Lebenslauf:
Ritschel wurde als Sohn des Apothekers („Rübezahlapotheke“) Karl Ritschel (Fd) geboren. Aus Oberaltstadt stammte übrigens auch der österreichische Flugpionier Igor Etrich („Etrich-Taube“). Die ersten Klassen des Gymnasiums (Oberschule) besuchte er in Trautenau, mußte aber 1944 zusätzlich in einem chemischen Labor der Mannesmannwerke arbeiten. 1945 wurde er noch zum Volkssturm eingezogen, was zur Folge hatte, daß er nach Kriegsende in der wiedererrichteten Tschechoslowakei Zwangsarbeit leisten mußte und schwerkrank (Tbc) erst im Herbst 1946 mit seiner Familie nach Wien ausreisen konnte. In Wien besuchte er ein Realgymnasium, wo er die 5. Klasse mit Genehmigung des Unterrichtsministeriums überspringen konnte. Bereits in dieser Schulzeit mußte er als freier Journalist dazuverdienen, nachdem 1948 sein Vater verstorben war.
Nach seiner Matura im Jahr 1949 begann Ritschel das Studium der Geschichte, der Kunstgeschichte und der Zeitungswissenschaften (so hieß damals das Fach Publizistik und Kommunikationswissenschaften) an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien (Dr. phil. 1959), wo er der Austria beitrat (Couleurname Hopfen). Sein Leibbursch war Gerhard Feest, ein Verwandter von Karl Hilgenreiner (Fd EM). Im WS 1951/52 war er dort Senior. Auch in seiner Studienzeit mußte er als freier Journalist vornehmlich bei katholischen Zeitschriften („Wende“, „Pfeil“, „Ruf“, „Offenes Wort“, „Die Furche“) seinen Unterhalt verdienen. Daneben studierte er noch an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, ohne das Studium abzuschließen, und absolvierte am Wiener Seelsorgeinstitut einen Bibliothekskurs, den er mit einer Prüfung abschloß.
1954 wurde Ritschel Redakteur des gerade gegründeten „Bild-Telegraf“, eine kurzlebige Boulvardzeitung. 1955 wechselte er als Redakteur zur Grazer „Kleinen Zeitung“, wo er im Auftrag des Eigentümerverlags Styria eine Umorganisierung des Blattes vorbereiten sollte.
Generaldirektor der Styria war damals Karl Maria Stepan (Nc). Anfang 1956 kehrte Ritschel als Ressortleiter Innenpolitik wieder zum „Bild-Telegraf“ zurück. Anfang 1958 wurde er dessen Chefredakteur, jedoch wurde diese Zeitung Ende 1958 eingestellt. Danach war er jeweils für kurze Zeit beim Wiener Bastei-Verlag sowie Chefredakteur der im Wirtschaftsverlag täglich erscheinenden „Wirtschaftskorrespondenz“ (Wikorr).
Mit 1. Dezember 1959 wurde Ritschel Leiter der Wirtschaftsredaktion der „Salzburger Nachrichten“. Kurz zuvor verstarb deren Herausgeber, Chefredakteur und hälftiger Eigentümer Gustav Adolf Canaval (Nc). Dessen Nachfolger als Chefredakteur wurde René Marcic (R-J EM). Ritschel machte dort Karriere und wurde bereits 1960 zum Chef vom Dienst ernannt. Nachdem Marcic eine akademische Laufbahn eingeschlagen hatte, wurde Ritschel mit 1. Januar 1964 zum stellvertretenden und mit 1. Juni 1964 zum geschäftsführenden Chefredakteur bestellt. Die Ernennung zum Chefredakteur der „Salzburger Nachrichten“ erfolgte am 1. Januar 1965.
Ritschel prägte über drei Jahrzehnte die journalistische Ausrichtung dieser Zeitung, wozu das Festhalten am Prinzip der Qualitätszeitung gehörte, was dann 1989 zur Einführung einer Österreich-Ausgabe führte. Er war ein in Österreich bekannter und geachteter Verfasser von Leitartikeln ähnlich wie Kurt Vorhofer (Nc) von der „Kleinen Zeitung“. Das letzte große Ereignis in Ritschels Amtszeit war der Umzug von Verlag und Redaktion der „Salzburger Nachrichten“ von der Bergstraße in der Innenstadt in das neue Druck- und Redaktionsgebäude in Salzburg-Maxglan im August 1994. Mit 1. Februar 1995 beendete er kurz nach seinem 65. Geburtstag die Tätigkeit als Chefredakteur, sein Nachfolger wurde Engelbert Washietl (Rt-D).
Ritschel war nicht nur Tageszeitungsjournalist, sondern betätigte sich auch als Autor zahlreicher Bücher zu historischen, politischen und kulturellen Themen, wie das nachstehende Publikationsverzeichnis eindrucksvoll beweist. Als solcher wurde ihm vom Bundespräsidenten 1970 der Professorentitel und 1976 das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse verliehen.
Ritschel war Bandphilister der Rheno-Juvavia Salzburg, der Ferdinandea Prag zu Heidelberg sowie der Elbmark Tetschen-Liebwerd zu Duisburg und starb kurz vor Erreichen seines 89. Geburtstags. Er wurde auf dem Salzburger St. Petersfriedhof bestattet.
Werke:
(Auswahl)Diplomatie um Südtirol. Politische Hintergründe eines europäischen Versagens (1966)
Venedig. Königin der Adria (1969)
Demokratiereform. Die Existenzfrage Österreichs (1969)
Salzburg. Anmut und Macht (1970)
Kreisky. Porträt eines Staatsmannes (1972)
China – eine Momentaufnahme (1974)
Julius Raab. Der Staatsvertragskanzler (1975)
Steirische Wege. Dokumentation unserer Zeit (1978)
Reden Rudolf Kirchschlägers (als Herausgeber) (1978)
Österreich ist frei. Der Weg zum Staatsvertrag 1945–1955 (1980)
Plädoyer für das Konservative (1981)
Von Salzburg und Salzburgern (1984)
Salzburger Miniaturen. Vier Bände (1998–2007)
In die Zeit geschrieben. Gedanken abseits vom Tage (1999)
Miniaturen zur Weltgeschichte (2007)
Quellen und Literatur:
Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsvizedirektor Heinz Hafner Am, Mitteilung 11. 1. 2019).Verbindungsarchiv Ferdinandea (Rudolf Geser).
AW Facit, 36. Jg., Mai 2019, 18f.