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LH Abg. z. NR Reichsrats-Abg. Präl. Johann Nepomuk Hauser

LH Abg. z. NR Reichsrats-Abg. Präl. Johann Nepomuk Hauser

Ehrenmitgliedschaften: Norica, Marco-Danubia, Kürnberg, Carolina

Geboren: 24.03.1866, Kopfing (Bezirk Schärding, Oberösterreich)
Gestorben: 08.02.1927, Linz
Gleichberechtigter Präsident der Provisorischen Nationalversammlung (Staatsoberhaupt), Landeshauptmann (Oberösterreich), Zweiter Präsident der Konstituierenden Nationalversammlung, Reichsratsabgeordneter, Nationalratsabgeordneter, Landtagsabgeordneter (Oberösterreich), Weltpriester

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSBILDUNG

Hauser wurde als Sohn eines Gastwirts und Fleischhauers geboren, dessen Vater nach 1800 aus dem Passauer Raum nach Oberösterreich gezogen war. Aufgewachsen ist Hauser in Natternbach (Bezirk Grieskirchen), wo er die Volksschule besuchte. Zwischen 1877 und 1885 absolvierte er das Jesuiten-Gymnasium Aloisianum in Linz und studierte anschließend an der dortigen Philosophisch-Theologischen Hauslehranstalt, wo er 1889 zum Priester geweiht wurde. Danach war er als Kaplan eingesetzt, schied jedoch 1891 wegen einer Halskrankheit aus dem Seelsorgedienst.

Hauser wurde daraufhin Sekretär des Oberösterreichischen Volkskredits, dessen Posten er nominell bis zu seinem Tode innehatte. In der Folge übernahm er ab 1897 weitere Funktionen in den maßgeblichen Organisationen der katholisch-konservativen Volksbewegung (Katholischer Volksverein, Katholischer Preßverein), womit er die Voraussetzung für seine folgende politische Laufbahn legte.

HAUSER ALS LANDESHAUPTMANN

Hauser wurde 1899 bei einer Ersatzwahl für einen ausscheidenden Abgeordneten in den oberösterreichischen Landtag gewählt, dem er ab 14. Juni 1899 bis zu seinem Tode ununterbrochen angehört hatte. Das waren 27 Jahre und fast acht Monate. Am 4. Mai 1908 wurde er von Kaiser Franz Joseph I. als Nachfolger von Alfred Ebenhoch (AIn) zum Landeshauptmann ernannt, nachdem er bereits ab 1902 Mitglied des Landesausschusses war. Er bekleidete das Amt des Landeshauptmanns bis zu seinem Tod, das waren 18 Jahre und drei Monate.

Hauser bemühte sich in der Zeit bis 1914 im Rahmen der damaligen Verfassung der Monarchie um eine eigenständige autonome Landesverwaltung. Durch unpopuläre Maßnahmen versuchte er, die Landesfinanzen zu sanieren und das Landes- sowie Gemeindewahlrecht zu demokratisieren. Ebenso gelang es ihm vor 1907, also noch bevor er Landeshauptmann war, durch sein ausgleichendes Wesen und mit Unterstützung Ebenhochs, den Übergang von den Katholisch-Konservativen zu den Christlichsozialen reibungslos zu gestalten.

In der Zeit von 1914 bis 1918 bemühte sich Hauser um die Milderung harter militärischer Maßnahmen (Beschlagnahmung von Vieh, Lebensmittel etc.). In der Umbruchszeit des Jahres 1918 galt seine Hauptsorge den Sicherheitsverhältnissen. Durch die Schaffung eines von allen Parteien beschickten Sicherheitsausschusses aber auch durch persönlichen Mut konnte er dazu beitragen, daß sich revolutionäre Ausschreitungen in Oberösterreich in Grenzen hielten.

Nach 1918 vertrat Hauser gegenüber den Zentralstellen einen vernünftigen Föderalismus und bemühte sich, daß das Land nach dem Krieg wirtschaftlich rasch gesundet. Das geschah u. a. durch einen modernen Ausbau des Straßennetzes, die verkehrsmäßige Erschließung auch kleiner Gemeinden durch Autobusse und die Forcierung der Elektrizität.

