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Msgr. Dr.h.c. Emanuel Reichenberger

Msgr. Dr.h.c. Emanuel Reichenberger

Ehrenmitgliedschaften: Ferdinandea (Prag) zu Heidelberg, Nibelungia (Brünn) zu Darmstadt, Nordgau (Prag) zu Koblenz, Saxo-Bavaria-Prag in Wien

Geboren: 05.04.1888, Vilseck (Kreis Amberg. Königreich Bayern)
Gestorben: 02.07.1966, Wien
Generaldirektor des Katholischen Volksbundes der Tschechoslowakei, Weltpriester

Lebenslauf:

Emanuel (manchmal auch Emmanuel) Johannes Reichenberger absolvierte das Gymnasium in Amberg und begann danach mit dem Berufswunsch Priester das Studium der Theologie am königlich bayerischen Lyzeum in Regensburg (nach 1918 Philosophisch-Theologische Hochschule). Aufgrund des Priestermangels wechselte er nach Böhmen an die Philosophisch-Theologische Hauslehranstalt Leitmeritz (Litomerice). Dort wurde er am 14. Juli 1912 von Bischof Joseph Groß (Fd) zum Priester der Diözese Leitmeritz geweiht und war anschließend Kaplan in Röchlitz (Rochlice), das nunmehr zu Reichenberg (Liberec) gehört.

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg engagierte sich Reichenberger im 1910 gegründeten Katholischen Volksbund, wo Richard Schmitz (Nc) in der Wiener Zentralstelle Direktor war. Nach dem Krieg war er im August 1919 maßgeblich an der Gründung des „Volksbundes der deutschen Katholiken in Böhmen“ beteiligt, dessen Sitz in Reichenberg war. Ähnlich wie in Österreich war der Volksbund die zentrale Organisation des Verbandskatholizismus und daher eine wesentliche Stütze des Politischen Katholizismus.

Reichenberger wurde Generaldirektor des Katholischen Volksbundes in der gerade gegründeten Tschechoslowakei und war damit das dortige Pendent zu Jakob Fried (Am) in Österreich. Er engagierte sich auch in der sozialen Frage bzw. sozialpolitisch, weswegen er auch als „roter Kaplan“ bezeichnet wurde. Ebenso befürwortete er eine Versöhnung zwischen Deutschen und Tschechen und forderte 1931 eine Zusammenarbeit der deutschen und tschechischen Katholiken. Er war auch ein entschiedener Gegner der kryptonationalsozialistischen Sudetendeutschen Partei Konrad Henleins.

Während der Zuspitzung der Sudetenkrise sprach Reichenberger am 16. September 1938 im tschechoslowakischen Rundfunk (Radio Prag) und verurteilte den geforderten Anschluß der Sudetengebiete an das Deutsche Reich: „Wir stehen vor dem Rande des Abgrunds. Eine ungehemmte Kampagne des Hasses hat ihre ersten Opfer gefordert. Ich spreche als Deutscher, der sein Volk und seine Heimat liebt und der sie vor der Zerstörung behüten will. […] Sudetendeutsche Männer und Frauen: Denkt an eure Verantwortung vor Gott, eurer Heimat und unserem Volke.“

Als es dann nach dem Münchener Abkommen Anfang Oktober 1938 zur Abtretung der Sudetengebiete gekommen war, wechselte Reichenberger in das Gebiet der Rest-Tschechoslowakei und emigrierte dann nach Frankreich. Von dort zog er im Sommer 1939 nach Großbritannien, wo er sich um sudetendeutsche Flüchtlinge kümmerte. 1940 ging er in die USA, wo er sich auch seelsorglich betätigte („Father Emanuel Reichenberger“). So war er u. a. Präses der Kolpingfamilie in Chicago. Seit 1. August 1944 war er auch Vizepräsident des Demokratischen Sudeten-Komitees (Democratic Sudeten Committee). In Deutschland hingegen wurde er im Frühjahr 1940 vom Reichssicherheitshauptamt auf die Sonderfahndungsliste gesetzt. In den USA wechselte zur Diözese Rapid City (South Dakota), deren Diözesanpriester er bis zu seinem Tode blieb.

