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Sen. Univ.-Prof. Dr. Dr. August Naegle

Sen. Univ.-Prof. Dr. Dr. August Naegle

Urverbindung: Aenania München (31.10.1887)

Bandverbindungen: Mm, S-B, Va

Geboren: 23.07.1869, Annweiler am Trifels (Pfalz)
Gestorben: 13.10.1932, Prag
Universitätsprofessor (Kirchengeschichte), Senator (Tschechoslowakei), Weltpriester

Lebenslauf:

HERKUNFT, AUSBILDUNG UND AKADEMISCHE LAUFBAHN

Naegle besuchte in Annweiler die Volksschule. Danach absolvierte er 1887 das Gymnasium (Bischöfliches Konvikt) in Speyer. Anschließend begann er das Studium an der Theologischen Fakultät der Universität München, wo er der Aenania beitrat. Im Wintersemester 1888/89 wechselte er an die Theologische Fakultät der Universität Würzburg (Dr. theol. 1898), wo er bei der Markomannia aktiv war. Nach seiner Priesterweihe am 25. November 1891 studierte er teilweise in Würzburg weiter, war aber auch in Unterfranken als Kaplan eingesetzt. Bis Ende 1900 war er dann auch Kaplan in seiner Diözese Speyer sowie Hausgeistlicher bei einer Adelsfamilie in Bregenz.

Von 1892 bis 1898 war in Würzburg Albert Ehrhard (Mm EM, AW EM) Professor für Kirchengeschichte. Gemeinsam mit dem dort lehrenden Fundamentaltheologen Herman Schell (Mm EM) bildete er eines der wichtigsten Zentren des Reformkatholizismus in deutschen Sprachraum. Anfang 1901 wurde Naegle nach München zwecks weiterer Studien geschickt. Dort wurde er königlicher Hofpriester, was in Wien einem k. k. Hofkaplan entsprach. Im Februar 1903 habilitierte er sich an der Theologischen Fakultät der Universität München für Dogmatik und Dogmengeschichte.

Mit 1. Oktober 1903 wurde Naegle zum außerordentlichen Professor für Kirchengeschichte am „Königlich Bayerischen Lyzeum“ in Passau (ab 1923 Philosophisch-Theologische Hochschule) ernannt. Bereits drei Jahre später erhielt er als Nachfolger von Josef Schindler (Fd EM) einen Ruf nach Prag und wurde mit 1. November 1906 von Kaiser Franz Joseph I. zum ordentlichen Universitätsprofessor für Kirchengeschichte und Patrologie an der Theologischen Fakultät der deutschen Karl-Ferdinands-Universität ernannt, wodurch er österreichischer Staatsbürger wurde. Fünfmal bekleidete er das Amt eines Dekans der Theologischen Fakultät, dreimal (1918/19, 1919/20 und 1929/30) war er dort Rektor.

DIE „EISERNE MAGNIFIZENZ“

Die große Stunde Naegles als Rektor schlug nach dem Zerfall der Habsburger-Monarchie und der Gründung der Tschechoslowakei. Die Tschechen wollten den Vorrang der deutschen Universität zu Gunsten der tschechischen Karls-Universität, die 1882 entstanden ist, beschneiden. Bereits Ende Oktober 1918 wurde die Herausgabe der Gründungsurkunde verlangt, doch erst Anfang 1920 wurde vom tschechoslowakischen Parlament ein Gesetz beschlossen, wonach mit all den daraus resultierenden Konsequenzen die tschechische Karls-Universität die alleinige Rechtsnachfolgerin der 1348 von Kaiser Karl IV. gegründeten Universität gewesen wäre und nicht die deutsche Karl-Ferdinands-Universität. So wurde u. a. verfügt, daß die Insignien der ältesten deutschen Universität an die tschechische übergeben werden müssen. Naegle weigerte sich standhaft, dies zu tun, und kämpfte für die Erhaltung der deutschen Universität, insbesondere auch der Theologischen Fakultät, weshalb er bald den Beinamen „eiserne Magnifizenz“ erhielt.

Durch Proteste gelang es, daß dieses Gesetz nicht vollzogen werden konnte. Aufgrund des Respekts vor Naegle, auch seitens der Tschechen. Trotzdem gab es Überlegungen seitens der Deutschen, die Prager deutsche Universität in das geschlossene deutsche Siedlungsgebiet nach Reichenberg (Liberec) zu verlegen, was aber von jenen, denen der Erhalt des Prager Deutschtums am Herzen lag, wiederum abgelehnt wurde. Begleitet wurde das alles von zum Teil tätlichen Auseinandersetzungen in Prag zwischen den Nationalitäten.