HAUSER ALS SCHLÜSSELFIGUR IN DE JAHREN 1917 BIS 1920

Am 28. Mai 1909 wurde Hauser bei einer Nachwahl in das Abgeordnetenhaus des Reichsrates gewählt, dem er dann ab 3. Juni angehörte. Damit bestieg er die politische Bühne der österreichischen Reichshälfte bzw. dann des Bundes. Bei den Reichsratswahlen 1911 wurde er wiedergewählt. Dem Abgeordnetenhaus, der Provisorischen Nationalversammlung, der Konstituierenden Nationalversammlung sowie dem Nationalrat gehörte er ununterbrochen bis zu dessen Tode an. Das waren 17 Jahre und fast fünf Monate.

Hausers Stunde in der Reichs- bzw. Bundespolitik schlug im Jahr 1917. Kaiser Karl I. beabsichtigte, das lange Zeit nicht mehr tagende Abgeordnetenhaus des Reichsrates wieder einzuberufen, wobei er die Wahlperiode des 1911 gewählten Parlaments wegen des Krieges verlängerte. Das stand auch im Zusammenhang mit dem Versuch einer Parlamentarisierung des Regierungssystems, wie das zeitlich parallel auch im deutschen Reichstag zu beobachten war. Dort war der Fraktionsführer des Zentrums der spätere Reichskanzler Konstantin Fehrenbach (Hr).

Aufgrund dieser Entwicklung war daher die Wahl eines neuen Klubvorstands der Christlichsozialen notwendig geworden. Am 15. Mai 1917 wurde nun Hauser zum Klubobmann (Fraktionsführer) gewählt. Damit hatte er für die kommenden zweieinhalb entscheidenden Jahre eine wichtige politische Position inne. Nach einer Wiederwahl bekleidete er diese Funktion bis zum 25. Oktober 1919. Er trat damals zurück, weil es zu Differenzen über die Zusammensetzung der Friedensdelegation, der erneut gestellten Koalitionsfrage nach Abschluß des Friedensvertrages aber auch mit der Wiener Gruppe der Christlichsozialen Partei, besonders mit dem sich zunehmend in den politischen Vordergrund gelangenden Ignaz Seipel (Nc EM), gekommen war.

Als beim Zusammenbruch der Monarchie bzw. der Ausrufung der Republik der Parteivorsitzende der Christlichsozialen, Alois Prinz zu Liechtenstein (AW EM), zurücktrat, wurde Hauser am 26. November 1918 zu seinem Nachfolger gewählt. Diese Funktion übte er bis zum 1. März 1920 aus. Sein Nachfolger wurde dann für kurze Zeit Leopold Kunschak (Nc EM).

Als sich aufgrund eines kaiserlichen Manifestes die deutschsprachigen Abgeordneten des Reichsrates am 21. Oktober 1918 im niederösterreichischen Landhaus zur Provisorischen Nationalversammlung konstituierten, wurde Hauser zu einem der drei gleichberechtigten Präsidenten der Nationalversammlung gewählt. Diese drei bildeten ab dem 12. November 1918 (Ausrufung der Republik) ein kollektives Staatsoberhaupt. Ebenso wurde Hauser in den Staatsrat als „Vollzugsausschuß“ gewählt, den jeweils alternierend die Präsidenten leiteten. Diese Funktionen übte Hauser bis zum 4. März 1919 aus.

An diesem Tag konstituierte sich die aus den ersten freien Wahlen hervorgegangene verfassungsgebende Nationalversammlung, bei der die Sozialdemokraten stärkste Partei wurden. Sie stellten nun deren Präsidenten. Hauser wurde Zweiter Präsident. Bei den ersten Nationalratswahlen im Herbst 1920 wurden die Christlichsozialen jedoch stärkste Partei. Hauser lehnte das Angebot, Präsident des Nationalrats zu werden, ab. Ebenso lehnte er eine Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten ab. Er konzentrierte sich wieder politisch auf Oberösterreich. Dort hat es wegen seines starken bundespolitischen Engagements bereits Kritik in den eigenen Reihen, so von dessen Nachfolger Josef Schlegel (Nc), gegeben.

