Lebenslauf:
Magnagos Vater war ein italienischstämmiger und aus dem Trentino stammender k. k. Oberlandesgerichtsrat in Meran, seine Mutter war die Schwester des Vorarlberger Landeshauptmanns Ferdinand Redler (Cl). Magnago, der somit zweisprachig aufwuchs, wurde in der Villa Marchetti in Meran geboren. 1915 übersiedelte die Familie nach Bozen, wo er nach der Abtrennung Südtirols die Volksschule sowie das renommierte Franziskanergymnasium besuchte. Nach der Matura wurde er zur italienischen Armee eingezogen (Reserveleutnant) und studierte anschließend an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bologna (Abschluß 1940), der ältesten Europas.
Da Magnago den italienischen Faschismus ablehnte, optierte er 1939 für das Deutsche Reich, verblieb aber in Südtirol. Dort war er in jener Kommission tätig, die das Vermögen der Optanten zu schätzen hatte. Ende 1942 wurde er als Optant zur Deutschen Wehrmacht eingezogen und kam an die Ostfront. Ende 1943 wurde er am Dnjepr in der Nähe von Nikopol so schwer verwundet, daß ihm ein Bein amputiert werden mußte. Danach war er bis Kriegsende in verschiedenen Lazaretten.
Nach dem Krieg kehrte Magnago nach Bozen zurück und war zuerst für die Nachkriegsfürsorge tätig, später war er dann Sparkassenangestellter. Gleichzeitig engagierte er sich für die Südtiroler Volkspartei (SVP) in der Politik. So wurde er 1947 in den Bozner Gemeinderat delegiert und 1948 in diesen gewählt. Ebenfalls wurde er 1948 in den Regionalrat von Trient-Südtirol sowie in den Südtiroler Landtag (Consiglio provinciale) gewählt. Beiden Gremien gehörte er 40 Jahre vom 13. Dezember 1948 bis zum 12. Dezember 1988 an. (Die Südtiroler Landtagsabgeordneten waren gleichzeitig Mitglieder des Regionalrates.)
In diesen beiden parlamentarischen Gremien bekleidete Magnago sofort Spitzenpositionen. Das war darauf zurückzuführen, daß er bei den ersten Wahlen des Jahres als 34-jähriger sofort die meisten Vorzugsstimmen erhielt, was auf seine inzwischen erreichte Beliebtheit schließen läßt. So war er vom 20. Dezember 1950 bis zum 12. Dezember 1952, vom 13. Dezember 1954 bis zum 12. Dezember 1956 und vom 13. Dezember 1958 bis zum 12. Dezember 1960 . Präsident des Regionalrates. Dessen Vizepräsident war er dann vom 13. Dezember 1948 bis zum 19. Dezember 1950, vom 13. Dezember 1952 bis 12. Dezember 1954 und vom 13. Dezember 1956 bis zum 12. Dezember 1958. Fraktionsvorsitzender der SVP im Regionalrat war er vom 13. Dezember 1952 bis zum 12. Dezember 1956 sowie vom 14. Dezember 1964 bis zum 9. Februar 1965.
Präsident des Südtiroler Landtags war Magnago vom 20. Dezember 1948 bis zum 29. Dezember 1950, vom 20. Dezember 1952 bis zum 19. Dezember 1954 sowie vom 15. Dezember 1956 bis zum 22. Dezember 1958. Dessen Vizepräsident war er vom 30. Dezember 1950 bis zum 12. Dezember 1952, vom 20. Dezember 1954 bis zum 12. Dezember 1956 sowie vom 23. Dezember 1958 bis zum 12. Dezember 1960. SVP-Fraktionsvorsitzender war er dort vom 20. Dezember 1952 bis 12. Dezember 1956.
Nach dem Tod des in den SVP einflußreichen Kanonikus Michael Gamper (AleI/AIn EM) im April 1956 gewannen die „Jungen“ in der Partei an Gewicht, so daß Magnago am 25. Mai 1957 zum Obmann der SVP gewählt wurde, welches Amt er 35 Jahre hindurch bis 1992 bekleidete. Danach war er deren Ehrenobmann. Der auch durch seine hagere Gestalt und seine Behinderung charismatische wirkende Magnago wurde in den folgenden 30 Jahren zum eigentlichen Architekten der Südtiroler Autonomie. Er konzentrierte sich auf das Erreichbare, nämlich die Autonomie für die mehrheitlich deutschsprachige Provinz Bozen, und nicht auf das Selbstbestimmungsrecht, welches aber grundsätzlich nicht aufgegeben wurde. Auf seiner berühmten Sigmundskroner Rede vom 17. November 1957 gab er vor 35.000 Südtirolern die Losung „Los von Trient“ aus. Aufgeheizt wurde Ende der fünfziger Jahre die Stimmung unter der deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols durch ein italienisches Wohnbauprogramm in Bozen, wodurch zusätzlich Italiener nach Südtirol gezogen sind bzw. umgesiedelt wurden.
