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Abt.Ltr. i.R. Dr. Helmut Steinacker

Abt.Ltr. i.R. Dr. Helmut Steinacker

Urverbindung: Norica (30.01.1948)

Bandverbindungen: AW

Geboren: 22.07.1926, Hollabrunn (Niederösterreich)
Gestorben: 30.06.2015, Wien
ÖCV-Amtsträger (Academiaamt), Abteilungsleiter (Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft)

Lebenslauf:

HERKUNFT, AUSBILDUNG UND BERUFLICHER WERDEGANG

Stein­acker wurde als Sohn eines Leh­rer­ehe­paa­res ge­bo­ren und ab­sol­vier­te 1943 das Gym­na­si­um in Sto­cker­au (Kriegs­ma­tu­ra). An­fang 1944 wurde er zum Reichs­ar­beits­dienst und am 3. Juni 1944 zur Deut­schen Wehr­macht ein­ge­zo­gen (letz­ter Dienst­grad: Fah­nen­jun­ker-Feld­we­bel). Er ge­riet in US-Kriegs­ge­fan­gen­schaft. Nach sei­ner Rück­kehr be­gann er das Stu­di­um der Ge­schich­te, Ger­ma­nis­tik und Zei­tungs­wis­sen­schaf­ten an der Phi­lo­so­phi­schen Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät (Dr. phil. 1949), wo er der No­ri­ca bei­trat (Cou­leur­na­me Pa­pa­ge­no). Sein Leib­bursch war Wal­ter Pul­tar (Nc, Cl).

Stein­acker fand nach dem Stu­di­um zu­erst eine An­stel­lung im Bun­des­kanz­ler­amt (Bun­des­pres­se­dienst), wech­sel­te je­doch im Mai 1951 in die Kam­mer für die ge­werb­li­che Wirt­schaft Wien, wo er ab 1953 im dor­ti­gen Pres­se­re­fe­rat tätig war. 1964 wurde er Lei­ter des Pres­se­re­fe­ra­tes bzw. der Pres­se­ab­tei­lung der Bun­des­kam­mer der ge­werb­li­chen Wirt­schaft (nun­mehr Wirt­schafts­kam­mer Ös­ter­reich). 1984 ging er in die­ser Funk­ti­on in den Ru­he­stand. Sein Nach­fol­ger wurde Hu­bert Feichtl­bau­er (Kb).

STEINACKER ALS LEITER DES ACADEMIA-AMTES

Als 1949 die „Ös­ter­rei­chi­sche Aca­de­mia“ ge­grün­det wurde, ist auch das Aca­de­mia-Amt er­rich­tet wor­den, des­sen Lei­ter auch Mit­glied des ÖCV-Bei­ra­tes war (nun­mehr Mit­glied der Ver­bands­füh­rung). Als sol­cher war in­ner­halb des ÖCV der „po­li­tisch“ Ver­ant­wort­li­che für die „Aca­de­mia“. Zum ers­ten Lei­ter wurde Ernst Mar­boe (Baj), da­mals Be­am­ter im Bun­des­pres­se­dienst des Bun­des­kanz­ler­am­tes, spä­ter Lei­ter der Bun­des­thea­ter, ge­wählt. Da er auf­grund sei­ner ex­po­nier­ten be­ruf­li­chen Stel­lung nicht sel­ber die re­dak­tio­nel­le Lei­tung aus­üben konn­te, be­trau­te er nach Rück­spra­che mit der Ver­bands­füh­rung mit die­ser Auf­ga­be Stein­acker.

Nach dem un­er­war­te­ten Tod von Mar­boe (28. Sep­tem­ber 1957) wurde Stein­acker zum Lei­ter des Aca­de­mia-Amtes be­stellt bzw. ge­wählt, be­hielt sich aber noch die re­dak­tio­nel­le Lei­tung vor. Nach­dem er in die Bun­des­kam­mer wech­sel­te, wurde das für ihn immer schwie­ri­ger, so daß er sich mit Zu­stim­mung der Ver­bands­füh­rung eben­so eines re­dak­tio­nel­len Lei­ters be­dien­te, und das war Gerd Rit­ten­au­er (Rd), ein Mit­ar­bei­ter von ihm in der Bun­des­kam­mer, was die Sache für beide in der Ab­wick­lung ver­ein­fach­te.

In­spi­riert u. a. von der Ein­be­ru­fung eines Kon­zils durch Papst Jo­han­nes XXIII., das Re­for­men brin­gen soll­te, und durch die „Re­for­mer“ in­ner­halb der ÖVP reg­ten sich im ÖCV ab Be­ginn der sech­zi­ger Jahre in­ner­halb der Ak­ti­ven­schaft ver­mehrt Re­form­grup­pen. Dazu zähl­te auch die Hoch­schul­re­form­grup­pe in der Aus­tria Wien und in der No­ri­ca. Platt­form für diese re­form­ori­en­tier­ten CVer wurde die Ver­bands­zeit­schrift „Aca­de­mia“. Das führ­te un­wei­ger­lich zu Kon­flik­ten. Zum einen spreng­te die Aca­de­mia, ein von einem „Ver­eins­vor­stand“ her­aus­ge­ge­be­nes und von Mit­glieds­bei­trä­gen grö­ß­ten­teils fi­nan­zier­tes Organ, die jour­na­lis­ti­sche Enge eines „Ver­eins­blat­tes“, das die Dis­kus­si­on nicht scheut. Zum an­de­ren zeig­te die Re­dak­ti­on deut­li­che Sym­pa­thi­en für die Re­form­be­we­gun­gen in Kir­che und Po­li­tik und stell­te sie sich damit in Ge­gen­satz zu jenen, die die­sen Re­for­men kri­tisch bis ab­leh­nend ge­gen­über­stan­den.