Hauser hatte also in dieser schwierigen Umbruchszeit nicht nur eine staatsoberhauptliche Funktion wahrzunehmen, sondern die politisch wichtigen Ämter eines Parteivorsitzenden sowie Fraktionsführers inne. Durch sein vermittelndes Wesen half er entscheidend mit, daß die Christlichsoziale Partei in der Auseinandersetzung um die Staatsformfrage nicht auseinanderbrach. Es galt damals nicht nur die Debatten um Monarchie oder Republik zu kanalisieren, sondern auch die um einen Anschluß an das Deutsche Reich.

WÜRDIGUNG

Hausers Schwerpunkt seines 30jährigen politischen Wirkens lag deutlich in Oberösterreich, auch wenn sein starkes Engagement zwischen 1917 bis 1920 auf Reichs- bzw. Bundesebene dies zu überdecken scheint. Innerhalb der Christlichsozialen Partei vertrat er in der Umbruchszeit den demokratischen Flügel, während Seipel das monarchische Prinzip noch zu retten versuchte. Hauser gehörte 1917 auch zu jenen, die die Einberufung des Reichsrates vertraten. Auch war er ein überzeugter Verfechter einer großen Koalition und hatte ein ordentliches Verhältnis zur Sozialdemokratie.

Hauser hatte 1918/19 mehr für den reibungslosen Transformationsprozeß und für eine Kontinuität getan als so mancher anderer aus den eigenen oder den anderen politischen Reihen, die in der historische Erinnerung in den Vordergrund gerückt sind. Wie die meisten Österreicher vertrat auch er damals den Anschluß ans Deutsche Reich, wobei er immer von „Zusammenschluß“ sprach. Diese Haltung war sicherlich auch durch seine bayerische Herkunft beeinflußt worden. Er sah aber in einem solchen „Zusammenschluß“ eher eine mittel- oder langfristige Perspektive. Zuerst hätte Österreich wirtschaftlich gesunden müssen.

Hauser war Priester – 1913 wurde ihm der Titel Päpstlicher Hausprälat verliehen – , aber diese Funktion schob er in seiner politischen Tätigkeit nie besonders in der Vordergrund. Aufgrund seines ausgleichenden Charakters gehörte er nicht zu jenem Typus eines „Priesterpolitikers“, der dann später zu Reibungspunkten mit dem weltanschaulichen Gegner Anlaß gab und sogar zum Schaden für die Kirche gereichte (Kirchenaustrittsbewegung).

Mit den Linzer Bischöfen Franz Maria Doppelbauer (AW EM) und Rudolf Hittmair hatte Hauser ein gutes, teils sogar herzliches Einvernehmen. Als Hittmair 1915 starb, waren Bestrebungen im Gange, Hauser zum Bischof zu machen – damals ernannte noch der Kaiser die Bischöfe. Es wurde dann Johannes Maria Gföllner Bischof, eine manchmal recht eigenwillige Persönlichkeit, die zunehmend zu Differenzen zwischen diesem und Hauser führten. Doch unmittelbar vor dessen Tod gab es eine Aussöhnung mit dem Bischof.

Hauser ist nur knapp 61 Jahre alt geworden, was auch sicherlich an seiner aufreibenden, langen politischen Tätigkeit lag. Er wurde in Wilhering begraben.

Quellen und Literatur:

Honeder, Josef: Johann Nepomuk Hauser. Landeshauptmann von Oberösterreich. Linz 1973. (Wien phil. Diss. 1964)
Slapnicka, Harry: Oberösterreich. Die politische Führungsschicht 1918 bis 1938 (= Beiträge zur Zeitgeschichte Oberösterreichs 3). Linz 1976, S. 119–124.