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StS a.D. Sekt.-Chef Dr. Josef Heinrich Sommer

StS a.D. Sekt.-Chef Dr. Josef Heinrich Sommer

Urverbindung: Saxo-Bavaria-Prag in Wien (12.10.1907)

Geboren: 26.07.1888, Dux (Duchcov, Nordböhmen)
Gestorben: 22.12.1946, Wien
Unterstaatssekretär, Sektionschef
Politische Haft: 1938 Polizeihaft Linz

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSBILDUNG

Som­mer wurde als Sohn eines Berg­manns ge­bo­ren, ab­sol­vier­te 1907 das Bi­schöf­li­che Gym­na­si­um in Ma­ria­sch­ein (Bo­ho­sudov, Böh­men) und stu­dier­te da­nach an der Rechts­wis­sen­schaft­li­chen Fa­kul­tät der deut­schen Karl-Fer­di­nands-Uni­ver­si­tät Prag (Dr. iur. 1913), wo er der Saxo-Ba­va­ria bei­trat (Cou­leur­na­me Staf­fel). Nach dem Ge­richts­jahr trat er Ende 1914 als Rechts­prak­ti­kant in die ober­ös­ter­rei­chi­sche Lan­des­re­gie­rung ein. Dort be­treu­te er u. a. den Akt Adolf Hit­ler be­tref­fend des­sen „Flucht“ aus Ös­ter­reich nach Mün­chen, um der Wehr­pflicht zu ent­ge­hen.

Im Ja­nu­ar 1915 wurde Som­mer Ein­jäh­rig-Frei­wil­li­ger im Feld­hau­bit­zen­re­gi­ment Nr. 3 und dien­te dort bis Ende des Ers­ten Welt­krie­ges (letz­ter Grad Ober­leut­nant der Re­ser­ve). Er war haupt­säch­lich an der Ost­front ein­ge­setzt.

BERUFLICHE LAUFBAHN BIS 1945

Nach dem Krieg nahm Som­mer wie­der den Dienst bei der ober­ös­ter­rei­chi­schen Lan­des­re­gie­rung auf, wech­sel­te je­doch 1922 zur Land­wirt­schafts­kam­mer, wo er mit der Er­rich­tung der land­wirt­schaft­li­chen Kran­ken­kas­se be­traut war, kehr­te aber 1927 wie­der in den Lan­des­dienst zu­rück, wo er in ver­schie­de­nen Be­rei­chen tätig war. 1936 wurde er von Lan­des­haupt­mann Hein­rich Gleiß­ner (S-B) zum Prä­si­di­al­vor­stand des Amtes der Lan­des­re­gie­rung be­stellt. Die Er­nen­nung zum wirk­li­chen Hof­rat er­folg­te am 1. Ja­nu­ar 1938.

Som­mer be­tä­tig­te sich auch po­li­tisch bzw. im vor­po­li­ti­schen Raum. So war er von 1923 bis 1934 Ge­mein­de­rat der Stadt Linz. Von 1924 bis 1930 war er ober­ös­ter­rei­chi­scher Gau­ob­mann der Christ­lich-deut­schen Tur­ner­schaft (die spä­te­re Turn- und Sport-Union). Des­glei­chen en­ga­gier­ter er sich im Ka­tho­li­schen Volks­ver­ein. 1928 war er Mit­be­grün­der der ka­tho­li­schen Pen­na­lie Wel­fia in Linz (spä­ter im MKV).

