Lebenslauf:
HERKUNST, AUSBILDUNG UND BERUFLICHER WERDERGANG
Koren wurde als Sohn eines Photographenmeisters geboren. Der Familienname Koren ist slowenischen Ursprungs (dt. Wurzel). Nach sechs Jahren Volksschule in Köflach besuchte er ab 1918 das Bischöfliche Gymnasium in Graz, wo er 1927 maturierte. Danach studierte er Germanistik, Geschichte und Volkskunde (bei Viktor von Geramb) an der Philosophischen Fakultät der Universität Graz (Dr. phil. 1932).
Während des Studiums trat Koren am 18. Oktober 1928 zuerst der CV-Verbindung Traungau bei, verließ aber diese noch als Fuchs und ging dann zur KV-Verbindung Winfridia. Er war Mitbegründer der KV-Verbindung Norica und deren Gründungssenior.
Nach Beendigung seines Studiums war Koren in verschiedenen Funktionen tätig, so zuerst in Salzburg u. a. als Lektor im Verlag Anton Pustet, der damals zum Verlag Styria gehörte, und beim Salzburger Universitätsverein (Salzburger Hochschulwochen), wo er das Institut für religiöse Volkskunde leitete. 1936 holte ihn der steirische Landeshauptmann Karl Maria Stepan (Nc) nach Graz und machte ihn zum Assistenten des Volkskundemuseums beim Landesmuseum.
Bei den Salzburger Hochschulwochen 1936 wurde ein SD-Mann eingeschleust. Er verfaßte über die Vorträge und Referenten einen Bericht. Über Koren steht z. B.: „Er ist maßgeblicher katholischer Volkskundler. Er macht die Wissenschaft zur Dienerin der katholischen Theologie. Er ist maßgeblicher Vertreter der universitas catholica.“
1940 wurde Koren zur Deutschen Wehrmacht eingezogen, wo er bis 1944 war, und konnte sich nach dem Krieg Ende 1945 an der Grazer Universität für Volkskunde habilitieren. Gleichzeitig wurde er nach dem Krieg in den wissenschaftlichen Landesdienst übernommen. 1951 erhielt er den Titel eines ao. Universitätsprofessors, und 1955 wurde er als Nachfolger von Viktor von Geramb zum o. Universitätsprofessor dieses Faches an der Philosophischen Fakultät der Universität Graz ernannt (Emeritierung 1972). Ebenso war er von 1949 bis 1963 Leiter des Steirischen Volkskundemuseums in Graz.
KORENS EINSTIEG IN DIE POLITIK
Koren war beim Aufbau der Katholischen Aktion in der Steiermark bzw. der Diözese Graz-Seckau maßgeblich beteiligt und wurde daher 1950 zu deren ersten Präsidenten bestellt, welche Funktion er bis 1953 ausübte, als er in den Nationalrat einzog. Sein Nachfolger in dieser Funktion war Anton Musger (Nc). Beim Steirischen Katholikentag im Juni 1950 hielt Koren die Hauptrede.
Am 8. Januar 1953 schrieben die Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für öffentliche Angelegenheiten der KA, Alfred Berger (Cl), damals Philistersenior der Carolina, und Konrad Königswieser (Rd), Vorsitzender der Steirischen Altherrenlandesbundes des ÖCV, an den Landesparteiobmann der ÖVP, Alfons Gorbach (Cl), einen Brief, in dem sie katholische Kandidaten für die Wahlen des Jahres 1953 forderten. Auf sichere Kandidatenplätze hätte u. a. Koren gestellt zu werden. Koren wurde tatsächlich für die Nationalratswahlen als Kandidat der ÖVP nominiert und auch gewählt. Dem Nationalrat gehörte er vom 18. März 1953 bis zum 11. April 1957 an.
Am 9. April 1957 wurde Koren zum Landesrat der Steiermärkischen Landesregierung gewählt und übernahm von Tobias Udier (GlL) das Kulturressort. Nach dessen Ausscheiden aus der Landesregierung wurde er am 5. Juni 1963 zusätzlich Landeshauptmannstellvertreter, was er dann bis 14. Mai 1970 blieb. Dem steirischen Landtag gehörte er vom 11. April 1961 bis zum 9. Dezember 1963, vom 7. April 1965 bis zum 18. Oktober 1965 sowie vom 6. April 1970 bis zum 18. Oktober 1983 an.