Bereits im April 1945 reiste Reichenberger im Gefolge der US-Army in das deutsche Siedlungsgebiet der Tschechoslowakei und dokumentierte dort die Übergriffe und Verbrechen im Zuge der Vertreibung der Deutschen. Allerdings mußte er bald die Tschechoslowakei verlassen, kehrte zuerst in die USA zurück, wo er dann in Chicago lebte und von dort die „Care-Paket-Aktion“ mitorganisierte. Er zog Ende der vierziger Jahre wieder nach Europa, um zuerst von Bayern aus Hilfsaktionen für die sudetendeutschen Flüchtlinge zu organisieren und sich schriftstellerisch zu betätigen („Vater der Heimatvertriebenen“). In diesem Zusammenhang wandte er sich auch gegen die These der deutschen Kollektivschuld und prangerte die gewaltsame Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei an. Dafür wurde er kritisiert.

Reichenberger zog um 1950 nach Graz, von wo er aus wirkte und wo ihm die Theologische Fakultät der Universität am 7. Juni 1952 das Ehrendoktorat verlieh. Aus diesem Anlaß veranstaltete die Österreichische Hochschülerschaft der beiden Grazer Hochschulen am Vorabend der Ehrenpromotion einen Fackelzug, an denen gemeinsam der CV und die schlagenden Verbindungen teilgenommen hatten, was für Grazer Verhältnisse beachtenswert war. So heißt es in einer Zeitungsmeldung: „Die Studenten und mit ihnen die Bevölkerung der Landeshauptstadt bereiteten dem Anwalt der Heimatvertriebenen […] eine Ehrung, wie sie das studentische Graz wohl schon lange nicht mehr erlebt hat. […] Father Reichenberger dankte der studentischen Kundgebung, zu der sich ohne Unterschied der Konfessionen und Sonderinteressen die Studenten entschlossen hatten.“

Gegen Ende der fünfziger Jahre siedelte Reichenberger nach Wien, wo er dann bis zu seinem Tod lebte und sich für die Sudetendeutschen einsetzte sowie Vertriebenenseelsorger war. Papst Johannes XXIII. ernannte ihn zum Päpstlichen Geheimkämmerer (Msgr.). Von Amberg und Vilseck wurde er zum Ehrenbürger ernannt, und in Amberg wurde eine Straße nach ihm benannt.

Die Ehrenmitgliedschaftsverleihung der Ferdinandea Prag (nunmehr Heidelberg) an Reichenberger steht mit seinem frühen Engagement für den Verbandskatholizismus in Zusammenhang. Es folgten dann jene der Nibelungia Brünn (nunmehr Darmstadt) und nach dem Krieg des Nordgau Prag zu Koblenz sowie der Saxo-Bavaria Prag zu Wien. Er wurde in Altötting (Niederbayern) begraben.

Werke:

Judas über Sudetenland (1938).
Ostdeutsche Passion (1948; Nachdruck als Sudetendeutsche Passion, 1995).
Fahrt durch besiegtes Land (1950).
Europa in Trümmern (1950).
Besuch bei armen Brüdern (1051).
Wider Willkür und Machtrausch (1955).
Heimat der Sudetendeutschen (1967).

Quellen und Literatur:

Diözesanarchiv Wien. Priesterdatenbank.
Verbindungsarchiv Ferdinandea (Rudolf Geser, 27. 1. 2018).
https://de.wikipedia.org/wiki/Emmanuel_Reichenberger
Fünfundsiebzig Jahre Carolina. Geschichte der katholischen österreichischen Hochschulverbindung Carolina in Graz. In drei Teilen. Graz o. J. (1963), S. 354f.
Šebek, Jaroslav: Sudetendeutscher Katholizismus auf dem Kreuzweg. Politische Aktivitäten der sudetendeutschen Katholiken in der Ersten Tschechoslowakischen Republik in den 30er Jahren (= Kirche und Gesellschaft im Karpaten-Donauraum Bd. 2). Münster 2010, S. 30f. und 103.