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Vorst.-Vors. Komm.R Walther Kamschal

Vorst.-Vors. Komm.R Walther Kamschal

Urverbindung: Carolina (23.02.1929)

Bandverbindungen: BbG, GlL, Alb

Geboren: 16.02.1909, Graz
Gestorben: 05.10.1981, Graz
Vorstandsvorsitzender (Zentraldirektor) der Lapp-Finze AG, Vizepräsident der Alpine-Montan
Politische Haft: 1938 Polizeigefängnis Kapfenberg und Graz

Lebenslauf:

Kam­schal wurde als Sohn eines Ho­te­liers ge­bo­ren, der 1916 an der Ost­front fiel. Seine Mut­ter be­trieb in der Folge zeit­wei­se das alt­ein­ge­ses­se­ne Gra­zer Lokal „Milch­ma­ri­andl“ (Ri­chard-Wag­ner-Gasse). Er be­such­te in Graz die Volks­schu­le und ab­sol­vier­te bis 1928 die Re­al­schu­le in der Kir­chen­gas­se. In die­ser Zeit trat er 1925 der ka­tho­li­schen Pen­na­lie Guel­fia bei, die spä­ter teil­wei­se in der MKV-Ver­bin­dung Mar­ko­man­nia-Ep­pen­stein auf­ge­gan­gen ist. Nach der Ma­tu­ra be­gann er ein Stu­di­um an der Phi­lo­so­phi­schen Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Graz, wo er am 18. Ok­to­ber 1928 zu­erst dem Traun­gau bei­trat. Da aber der Ca­ro­li­na das „Milch­ma­ri­andl“ zum „Bier­dorf“ er­klär­ten, wech­sel­te er zur Ca­ro­li­na (Cou­leur­na­me Dr. cer. Tilly). Sein Leib­bursch war Al­fred Ma­le­ta (Cl).

Kam­schal ge­riet in die hand­greif­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen dem CV und den schla­gen­den Ver­bin­dun­gen. Am Sonn­tag, dem 23. Juni 1929, kehr­te Ca­ro­li­na gegen Mit­ter­nacht vom Stif­tungs­fest­aus­flug zu­rück. Eine Grup­pe von acht Ca­ro­li­nen wurde am Kai­ser-Josef-Platz von An­ge­hö­ri­gen der Bur­schen­schaft Che­rus­kia pro­vo­ziert. Deren Mit­glied Wolf­ram Sorgo schlug Kam­schal von hin­ten mit einem Bam­bus­stock auf den Kopf, so daß die­ser zu­sam­men­brach. Auf den auf dem Boden Lie­gen­den drosch Sorgo noch­mals ein, so daß Kam­schal und ein wei­te­rer Ca­ro­li­ne ins Kran­ken­haus ge­bracht wer­den mu­ß­ten.

Am 26. März 1930 kam es zum Pro­zeß gegen Sorgo, der wegen schwe­rer Kör­per­ver­let­zung zu drei Mo­na­ten be­ding­ten Ar­rests ver­ur­teilt wurde. Der Ge­richts­saal war von Stu­den­ten ge­füllt. „Als der Zeuge Kam­schal seine Aus­sa­ge be­en­det hatte, be­merk­te er, daß ihm un­ter­des­sen sein Über­zie­her ge­stoh­len wor­den war.“ Bei einer Stu­den­ten­ver­samm­lung am 2. Juli 1930 kam es zu einer of­fe­nen Feind­se­lig­keit gegen die an­we­sen­den CVer. Sorgo gab eine völ­lig an­de­re Dar­stel­lung des Vor­falls im Juni 1929. Als Kam­schal die Tat­sa­chen rich­tig­stel­len woll­te, wurde er aus­ge­pfif­fen. Als sich sein Leib­bursch Ma­le­ta zu Wort mel­de­te, wurde er nie­der­ge­schrie­en: „Der Ca­ro­li­ne soll froh sein, daß ihm nur das Na­sen­bein und nicht der Schä­del ein­ge­schla­gen wurde!“