Magnago wurde nach den nächsten Wahlen zum Landeshauptmann von Südtirol (Presidente della Provincia) gewählt und bekleidete dieses Amt nach fünfmaliger Wiederwahl vom 31. Dezember 1960 bis zum 16. März 1989. In seiner mehr als 28-jährigen Amtszeit wurde seine Forderung nach einer Autonomie für die Provinz Bozen verwirklicht (sog. „Südtirol-Paket“). 1946 wurde im Abkommen zwischen dem italienischen Ministerpräsidenten Alcide de Gasperi und dem österreichischen Außenminister Karl Gruber (AW) (daher Gruber-de Gasperi-Abkommen) die Autonomie der insgesamt mehrheitlich italienischsprachigen Region Trient zugesprochen. Nach langwierigen Verhandlungen, beginnend in den sechziger Jahren, wurde die Forderung nach einer Autonomie der Provinz Bozen schrittweise umgesetzt. Als endgültig verwirklicht wurde sie schließlich erst 1992 vor der UNO anerkannt.
Begleitet wurden diese Bemühungen ab Juni 1961 („Herz-Jesu-Nacht“) durch Bombenanschläge auf Strommasten und faschistische Denkmäler in Südtirol. Magnago war aber ein entschiedener Gegner jedweder Gewalt und versuchte, auch die Südtiroler Bevölkerung davon zu überzeugen. Innerhalb der SVP gab es aber eine Opposition gegen die Forderung nach mehr Autonomie für die Provinz Bozen. Sie wollte im Sinne des Selbstbestimmungsrechts gleich eine Vereinigung mit Nordtirol und damit einen Anschluß an Österreich. Ende 1969 konnte sich aber Magnago in der SVP mit seiner Linie knapp durchsetzen.
Es war zweifelsohne das Verdienst Magnagos und seines zähen Verhandelns mit Rom in den Jahren 1962 bis 1969, daß Südtirol die ersehnte Autonomie bekommen konnte. Dies geschah auch im gedeihlichen Zusammenwirken mit den damaligen österreichischen Außenministern Bruno Kreisky und Kurt Waldheim (Wl EM) sowie den Tirolern Landeshauptleuten, insbesondere mit dem ab 1963 amtierenden Eduard Wallnöfer (Le EM). In dem Autonomiestatut von 1972 erhielt die Provinz Bozen nicht nur fast alle Rechte, die bislang bei der Region lagen, sondern darüber hinaus wesentlich mehr. Die Kompetenzen der Region Trient/Südtirol wurden stark beschnitten. Die Provinz Bozen gehört somit auch zu den wirtschaftsstärksten Regionen innerhalb der EU. Nach seinem Rücktritt als Landeshauptmann war Magnago von 1989 bis 1994 weiterhin Mitglied jener Kommission, die mit Rom die Durchführungsbestimmungen aufgrund des Autonomiestatuts verhandelte.
Magnago litt seit Jahren an der Parkinsonkrankheit, die auch ein Grund für seinen Rücktritt im Jahr 1989 war und ihn in den letzten Jahren seines Lebens an den Rollstuhl fesselte. Am 16. Mai 2010 stürzte er mit diesem und zog sich dabei einen Schlüsselbeinbruch zu. Im Krankenhaus in Bozen starb er wenige Tage später an den Folgen einer Lungenentzündung im Alter von 96 Jahren. Er wurde am Friedhof Bozen-Oberau begraben. Am Grab sprach u. a. der Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder: „Silvius Magnago war eine Vaterfigur für tausende Südtiroler, die sein Wirken erlebt haben. Eine Vaterfigur, zu der man aufgeblickt hat, der man mit Respekt, ja mit Ehrfurcht begegnet ist. Er war uns Südtirolern ein liebender, aber auch strenger und ernsthafter Vater, einer, der uns selten, dann aber herzlich gelobt und so manches Mal getadelt hat. Er hat dies nie von oben herab getan, sondern immer aus dem Bestreben heraus, uns zu zeigen, daß wir noch nicht angelangt sind, wo wir eigentlich hinwollen. Er war – und dies gereicht jedem Vater zur Ehre – ein sich stets um und für unser Wohl sorgender Vater.“ In Bozen wurde ein Platz nach ihm benannt.
Der Südtiroler Politiker und Landtagsabgeordnete Alois Anton Zingerle (R-D) war die treibende Kraft, daß Magnago 1982 die Ehrenmitgliedschaft der Rheno-Danubia verliehen wurde.
Quellen und Literatur:
Lill, Rudolf: Südtirol in der Zeit des Nationalismus. Konstanz 2002, S. 270, 285–249 (passim)Benedikter, Hans: Silvius Magnago. Ein Leben für Südtirol. Bozen 2. Aufl. 2010.
https://de.wikipedia.org/wiki/Silvius_Magnago (Abruf 6. 11. 2015)
http://www.landtag-bz.org/download/magnago_de.pdf (Abruf 6. 11. 2015)
Mitteilung Stephan Astegger, 16. 12. 2022.