Lebenslauf:
Seefeldner wurde als Sohn eines aus Radstadt (Salzburg) stammenden Bergbauingenieurs geboren, der damals im nordwestböhmischen Braunkohlebergbaurevier tätig war. Seefeldner absolvierte dort die Volksschule. Nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie zog die Familie nach St. Pölten, wo der Vater die Stelle eines Berghauptmanns ausübte. Seefeldner besuchte in St. Pölten das Gymnasium und trat 1923 der dortigen katholischen Pennalie Nibelungia (später MKV) bei. In diesem Jahr beendete Leopold Figl (Nc), einer der Gründer der Nibelungia, das Gymnasium. Julius Raab (Nc) war deren Philistersenior.
Nach der Matura im Jahr 1926 begann Seefeldner das Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz (Dr. iur. 1931), wo er der Carolina beitrat (Couleurname Storch). Im Studienjahr 1929/30 war der spätere Nationalratspräsident Alfred Maleta (Cl) durch zwei Semester Senior. Eine Zeitlang studierte Seefeldner auch in Wien. Nach dem Studium absolvierte er das Gerichtsjahr und war auch in einer Rechtsanwaltskanzlei tätig.
Mit 21. November 1933 trat Seefeldner in den oberösterreichischen Landesdienst und wurde der dortigen Landesbrandschadenversicherung zugeteilt, wo er Direktionssekretär war. Ab 1933 war er auch Funktionär der Vaterländischen Front. Nach dem Anschluß im März 1938 wurde er auf einen niederen Posten an der Bezirkshauptmannschaft Urfahr versetzt, der mit einer Gehaltskürzung verbunden war. 1940 wurde diese administrative Versetzung in eine Strafversetzung an ein Landratsamt (i. e. Bezirkshauptmannschaft) im Sudetengebiet umgewandelt. 1941 wurde er zur Deutschen Wehrmacht eingezogen, der er bis zum Kriegsende angehörte. Bezeugt ist, daß er zu Heinrich Gleißner (S-B) Kontakt hatte, als dieser in Berlin zwangsweise wohnte.
Nach dem Krieg trat Seefeldner wieder in den Dienst der oberösterreichischen Landesregierung und war zuerst im zu dieser Zeit wichtigen Wiederaufbauamt tätig. 1948 wurde er zum Leiter der Finanzabteilung bestellt. Seine Ernennung zum wirkl. Hofrat erfolgte mit 1. Januar 1955. Anfang 1957 wurde er vom Landtag zum Direktor der Landesbrandschadenversicherung berufen. Unter seiner Leitung wurde die Innenorganisation modernisiert (Umstellung auf Lochkarten- und Elektrogeräte-Automation), ebenso auch die Statistik, so daß es dadurch zu einer gerechteren Gestaltung der Versicherungsprämien kam. In dieser Funktion ging er Ende 1972 in Pension.
Seine Tätigkeit im Versicherungswesen führte zu weiteren Funktionen. So war er Vorstandsmitglied des Verbandes der österreichischen Versicherungsunternehmen, Vorsitzender der Vereinigung der Landesversicherungsanstalten Österreichs, Mitglied des Aufsichtsrates der Wiener Rückversicherungsgesellschaft und Funktionär weiterer ähnlicher Unternehmungen und Vereinigungen. Bei der Kammer der gewerblichen Wirtschaft Oberösterreichs war er stellvertretender Vorsitzender der Sektion Geld-, Kredit- und Versicherungswesen.
Seefeldners politisch wie wirtschaftlich bedeutendste Funktion war jedoch die des Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Vereinigten Österreichischen Eisen- und Stahlwerke AG (VOEST), die er vom 5. August 1959 bis zur Fusionierung mit der Österreichischen Alpine-Montan AG im Jahr 1973 zur VOEST-Alpine AG ausübte. Die VOEST wurde als ehemalige Hermann-Göring-Werke 1946 verstaatlicht und in den fünfziger und sechziger Jahren zum größten und bedeutendsten Industrieunternehmen Österreichs. Aufgrund des in der damaligen ÖVP-SPÖ-Koalition herrschenden Proporzes war der Vorstandsvorsitzende der VOEST SPÖ-nahe und der Vorsitzende des Aufsichtsrates ÖVP-nahe. Bei der Alpine-Montan war es hingegen umgekehrt. Dort waren u. a. Rupert Roth (BbG) Vorstandsvorsitzender und Walther Kamschal (Cl) stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates.
Seefeldners Bestellung zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der VOEST hatte zum einen seine „ÖVP-Nähe“ zur Voraussetzung (er engagierte sich beim ÖAAB). Zum anderen war er als ehemaliger Leiter der Finanzabteilung der oberösterreichischen Landesregierung und Direktor einer Versicherung mit Finanzdingen bestens vertraut. Und schließlich stammte er aus Oberösterreich, dem Sitz des Unternehmens.
Seine exponierte Stellung bei der VOEST führte zu weiteren Funktionen. So war er von 1969 bis 1973 Mitglied des Aufsichtsrates der Alpine-Montan AG. Nach der Gründung der Österreichischen Industrieverwaltungs AG war er 1967/68 und von 1970 bis 1976 Mitglied von dessen Aufsichtsrat, dessen Vorsitzender damals Josef Taus (Baj) war. Nach der Fusionierung von VOEST und Alpine-Montan gehörte er deren Aufsichtsrat von 1973 bis 1979 an. Sein Nachfolger auf diesem Mandat wurde der ehemalige oberösterreichische Landeshauptmann Erwin Wenzl (AlIn). Darüber hinaus war er stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates der Bank für Oberösterreich und Salzburg.
Quellen und Literatur:
Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsdirektor i. R. Heinz Hafner Am, Mitteilung 23. 3. 2021).Oberleitner, Wolfgang E.: Politisches Handbuch Österreichs 1945 – 1980. Wien 1981, 95–99.
Persönliche Mitteilung Othmar Seefeldner, 1. 12. 1987.