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Präl. Chefred. Dr. Dr. Sebastian Brunner

Präl. Chefred. Dr. Dr. Sebastian Brunner

Ehrenmitgliedschaften: Austria-Wien

Geboren: 10.12.1814, Wien
Gestorben: 27.11.1893, Wien
Chefredakteur der „Wiener Kirchenzeitung“, Weltpriester

Lebenslauf:

Brunner wurde als Sohn eines Seidenfabrikanten und Hausbesitzers am „Brillantengrund“ in Wien-Schottenfeld (7. Bezirk) geboren. Auf ihn paßte das alte Wiener Lied „Mein Vater war ein Hausherr und ein Seidenfabrikant“. Brunner wurde in eine aufstrebende Bürgersfamilie des frühen Biedermeier hineingeboren, die zu den ökonomischen Aufsteigern der nachnapoleonischen Ära gehörte. Nach der Volksschule besuchte er von 1826 bis 1832 das seinerzeit noch sechsklassige Gymnasium bei den Schotten, um dann 1834 das damals für die Universität vorgesehene zweijährige Philosophikum am Lyzeum der Piaristen in Krems zu absolvieren.

Am 27. September 1834 trat Brunner in das Wiener Priesterseminar ein und begann mit dem Studium an der Theologischen Fakultät der Universität Wien (abs. theol. 1838). Am 25. Juli 1838 wurde er zum Priester geweiht. Danach war er auf verschiedenen Kaplansposten eingesetzt, so ab 1843 in Wien-Altlerchenfeld, und betrieb daneben verschiedene literarische und historische Studien an der Universität Wien (Dr. phil. 1845). Im Freiburg/Breisgau vollendete er sein theologisches Studium (Dr. theol. 1848). In dieser Zeit gehörte er zum Kreis um Anton Günther, einem Wegbereiter der modernen Theologie.

Von 1843 bis 1848 stellte Brunner für den Staatskanzler Lothar Wenzel Fürst Metternich Gesandtschaftsberichte über die religiöse und politische Bewegung zusammen. 1846 wurde er von ihm nach Frankreich und Deutschland gesandt. Aufgrund seiner Beobachtungen sagte er das Losbrechen der Revolution in spätestens zwei Jahren voraus.

Brunners große Stunde schlug im Revolutionsjahr 1848. In diesem Jahr gründete er die „Wiener Kirchenzeitung“, deren erster Herausgeber und Chefredakteur er von 1848 bis 1865 war. Diese erschien damals dreimal die Woche. In den Jahren 1853 bis 1856 war er Festtagsprediger an der Universitätskirche in Wien. 1856 gab er seine kirchlichen Ämter auf und widmete sich nur mehr seiner journalistischen bzw. schriftstellerischen Tätigkeit. 1873 (Börsenkrach) wurde die „Wiener Kirchenzeitung“ eingestellt. Er wurde zum Päpstlichen Hausprälaten bzw. 1865 zum infulierten Apostolischen Protonotar ernannt.

Brunner hatte große Verdienste um die Erneuerung des katholischen Lebens nach 1848. Er war ein Vorkämpfer der katholischen Freiheit und ein Gegner des josefinischen Staatskirchentums. Er hatte Kontakt zu Joseph Görres und wurde in Wien auch als „österreichischer Görres“ bezeichnet. Obwohl er von den Errungenschaften der liberalen Revolution von 1848 profitierte, war er antiliberal und ultramontan eingestellt. Er lag daher auf der Linie der Päpste Gregor XVI. und Pius IX. In seinen Veröffentlichungen, vor allem in seiner Zeitung, beeinflußte er sehr die Genese des Österreichischen Konkordats von 1855.

In seinen Schriften, Artikeln und Predigten bediente sich Brunner eines zum Derben neigenden Antisemitismus, der sich ursprünglich vom katholischen Antijudaismus herleitete und durch seinen Antiliberalismus verstärkt wurde. Dies wurde bereits vor 1848 manifest (im „Nebeljungen“). Er stand am Anfang jenes Antisemitismus in Österreich, der dann für die politische Agitation mißbraucht wurde. In Frankreich ließ sich Brunner z. B. gerne als „Vater des deutschen Antisemitismus“ vorstellen. Er beeinflußte damit den jüngeren Klerus – wie z. B. Josef Scheicher (Nc EM) – und bereitete diesbezüglich Karl Lueger (Nc EM) und der Christlichsozialen Partei den Weg. Erika Weinzierl bezeichnete Brunner als „Schlüsselfigur im katholischen Antisemitismus Österreichs“.

1898 wurde in Lainz (Wien-Hietzing) eine Gasse nach ihm benannt. 2010 verlangte die Fraktion der Grünen in der Bezirksvertretung (13. Bezirk) die Anbringung einer Zusatztafel mit dem Hinweis auf den Antisemitismus Brunners. Die 2012 eingesetzte Kommission zur Überprüfung der personenbezogenen Straßennamen Wiens setzte diese Gasse in die Gruppe A („Fälle mit intensiven Diskussionsbedarf“).

Brunner hinterließ ein umfangreiches literarisches, historisches und religiöses Werk. Ein genaues Werkverzeichnis jüngeren Datums findet sich in der unter Quellen und Literatur zitierten Dissertation von Novogoratz. Er starb im Greisenasyl Währing und wurde auf dem Friedhof in Maria Enzersdorf (Bezirk Mödling, Niederösterreich) begraben.

Werke:

(Auswahl)
Des Genies Malheur und Glück. Roman, zwei Bände (1843).
Fremde und Heimat. Roman (1845).
Nebeljungenlied (1845) (Lied u. a. gegen Hegel).
Der deutsche Hion (1846) (satirische Dichtung gegen Heinrich Heine).
Einige Stunden bei Görres (1848).
Diogenes von Azzelbrunn. Roman (1853).
Woher? Wohin? Geschichten, Gedanken, Bilder und Leute aus meinem Leben, zwei Bände (1855).
Clemens Maria Hofbauer und seine Zeit (1858).
Denkpfennige zur Erinnerung an Personen, Zustände und Erlebnisse aus meinem Leben vor , in und nach 1848 (1866).
Die theologische Dienerschaft am Hof Josephs II. (1868).
Die Mysterien der Aufklärung in Österreich 1770–1800 (1869).
Joseph II. als Kirchenreformator (1893).

Quellen und Literatur:

Foto: © Diözesanarchiv Wien
Diözesanarchiv Wien. Priesterdatenbank.
Scheicher, Josef (Nc EM): Sebastian Brunner. Ein Lebensbild, zugleich ein Stück Zeit- und Kirchengeschichte. Wien 1888.
Treimer, Ilse: Sebastian Brunner als Historiker. Wien phil. Diss, 1947.
Alker, Ernst: Sebastian Brunner, in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), 683f. Onlinefassung: www.deutsche-biographie.de/pnd118667734.html
Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 1, Wien 1957, 121f.
Novogoratz, Hans: Sebastian Brunner und der frühe Antisemitismus. Wien phil. Diss. 1978.
DIE ZEIT, 15. 9. 2011, 22. („Mit Gott gegen die Juden“ von Joachim Riedl).
www.deutsche-biographie.de/pnd118667734.html(abgerufen am 06.07.2022)