Nach dem An­schluß wurde Som­mer am 14. März 1938 ver­haf­tet und blieb sechs Wo­chen im Po­li­zei­ge­fäng­nis Linz in Haft. Es folg­te die Ent­las­sung ohne Be­zü­ge. Ende Mai 1938 wurde er neu­er­lich ver­haf­tet, weil die og. „Hit­ler-Akte“ un­auf­find­bar waren. Die Ge­sta­po ver­nahm ihn des­we­gen. Da er keine An­ga­ben über des­sen Ver­bleib die­ser ma­chen konn­te, wurde er im Juli 1938 wie­der ent­las­sen und mit dem Gau­ver­bot be­legt. Die­ser Akt be­fand sich im Pri­vat­haus des frü­he­ren Lin­zer Welt­pries­ters und spä­te­ren so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Lan­des­rats Franz Jet­zin­ger (ehe­mals AIn). Unter fal­schem Namen konn­te Som­mer in Wien un­ter­tau­chen und bei einer Spe­di­ti­on ar­bei­ten.

MIT VOLLEM EINSATZ IM JAHR 1945

Nach dem Krieg mel­de­te sich Som­mer mit 9. Juli 1945 zum Dienst im Fi­nanz­mi­nis­te­ri­um, wo ihm vor­erst keine Ar­beit zu­ge­teilt wurde. Des­halb kehr­te er in den ober­ös­ter­rei­chi­schen Lan­des­dienst zu­rück und wurde am 8. Au­gust 1945 zum Lei­ter des Büros des Staats­be­auf­trag­ten für das Mühl­vier­tel er­nannt, das zur so­wje­ti­schen Zone ge­hör­te.

Im Zuge der Er­wei­te­rung der pro­vi­so­ri­schen Staats­re­gie­rung Ren­ner IV wurde Som­mer nach der Län­der­kon­fe­renz am 26. Sep­tem­ber 1945 zum Un­ter­staats­se­kre­tär im Staats­amt (= Mi­nis­te­ri­um) für In­ne­res er­nannt, wel­che Po­si­ti­on – sie ent­sprach einem spä­te­ren Staats­se­kre­tär – er bis zum 20. De­zem­ber 1945 in­ne­hat­te. In die­ser Funk­ti­on or­ga­ni­sier­te er die ers­ten Na­tio­nal­rats­wah­len nach dem Krieg am 25. No­vem­ber 1945 (sog. „Ka­th­reins-Wah­len“). Sie waren in­so­fern Schick­sals­wah­len, weil mit die­sen auch die kom­mu­nis­ti­sche Ge­fahr ge­bannt wurde.

Mit 10. Ja­nu­ar 1946 wurde Som­mer vom Bun­des­kanz­ler Leo­pold Figl (Nc) zum Lei­ter der Prä­si­di­al­sek­ti­on des Bun­des­kanz­ler­am­tes be­stellt und am 5. Fe­bru­ar 1946 zum Sek­ti­ons­chef er­nannt. Damit war er der obers­te Be­am­te im Bun­des­kanz­ler­amt und für des­sen or­ga­ni­sa­to­ri­schen Wie­der­auf­bau zu­stän­dig.

Som­mer starb an sei­nem Schreib­tisch im Dienst. Sein Nach­fol­ger wurde Edu­ard Cha­loup­ka (Baj), der spä­te­re Vor­sit­zen­de der Ver­bands­füh­rung des ÖCV. Staats­kanz­ler bzw. Bun­des­prä­si­dent Karl Ren­ner be­zeich­ne­te Som­mer als einen „un­er­müd­li­chen, von höchs­ten sitt­li­chen Idea­len er­füll­ten Mann“. Er wurde auf dem Hiet­zin­ger Fried­hof in Wien be­gra­ben.

Quellen und Literatur:

Slapnicka, Harry: Oberösterreich. Die politische Führungsschicht ab 1945 (= Beiträge zur Zeitgeschichte Oberösterreichs). Linz 1989, S. 273f.
Enderle-Burcel, Gertrude–Follner, Michaela: Diener vieler Herren. Biographisches Handbuch der Sektionschefs der Ersten Republik und des Jahres 1945. Hg. vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands und der Österreichischen Gesellschaft für Quellenstudien. Wien 1997, S. 439f.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Herbert Fritz und Peter Krause (Rt-D). Wien 2. wesentlich verb. Aufl. 2013, S. 526f.