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K. k. Minister MdH Reichsrats-Abg. LAbg. Ernst Emanuel Graf Silva-Tarouca

K. k. Minister MdH Reichsrats-Abg. LAbg. Ernst Emanuel Graf Silva-Tarouca

Ehrenmitgliedschaften: Austria-Wien

Geboren: 03.01.1860, Čech bzw. Čechy pod Kosířem (Kreis Proßnitz [Prostĕjov], Mähren, nunmehr Tschechien)
Gestorben: 15.08.1936, Schwaigern (Landkreis Heilbronn, Württemberg)
k. k. Minister, Mitglied des Herrenhauses, Reichsratsabgeordneter, Landtagsabgeordneter (Böhmen), Katholikentagspräsident, Dendrologe

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSBILDUNG

Silva-Tarouca wurde als zweiter Sohn des Augustinus Alexander Graf Silva-Tarouca und der Gisella, geb. Gräfin zu Stolberg-Stolberg, geboren. Das Adelsgeschlecht ist spanisch-portugiesischer Abstammung. Anfang des 18. Jahrhunderts waren zwei Brüder aus diesem Geschlecht spanische Botschafter in Wien. Der jüngere von den beiden ist in Wien geblieben und begründete den österreichischen Zweig. 1771 erwarb dieser den Fideikommiß Cech, ca. 30 km südwestlich von Olmütz. Seit 1907 wird der Familienname Silva (statt Sylva) geschrieben.

Da der Vater bereits 1872 verstarb, wurde Egbert Graf Belcredi (AW EM) Vormund der Kinder. Silva-Tarouca besuchte das nicht mehr bestehende Jesuitenkolleg Kalksburg bei Wien und das Theresianum in Wien. Nach der Matura im Jahr 1879 begann er das Studium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (abs. iur. 1884). 1881 studierte er kurz in Prag. Anschließend war er für kurze Zeit an der k. k. Staathalterei in Prag tätig. Zwischenzeitlich diente er beim k. k. Landwehr-Dragonerregiment Nr. 2 (Leutnant der Reserve).

Nach seiner 1885 erfolgten Heirat mit Maria Gräfin Nostitz-Rieneck verwaltete Silva-Tarouca Gut und Schloß Pruhonitz bei Prag, das Alleinerbe seiner Frau (Pruhonice, Bezirk Žižkov). In diesen Jahren entwickelte er sich als Autodidakt zu einem wissenschaftlich anerkannten Dendrologen (Baumkundler). Auf dem Gut bzw. in dem von ihm angelegten Schloßpark pflanzte er zahlreiche seltene Baumarten im englischen Gartenstil. Dabei untermauerte er seine wissenschaftlichen Arbeiten experimentell. Auf diesem Gebiet gab er zahlreiche Veröffentlichungen heraus (siehe unten). 1908 war er Mitbegründer und erster Präsident der Dendrologischen Gesellschaft Österreich-Ungarns.

Darüber hinaus besaß Silva-Tarouca noch die Güter Türmitz (Bezirk Aussig, Böhmen; Trmice bzw. Ústí nad Labem) und bis 1916 Großczernosek (Bezirk Leitmeritz, Böhmen; Velké Žernoseky, Litomerice). 1927 verkaufte er das Gut Pruhonutz an den tschechoslowakischen Staat, der dort eine Versuchsstation errichtete. Heute befindet sich das nach ihm benannte Institut für Landschafts- und Gartengestaltung.


POLITISCHE TÄTIGKEIT

Noch in relativ jungem Alter (Anfang Dreißig) engagierte sich Silva-Tarouca beim sich damals entwickelnden Politischen Katholizismus – hier bei den Katholisch-Konservativen – sowie im Verbandskatholizismus, wobei beide Bereiche damals stark verschränkt waren, und war auch gelegentlich Teilnehmer der „Freien Vereinigung katholischer Sozialpolitiker“.
Er kandidierte 1891 bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus des Reichsrates, wurde gewählt und gehörte diesem für die Kurie des Großgrundbesitzes und nach dreimaliger Wiederwahl vom 9. April 1891 bis zum 30. Januar 1907 an. Nach der Einführung des allgemeinen Wahlrechts im Jahr 1907 zog sich Silva-Tarouca ähnlich wie zahlreich andere Adelige zurück, wurde jedoch noch im selben Jahr von Kaiser Franz Joseph am 14. Juni 1907 zum lebenslänglichen Mitglied des Herrenhauses ernannt und gehörte diesem bis zum Ende der Monarchie an. Vom Mai bis August 1917 war er kurzzeitig dessen Dritter Vizepräsident.

Ein Jahr nach Eintritt in die Reichspolitik kandidierte Silva-Tarouca ebenfalls in der Kurie Großgrundbesitz bei einer Nachwahl für den böhmischen Landtag, wurde gewählt und gehörte diesem von 1892 bis zu dessen Vertagung im Jahr 1913 an (nach Wiederwahlen in den Jahren 1895, 1901 und 1908). Nach 1913 trat der böhmische Landtag wegen des Nationalitätenkonflikts nicht mehr zusammen, so daß für die autonome Landesverwaltung (Landeshauptmann, Landesausschuß, Landtag) von der k. k. Regierung eine Landesverwaltungskommission eingesetzt wurde.

