Lebenslauf:
Graf entstammte dem Kärntner christlichsozialen Milieu. Er besuchte zuerst das Gymnasium in Klagefurt und absolvierte dann in Graz die Höhere Bundeslehranstalt für Elektrotechnik. In dieser Zeit wurde er 1923 Mitglied der späteren MKV-Verbindung Karantania Klagenfurt. Als diese 1926/27 vorsitzende Verbindung des VPV (Vorgänger des MKV) war, wurde Graf Senior dieses Vororts. In der Folge begann er im Herbst 1927 ein Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz, wo er dem Traungau beitrat. Diesen verließ er wieder im Sommersemester 1928, weil er das Studium abbrach.
Bereits 1930 wurde Graf Sekretär der Kärntner Bauernbundes und 1933 dessen Direktor. Damit gehörte er zur mittleren Führungsebene der Christlichsozialen Partei bzw. des „Ständestaates“. Daher wurde er nach dem Anschluß im März 1938 verhaftet, war zuerst in Polizeihaft und wurde dann am 24. Mai ins KZ Dachau verbracht. Vom 27. September 1939 bis zum 2. März 1940 war er im KZ Flossenbürg und wurde dann wieder nach Dachau überstellt, von wo er am 17. August 1940 entlassen wurde. 1941 wurde er zur Deutschen Wehrmacht eingezogen und war bis 1943 in einer Strafkompanie. Danach war er bis 1945 als Lohnbuchhalter bei einer Baufirma tätig.
Nach 1945 kam Graf sofort wieder in die Politik und wurde bei der Gründung des Österreichischen Bauernbundes am 22. Juli 1945 dessen Direktor. Diese Funktion bekleidete er bis zu seinem Tod. Bei der Konstituierung des Präsidiums der ÖVP am 8. September 1945 wurde er Hauptreferent für Organisation, was er bis zum 12. Februar 1960 blieb. Damit war er in den ersten Jahren nach 1945 wesentlich am Aufbau der ÖVP bzw. des Bauernbundes beteiligt. Mitglied des Bundesvorstands der ÖVP war er von 1960 bis 1963, danach Finanzreferent der ÖVP bis zu seinem Tod.
Diese parteipolitische Verankerung hatte ab 1945 natürlich politische Funktionen zur Folge. So war Graf vom 19. Dezember 1945 bis zum 5. November 1949 Mitglied des Bundesrates sowie vom 8. November 1949 bis zum 14. Dezember 1962 Nationalratsabgeordneter. Bereits am 20. Dezember 1945 wurde er zum Staatssekretär im Bundesministerium für Inneres ernannt. Diese Funktion war damals in der Besatzungszeit und des im Sicherheitsapparat herrschenden Einflusses von Kommunisten wichtig. Dieses Amt hatte er in den Regierungen Leopold Figl (Nc) (I bis III) und Julius Raab (Nc) (I) bis zum 29. Juni 1956 inne.
Anfang der fünfziger Jahre entstand im Rahmen des Innenministeriums in den westlichen Besatzungszonen die sog. B-Gendarmerie, die damals teilweise schon militärischen Charakter aufwies und aus der dann das Bundesheer entstand. Als im Frühjahr 1956 die ÖVP die Wahlen gewonnen hatte, wurde das neu errichtete Bundesministerium für Landesverteidigung von der ÖVP besetzt. Vom 29. Juni bis zum 15. Juli 1956 war er für kurze Zeit Bundesminister im Bundeskanzleramt für die Angelegenheiten der Landesverteidigung und dann vom 15. Juli 1956 bis zum 11. April 1961 der erste Bundesminister für Landesverteidigung in der Zweiten Republik. Sein Nachfolger wurde Karl Schleinzer.
Als solcher war Graf wesentlich am Aufbau des Bundesheeres beteiligt und war auch politisch hauptverantwortlich für den Einsatz des Bundesheere Ende Oktober/Anfang November 1956 während des Ungarnaufstandes. Sein Sekretär als Staatssekretär so wie dann ein wichtiger Beamter beim Aufbau des Ministeriums war der spätere Vorsitzende der Verbandsführung des ÖCV Adolf Kolb (Baj). Nach dem Ausscheiden als Minister bekleidete Graf von 1961 bis zu seinem Tod den Posten eines Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Creditanstalt-Bankverein AG, damals die größte Bank Österreichs.
Der in Kärnten verankerte Traungau erinnerte sich an Graf und verlieh ihm Anfang 1945 die Ehrenmitgliedschaft, die Nibelungia Wien folgte später nach. Darüber hinaus war er Ehrenphilister der MKV-Verbindungen Nibelungia Villach, Thuiskonia Wien, Donaumark Wien, Babenberg Klagenfurt und Carolina St. Pölten. Graf wurde auf dem Friedhof Wien-Neustift begraben. Sein Sohn war Ferdinand Graf (Baj).
Werke:
Politik des Herzens und der Vernunft (1948).Quellen und Literatur:
Verbindungsarchiv Traungau.Biographisches Handbuch der österreichischen Parlamentarier 1918–1993. Hg. von der Parlamentsdirektion. Wien 1993, 160f.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Farbe Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, 99f.