Es waren zu­erst kirch­li­che The­men, die wi­der­sprüch­li­che Kri­tik her­vor­rie­fen. Nach­dem schon im April 1962 ein Ar­ti­kel den Unmut des Se­kre­tärs der Bi­schofs­kon­fe­renz, Al­fred Kos­tel­ecky (Rd), her­vor­ge­ru­fen hatte, kam es in­fol­ge eines Bei­trags von Man­fred Leeb (AW) in der Fe­bru­ar-Num­mer 1964 zu neu­er­li­chen Auf­ge­regt­hei­ten. Die Ver­bands­füh­rung ver­häng­te über Leeb ein Schreib­ver­bot, was wie­der­um zu einer Ge­gen­re­ak­ti­on des Wie­ner Se­nio­ren­con­vents ge­führt hatte. Nach einer ge­wis­sen Be­ru­hi­gung kam es wie­der zu einer Auf­re­gung An­fang 1965, als Leeb fast zur Gänze die Ja­nu­ar-Num­mer, die sich vor­wie­gend mit re­li­gi­ös-theo­lo­gi­schen Fra­gen im Sinne der kon­zi­lia­ren Auf­bruch­stim­mung be­schäf­tig­te, be­stritt. Aber auch diese Sache be­ru­hig­te sich wie­der, da an­de­re Fra­gen – etwa die Af­fä­re um Taras Bo­ro­da­jke­wy­cz (ehe­mals Nc) – im Vor­der­grund stan­den.

Rit­ten­au­er ge­stal­te­te die Juni/Juli-Aca­de­mia-Num­mer 1965, die erste Num­mer nach der Car­tell­ver­samm­lung. Über diese wurde in einem nicht ge­zeich­ne­ten Ar­ti­kel iro­nisch-di­stan­ziert und mit pro­vo­kan­ten Zwi­schen­über­schrif­ten (Thema ver­fehlt-un­ge­nü­gend; Floh­markt­stim­mung; War halt doch ein schö­nes Fest) über die CVV be­rich­tet, und das war na­tür­lich dem da­ma­li­gen Vor­ort Aus­tria-Inns­bruck nicht ge­nehm. Wie spä­ter be­kannt wurde, war Wer­ner A. Per­ger (ehe­mals AW) der Ver­fas­ser die­ses Bei­trags. Die Ver­bands­füh­rung hat nun. of­fen­bar hin­ter dem Rü­cken Stein­ackers und ohne ihn zu in­for­mie­ren, be­schlos­sen, die Ge­stal­tung der Au­gust/Sep­tem­ber-Num­mer sel­ber, d. h. durch den Vor­ort, zu über­neh­men. Davon er­fuhr Stein­acker im nach­hin­ein und pro­tes­tier­te.

Auf der Sit­zung der Ver­bands­füh­rung am 29. Sep­tem­ber 1965 kam nun die­ses Vor­ge­hen zur Spra­che. Das führ­te nun zu einer Kon­fron­ta­ti­on zwi­schen dem Amts­trä­ger Stein­acker und dem Vor­ort unter dem Vor­orts­prä­si­den­ten Kon­rad Ho­fin­ger (AIn), der glaub­te, in der Ent­fer­nung des Re­dak­teurs Rit­ten­au­er die Aca­de­mia-Krise be­rei­ni­gen zu kön­nen. Der Vor­ort woll­te an­statt Rit­ten­au­er He­ri­bert Stein­bau­er (AW) auf diese Po­si­ti­on haben und hatte be­reits unter Aus­schal­tung Stein­ackers mit ihm Kon­takt auf­ge­nom­men.

Ende No­vem­ber kam es dann zu der ent­schei­den­den Sit­zung der Ver­bands­füh­rung. Stein­acker sah in den Vor­ver­hand­lun­gen des Vor­orts einen gro­ben Ein­griff in seine Ge­schäfts­füh­rung und kri­ti­sier­te, daß seit Mo­na­ten ohne sein Wis­sen ver­han­delt wurde. Ho­fin­ger kon­ter­te da­ge­gen, daß die „Aca­de­mia“ in der der­zei­ti­gen Form den Ver­bands­in­ter­es­sen wi­der­spre­che. Auf sei­nen An­trag be­schloß die Ver­bands­füh­rung ein­stim­mig, bis zur CVV 1966 dem Amts­trä­ger einen ge­schäfts­füh­ren­den Re­dak­teur bei­zu­ge­ben, der unter jenem der Ver­bands­füh­rung für die Ge­stal­tung der „Aca­de­mia“ ver­ant­wort­lich ist. Er­war­tungs­ge­mäß wurde Stein­bau­er dazu be­stimmt. Stein­acker wurde 48 Stun­den Be­denk­zeit ge­währt, der aber sei­nen Stand­punkt nicht än­der­te.