Während des Ersten Weltkrieges kam es zu einer politischen Reaktivierung von Silva-Tarouca. Kaiser Karl I., als dessen Vertrauter er galt, ernannte ihn – nicht zuletzt auch wegen seiner Fachkenntnisse – am 30. August 1917 zum k. k. Ackerbauminister. 1918 war er auch als k. k. Ministerpräsident im Gespräch. Mit der Entlassung durch Kaiser Karl am 11. November 1918 – dem Tag seines Thronverzichts – endete offiziell sein Ministeramt. Bereits am 30. Oktober 1918 übergab Silva-Tarouca seine Befugnisse für Deutschösterreich dem Staatsamt für Landwirtschaft der provisorischen Staatsregierung. In seiner Amtszeit war er kriegsbedingt besonders wegen der Ernährungslage gefordert. Im Frühjahr 1918 verlieh ihm Kaiser Karl I. das Großkreuz des Leopoldordens. Nach 1918 zog er sich auf seine Güter zurück und widmete sich wieder stärker der Dendrologie. 1922 wurde er Präsident der Dendrologischen Gesellschaft der Tschechoslowakei.

FUNKTIONÄR DES LAIENKATHOLIZISMUS

Silva-Tarouca hatte sich – wie bereits erwähnt – schon in jungen Jahren im Rahmen der katholisch-konservativen Bewegung engagiert, in deren Schoß die Katholikentagsbewegung entstanden ist. So war er Präsident des vom 8. bis 11. August 1892 in Linz stattgefundenen 3. allgemeinen österreichischen Katholikentags. Hier wurden die Spannungen zwischen Katholisch-Konservativen und Christlichsozialen erstmals sichtbar.

Nachdem der 4. allgemeine österreichische Katholikentag 1896 in Salzburg (31. August bis 3. September) unter dem Eindruck der Auseinandersetzungen zwischen den Katholisch-Konservativen und Christlichsozialen stand, erkannte man immer mehr die Notwendigkeit, die nichtpolitischen Organisationen zusammenzufassen, um sie aus diesem Streit herauszuhalten. Um zu gewährleisten, daß die Katholikentage in Hinkunft die Delegiertenversammlungen der nichtpolitischen Vereine sind, wurden Silva-Tarouca zum Generalkommissär und Maximilian Frhr. von Vittinghoff-Schell (AW) zu seinem Stellvertreter für die weiteren Katholikentage bestellt. Bei dem am 1. September stattgefundenen Festkommers sprach u. a. auch Silva-Tarouca.

Am 5. allgemeinen österreichischen Katholikentag im November 1905 in Wien wurde die Organisation aller Katholiken beschlossen, wonach ein Zentralkomitee eingeführt wurde. Diese Struktur hatte ihr Vorbild im 1868 geschaffenen deutschen Zentralkomitee. Zum Präsidenten des Zentralkomitees wurde erwartungsgemäß Silva-Tarouca gewählt. Diese Organisation brachte aber nicht den erhofften Erfolg, daher begann man noch im Jahr 1908 mit dem Umbau des Zentralkomitees, das nun den Namen „Nichtpolitische Zentralorganisation der Österreichischen Katholiken: Katholischer Volksbund“ bekam und im Juni 1910 abgeschlossen war. Damit endete auch sein Präsidentenamt. 1915 war Silva-Tarouca kurz Vizepräsident des Volksbundes.

Wie 1896 in Salzburg so war Silva-Tarouca auch beim Katholikentags-Festkommers in Wien am 20. November 1905 anwesend und ergriff dort das Wort. Er und Vittinghoff-Schell waren in den Jahren vor und nach 1900 die prägenden Gestalten des österreichischen Laienkatholizismus bzw. der Katholikentagsbewegung. Die Ehrenmitgliedschaftsverleihung der Austria Wien an Silva-Tarouca ist auch im Zusammenhang mit dessen frühen Engagement in der katholischen Bewegung zu sehen.

Nach dem Ersten Weltkrieg votierte Silva-Tarouca für die neue Tschechoslowakei, weil die Besitzungen seiner Familie auf deren Gebiet lagen. Sein Vorname Ernst lautete nun auch Arnošt. Auch besaßen die Silva-Taroucas ein Stadtschloß in Prag. Er verstand sich als Adeliger innerhalb der k. u. k. Monarchie als übernational und machte daher auch den späteren deutschnationalen Kurs der Christlichsozialen nicht mit. Er förderte daher auch die Tschechen und war bereits 1895 führend an der tschecho-slowakischen Ethnographie-Ausstellung in Prag beteiligt.

Silva-Tarouca wurde 1888 zum k. k. Kämmerer und 1902 zum Geheimen Rat ernannt. Am Tag seiner Entlassung als k. k. Minister, dem letzten Tag der Habsburger-Monarchie, verlieh ihm Kaiser Karl noch das Großkreuz des Leopold-Ordens. Seine älteste Tochter Marie Adelheid ehelichte Heinrich Maria Eugen Herzog von Beaufort-Spontin (S-B EM). Silva-Tarouca starb auf Schloß Schwaigern, das den Grafen Neipperg gehört.

Werke:

(Auswahl)
Der Park (1894).
Kein Heger, kein Jäger! Ein Handbuch der Wildhege für weigerechte Jagdherren und Jäger (1899).
Unsere Freiland-Nadelhölzer. Anzucht, Pflege und Verwendung aller bekannten in Mitteleuropa im Freien kulturfähigen Nadelhölzer (1913).
Unsere Freiland-Laubehölze. Anzucht, Pflege und Verwendung aller bekannten in Mitteleuropa im Freien kulturfähigen Nadelhölzer (1922).
Unsere Freiland-Stauden. Anzucht, Pflege und Verwendung aller bekannten in Mitteleuropa im Freien kulturfähigen ausdauernden krautigen Gewächse (1934).

Quellen und Literatur:

Academia 30 (1917/18), 82^und 228 sowie 31 (1918/19), 40.
Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser 1912. Gotha o. J. (1912), S. 881f.
Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 12, Wien 2001, 270f.
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, 83–87.
https://www.parlament.gv.at/WWER/PARL/J1848/Silva-Tarouca.shtml