Aus fi­nan­zi­el­len Grün­den konn­te Kam­schal das Stu­di­um nicht wei­ter­füh­ren und schied daher im Mai 1931 vor­erst aus der Ver­bin­dung aus. Nach ver­schie­de­nen Tä­tig­kei­ten nahm er am 1. Mai 1934 eine Stel­le bei der Böh­ler AG in Kap­fen­berg an und en­ga­gier­te sich in der Va­ter­län­di­schen Front bzw. für den „Stän­de­staat“ sowie in den Ost­mär­ki­schen Sturm­scha­ren. Am 23. Juni 1934 wurde er Zeuge, als der Kap­fen­ber­ger Ka­plan Franz Eibl (KV Win­fri­dia Graz) Opfer eines Bom­ben­an­schla­ges von il­le­ga­len Nazis wurde. Auf der Stra­ße vor dem Kap­fen­ber­ger Pfarr­hof wurde die­ser von einem Ekra­sitspreng­kör­per mit Zeit­me­cha­nis­mus schwer ge­trof­fen, sein Be­cken wurde total zer­ris­sen. Schwer ver­letzt sank er in die Arme des zu­fäl­lig vor­bei­kom­men­den Kam­schal.

Auf­grund sei­ner po­li­ti­schen Ein­stel­lung wurde Kam­schal im Zuge des An­schlus­ses am 12. März 1938 ent­las­sen und ver­haf­tet. Noch am sel­ben Tag wurde er aus dem Kap­fen­ber­ger Ge­fäng­nis auf den Haupt­platz ge­führt und unter dem Ge­joh­le der Be­völ­ke­rung zu­sam­men­ge­schla­gen. Spä­ter wurde er ins Po­li­zei­ge­fäng­nis Graz über­stellt, wo er am 2. No­vem­ber 1938 ent­las­sen wurde.

An­fang 1939 be­warb sich Kam­schal um eine Stel­le als Buch­hal­ter bei der Lapp-Finze AG in Kals­dorf (heute Roto Frank AG), die er am 17. Ja­nu­ar 1939 an­tre­ten konn­te. Am 15. Ja­nu­ar 1942 wurde er zur Deut­schen Wehr­macht ein­ge­zo­gen und an der Ost­front ein­ge­setzt. Dort wurde er An­fang 1945 schwer ver­wun­det und konn­te noch vor Ende des Krie­ges nach Graz bzw. Kals­dorf zu­rück­keh­ren.

Kam­schal setz­te sich beim Ein­marsch der so­wje­ti­schen Armee so­fort für die Lapp-Finze AG ein und ret­te­te durch sein ge­schick­tes Ver­han­deln mit den So­wjets das Werk vor der De­mon­ta­ge. Seine In­itia­ti­ve kam auch an­de­ren stei­ri­schen In­dus­trie­be­trie­ben zu­gu­te. Ent­spre­chend der Ver­sor­gungs­la­ge konn­te unter sei­ner Lei­tung die Pro­duk­ti­on so­fort be­gin­nen, die für den Wie­der­auf­bau drin­gend not­wen­dig war (u. a. Bau­be­schlä­ge). Er wurde daher im Au­gust 1945 zum Öf­fent­li­chen Ver­wal­ter ein­ge­setzt und am 15. Fe­bru­ar 1946 zu­erst zum Al­lein­vor­stand, spä­ter dann zum Vor­stands­vor­sit­zen­den mit dem Titel Zen­tral­di­rek­tor be­stellt.

Kam­schal, des­sen Lapp-Finze AG zu den Kon­zern­be­trie­ben der Credit­an­stalt-Bank­ver­ein AG ge­hör­te, deren Vor­stands­vor­sit­zen­der da­mals Josef Joham (Cl) war, be­klei­de­te zu­sätz­li­che Funk­tio­nen in der Wirt­schaft bzw. in der wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sens­ver­tre­tung. So war er ab 1949 bis zu deren Fu­si­on mit der VÖEST im Jahr 1973 Mit­glied des Auf­sichts­rats der Al­pi­ne-Mon­tan Union AG und von 1949 bis 1955 auch des­sen Vi­ze­prä­si­dent. In die­ser Zeit war Ru­pert Roth (BbG) Ge­ne­ral­di­rek­tor. Wei­ters war er Auf­sichts­rats­mit­glied der Stei­ri­schen Guß­stahl­wer­ke AG und der Teerag-Asdag AG. Er war 1949 auch einer der In­itia­to­ren der Schö­ckel­seil­bahn AG und deren ers­ter Vor­stand, da­nach dort Auf­sichts­rats­mit­glied.

