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Präs. i.R. Hon.-Prof. ESen. Mag. Dr. Karl Kohlegger

Präs. i.R. Hon.-Prof. ESen. Mag. Dr. Karl Kohlegger

Urverbindung: Austria Innsbruck (16.05.1945)

Bandverbindungen: AW, R-D, Baj, The, M-B

Geboren: 29.08.1920, Innsbruck
Gestorben: 07.09.2004, Innsbruck
Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck, Präsident des Fürstlich-Liechtensteinischen Obersten Gerichtshofes, Vorsitzender des ÖCV-Beirates, ÖCV-Amtsträger, Träger des ÖCV-Ehrenringes

Lebenslauf:

AUSBILDUNG UND BERUFSLAUFBAHN

Kohlegger wurde als Sohn einer angesehenen Innsbrucker Kaufmannsfamilie geboren und besuchte zuerst das Jesuitengymnasium Stella matutina in Feldkirch (Vorarlberg) und nach dessen Auflösung das dortige staatliche Gymnasium. Nach der Matura im Jahr 1940 wollte er zuerst Pharmazie studieren, wurde aber sofort zur Deutschen Wehrmacht einberufen und wurde Anfang 1943 an der Kaukasusfront schwer verwundet. In der Folge konnte er wieder studieren, allerdings an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck (Dr. iur. 1947). Acht Tage nach der bedingungslosen Kapitulation trat er der Austria bei (Couleurname Dr. cer. Speck) und beendete dann sein Studiumt. Nach der Absolvierung des Gerichtsjahrs begann er eine richterliche Laufbahn.

Nachdem Kohlegger 1950 zum Richter ernannt wurde, war er an verschiedenen Tiroler Bezirksgerichten eingesetzt. 1959 wurde er zum Vorsteher des Bezirksgerichts Innsbruck ernannt. Dort machte er sich in kurzer Zeit einen Namen, so daß er 1960 an das Oberlandesgericht Innsbruck berufen wurde und bald Präsidialsekretär war. 1971 wurde er dort Senatspräsident und bereits 1973 Vizepräsident. Aufgrund seiner vielseitigen Begabungen und außerordentlichen juristischen Fähigkeiten wurde er als Nachfolger von Franz Hetzenauer (Vi) mit Wirkung vom 1. Januar 1974 zum Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck ernannt und zählte damit zum Kreis der Höchstrichter Österreichs. Ende der siebziger Jahre wurde Kohlegger der Präsidentenposten des Verwaltungsgerichtshofes angeboten, was er jedoch ablehnte, weil er in Innsbruck bleiben wollte. Mit 31. Dezember 1985, nach Erreichung des 65. Lebensjahres, ging er in den Ruhestand.

Traditionell betreuten österreichische Richter, vornehmlich aus dem Oberlandesgerichtsbezirk Innsbruck, das Gerichtswesen im Fürstentum Liechtenstein. Seit 1973 war daher Kohlegger Vizepräsident und seit 1981 Präsident des Fürstlich-Liechtensteinischen Obersten Gerichtshofes. Diese Funktion hatte er bis 1997 inne.

Kohlegger wirkte vor allem in seiner Eigenschaft als Präsident des Oberlandesgerichts bei Gesetzesvorhaben mit, so vor allem bei der Neuordnung des Familienrechts, des Exekutionsrechts, der Grundbuchumstellung auf EDV, der Kodifikation des Sachwalterschafts- und Unterbringungsrechts. Ein besonderes Anliegen war ihm auch der verbesserte Zugang zum Recht. Jedermann, auch der sozial Schwache, müsse sich einen Zivilprozeß leisten können. Ebenso war er Honorarprofessor an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck.

RECHTSPFLEGER DES ÖCV

Obwohl Kohleggers beruflicher Weg in den Kreis der höchsten Richter führte, war sein Engagement für den ÖCV und seine Verbindung nicht weniger bedeutsam. Bereits seit 1949 Vorsitzender des Verbindungsgerichts und seit 1952 Rechtspfleger der Austria wurde er im Rahmen der Cartellversammlung 1953 vom CV-Ausschuß als Nachfolger von Josef Peer (AIn) zum Leiter des Rechtsamtes im ÖCV-Beirat gewählt, welche Funktion gemeinhin als ÖCV-Rechtspfleger bezeichnet wird. Dieses Amt sollte er 23 Jahre bis 1976 bekleiden. Nach dem ÖCV-Seelsorger Hans Friedrich (AW) war er der Amtsträger mit der zweitlängsten Dienstzeit.

