Lebenslauf:
Kemetter wurde als Sohn eines Handwerkers bzw. als Enkel eines Seidenfabrikanten geboren (siehe das Wiener Lied „Ja, mein Vater war ein Hausherr und ein Seidenfabrikant“). Er absolvierte in Wien das Gymnasium und studierte nach der Matura im Jahr 1886 für das gymnasiale Lehramt Geschichte und Geographie an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien (Lehramtsprüfung 1895), wo er der Austria Wien beitrat (Couleurname Rüdiger). Dort war er 1889 Präses (Senior).
Nach einer Supplententätigkeit ab 1893 in Olmütz, an den Gymnasien in Wien-Leopoldstadt und Wien-Mariahilf wurde Kemetter 1898 Gymnasialprofessor in Mödling. Seit 1901 war er zusätzlich Leiter des privaten Mädchen-Lyzeums in Mödling. Von 1903 bis 1905 war er Direktor des Obergymnasiums in Horn. Sein Nachfolger dort wurde Wilhelm Miklas (AW EM). Kemetter wurde 1905 zum Seminardirektor des Pädagogiums Wien (Hegelgasse/Schellinggasse) ernannt. Dieses war damals in zwei Bereiche gegliedert, und zwar in eine Lehrerakademie für die Fortbildung der Volks- und Bürgerschullehrer und in ein Lehrerseminar für die Ausbildung derselben, wo Kemetter Direktor war. Aus diesem wurde nach 1918 eine Lehrerbildungsanstalt. Das Pädagogium war eine Anstalt des Landes Niederösterreich. Während seiner Tätigkeit als Abgeordneter war Kemetter beurlaubt.
Kemetter engagierte sich in der Christlichsozialen Partei und kandidierte bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus des Reichsrats im Jahr 1907 im Wahlkreis Mödling-Land, wurde im ersten Wahlgang gewählt und gehörte diesem vom 17. Juni 1907 bis zum Ende der Monarchie an, nachdem er 1911 wiedergewählt wurde. Dadurch war er vom 21. Oktober 1918 bis zum 16. Februar 1919 Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung. 1908/09 war er Herausgeber der christlichsozial orientierten Wiener „Die Neue Zeitung“, deren Verleger Heinrich Maria Eugen Herzog von Beaufort-Spontin (S-B EM) war
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Als bei den Reichsratswahlen des Jahres 1911 die Christlichsozialen erhebliche Verluste hinnehmen mußten, entstanden innerparteiliche Auseinandersetzungen. Einige Christlichsoziale fanden sich daraufhin im Dezember 1911 zu einem Parteitag zusammen und gründeten eine „Unabhängige Christlichsoziale Volkspartei der Deutschen Österreichs“. Zu diesen gehörte führend der RRAbg. Raimund Neunteufel (AW) sowie u. a der RRAbg. Ferdinand von Pantz (Rd EM). Im Januar 1913 kam es zu einem zweiten Parteitag, an dem auch unzufriedene Vertreter aus Wien und Oberösterreich teilnahmen. Als Folge davon bildeten Neunteufel, Pantz sowie u. a. auch Kemetter eine eigene Fraktion mit dem Namen „Deutsches Zentrum“.
Bei der Konstituierung der Provisorischen Nationalversammlung am 21. Oktober 1918 traten diese „Zentristen“ zuerst dem deutschnationalen Klub bei, wechselten aber am 27. Oktober wieder zu den Christlichsozialen. Kemetter wurde am 30. Oktober 1918 in den Staatsrat gewählt. Ebenso wurde er in die Provisorische Landeversammlung Niederösterreichs delegiert, der er vom 5. November 1918 bis zum 4. Mai 1919 angehörte. Die politische Karriere dieser „Zentristen“ war jedoch mit dem Auslaufen der Provisorischen National- bzw. Landesversammlung im Februar bzw. Mai 1919 zu Ende.
Ungeachtet dessen war Kemetter ein engagiertes Mitglied der Austria bzw. dann des CV. 1889 war er einer der treibenden Kräfte für die Gründung des Ersten ÖCV. Auf dem BC der Austria vom 13. Juni 1898 war er der Antragsteller, anläßlich des 50. Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Joseph eine neue Verbindung zu gründen: die Rudolfina. Er gilt daher als einer der Stifter der Rudolfina. Nach der Vereinigung des Zweiten ÖCV mit dem CV war Kemetter 1907 der erste Vorsitzende des Wiener CV-Philisterzirkels, des Vorgängers des Wiener Altherrenlandesbundes. Als Reichsratsabgeordneter unterstützte er den CV im Kampf um die Gleichberechtigung, insbesondere im „Wahrmundjahr“ 1907/08.
Nach dem Ersten Weltkrieg ging Kemetter in Pension und erhielt den Titel Hofrat verliehen. Von 1934 bis 1938 war er Präsident der österreichischen Liga für Menschenrechte. Nach dem Anschluß wurde er von der Gestapo zwar verhört, blieb aber ansonsten unbehelligt. In den letzten Lebensjahren lebte er in Innsbruck, wo er auf dessen Westfriedhof begraben wurde.
Quellen und Literatur:
Verbindungsarchiv Austria Wien (Heinz Dopplinger)Freund, Fritz: Das österreichische Abgeordnetenhaus. Ein biographisch-statistisches Handbuch. XII. Legislaturperiode 1911–1917. Wien 1911, 87.
Biographisches Handbuch der österreichischen Parlamentarier 1918–1993. Hg. von der Parlamentsdirektion. Wien 1993, 267.
Krause, Otto: Biographisches Handbuch des nö. Landtages 1861–1921 (online: Landtag Niederösterreich). St. Pölten 1995.
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, 41f., 69, 78, 106, 108 und 160.
https://www.parlament.gv.at/WWER/PARL/J1848/Kemetter.shtml