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Dir. HR LH Ing. Dr. Alfons Weißgatterer

Dir. HR LH Ing. Dr. Alfons Weißgatterer

Urverbindung: Austria Innsbruck (01.07.1918)

Bandverbindungen: Rg, Vi, Le

Geboren: 28.03.1898, Schwaz (Tirol)
Gestorben: 31.01.1951, Zams (Bezirk Landeck, Tirol)
Landeshauptmann (Tirol), Landtagsabgeordneter (Tirol), Tierarzt
Politische Haft: 1938 Polizeihaft Innsbruck

Lebenslauf:

Weißgatterer besuchte zuerst das Franziskanergymnasium in Hall in Tirol sowie dann das in Bregenz. Als 17jähriger meldete er sich freiwillig zu den Kaiserjägern und bekam im November 1917 aufgrund eines Ministererlasses das Maturazeugnis verliehen. Er war an der Italienfront eingesetzt und konnte schon im Sommersemester 1918 ein Studium an der Medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck beginnen, wo er der Austria beitrat (Couleurname Gunther). Mit dem Wintersemester 1919/20 ging er nach Wien, wo er sowohl Agrarwissenschaften an der Hochschule für Bodenkultur (Dipl,.-Ing. 1926) als auch an der Tierärztlichen Hochschule (Dr. med. vet. 1925) studierte. Während dieser Zeit war er bei der Rugia aktiv.

Nach Beendigung seiner Studien war Weißgatterer kurz am Schlachthof in Wien-St. Marx sowie auf einem Staatsgut in Bayern beschäftigt. 1927 trat er in den Dienst der Tiroler Landesregierung bzw. des Landeskulturrates – eine Vorform der Landwirtschaftskammer – und war im Veterinärwesen tätig. 1930 wurde er zum Direktor der Landwirtschaftlichen Lehranstalt in Rotholz (Zillertal) ernannt. In dieser Zeit gründete er den Tiroler Sennereiverband. Von 1932 bis 1938 war er Obmann der Wirtschaftsvereinigung des österreichischen Käsereiverbandes.

Weißgatterer war bereits im „Ständestaat“ politisch exponiert. Das beweist u. a. der Umstand, daß ihn der Landtag gemäß der Verfassung des „Ständestaates“ im März 1935 auf die Dreierleiste für den verstorbenen Landeshauptmann Franz Stumpf (AIn) setzte. Bundeskanzler Kurt Schuschnigg (AIn) berücksichtigte diese aber nicht, sondern ernannte Josef Schumacher (AIn) zum Landeshauptmann. Über die Gründe wurde spekuliert, möglicherweise lag einer darin, daß er einen unehelichen Sohn hatte, dessen Mutter er erst im Mai 1935 ehelichte.

Nach dem Anschluß 1938 wurde Weißgatterer von seinem Posten entlassen. Er wurde möglicherweise wegen des Umstands, daß er auf dieser Dreierliste stand, bereits am 12. März verhaftet und befand sich einige Zeit in Polizeihaft. Der Fürsprache einer „Illegaler“ war es zu verdanken, daß er nicht ins KZ Dachau deportiert wurde. Nach seiner Entlassung stand er für sechs Wochen unter Hausarrest. Eine Kommission kam zum Schluß, daß ihm zwar „eine betont feindselige Einstellung“ gegenüber Nationalsozialisten nicht nachgewiesen werden konnte, trotzdem ist aber „die politische Zuverlässigkeit“ nicht gegeben. Daher wurde er als Direktor der Lehranstalt entfernt.

Danach war Weißgatterer für kurze Zeit Amtstierarzt in Reutte, wo er jedoch im September 1938 mit einem Berufsverbot belegt wurde. Er wurde darauf zur Deutschen Wehrmacht einberufen und machte gleich die Besetzung des Sudetenlandes im Oktober 1938 mit. 1939 wurde er Veterinär-Offizier eines ostpreußischen Kavallerieregiments. Mit 1. September 1939 kam er zur „politischen Umschulung“ in das Polizeipräsidium Berlin. Mit 1. März 1940 wurde als Hafentierarzt nach Wesermünde (heute Bremerhaven) versetzt, wo er bis 1944 blieb. Danach konnte er in seine Heimat zurückkehren und wurde Amtstierarzt in Landeck (Tirol).

Am 10. Dezember 1938 stellte Weißgatterer einen Aufnahmeantrag in die NSDAP, der jedoch zunächst abgelehnt wurde („abgelehnt, da schwarz und eine Umstellung bei ihm unmöglich erscheint“). Nach Krispel (siehe Literaturverzeichnis) wurde dieser Antrag hauptsächlich deswegen gestellt, um seine berufliche Stellung zu sichern. In einem Berufungsverfahren vor dem NSDAP-Kreisgericht Reutte im Jahre 1941 wurde er jedoch rückwirkend mit 1. Mai 1938 aufgenommen (Mitgliedsnummer 6 298 401). Dieser Vorgang ist in den Akten des Berlin Document Centers (BDC), inzwischen Bundesarchiv Berlin-Lichtefelde, zweifelsfrei belegt.