Erst nach dem Tod Naegles und infolge der politischen Umwälzungen in Deutschland im Jahr 1933, die die Gründung der Sudetendeutschen Partei in der Tschechoslowakei nach sich zog, kam es im Februar 1934 zu Beschlagnahmung der Insignien durch die tschechischen Behörden. Diese war durch starke Proteste der Studentenschaft begleitet. Nach der deutschen Besetzung der Tschechoslowakei im März 1939 wurden die Insignien wieder tückerstattet. Dort blieben sie dann bis zum 5. Mai 1945, dem Prager Aufstand.

NAEGLE IN DER POLITIK

Naegle ging in die Politik und wurde 1920 in den Senat der tschechoslowakischen Nationalversammlung gewählt, dem er bis 1925 angehörte. Allerdings kandidierte er nicht für die Deutsche Christlichsoziale Volkspartei, sondern für die Deutsche Nationalpartei, die aus den verschiedenen deutschnationalen Vorgängerparteien in der Monarchie hervorgegangen ist. Er war sogar deren Fraktionsvorsitzende im Senat. 1925 verzichtete er nach einer Intervention der Hierarchie auf eine neuerliche Kandidatur. Bei den Wiederwahlen des Präsidenten Thomas G. Masaryk in den Jahren 1920 und 1927 war Naegle jeweils der – allerdings aussichtslose – Gegenkandidat der deutschen Parteien.

Naegle entfaltete vor allem eine reichhaltige wissenschaftliche Tätigkeit als Kirchenhistoriker. Ab seiner Prager Zeit beschäftigte er sich vornehmlich mit der böhmischen Kirchengeschichte. So versuchte er, einen vorbyzantinischen bayrischen Missionseinfluß in Böhmen und Mähren nachzuweisen.

Nach seinem letzten Rektorat war Naegle als Nachfolger von Robert Mayr-Harting (S-B EM) für nur mehr kurze Zeit Vorsitzender des CV-Philisterzirkels Prag. Die Jahre des politischen Kampfes haben ihn zunehmend entkräftet, so daß er bereits im Alter von 63 Jahren starb. Er wurde zuerst in Prag-Smichov auf dem Friedhof Malvazinka beigesetzt. Die Einsegnung dort nahm der Domdechant Prälat Anton Franz (Fd) vor, der damals Philistersenior der Ferdinandea war. Gemäß Naegles Wunsch erfolgte im März 1936 eine Überführung des Leichnams auf den Bergfriedhof seiner Geburtsstadt Annweiler.

Naegles Nachfolger als Professor wurde sein Schüler Eduard Winter (ehemals Va), der von ihm gefördert wurde. Nach der Besetzung Prags durch die Deutschen gab er allerdings als Sympathisant der Nazis sein Priesteramt auf und wechselte auf die Philosophische Fakultät. Nach 1945 entdeckte er für sich den Kommunismus, ging in die DDR und wurde dort in Halle bzw. in Berlin Professor.

Werke:

(Auswahl)
Die Eucharistielehre des hl. Chrysostomus (1900).
Hat Kaiser Maximilian I. im Jahre 1507 im Ernst Papst werden wollen? (1907).
Bernhard Bolzano über das Verhältnis der beiden Volksstämme in Böhmen (1909).
Die Gründung des Bistums Prag (1910).
Die Anfänge des Christentums in Böhmen (1911).
Kirchengeschichte Böhmens, Band 1, Teil 1 und 2 (1915-18).
Die erste Prager Veitskirche (1918).
Der Hl. Franziskus von Assisi (1926).
Der hl. Wenzel, der Landespatron Böhmens (1928).

Quellen und Literatur:

Winter, Eduard: Naegle August, in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 7, Wien 1978, S. 18.
Academia 45 (1932/33), S. 281-283, und 80 (1987), S. 304.
Landersdorfer, Anton: Naegle August, in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 706 Onlinefassung www.deutschebiographie.de/pnd118930672.html
Šebek, Jaroslav: Sudetendeutscher Katholizismus auf dem Kreuzweg. Politische Aktivitäten der sudetendeutschen Katholiken in der Ersten Tschechoslowakischen Republik in den 30er Jahren (= Kirche und Gesellschaft im Karpaten-Donauraum Bd. 2). Münster 2010, S. 54, Anm. 178.