Lebenslauf:
Heinrich Josef Maria Abel wurde als Sohn eines ursprünglich protestantischen bayerischen Oberfinanzrates geboren und war der Neffe des königlich-bayerischen Innenministers Karl von Abel. Er besuchte von 1851 bis 1859 das bischöfliche Konvikt in Passau und von 1859 bis 1861 das Knabenseminar bzw. das Gymnasium in Freising, wo er das Abitur ablegte. Danach begann er 1861 das Studium der Philosophie und Geschichte an der Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck, wechselte aber dann 1862 an die dortige Theologische Fakultät.
Am 31. Oktober 1863 begann Abel das Noviziat bei den Jesuiten in St. Andrä im Lavanttal (Kärnten). Von 1866 bis 1869 studierte er Philosophie an der Hauslehranstalt der Jesuiten in Preßburg (nunmehr Bratislava). Dann war er im Rahmen des Scholastikats im Jesuitenkolleg Kalksburg bei Wien als Lehrer und Erzieher eingesetzt und erhielt am 7. Juli 1874 die Priesterweihe durch den Nuntius in Wien Lodovico Jacobini. Von 1876 bis 1878 studierte er Theologie in Innsbruck, war dann 1878/79 im Rahmen des Terziats in Tronchienne (Belgien) und von 1880 bis 1891 wiederum Erzieher und Lehrer für Geschichte und Religion am Jesuitenkolleg in Kalksburg.
Im Bestreben, Kalksburg das Öffentlichkeitsrecht zu erlangen, mußten Jesuiten, die keine gymnasiale Lehramtsprüfung abgelegt hatten, von der Lehrtätigkeit abgezogen werden. So begann sich Abel, als Männerseelsorger zu engagieren und zu profilieren. Anfang September 1885 hielt er die ersten Männerexerzitien in Kalksburg ab und war ab 1890 mit großem Erfolg in Wien in der Männerseelsorge tätig. Dadurch geriet er auch in Kontakt mit dem Politischen Katholizismus bzw. insbesondere mit der christlichsozialen Bewegung von Karl Lueger (Nc EM), die er förderte und mit der er gegen den Liberalismus arbeitete. Im August 1893 hielt er die erste Männerwallfahrt nach Mariazell ab, die bis zu seinem Tod leitete.
Abel ging es um die Erneuerung der katholischen Frömmigkeit unter der Parole „Zurück zum praktischen Christentum“. Er gründete Kongregationen bzw. regte solche an und war auch ein begnadeter Kanzelredner. Als solcher predigte er in der Hauptsache in der Wiener Augustinerkirche. Neben der Wallfahrt nach Mariazell initiierte er auch eine regelmäßige Männerwallfahrt nach Klosterneuburg, die nach wie vor um den 15. November („Leopolditag“) stattfindet. Noch zu seinen Lebzeiten wurde er als „Männerapostel Wiens“ bezeichnet.
Abel war 1876 auch einer der Initiatoren für die Gründung des „Katholisch-geselligen Studentenvereins“ in Wien, aus dem später die Austria hervorging. Daher erhielt er auch später deren Ehrenmitgliedschaft verliehen. Durch seine besondere Beziehung zu Klosterneuburg soll er 1910 auch an der Gründung der dortigen CV-Verbindung Welfia mitgewirkt haben. Abel hatte auch Kontakt zum kaiserlichen Hof, insbesondere zu Erzherzogin Marie Valerie, der jüngsten Tochter Kaiser Franz Josephs.
Abel war als Kind seiner Zeit bzw. Angehöriger des damaligen Wiener katholischen Milieus ein Antisemit im Stile der von ihm geförderten christlichsozialen Bewegung und bewegte sich im „antisemitischen Grundkonsens“ (Thomas Albrich) der damaligen Zeit. Dies spiegelte sich auch in seinen Predigten wieder, bei denen er normalerweise kein Blatt vor dem Mund nahm. Ende 2008 nahmen die Jesuiten unter dem damaligen österreichischen Provinzial Gernot Wisser (Am) – er war zu dieser Zeit auch Seelsorger des ÖCV – diesen Umstand zum Anlaß, um sich für Abels antisemitische Äußerungen zu entschuldigen. Neben seiner Gedenktafel im Durchgang der Augustinerkirche vom Josefsplatz zur Augustinerrampe wurde eine erklärende Zusatztafel angebracht, wo u. a. steht: „Wir bedauern Pater Abels antijüdischen Äußerungen und bitten Gott und die Juden um Vergebung.“
Hinter der Basilika von Mariazell, wo 1928 eine Statue von Abel errichtet wurde, ist dann im Mai 2009 ebenso eine Zusatztafel mit demselben Text angebracht worden. Tafeln im Gedenken an Abel wurden auch an seinem langjährigen Wohn- und Sterbehaus (Skodagasse 32, Wien-Josefstadt) sowie an seinem Geburtshaus in Passau und in der Stiftskirche in Klosterneuburg angebracht. Der heutige Friedrich-Engels-Platz vor der Floridsdorfer Brücke hieß von 1934 bis 1946 Pater-Abel-Platz. In Mariazell und Klosterneuburg sind Straßenflächen nach ihm benannt worden.
Das Begräbnis Abels in den Abendstunden des 27. November 1927 war ein großes Ereignis. Hunderttausende standen Spalier, als der in der Augustinerkirche aufgebahrte Sarg von dort in den Stephansdom überführt wurde. 10.000 Männer und Jugendliche sowie 300 Priester zogen dem Sarg voran. Der Erzbischof von Wien, Friedrich Gustav Kardinal Piffl (Wl EM), nahm die Einsegnung vor. Vor dem Riesentor hielt der christliche Arbeiterführer Leopold Kunschak (Nc EM) eine Gedenkrede. Danach bewegte sich der Leichenzug wieder zur Augustinerkirche, wobei die zahlreichen mitziehenden Männern brennende Kerzen trugen und auf dem Josefsplatz das Spalier bildeten. Abel wurde in der Loretto-Kapelle der Augustinerkirche beigesetzt.
Werke:
Zurück zum praktischen Christentum (1895).Christus und sein Volk (1896).
Die deutsche Ostmark zur Zeit des hl. Leopold (1905).
Wetterleuchten. Meteorologische Schwankungen in der religiös-politischen Atmosphäre Österreichs (1908).
Der katholische Mann (1923).
Wie ich Jesuit wurde (1926).
Quellen und Literatur:
Academia 39 (1926/28), 182.P. Heinrich Abel, der Wiener Männerapostel. Festschrift zum 25-jährigen Priesterjubiläum. Wien 1899.
P. Heinrich Abel und die Wiener Männerwallfahrten nach Mariazell. Wien 1907.
Leb, Josef: P. Heinrich Abel. Innsbruck 1926.
Richter, Margarethe.: Pater Heinrich Abel SJ. Wien phil. Diss 1947.
Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 1, Wien 1957, 1.
Verbindungsarchiv Welfia (Gerhard Fuchs), Mitteilung 9. 5. 2014.
Zacherl, Michael: Geschichte der Jesuiten in Österreich. Wien 2020, 50–52.
www.orden-online.de/news/2008/12/02/jesuiten-entschuldigen-sich-fuer-antisemismus-p-heinrich-abels (abgerufen am 06.07.2022)