In die­ser ver­fah­re­nen Si­tua­ti­on ver­such­te der Vor­sit­zen­de der Ver­bands­füh­rung, Edu­ard Cha­loup­ka (Baj), einen Aus­weg. An­fang De­zem­ber kam es daher zu einem Ge­spräch zwi­schen ihm und Stein­acker. Da­nach soll­te er die re­dak­tio­nel­le Lei­tung der „Aca­de­mia“ wie­der un­mit­tel­bar über­neh­men, und Rit­ten­au­er soll­te im Im­pres­sum nicht mehr auf­schei­nen. Dem stimm­te Stein­acker zu, wor­auf­hin die Ver­bands­füh­rung be­schlos­sen hatte, von der Durch­füh­rung der ur­sprüng­li­chen Be­schlüs­se (Be­stel­lung Stein­bau­ers) Ab­stand zu neh­men. Doch der Frie­de war nur ein schein­ba­rer. Zwar schien Rit­ten­au­er for­mal nicht mehr auf, aber an der be­ruf­li­chen Be­las­tung Stein­ackers hat sich ja nichts ge­än­dert. Auch wenn er for­mal die Re­dak­ti­ons­lei­tung wie­der sel­ber über­nom­men hatte, die Ar­beit an sich mußte ja wer an­de­rer ma­chen, und der war wei­ter­hin im Hin­ter­grund Rit­ten­au­er, was dem Vor­ort nicht ver­bor­gen blieb. Der Vor­ortsau­schuß hatte sich daher in sei­ner Sit­zung am 1. Fe­bru­ar 1966 mit die­ser Frage zwangs­läu­fig be­fas­sen müs­sen, um nicht sein Ge­sicht zu ver­lie­ren, und be­schlos­sen, daß die „Aca­de­mia“ ihr Er­schei­nen bis zur nächs­ten Car­tell­ver­samm­lung ein­stel­len soll. Stein­acker hatte das Trei­ben des Vor­orts gegen ihn of­fen­bar satt und gab fol­gen­de Er­klä­rung ab: Der VOP ver­lan­ge die Be­sei­ti­gung Rit­ten­au­ers. Dafür sehe er kei­nen Anlaß, er trete daher zu­rück. Die Ver­bands­füh­rung hat sei­nen Rück­tritt zur Kennt­nis ge­nom­men.

Stein­bau­er wurde zu­erst pro­vi­so­risch und dann auf der nächs­ten CVV zum neuen Aca­de­mia-Amts­trä­ger ge­wählt. Der bis­lang zum Aca­de­mia-Amt ge­hö­ren­de Pres­se­dienst wurde zu einem ei­ge­nen In­for­ma­ti­ons­amt, zu des­sen Amts­trä­ger Kurt Berg­mann (Dan) ge­wählt wurde. Stein­bau­er hin­ge­gen führ­te den bis­he­ri­gen Kurs der „Aca­de­mia“ fort, was dann in den fol­gen­den Jah­ren neu­er­lich zu Kon­flik­ten füh­ren soll­te.

Stein­acker wurde auf In­itia­ti­ve von Leeb im No­vem­ber 1963 Band­phi­lis­ter h. c. der Aus­tria Wien. Weil er ver­mut­lich von sei­ner Ur­ver­bin­dung No­ri­ca nicht die nö­ti­ge Un­ter­stüt­zung in den Aus­ein­an­der­set­zun­gen er­hal­ten hatte – er wurde dort im April 1964 von äl­te­ren Mit­glie­dern wegen des Kur­ses der „Aca­de­mia“ kri­ti­siert – , fand er sei­nen Aus­sa­gen zu­fol­ge in der Aus­tria „eine neue CV-Hei­mat“..

Im März 2015 mußte Stein­acker wegen einer Sep­sis ins Kran­ken­haus ge­bracht wer­den, wo er Ende Juni ver­starb. Er wurde auf dem Ot­ta­krin­ger Fried­hof bei­ge­setzt. Am of­fe­nen Grab san­gen Char­gier­te der No­ri­ca und der Aus­tria Wien das Stu­den­ten­lied „Es hat­ten drei Ge­sel­len“.

Quellen und Literatur:

VerbindungsarchivNorica. Fiducit unseren Verstorbenen. Nachrufe verfaßt von Georg Schmitz, Wintersemester 2015/16, S. 10.
Hartmann, Gerhard (Baj): Die Ära Chaloupka im österreichischen CV. Eduard Chaloupka als Vorsitzender des ÖCV-Beirates und der Verbandsführung von 1955 bis zu seinem Tod 1967, in: Für Volk und Glauben leben, Für Volk und Glauben leben. Festschrift für Eduard Chaloupka. Hg. von Nicolaus Drimmel. Wien 2002, S. 134–139.
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 624 – 628, 735.