In der Bun­des­kam­mer der ge­werb­li­chen Wirt­schaft war Kam­schal über viele Jahre hin­durch Ers­ter Vor­ste­her­stell­ver­tre­ter des Fach­ver­bands der Eisen- und Me­tall­wa­ren­in­dus­trie und Vor­sit­zen­der die­ses Fach­ver­ban­des in der Kam­mer der ge­werb­li­chen Wirt­schaft für die Stei­er­mark. Seit 1949 war er Vi­ze­prä­si­dent des Do­nau­eu­ro­päi­schen In­sti­tuts. Dar­über hin­aus war Kam­schal Mit­glied bzw. Funk­ti­ons­trä­ger bei zahl­rei­chen Ver­ei­ni­gun­gen, wobei hier nicht sel­ten un­ter­stüt­zen­de Mo­ti­ve eine Rolle spiel­ten.

Kam­schal ließ sich nach 1945 bei der Ca­ro­li­na for­mell als Ak­ti­ver wie­der re­ak­ti­vie­ren und wurde in Folge phi­lis­triert. Seine Re­inte­gra­ti­on in den stei­ri­schen CV, den er un­ter­stütz­te, er­folg­te re­la­tiv rasch, wie die Band­ver­lei­hun­gen der Ba­ben­berg Graz be­reits vor 1949 und der Glück­auf Leo­ben vor 1954 zei­gen. 1961 un­ter­stütz­te er auch die Grün­dung der Al­ber­ti­na, deren Band­phi­lis­ter er eben­so wurde. Er war auch Eh­ren­phi­lis­ter der MKV-Ver­bin­dun­gen Lützow Leo­ben und Pau­li­nia St. Paul im La­vant­tal.

Kam­schal re­prä­sen­tier­te in be­son­de­rem Maße die en­ga­gier­te Auf­bau­ge­ne­ra­ti­on nach 1945. Nicht von un­ge­fähr war sein be­ruf­li­cher Zenit in den fünf­zi­ger Jah­ren bzw. bis An­fang der sech­zi­ger Jahre, der Ära der Bun­des­kanz­ler Leo­pold Figl (Nc), Ju­li­us Raab (Nc) und Al­fons Gor­bach (Cl). Un­ter­stützt wurde das auch durch die Pro­duk­ti­on der Lapp-Finze AG, die be­son­ders für den Wie­der­auf­bau bzw. für das Bau­ge­wer­be aus­ge­rich­tet war. Er konn­te auch nach Kriegs­en­de ent­schei­dend mit­hel­fen, daß die stei­ri­sche In­dus­trie re­la­tiv rasch wie­der funk­ti­ons­tüch­tig wurde.

Nach sei­nem Ein­tritt in den Ru­he­stand litt Kam­schal zu­neh­mend an einer al­ters­be­ding­ten Krank­heit, der er auch erlag. Er ist auf dem St. Peter Fried­hof in Graz be­gra­ben. Eine Toch­ter von ihm ehe­lich­te Karl Kober (BbG).

Werke:

Die große Freiheit (1947).

Quellen und Literatur:

Archiv des Verfassers. Lebenslauf Kamschal, Januar 1974.
Academia 44 (1931/32), S. 43.
Maleta, Alfred: Bewältigte Vergangenheit. Österreich 1932–1945. Graz 1981, S. 63.
Hartmann, Gerhard (Baj): Im Gestern bewährt. Im Heute bereit. 100 Jahre Carolina. Zur Geschichte des Verbandskatholizismus. Unter Mitarbeit von Dieter A. Binder. Herausgegeben von Maximilian Liebmann im Auftrag des Altherrenbundes der K. Ö. H. V. Carolina (= Grazer Beiträge zur Theologiegeschichte und Kirchlichen Zeitgeschichte Band 2). Graz 1988, SS. 278, 281, 369, 389 und 534
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, SS. 314–316, 408 und 751.
Hartmann, Gerhard (Baj) – Simmerstatter, Markus (Cl): Ein großes Gehen Hand in Hand. 125 Jahre Carolina 1888 bis 2013. Graz 1913, S. 319f.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Farbe Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 154f.