Vom 6. April 1970 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Landtag war Koren dessen Präsident, wodurch er auch in eine Art Repräsentationsrolle, gewissermaßen als „Landespräsident“, hineinwuchs und damit weit über die Grenzen der ÖVP sowie des Landes bekannt, geschätzt und verehrt wurde.
Von 1964 bis zu seinem Tod bekleidete Koren die Funktion eines stellvertretenden Landesobmannes des ÖAAB. 1963 war er Spitzenkandidat der ÖVP bei den Grazer Gemeinderatswahlen, hatte aber gegen den populären Burgermeister Gustav Scherbaum (SPÖ) keine Chancen. Von 1967 bis 1970 war er Mitglied des Aufsichtsrates des ORF. Nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik wurde er auch Mitglied des Herausgeberkomitees der „Kleinen Zeitung“.
WÜRDIGUNG
Koren war wohl der bedeutendste und überzeugendste Kulturpolitiker, den die ÖVP nach 1945 hervorgebracht hat und der weit über die Landesgrenzen der Steiermark Bedeutung und Beachtung gefunden hatte. Es entstand in den sechziger Jahren ein kulturpolitisches Klima in diesem Land, nicht zuletzt durch die publizistische Unterstützung der „Kleinen Zeitung“ mit dem Leiter des Kulturressorts, Karl Hans Haysen (Nc), das u. a. Graz zur „heimlichen Literaturhauptstadt“ Österreichs, ja sogar des deutschsprachiges Raumes werden ließ.
„Daß die Steiermark, ja ganz Österreich nicht nur ein einziger großer Musikantenstadl sind, verdankt es auch und gerade Hanns Koren. Er hat Jahrzehnte daran gearbeitet, daß dieser nunmehr seine Kleinheit akzeptierende Staat sich dennoch eine Aura der Weite, Tiefe, ja als Ansporn, zumindest der geistigen Größe, bewahrt hat, die über die territoriale Begrenztheit hinausgreift. Koren tat dies als Wissenschaftler, vielgesuchter Redner und seit den fünfziger Jahren als Politiker.“ (Wolfgang Mantl [Nc])
Mit dem Namen Koren sind daher zahlreiche kulturpolitische Aktivitäten verbunden, die weit über die Grenzen der Steiermark und Österreichs hinausstrahlten. Dazu gehören:
1. Die Landesausstellung zum Erzherzog-Johann-Jahr 1959, dem Steirischen Gedenkjahr. Hier stand zwar die Bewahrung der Volkskultur noch im Mittelpunkt, doch wurde bereits die Öffnung für die Zukunft angedeutet. Sie war übrigens die erste Landesausstellung Österreichs nach dem Krieg noch vor den dann an Bedeutung gewonnen habenden niederösterreichischen Landesausstellungen.
2. Die Gründung des „Forums Stadtpark“ im Jahr 1960, mit der eine Öffnung zur künstlerischen und intellektuellen Avantgarde möglich wurde. In diesem Forum kristallisierte sich das zeitgenössische literarische Potential, das dann im ganzen deutschen Sprachraum bekannt wurde. Beispielhaft seien u. a. nur die Namen Peter Handke und Wolfgang Bauer erwähnt.
3. Ebenfalls 1960 wurde die Steirische Akademie als Ort des wissenschaftlichen Diskurses gegründet.
4. Mit der Ausstellung „Trigon“ ab 1963 wurden bildende Künstler aus Österreich, Jugoslawien und Italien vereint und die politisch-kulturelle geographische Idee des Alpen-Adria-Raumes vorweggenommen.
5. Die wohl bedeutendste Initiative war die Gründung des Festivals „Steirischer Herbst“ (erstmals 1970), das besonders der modernen Kunst aller Gebiete gewidmet ist.
6. Das Österreichische Freilichtmuseum für die bäuerliche Lebenswelt wurde in Stübing nach skandinavischen Vorbildern im Jahr 1970 eröffnet.
7. 1972 übernahm Koren den Vorsitz im Aktionskomitee „Rettet die Grazer Altstadt“, die letztendlich zur Klassifizierung dieser als Weltkulturerbe führte.
8. Koren setzte eine spezifische steirische Traditions- und Heimatpflege fort, die bereits vor 1938 vom damaligen Landeshauptmann Karl M. Stepan (Nc) angelegt wurde. Dabei bedeutete der Begriff Heimat für Koren nicht Enge, sondern Tiefe. Äußerlich manifestierte sich das auch, daß er seit seiner Funktion als Landesregierungsmitglied fast ausschließlich in der Öffentlichkeit in „steirischer Tracht“ (Steirer-Anzug in unterschiedlichsten Varianten) zu sehen war, so daß gelegentlich die Vermutung geäußert wurde, sein Pyjama sei auch in dieser Art.