Gegen Ende des Krieges – nunmehr in Landeck – beteiligte sich Weißgatterer an der Widerstandsbewegung. Er war Mitglied des am 3. Mai 1945 konstituierten Exekutivausschusses der Österreichischen Widerstandsbewegung in Tirol unter dem Vorsitz von Karl Gruber (AW). Daher wurde er nach Kriegsende von den Alliierten sofort zum provisorischen Bezirkshauptmann von Reutte eingesetzt. Dadurch kam er gleich mit der Politik bzw. den Kreisen für den Wiederaufbau in Kontakt, denen er sich zur Verfügung stellte. So wurde er seitens der provisorischen Landesregierung mit Aufgaben betraut.

Da Weißgatterer bereits vor 1938 dem Tiroler Bauernbund angehörte, kandidierte er für diesen bei den ersten Wahlen zum Tiroler Landtag, wurde gewählt und gehörte diesem vom 11. Dezember 1945 bis zu seinem Tode an. Da der bisherige provisorische Landeshauptmann Karl Gruber (AW) Ende September 1945 Unterstaatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten in der Provisorischen Staatsregierung Karl Renner wurde, mußte in Tirol ein neuer Landeshauptmann bestellt werden. Der Bauernbund als stärkste Kraft in der ÖVP nominierte Weißgatterer, obwohl dieser bis dahin weder dort noch in der ÖVP eine leitende Funktion innehatte. Er wurde am 20. Oktober 1945 zuerst provisorischer Landeshauptmann und gleich bei der ersten Sitzung des Landtags zum Landeshauptmann von Tirol gewählt. Er übte dieses Amt gleichfalls bis zu seinem Tode aus. In beide Funktionen wurde er 1949 wiedergewählt.

Weißgatterers Hauptaufgaben bestanden in der Bekämpfung der Lebensmittelknappheit der Nachkriegszeit, der Schaffung von Wohnraum und dem Vermitteln zwischen der Bevölkerung und der französischen Besatzungsmacht. Außerdem bemühte er sich um den Ausbau der Wasserkraft und um die Linderung der Wohnungsnot. Innerparteilich war er jedoch nicht immer unumstritten, weil er eine Reihe von Mitläufern bzw. ehemaligen NSDAP-Mitgliedern in das Amt der Tiroler Landesregierung holte. So gab es deswegen 1947 Bestrebungen, ihn vom Amt des Landeshauptmanns zu entfernen, wobei auch seine ehemalige NSDAP-Mitgliedschaft eine Rolle spielte. Mangels personeller Alternativen versandeten jedoch diese Bestrebungen.

Sie erledigten sich dann durch den plötzlichen und unvorhergesehenen Tod Weißgatterers. Er nahm an dem Begräbnis des Bauernbund-Ehrenobmanns und ehemaligen Reichsratsabgeordneten Alois Haueis in Zams bei Landeck teil. Während des Begräbniszuges zum Friedhof befiel ihm Übelkeit, er ging in das nächstliegende Haus und verstarb dort an einem Herzschlag. Sein Sohn war Gunther Weißgatterer (AIn). An den Begräbnisfeierlichkeiten für Weißgatterer in Innsbruck nahmen u. a. Bundeskanzler Leopold Figl (Nc) – er übte zu diesem Zeitpunkt wegen das Ablebens von Karl Renner auch die Funktion des Bundespräsidenten aus – und Außenminister Karl Gruber (AW) teil.

Werke:

Untersuchungen über anorganische Bestandteile des Aeroplankton (Vet.-Med. Diss. 1926).

Quellen und Literatur:

Austrier-Blätter Nr. 20, 1951, S. 630–637.
Schober, Richard: Geschichte des Tiroler Landtages im 19. und 20. Jahrhundert. Mit einem Beitrag von Eberhard Lang. Innsbruck 1984, S. 464, 539f.
Gehler, Michael: Die Volkspartei in Tirol 1945–1994, in: Volkspartei – Anspruch und Realität. Zur Geschichte der ÖVP seit 1945 (= Schriftenreihe des Forschungsinstituts für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg, Band 2). Hg. von Robert Kriechbaumer (R-J) und Franz Schausberger (Rp). Wien 1995, S. 653f.
Biographisches Handbuch des Tiroler Landtages und der Tiroler Landesregierung 1945–2007. Hg. von Thomas Hofbauer. Innsbruck 2006, S. 142f.
Krispel, Markus: Landeshauptmann Alfons Weißgatterer (1898–1951), sein politischer Aufstieg – eine Skizze. Innsbruck phil. Dipl.-Arb. 2007
Wladika, Michael: Zur Repräsentanz von Politikern und Mandataren mit NS-Vergangenheit in der Österreichischen Volkspartei 1945–1980. Eine gruppenbiographische Untersuchung. Forschungsprojekt im Auftrag des Karl von Vogelsang-Instituts. Wien 2018 (als pdf verfügbar), S. 190–193.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 386f.