Lebenslauf:
Rudolf Hießmanseder sen. wurde zu einer Zeit geboren, als zwischen 1879 und 1901/02 in amtlichen Dokumenten die ß-Schreibung zugunsten der ss-Schreibung abgeschafft war. Daher findet sich gelegentlich die Schreibweise Hiessmanseder, weil sein Name in der Tauf- bzw. Geburtsurkunde so geschrieben steht. Er selber schrieb sich aber immer mit ß. Hießmanseder begann nach der Matura im Jahr 1900 mit dem Studium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (Dr. iur. 1905), wo er der Norica beitrat (Couleurname Rolf). Hier wirkte er 1908 an den Gründungen ihrer Tochter-Verbindungen Marco-Danubia und Franco-Bavaria mit. Der Name der Letzteren wurde von ihm vorgeschlagen.
Nach Beendigung seines Studiums trat Hießmanseder im September 1905 in den Dienst des Magistrats der Stadt Wien ein. Bürgermeister von Wien war damals Karl Lueger (Nc EM). 1914 war Hießmanseder Magistratskommissär. Aufgrund seines Gesundheitszustandes wurde er während des Ersten Weltkriegs nicht einberufen. Während des Krieges war er der Vertreter Wiens in der niederösterreichischen Volksbildungsstelle und Mitglied der Leitung des Volksbekleidungsamtes der niederösterreichischen Statthalterei. Wien war damals noch Teil Niederösterreichs.
Am 13. Juni 1922 wurde Hießmanseder zum Leiter der Magistratsabteilung 44 (Wirtschaftsamt) ernannt und erreichte zuletzt den Rang eines Obermahistratsrates. Aufgrund des partiellen Aufstandes des sozialdemokratischen Republikanischen Schutzbundes am 12. Februar 1934 wurden der Bürgermeister sowie die übrigen sozialdemokratischen Mitglieder des Stadtsenats bzw. der Landesregierung Wiens sowie die sozialdemokratischen Spitzenbeamten entlassen. Seitens des Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß (F-B) wurde Richard Schmitz (Nc) am 13. Februar zum Bundeskommissär für die Stadt Wien eingesetzt (später wurde er Bürgermeister). Am selben Tag wurde Hießmanseder von Schmitz zum Magistratsdirektor ernannt.
Ende 1935 wurde für Hießmanseder eine Auszeichnung beantragt. Die dortige Begründung beschreibt seine Tätigkeit in dieser Zeit: „Vom Bundeskommissär […] zum Magistratsdirektor ernannt, hat er bei der Neuordnung der Stadtverwaltung […] mitgewirkt. Es seien hervorgehoben: Ordnung der schwierigen Personalfragen nach dem 12. Februar 1934, Organisation der Vaterländischen Front im Bereiche der Stadtverwaltung, Schaffung der Stadtordnung, die die Grundlage für die Berufung des Bürgermeisters, der Vizebürgermeister und der Wiener Bürgerschaft [= Gemeinderat, Anm. d. Verf.] schuf, Neuorganisation des Wiener Magistrats […] (Schaffung der Bezirkshauptmannschaften) [die Bezirksvorsteher wurden damals Bezirkshauptmänner, Anm. des Verf.], Mitwirkung bei der Behebung des Wirtschaftslebens in Wien durch Änderung der Wirtschaftspolitik der Stadt, insbesondere Heranziehung der privaten Betriebe, Umbau des Abgabewesens, Aufstellung von außerordentlichen Investitionsprogrammen. Als Magistratsdirektor […] ist Dr. Hießmanseder […] zur Leitung des gesamten inneren Dienstes berufen und fungiert als unmittelbarer Stellvertreter des Bürgermeisters, als oberster Vorgesetzter des Magistrat. In dieser Eigenschaft ist ihm […] auch das gesamte Personal der städtischen Unternehmen unterstellt. Die Zahl der Angestellten und Bediensteten, die ihm unterstehen, beträgt rund 42.700.“
Aufgrund seiner hervorgehobenen Position wurde Hießmanseder nach dem Anschluß im März 1938 entlassen. Herzleidend starb er dann bereits 1942 im 61. Lebensjahr und wurde auf dem Friedhof in Wien-Inzersdorf (1/60/1) bestattet. Sei Sohn war Rudolf Hießmanseder jr. (Nc).
Quellen und Literatur:
Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsvizedirektor Heinz Hafner Am, Mitteilung 24. 10. 2017).Verbindungsarchiv Franco-Bavaria (Karl-Wolfgang Schrammel, Mitteilung vom 30. 10. 2017).