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StS Abg. z. NR a.D. Dir.Stv. Ök.R i.R. Dipl.-Ing. Johann Haider

StS Abg. z. NR a.D. Dir.Stv. Ök.R i.R. Dipl.-Ing. Johann Haider

Urverbindung: Nibelungia (01.04.1949)

Geboren: 08.10.1921, Oberrosenauerwald (Gemeinde Groß Gerungs, Bezirk Zwettl, Niederösterreich)
Gestorben: 12.08.1997, Groß Gerungs (Bezirk Zwettl, Niederösterreich)
Staatssekretär, Nationalratsabgeordneter, Stellvertretender Direktor des niederösterreichischen Bauernbundes, Bürgermeister von Groß Gerungs

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSBILDUNG

Haider wurde als vierter Sohn eines Bauern geboren. Er besuchte die Volksschule und die erste Klasse der Hauptschule in Groß Gerungs und ging dann 1932 auf das Stiftsgymnasium in Melk. Als dieses nach dem Anschluß 1938 aufgelassen wurde, absolvierte er die letzte Gymnasialklasse in St. Pölten. Nach der Matura im Jahr 1939 trat er mit dem Berufswunsch Priester in das Priesterseminar in St. Pölten ein und studierte drei Semester an der dortigen Philosophisch-Theologischen Hauslehranstalt.

Am 5 Februar 1941 wurde Haider zur Deutschen Wehrmacht eingezogen und in der Folge an der Ostfront eingesetzt. Er erlitt mehrere Verwundungen, so u. a. einen Halsdurchschuß, und geriet in US-Gefangenschaft. Mitte September 1945 gelang ihm die Flucht aus dem Kriegsgefangenenlager in Emden, Ende September kam er zu Hause an. Da seine Mutter inzwischen verstorben, ein Bruder gefallen und ein anderer in Gefangenschaft waren, mußte er sofort im elterlichen Hof mitarbeiten, so daß er nicht mehr in das Priesterseminar zurückkehren konnte.

POLITISCHE LAUFNAHN NACH 1945

Am 1. Oktober 1946 trat Haider als Sekretär in den Dienst der niederösterreichischen Bauernbundes und wirkte so am Aufbau der bäuerlichen Interessenvertretung nach dem Krieg mit. Im Herbst 1948 begann er neben seinem Beruf mit dem Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (Dr. iur. 1951), wo er der Nibelungia Wien beitrat (Couleurname Fidelio) und das er in kürzest möglicher Zeit beendete.

Neben seiner Tätigkeit im niederösterreichischen Bauernbund, dessen stellvertretender Direktor er 1966 wurde (bis 1983), war er von 1951 bis 1961 Kammerrat in der niederösterreichischen Kammer für Arbeiter und Angestellte in der Landwirtschaft. Hier war er maßgeblich an der Schaffung des Bauernkrankenversicherungsgesetzes beteiligt und wurde daher 1965 erster Obmann der Sozialversicherung der Bauern, welche Funktion er zuerst wegen seiner Berufung zum Staatssekretär nur kurz ausübte und dann von 1974 bis 1988 bekleidete.

Sein Engagement in der bäuerlichen Interessenvertretung und im Bauernbund führte zu weiteren politischen Funktionen. Von 1965 bis 1980 war Haider ÖVP-Hauptbezirksparteiobmann von Zwettl und von 1969 bis 1981 zusätzlich ÖVP-Bezirksparteiobmann von Groß Gerungs. 1962 kandidierte er für den Nationalrat, dem er dann vom 4. Dezember 1962 bis zum 18. Mai 1983 angehörte. Vom 19. April 1966 bis zum 19. Januar 1968 war er unter Bundeskanzler Josef Klaus (Rd) Staatssekretär im Bundesministerium des Inneren. Innenminister war damals Franz Hetzenauer (Vi). Nach seinem Ausscheiden aus der Regierung wurde er Bürgermister von Groß Gerungs, welches Amt er von 1968 bis 1976 und dann von 1980 bis 1984 bekleidete. In seiner zweiten Amtsperiode wurde Groß Gerungs zur Stadt erhoben.

DER ZWISCHENRUF VON 1972

In der Nationalratssitzung vom 15. Februar 1972 gab es eine dringliche Anfrage der ÖVP zum Projekt der sog. UNO-City an Bundeskanzler Bruno Kreisky. Haider sowie der NRAbg. Walter Suppan sollen nach Nennung von Firmennamen durch Kreisky die Aussage getätigt haben: „Lauter Juden“ bzw. „auch ein Jude“. Diese Zwischenrufe sind zwar nicht im betreffenden Stenographischen Protokoll vermerkt, wurden aber offenbar vernommen und von Haider auch nicht bestritten. Es kam zu tumultartigen Szenen im Parlament, so daß die Sitzung unterbrochen werden mußte.

Das folgende Presseecho war entsprechend, und am 21. Februar 1972 verurteilte das ÖVP-Parteipräsidium die Aussage der beiden Abgeordneten. Durch eine ungeschickte Formulierung des damaligen Klubobmanns Stephan Koren (Le EM), der sich allgemein über das Problem der Alkoholisierung im Parlament äußerte, wurde das auf Haider bezogen. Es wurde ihm unterstellt, er hätte diese Aussagen unter entsprechendem Einfluß getätigt. In der Österreich-Ausgabe der deutschen Illustrierten „Stern“ wurde das dann auch so behauptet. Haider klagte daraufhin den zuständigen Redakteur, der in der Folge im Rahmen eines Ehrenbeleidigungsprozesses verurteilt wurde.

Haider überstand diese Affäre politisch, obwohl seitens der Medien an ihn Rücktrittsforderungen gerichtet wurden. Insgesamt ist dieser Vorfall eher untypisch für seine Persönlichkeit gewesen. Er war eher eine besonnene und an der sachlichen Arbeit orientierte Persönlichkeit, und es sind auch sonst von ihm keine beleidigenden oder antisemitischen Äußerungen, selbst an „Stammtischen“, bekannt geworden.

Haider, dessen politisches Hauptanliegen die Sozialpolitik für die bäuerliche Bevölkerung war und der im Herbst 1966 als Nachfolger für den verstorbenen niederösterreichischen Landeshauptmann genannt wurde, erhielt den Titel Ökonomierat und wurde zum Ehrenbürger von Groß Gerungs ernannt. Auf dem dortigen Friedhof wurde er auch begraben. In Groß Gerungs wurde eine Straße nach ihm benannt.

Quellen und Literatur:

Verbindungsarchiv Nibelungia Wien (Gottfried Mazal vom 29. 7. 2013).
Mitteilung von Friedrich Haider Sohn (23. 3. 2013)
Biographisches Handbuch der österreichischen Parlamentarier 1918–1993. Hg. von der Parlamentsdirektion. Wien 1993, S. 187f.
Waldviertler Biographien, Band 3. Hg. von Harald Hitz u. a. Horn 2010, S. 441–572.
Bezemek, Ernst–Dippelreiter, Michael: Politische Eliten in Niederösterreich. Bei biografisches Handbuch 1921 bis zur Gegenwart (= Schriftenreihe des Forschungsinstituts für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg, Band 38). Wien 2011, S. 112.