Lebenslauf:
Reisinger wurde als Sohn eines Bauern geboren und legte 1893 die Matura am Gymnasium in Freistadt (Oberösterreich) ab. Anschließend begann er das Studium am k. u. k. Militär-Arznei-Institut in Wien, der späteren (k. u. k.) Tierärztlichen Hochschule bzw. Veterinärmedizinischen Universität. Nach Erwerb seines Diploms (diplomierter Tierarzt) Mitte Februar 1897 kehrte er nach Oberösterreich zurück und ließ sich als Tierarzt in (Bad) Leonfelden nieder. Da jedoch seine wissenschaftlichen wie praktischen Fähigkeiten für eine ländliche Praxis unzureichend waren, kehrte er bereits im selben Jahr nach Wien zurück.
Reisinger wurde mit 1. November 1897 Assistent an der Tierärztlichen Hochschule und nahm in der Folge zusätzlich das Studium an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien auf (Dr. med. 1903). Im Jahr 1900 wurde er Adjunkt, und 1908 erhielt er die Venia legendi für spezielle Pathologie und Therapie der Haustiere. 1909 wurde er zum außerordentlichen Hochschulprofessor ernannt, gleichzeitig wurde seine Lehrbefugnis auf Buiatrik (Rinderheilkunde) erweitert. Mit 1. Oktober 1912 erfolgte seine Ernennung zum ordentlichen Hochschulprofessor und zum Leiter der Klinik für Rinderkrankheiten. Es war dies die erste Lehrkanzel bzw. Hochschulklinik dieses Faches im deutschsprachigen Raum.
Reisinger war ein anerkannter Fachmann und Wissenschaftler im Fach Rinderheilkunde, das für die Landwirtschaft und die Lebensmittelversorgung besonders bedeutsam ist. Zwischen 1908 und 1912 war er auch Honorardozent an der Hochschule für Bodenkultur. Für die Studienjahre 1919/20 und 1920/21 war er Rektor der Tierärztlichen Hochschule. Es waren dies die Jahre, als die Tierärztliche Hochschule von ihrer Unterstellung unter das k. u. k. Reichskriegsministerium in die zivile Bundesaufsicht überführt wurde. Er war einer der vier CVer, die Rektoren dieser Hochschule waren. Der erste war Armin Tschermak, Edler von Seysenegg (Fd EM), der von 1909 bis 1911 Rektor war, der zweite war Reisinger, der dritte Michael Karl Zacherl (Rg EM) von 1965 bis 1967 und der vierte Josef Leibetseder (Baj) von 1995 bis 2001.
Reisinger, aus dem katholischen Milieu Oberösterreichs stammend, fand nach seiner Rektoratszeit Kontakt zur Rugia, die speziell für Studenten der Tierärztlichen Hochschule gegründet wurde und die ihm die Ehrenmitgliedschaft verlieh. 1924 mußte er sich einer schweren Operation unterziehen, die ihn in den folgenden Jahren zunehmend gesundheitlich beeinträchtigte. Er beantragte daher seine vorzeitige Pensionierung, dem mit 30. September 1937 stattgegeben wurde. Etwas mehr als zwei Jahre später erlag er noch nicht 70-jährig seinem Leiden.
Quellen und Literatur:
Woschnjak, Diana: Academiae Veterinariae Vindobenensis Rectores Magnifici. Biographien der gewählten Rektoren der Tierärztlichen Hochschule in Wien 1911–1946. Wien med. vet. Dipl. Arb. 2019. S. 22–27.Fischer, Stephanie: „… grüßt die Tierärztliche Hochschule Wien ihre Brüder in deutscher Treue …“ Die Tierärztliche Hochschule Wien im Schatten des Nationalsozialismus und besonderer Berücksichtigung ihres klinischen Lehrkörpers. Wien med. vet. Diss. 2011.