Lebenslauf:
Nachdem Müller das Gymnasium absolviert hatte, trat er in das Wiener Priesterseminar ein und begann 1867 mit dem Studium an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien (Dr. theol. 1876). Nach seiner Priesterweihe in Wien am 8. September 1871 war er ein Jahr Kaplan in Brunn am Gebirge (Bezirk Mödling, Niederösterreich). Mit 1. Oktober 1972 wurde er Studienpräfekt, am 9. September 1874 Subregens und am 10. August 1878 Spiritual am Wiener Priesterseminar, was ihm ermöglichte, sein Promotionsstudium zu beenden. Zwischen 1876 und 1878 war er zusätzlich noch Kaplan am Dom zu St. Stephan.
Am 26. April 1885 wurde Müller zum Regens des Wiener Priesterseminar ernannt, welche Funktion er bis zum 31. August 1922 ausübte. Somit war er nahezu 50 Jahre in der Leitung des Priesterseminars tätig. Das waren die entscheidenden Jahre des Fin de siècle, der letzten Jahre der Monarchie, des Ersten Weltkriegs, des Umbruchs im Jahr 1918 und der ersten Zeit der jungen Republik. Er hatte dadurch einen großen Einfluß auf die Heranbildung des Priesternachwuchses und kannte wie kaum ein anderer der Diözese Wien dessen Priester. Wer in seinem letzten Amtsjahr geweiht wurde, war im Regelfall Jahrgang 1900 und konnte bis weit in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts leben. Allein daran kann man die nachhaltige Bedeutung Müllers ermessen.
Müller war auch wissenschaftlich-theologisch interessiert. Karl Werner (AW EM), ein Freund Müllers, ehemals Professor an der Katholisch-Theologischen Fakultät und nunmehr Ministerialrat im k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht, favorisierte Müller, als es um die Besetzung der Lehrkanzler für Fundamentaltheologie ging. Er war der Meinung, daß eine Kombination zwischen Regens des Priesterseminars und Professur an der Theologischen Fakultät zu Synergieeffekten bei der Priesterausbildung führen würde.
So wurde Müller am 19. September 1886 zum Universitätsprofessor für Fundamentaltheologie ernannt. Sein Anliegen war die Abwehr des im Klerus aufkommenden Josephinismus und Liberalismus. Ebenso war er für eine Eindämmung des Modernismus. Doch war seiner Lehrtätigkeit auf der Universität keine lange Zeit beschieden. Als er am 2. Oktober 1892 zum Domkapitular ernannt wurde, mußte er seine Professur aufgeben. Damals waren diese beiden Ämter unvereinbar.
Müller wurde bereits am 16. April 1889 zum Ehrendomherrn ernannt. Am 9. April 1909 erhielt er die Würde eines infulierten Domscholaster und am 8. September die eines infulierten Domkustos. Ebenso erhielt er den Titel eines Päpstlichen Hausprälaten verliehen. Er war bis zu seinem 73. Lebensjahr in vollem Einsatz und starb kurz vor Erreichen seines 80. Lebensjahres. Er wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof, Domherrengräber, bestattet. Das Grab teilt er sich u. a. mit dem späteren Wiener Dompfarrer Karl Hugel (Am EM) und dem LAbg. Prälat Josef Wolny (AW EM).
Werke:
(Auswahl)Der ehrwürdige Diener Gottes Clemens-Maria Hofbauer. Eine biographische Skizze und Bilder aus seinem pastoralen Wirken (1877).
Die Erhabenheit und Bedeutung des katholischen Priesterthums (1890)
O Bohu a duvere v Boha (tschech. Über Gott und Gottvertrauen) (1900)
Praha ;1900
Quellen und Literatur:
Foto: © Diözesanarchiv Wien (es gibt dort kein besseres)Diözesanarchiv Wien. Priesterdatenbank.
Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Wien. 1884–1984. Festschrift zum 600-Jahr-Jubiläum. Hg. Ernst Christoph Suttner. Berlin 1984, 130f.
Winter, Anna: Dr. Gustav Müller. Lebensbild und Auslese aus seinen Ansprachen an die katholischen Lehrerinnen 1930