KOREN UND DER CV
Koren war – wie erwähnt – Mitglied des KV, hatte jedoch Bezüge zum CV wie aber auch zur katholischen Jugendbewegung Bund Neuland. Im Juli 1952, also noch vor Beginn seiner politischen Laufbahn, erhielt Koren das Ehrenband Carolinas.
Die diesbezüglichen Beschlüsse wurden bereits im ersten Halbjahr 1951 gefaßt. Im Protokoll des Altherrenconvents der Carolina vom 13. April 1951 heißt es: „6. Aufnahme Univ.-Doz. Dr. Hanns Koren als Ehrenmitglied. Dr. Koren nimmt eine bedeutende Stellung ein und ist unserem Wesen und unseren Prinzipien sehr zugetan. Seine Bindung an unsere Reihen wäre ein großer Gewinn für unsere Verbindung.“
Dieser Akt ist insofern beachtenswert, weil Koren zu dieser Zeit Präsident der KA war und es damals erhebliche Konflikte zwischen dieser und dem CV gab.
Koren war auch nach seinem Ausscheiden aus der Politik aktiv, doch war ihm ein längerer Ruhestand nicht vergönnt. Nach etwas mehr als zwei Jahren starb er im Krankenhaus und wurde in St. Bartholomä bei Köflach, wo er seinen Alterssitz hatte, begraben.
Werke:
(Auswahl)Volksbrauch im Kirchenjahr. Ein Handbuch (1934).
Volkskunde als gläubige Wissenschaft (1936).
Pflug und Arl. Ein Beitrag zur Volkskunde der Ackergeräte (1950, Habilitationsschrift)
Volkskunde in der Gegenwart (1952).
Die Spende. Eine volkskundliche Studie über die Beziehung „Arme Seelen – arme Leute“ (1954)
Verwandlung der Heimat. Reden u. Vorträge (1972).
Bauernhimmel. Heiligendarstellungen im bäuerlichen Brauchtum (1974).
Momentaufnahmen. Menschen, die mir begegneten (1975)
Nachlese. Bilder und Betrachtungen (1978).
Steirische Anlasse. Ansprachen und Vorträge (1982).
Gesamtausgabe. Hg. von Johannes Koren. 3 Bände (1996)
Quellen und Literatur:
Verbindungsarchiv Carolina. AHC-Protokoll vom 13. 4. 1951.Österreichische Academia 37 (1986), H. 1, S. 8. Nachruf von Maximilian Liebmann (Cl).
Schuller, Anton Leopold: Hanns Koren. 1906–1985. Volkskundler, Kulturpolitiker, Schriftsteller. Bibliographischer Schlüssel zum Gesamtwerk (= Steirische Bibliographie. Sonderband 2). Graz 1986.
Hartmann, Gerhard (Baj): Im Gestern bewährt. Im Heute bereit. 100 Jahre Carolina. Zur Geschichte des Verbandskatholizismus. Unter Mitarbeit von Dieter A. Binder. Herausgegeben von Maximilian Liebmann im Auftrag des Altherrenbundes der K. Ö. H. V. Carolina (= Grazer Beiträge zur Theologiegeschichte und Kirchlichen Zeitgeschichte Band 2). Graz 1988, S. 375, 447, 452, 465, 471–475.
Beim Wort blieben. Das große Hanns Koren Buch. Zusammengestellt und einbegleitet von Johannes Koren (1991).
Dullnig, Ute: Hanns Koren. Volkskundler, Kulturpolitiker. Bausteine einer Biographie. Graz phil. Diss. 1992.
Mantl, Wolfgang (Nc): Hanns Koren, in: Politiker. Karrieren und Wirken bedeutender Repräsentanten der Zweiten Republik. Hg. von Herbert Dachs, Peter Gerlich und Wolfgang C. Müller. Wien 1995, S. 321–328.
Wimmer, Kurt: Der Brückenbauer. Hanns Koren und seine Zeit (1906–1985 ). Ein Porträt. Graz 2006
Hartmann, Gerhard (Baj) – Simmerstatter, Markus (Cl): Ein großes Gehen Hand in Hand. 125 Jahre Carolina 1888 bis 2013. Graz 1913, S. 322f.