Lebenslauf:
HERKUNFT, AUSBILDUNG UND BERUFLICHER WERDEGANG
Steinacker wurde als Sohn eines Lehrerehepaares geboren und absolvierte 1943 das Gymnasium in Stockerau (Kriegsmatura). Anfang 1944 wurde er zum Reichsarbeitsdienst und am 3. Juni 1944 zur Deutschen Wehrmacht eingezogen (letzter Dienstgrad: Fahnenjunker-Feldwebel). Er geriet in US-Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Rückkehr begann er das Studium der Geschichte, Germanistik und Zeitungswissenschaften an der Philosophischen Fakultät der Universität (Dr. phil. 1949), wo er der Norica beitrat (Couleurname Papageno). Sein Leibbursch war Walter Pultar (Nc, Cl).
Steinacker fand nach dem Studium zuerst eine Anstellung im Bundeskanzleramt (Bundespressedienst), wechselte jedoch im Mai 1951 in die Kammer für die gewerbliche Wirtschaft Wien, wo er ab 1953 im dortigen Pressereferat tätig war. 1964 wurde er Leiter des Pressereferates bzw. der Presseabteilung der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (nunmehr Wirtschaftskammer Österreich). 1984 ging er in dieser Funktion in den Ruhestand. Sein Nachfolger wurde Hubert Feichtlbauer (Kb).
STEINACKER ALS LEITER DES ACADEMIA-AMTES
Als 1949 die „Österreichische Academia“ gegründet wurde, ist auch das Academia-Amt errichtet worden, dessen Leiter auch Mitglied des ÖCV-Beirates war (nunmehr Mitglied der Verbandsführung). Als solcher war innerhalb des ÖCV der „politisch“ Verantwortliche für die „Academia“. Zum ersten Leiter wurde Ernst Marboe (Baj), damals Beamter im Bundespressedienst des Bundeskanzleramtes, später Leiter der Bundestheater, gewählt. Da er aufgrund seiner exponierten beruflichen Stellung nicht selber die redaktionelle Leitung ausüben konnte, betraute er nach Rücksprache mit der Verbandsführung mit dieser Aufgabe Steinacker.
Nach dem unerwarteten Tod von Marboe (28. September 1957) wurde Steinacker zum Leiter des Academia-Amtes bestellt bzw. gewählt, behielt sich aber noch die redaktionelle Leitung vor. Nachdem er in die Bundeskammer wechselte, wurde das für ihn immer schwieriger, so daß er sich mit Zustimmung der Verbandsführung ebenso eines redaktionellen Leiters bediente, und das war Gerd Rittenauer (Rd), ein Mitarbeiter von ihm in der Bundeskammer, was die Sache für beide in der Abwicklung vereinfachte.
Inspiriert u. a. von der Einberufung eines Konzils durch Papst Johannes XXIII., das Reformen bringen sollte, und durch die „Reformer“ innerhalb der ÖVP regten sich im ÖCV ab Beginn der sechziger Jahre innerhalb der Aktivenschaft vermehrt Reformgruppen. Dazu zählte auch die Hochschulreformgruppe in der Austria Wien und in der Norica. Plattform für diese reformorientierten CVer wurde die Verbandszeitschrift „Academia“. Das führte unweigerlich zu Konflikten. Zum einen sprengte die Academia, ein von einem „Vereinsvorstand“ herausgegebenes und von Mitgliedsbeiträgen größtenteils finanziertes Organ, die journalistische Enge eines „Vereinsblattes“, das die Diskussion nicht scheut. Zum anderen zeigte die Redaktion deutliche Sympathien für die Reformbewegungen in Kirche und Politik und stellte sie sich damit in Gegensatz zu jenen, die diesen Reformen kritisch bis ablehnend gegenüberstanden.
Es waren zuerst kirchliche Themen, die widersprüchliche Kritik hervorriefen. Nachdem schon im April 1962 ein Artikel den Unmut des Sekretärs der Bischofskonferenz, Alfred Kostelecky (Rd), hervorgerufen hatte, kam es infolge eines Beitrags von Manfred Leeb (AW) in der Februar-Nummer 1964 zu neuerlichen Aufgeregtheiten. Die Verbandsführung verhängte über Leeb ein Schreibverbot, was wiederum zu einer Gegenreaktion des Wiener Seniorenconvents geführt hatte. Nach einer gewissen Beruhigung kam es wieder zu einer Aufregung Anfang 1965, als Leeb fast zur Gänze die Januar-Nummer, die sich vorwiegend mit religiös-theologischen Fragen im Sinne der konziliaren Aufbruchstimmung beschäftigte, bestritt. Aber auch diese Sache beruhigte sich wieder, da andere Fragen – etwa die Affäre um Taras Borodajkewycz (ehemals Nc) – im Vordergrund standen.
Rittenauer gestaltete die Juni/Juli-Academia-Nummer 1965, die erste Nummer nach der Cartellversammlung. Über diese wurde in einem nicht gezeichneten Artikel ironisch-distanziert und mit provokanten Zwischenüberschriften (Thema verfehlt-ungenügend; Flohmarktstimmung; War halt doch ein schönes Fest) über die CVV berichtet, und das war natürlich dem damaligen Vorort Austria-Innsbruck nicht genehm. Wie später bekannt wurde, war Werner A. Perger (ehemals AW) der Verfasser dieses Beitrags. Die Verbandsführung hat nun. offenbar hinter dem Rücken Steinackers und ohne ihn zu informieren, beschlossen, die Gestaltung der August/September-Nummer selber, d. h. durch den Vorort, zu übernehmen. Davon erfuhr Steinacker im nachhinein und protestierte.