Von Robert Krasser (Nc) abgesehen prägte Kohlegger aufgrund seines Amtes sowie dessen Dauer die innere Geschichte bzw. die Geschicke des ÖCV wie kein anderer Funktionär vor oder nach ihm. Dazu zählte die gleich zu Beginn seiner Amtszeit angegangene organisatorische Gesamtreform des ÖCV. Während auf der Cartellversammlung bislang nur die Senioren abstimmungsberechtigt waren und es einen rechtlich gesonderten Altherrenverband gab, wurde im Binnen-Recht (Cartellordnung) des ÖCV ein Verband mit zwei Hälften (Aktive–Alte Herren) geschaffen. Auf der Cartellversammlung waren nunmehr neben den Senioren auch die Philistersenioren stimmberechtigt. Nach langen Vorbereitungen wurden auf der Cartellversammlung 1959 die nötigen Beschlüsse für eine neue Cartellordnung gefaßt. Diese Umstrukturierung hatte dann auch die Neuordnung der Debatten- und Abstimmungsordnung, der Kassen- sowie Gerichtsordnung zur Folge. In diesen Jahren wurde es auch den Militärakademikern ermöglicht, einer CV-Verbindung beizutreten, was dann Anfang der siebziger Jahre auch für die Studenten an den Pädagogischen Akademien eingeführt wurde.

Die nächste wichtige und parallel laufende Aufgabe Kohleggers war es, mit dem in Deutschland wiederentstandenen CV sowie mit dem Schweizerischen Studentenverein (StV). zu Vereinbarungen zu kommen. Das bereits seit 1952 mit dem CV bestehende Salzburger Verbändeabkommen wurde Ende 1957 neu gefaßt. Mit dem StV gab es zwar bereits seit 1947 ein Abkommen, nun wurde 1963 das Innsbrucker Abkommen zwischen CV, ÖCV und StV abgeschlossen. Durch das Salzburger Verbändeabkommen wurde das sog. Cartellverhältnis zwischen den Verbindungen des CV und ÖCV wieder hergestellt, womit Angehörige einer Verbindung des einen Verbandes jederzeit bei einer Verbindung des anderen Verbandes mit vollen Rechten und Pflichten verkehrsaktiv werden konnten.

Eine wichtige Aufgabe war es, neben den organisatorischen bzw. strukturellen Reformen auch die inhaltliche Reform der Satzungen anzugehen. Die des ÖCV stammten noch von jenen des gemeinsamen CV aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Auch hier bewies Kohlegger Verhandlungsgeschick und Spitzengefühl, so daß die neuen Satzungen auf der Cartellversammlung 1968 beschlossen werden konnten. Besondere Diskussionspunkte dabei waren die Fragen der Staatsform sowie des Begriffs „deutsch“. Zuvor – im Jahr 1967 – übernahm Kohlegger nach dem überraschenden Tod des Vorsitzenden des ÖCV-Beirates, Eduard Chaloupka (Baj) als dienstältester Amtsträger diese Funktion für gut zwei Monate (5. September bis 11. November) und war damit Vorsitzender der Verbandsführung.

Das letzte Drittel der Amtszeit Kohleggers war durch zwei Problemkreise geprägt. Zum einen ging es um eine sog. „Öffnung“ für nichtkatholische Christen sowie für weibliche Mitglieder, wie sie ab den späten sechziger Jahren gefordert bzw. diskutiert wurde. Obwohl Kohlegger an den Prinzipien Katholizität und Männlichkeit festhielt, versuchte er, Formen ins Gespräch zu bringen, die eine gewisse Flexibilität ermöglicht hätten. In seiner eigenen Urverbindung versuchte man das mit der Gründung eines Vereins der Freunde der Austria Innsbruck zu praktizieren, welches Experiment aber – auch von Kohlegger zugegeben – scheiterte und die ihm Kritik seitens der ÖCV-Führung, insbesondere vom damaligen Vorsitzenden des ÖCV-Beirates, Adolf Kolb (Baj), eintrug.

Zum anderen verschärfte sich ab 1970 der Konflikt zwischen den beiden Organen Verbandsführung und Beirat, wobei sich letzterer in den Hintergrund gedrängt glaubte. Obwohl von der Cartellversammlung ein Vorsitzender des ÖCV-Beirates gewählt wurde, zu dessen Aufgaben es u. a. gehörte, stimmrechtslos den Vorsitz in der Verbandsführung zu führen, fühlte sich dieser immer mehr als Vorsitzender der Verbandsführung, obwohl es diesen Begriff in der damaligen Cartellordnung gar nicht gab. Unter Kohleggers Moderation gelang daher eine 1976 beschlossene Strukturreform, die eine Verbandsführung inkl. Amtsträger sowie einen Vorstand der Verbandsführung vorsah. Letzterer war die bisherige Verbandsführung.

