruno Kreisky Bundeskanzler wurde. Zum anderen wurde 1971 mit Karl Schleinzer erstmals kein Angehöriger des CV zum Bundesparteiobmann der ÖVP gewählt. Allerdings wurde nach dessen tragischem Verkehrsunfall Kolbs Leibfuchs Josef Taus (Baj) zum Nachfolger gewählt, 1979 folgte dann Alois Mock (Nc).
Diese Jahre waren im ÖCV sehr stark auch von Unsicherheiten geprägt, wie z. B. die Academia-Krise 1972/73, die Diskussion um den Ausschluß Friedrich Heers (ehemals Baj), die „Sozialistendebatte“ 1976/77, die vom damaligen Vorsitzenden der Altherrenschaft des ÖCV, Theodor Detter (AW), initiiert wurde. Es waren diese die Jahre „nach 1968“, die zum einen davon noch beeinflußt waren, andererseits machten sich bereits Gegenströmungen bemerkbar. Hinzu kam noch, daß in diesen Jahren die Zahl der Neueintretenden in den Verbindungen gegenüber den sechziger Jahren deutliche zurückgegangen ist.
Andererseits wurde durch die ab 1972 in Betrieb gegangene Bildungsakademie des ÖCV ein wichtiger Beitrag für einen Aufbruch im ÖCV gesetzt, der sich dann mittelfristig auswirkte. Kolb war sehr daran interessiert, daß sich der ÖCV gesellschaftspolitisch profilierte. Dazu gab es in der Ära Kreisky genügend Gelegenheiten, so etwa bei der Strafrechtsreform („Fristenlösung“) und der Reform der Universitätsorganisation (UOG). Zu diesen und auch anderen Fragen erarbeitete der ÖCV profunde Stellungnahmen bzw. er beteiligte sich an entsprechenden Aktionen.
Vorteilhaft war vor allem, daß Kolb als Funktionär der Katholischen Aktion (KA) einen sehr guten Draht zur Amtskirche, insbesondere in der Erzdiözese Wien, besaß. Das half auch, gegensätzliche Standpunkte zwischen der KA und den Katholischen Verbänden, besonders den ÖCV, abzumildern.
In der Amtszeit Kolbs kam es ÖCV-intern zu verstärkten Dissenzen zwischen dem ÖCV-Beirat und der Verbandsführung, die damaligen obersten Organe des ÖCV nach der Fassung der Cartellordnung des Jahres 1959. Im Laufe der Jahre hatte der ÖCV-Beirat, das Kollegium der Amtsträger, als Planungs- und Koordinierungsorgan gegenüber der Verbandsführung an Bedeutung verloren. Im Jahr 1976 wurde dieser Entwicklung Rechnung getragen. Unter dem damaligen Rechtspfleger Karl Kohlegger (AIn) wurde die Cartellordnung reformiert. Aus dem ÖCV-Beirat wurde die Verbandsführung, aus der bisherigen Verbandsführung der Vorstand der Verbandsführung. Außerdem wurde die Zahl der Amtsträger verkleinert. Kolb führte gleich zu Beginn seiner Amtszeit eine ÖCV-Klausur ein, die in der Regel zweimal jährlich tagte. Diese bestand aus den Mitgliedern der Verbandsführung und des ÖCV-Beiats sowie aus den weiteren Mitgliedern des Präsidium des Studentenverbands und des Vorstands der Altherrenschaft.
In der Amtszeit Kolbs wurde auch die Frage der Aufnahme von Protestanten in den ÖCV – für Österreich statistisch von geringer Bedeutung – befriedet, die Ende der sechziger Jahre durch einen Fall bei der Kristall Leoben aufgetaucht ist und dann zu Beginn der siebziger Jahre durch die Austria Wien fortgeführt wurde. Hingegen entstand in diesen Jahren erstmals die Diskussion um die Aufnahme von Studentinnen in den ÖCV (bei der Austria Innsbruck und durch die Gründung der Veritas Baden), die jedoch – hier statistisch von erheblicher Bedeutung – nach wie vor andauert.
All diese Vorkommnisse, Fragen und Debatten meisterte Kolb durch seine moderierende, jedoch auch durchaus bestimmende Weise. Er hatte versucht, einen Weg der Mitte zu gehen. Insgesamt hat er im Hintergrund wirkend, wie es eigentlich zum Amtsverständnis eines Vorsitzenden der Verbandsführung gehört, einiges angestoßen. So zählen diese Jahre rückblickend wohl zu den interessantesten für den ÖCV. Ihm wurde am 22. Mai 1982 der ÖCV-Ehrenring verliehen.
Kolb war auch Bandphilister der Veritas Baden und der Leopoldina. Sein Sohn war Raimund Kolb (Baj EM), sein jüngerer Bruder Karl Kolb (Am). Kolb wurde in Messern (Gemeinde Irnfritz-Messern, Bezirk Horn, Niederösterreich), seinem Zweitwohnsitz, begraben.
Quellen und Literatur:
Archiv Gerhard Hartmann (Baj). Offizielle Lebensläufe von Adolf Kolb,Hartmann, Gerhard (Baj): Einen Weg der Mitte gehen. Adolf Kolb zum 65. Geburtstag, in: Academia intern, März 1985 , S. VI.
Academia intern, Dezember 1990.
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 557, 610, 633, 635, 639, 651 und 661.