Auf der Sitzung der Verbandsführung am 29. September 1965 kam nun dieses Vorgehen zur Sprache. Das führte nun zu einer Konfrontation zwischen dem Amtsträger Steinacker und dem Vorort unter dem Vorortspräsidenten Konrad Hofinger (AIn), der glaubte, in der Entfernung des Redakteurs Rittenauer die Academia-Krise bereinigen zu können. Der Vorort wollte anstatt Rittenauer Heribert Steinbauer (AW) auf diese Position haben und hatte bereits unter Ausschaltung Steinackers mit ihm Kontakt aufgenommen.
Ende November kam es dann zu der entscheidenden Sitzung der Verbandsführung. Steinacker sah in den Vorverhandlungen des Vororts einen groben Eingriff in seine Geschäftsführung und kritisierte, daß seit Monaten ohne sein Wissen verhandelt wurde. Hofinger konterte dagegen, daß die „Academia“ in der derzeitigen Form den Verbandsinteressen widerspreche. Auf seinen Antrag beschloß die Verbandsführung einstimmig, bis zur CVV 1966 dem Amtsträger einen geschäftsführenden Redakteur beizugeben, der unter jenem der Verbandsführung für die Gestaltung der „Academia“ verantwortlich ist. Erwartungsgemäß wurde Steinbauer dazu bestimmt. Steinacker wurde 48 Stunden Bedenkzeit gewährt, der aber seinen Standpunkt nicht änderte.
In dieser verfahrenen Situation versuchte der Vorsitzende der Verbandsführung, Eduard Chaloupka (Baj), einen Ausweg. Anfang Dezember kam es daher zu einem Gespräch zwischen ihm und Steinacker. Danach sollte er die redaktionelle Leitung der „Academia“ wieder unmittelbar übernehmen, und Rittenauer sollte im Impressum nicht mehr aufscheinen. Dem stimmte Steinacker zu, woraufhin die Verbandsführung beschlossen hatte, von der Durchführung der ursprünglichen Beschlüsse (Bestellung Steinbauers) Abstand zu nehmen. Doch der Friede war nur ein scheinbarer. Zwar schien Rittenauer formal nicht mehr auf, aber an der beruflichen Belastung Steinackers hat sich ja nichts geändert. Auch wenn er formal die Redaktionsleitung wieder selber übernommen hatte, die Arbeit an sich mußte ja wer anderer machen, und der war weiterhin im Hintergrund Rittenauer, was dem Vorort nicht verborgen blieb. Der Vorortsauschuß hatte sich daher in seiner Sitzung am 1. Februar 1966 mit dieser Frage zwangsläufig befassen müssen, um nicht sein Gesicht zu verlieren, und beschlossen, daß die „Academia“ ihr Erscheinen bis zur nächsten Cartellversammlung einstellen soll. Steinacker hatte das Treiben des Vororts gegen ihn offenbar satt und gab folgende Erklärung ab: Der VOP verlange die Beseitigung Rittenauers. Dafür sehe er keinen Anlaß, er trete daher zurück. Die Verbandsführung hat seinen Rücktritt zur Kenntnis genommen.
Steinbauer wurde zuerst provisorisch und dann auf der nächsten CVV zum neuen Academia-Amtsträger gewählt. Der bislang zum Academia-Amt gehörende Pressedienst wurde zu einem eigenen Informationsamt, zu dessen Amtsträger Kurt Bergmann (Dan) gewählt wurde. Steinbauer hingegen führte den bisherigen Kurs der „Academia“ fort, was dann in den folgenden Jahren neuerlich zu Konflikten führen sollte.
Steinacker wurde auf Initiative von Leeb im November 1963 Bandphilister h. c. der Austria Wien. Weil er vermutlich von seiner Urverbindung Norica nicht die nötige Unterstützung in den Auseinandersetzungen erhalten hatte – er wurde dort im April 1964 von älteren Mitgliedern wegen des Kurses der „Academia“ kritisiert – , fand er seinen Aussagen zufolge in der Austria „eine neue CV-Heimat“..
Im März 2015 mußte Steinacker wegen einer Sepsis ins Krankenhaus gebracht werden, wo er Ende Juni verstarb. Er wurde auf dem Ottakringer Friedhof beigesetzt. Am offenen Grab sangen Chargierte der Norica und der Austria Wien das Studentenlied „Es hatten drei Gesellen“.
Quellen und Literatur:
VerbindungsarchivNorica. Fiducit unseren Verstorbenen. Nachrufe verfaßt von Georg Schmitz, Wintersemester 2015/16, S. 10.Hartmann, Gerhard (Baj): Die Ära Chaloupka im österreichischen CV. Eduard Chaloupka als Vorsitzender des ÖCV-Beirates und der Verbandsführung von 1955 bis zu seinem Tod 1967, in: Für Volk und Glauben leben, Für Volk und Glauben leben. Festschrift für Eduard Chaloupka. Hg. von Nicolaus Drimmel. Wien 2002, S. 134–139.
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 624 – 628, 735.