Eine wichtige Aufgabe hatte der Rechtspfleger vor allem auf der Cartellversammlung inne. Deren Delegierte in den fünfziger, sechziger und siebziger Jahren werden sich noch gut daran erinnern, wie Kohlegger wiederholt das Wort „zur Cartellordnung“ ergriff, um Verfahrensfragen zu lösen oder in eine Sackgasse geratene Debatte in die richtige Bahn zu lenken. Er leistete einen wesentlichen Beitrag zur Debattenkultur im ÖCV, als es zu dieser Zeit auf den Cartellversammlungen noch heftig zuging und die Sitzungen manchmal bis Mitternacht dauerten.

Doch letztlich sollte die Protestantenfrage in der konkreten Form bei der Austria Wien, wo die Austria Sagitta als Auffangverbindung gegründet wurde, zum Rücktritt Kohleggers führen. Für die ganz wenigen Protestanten, die noch bei der Austria verblieben sind, wurde eine Lösung gesucht. woraufhin es auf der Cartellversammlung 1976 zu „heftigen Polemiken gegen meine Person [gemeint Kohlegger, Anm. d. Verf.] seitens des Philisterseniors der Austria Wien [das war Theodor Detter (AW), Anm. d. Verf.] kam, so daß ich die Funktion als Rechtspfleger des ÖCV schließlich zur Verfügung stellte. Denn ich war nach einem 23jährigen Kampf gegen eine sich im Verband immer mehr verstärkende Intoleranz und Fortschrittsfeindlichkeit müde und ratlos geworden“. Hinzu kam noch, daß man Kohlegger unter der Hand eine besondere Nähe zum damaligen SPÖ-Justizminister Christian Broda unterstellte, nachdem er 1974 zum Präsidenten des Oberlandesgerichts ernannt wurde.

Kohlegger betonte in einem von ihm verfaßten Lebenslauf, der in den Austrier-Blättern posthum abgedruckt wurde, die besondere Zusammenarbeit mit den damaligen Vorsitzenden des ÖCV-Beirats Hans Friedrich (AW), Rudolf Mayr (AW) und vor allem Eduard Chaloupka (Baj), mit dem er zwölf Jahre „durch dick und dünn“ zusammenging. Kohleggers Nachfolger als Rechtspfleger wurde Eduard Saxinger (Trn).

1962 wurde Kohlegger als Nachfolger von Gustav Sauser (AIn) zum Ehrensenior der Austria Innsbruck gewählt. Hierbei handelt „es sich übrigens nicht um ein funktionsloses Amt, in das altgediente Funktionäre sozialunschädlich entsorgt werden“ (Kohlegger), sondern um eine die Aktivitas und Altherrenschaft verbindende Instanz mit Kompetenzen, Das war im Hinblick auf das bevorstehende 100. Stiftungsfest bedeutsam. Dieses Amt bekleidete er immerhin 32 Jahre bis 1994.

Kohlegger erhielt 1974 den ÖCV-Ehrenring. Er wurde auch 1999 Bandphilister der Meinhardia Bozen und 1999 Ehrenphilister der MKV-Verbindung Flavia-Lambach, an deren Gründung er mitwirkte. Er starb nach langer Krankheit und wurde auf dem Innsbrucker Friedhof St. Nikolaus beigesetzt. Das feierliche Requiem wurde in der Stiftskirche Wilten vom Abt Raimund Schreier (AIn EM) zelebriert. Konzelebrant war u. a. der ÖCV-Seelsorger Josef Wolsegger (R-B). Bei den Trauerfeierlichkeiten waren u. a. Hans Adam II. (NdW EM), regierender Fürst von und zu Liechtenstein, der Landeshauptmann von Tirol, Herwig van Staa (Le), und der ehemalige Justizminister, Nikolaus Michalek, anwesend.

Quellen und Literatur:

Karl Kohlegger in Österreichische Academia 27 (1976), November/Dezember, Academia intern, S. VII.
Austrier-Blätter Nr, 74, 2004, S. 234–259 (inklusive des von Kohlegger verfaßten Lebenslaufes).
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 504, 517, 523, 590, 631, 646, 712, 733f.