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RA Dr. Dr.h.c. Felix Porsch

RA Dr. Dr.h.c. Felix Porsch

Urverbindung: Guestfalia Tübingen (22.04.1872)

Bandverbindungen: Wf, Sv, BuL, Fd, Nc, AIn, R-GM, Mch, Ndm, Ae, BvBo, B-W, Gf, Gbg, H-RG, Hr, Mk, Mm, PG, R-F, R-P, RBo, Sal, Sx, Si, Sb, Tt

Geboren: 30.04.1853, Ratibor (Provinz Schlesien, Königreich Preußen; nunmehr Racibórz)
Gestorben: 08.12.1930, Breslau (Provinz Niederschlesien, Preußen; nunmehr Wrocław)
Vizepräsident des Preußischen Landtags, Mitglied des Deutschen Reichstages, Vorsitzender des Zentrums in Preußen, Präsident des Katholikentages, Vorsitzender des Altherrenbundes des CV, Rechtsanwalt

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSBILDUNG

Porsch wurde in eine Familie hineingeboren, die zu der eher schmalen katholischen Elite Schlesiens gehörte. Sein Vater Emil Porsch war zuerst Staatsanwalt, dann Richter (Appellationsgerichtsrat) und in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts zeitweise preußischer Landtagsabgeordneter. Dessen beide Brüder Guido und Wilhelm – also die Onkel von Porsch – engagierten sich in der neuen katholischen Zentrumspartei. Die Familie stammte aus dem Kreis Oppeln (nunmehr Opole) in Oberschlesien. Bereits der Großvater war Richter.

Porsch besuchte in seiner Geburtsstadt Ratibor, wo sein Vater Staatsanwalt war, die Volksschule. Als dieser nach Glogau (nunmehr Glogów) versetzt wurde, wechselte Porsch 1862 – als Neunjähriger – auf das dortige Königlich Katholische Gymnasium. 1869 starb sein Vater, woraufhin sein Onkel Guido der Vormund wurde. Nachdem Porsch Ende Juli 1870 das Abitur ablegt hatte, begann er im Wintersemester 1870/71 das Studium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Breslau, wohin er mit seiner Mutter gezogen war. Mit dem Wintersemester 1871/72 setzte er es an der Universität Berlin fort, wo er dem Katholischen Leseverein beitrat. (Aus diesem entstand später die heutige KV-Verbindung Askania-Burgundia.)

Bereits im Sommersemester 1872 wechselte Porsch an die Universität Tübingen. Dort gab es ab 1859 die Guestfalia, die sich 1864 als dritte Verbindung dem CV angeschlossen hatte. Dieser trat nun Porsch bei (Couleurname Romeo) und wurde – nach heutigen Maßstäben höchst ungewöhnlich – bereits drei Tage nach seiner Rezeption geburscht und für den Rest des Semesters zum Consenior gewählt. Auf dem Anfang September 1872 in Breslau stattgefundenen Katholikentag war er deren Vertreter und hielt dort eine vielbeachtete Rede über die Aufgabe der katholischen Studentenverbindungen.

Im Wintersemester 1872/73 setzte Porsch sein Studium an der Universität Leipzig fort. Angetan von der Idee des katholischen Korporationswesens gründete er am 20. November 1872 zusammen mit zwei ebenfalls in Leipzig studierenden Guestfalen eine katholische Verbindung namens Alamania, die vorerst noch nicht farbentragend sein sollte. Porsch wurde zum Senior gewählt, aber bereits am 20. Dezember ließ die Universität diese Verbindung sistieren, so daß sie sich endgültig Anfang Februar 1873 auflöste. Im Sommersemester 1873 wechselte Porsch wieder an die Universität Breslau, wo er sofort bei der dortigen Winfridia aktiv wurde.

In Breslau beendete Porsch auch sein Studium. Am 22. Mai 1874 legte er das erste juristische Staatsexamen ab und begann danach mit der Abfassung einer Dissertation im Fach Kirchenrecht (Dr. iur. 1876) und mit dem Referendariat. Nach dessen Abschluß bzw. dem zweiten juristischen Staatsexamen wurde er 1878 Gerichtsassessor. 1879 ließ er sich in Breslau als Rechtsanwalt und Notar nieder, da ihm als Katholiken eine ursprünglich überlegte akademische Laufbahn mehr oder minder verwehrt blieb.

PORSCH ALS ZENTRUMSPOLITIKER IM KAISERREICH

Familiär bereits politisch geprägt und durch sein Engagement für die „katholische Sache“, insbesondere auch für den CV, vorgeformt war sein Weg in die Politik bzw. in den parteipolitischen Katholizismus eigentlich eine logische Konsequenz. Sein Onkel Guido war Verleger und Herausgeber der katholischen „Schlesischen Volkszeitung“, sein anderer Onkel Wilhelm, Erzpriester in Oppeln, war für die Zentrumspartei preußisches Landtagsabgeordneter.

Bereits 1881 wurde Porsch in die Breslauer Stadtverordnetenversammlung gewählt, der er bis 1903 angehörte. Im selben Jahr kandidierte er auch in einem bislang von den Sozialdemokraten beherrschten Wahlkreis, wo größtenteils arme Weber und kleine Bauern wohnten, bei den Reichstagswahlen und wurde am 27. Oktober 1881 überraschend als jüngster Abgeordneter (28 Jahre alt) auch gewählt. Dem Reichstag gehörte er nach dreimaliger Wiederwahl bis 1893 an (5. bis 8. Wahlperiode). Ab 1887 war er dort Schriftführer. Er verzichtete aber freiwillig auf eine weitere Kandidatur, obwohl er von maßgeblichen Zentrumspolitikern dazu gedrängt wurde, weil er sich auf sein inzwischen erlangtes Mandat im preußischen Landtag konzentrieren wollte.

Nach dem Tod eines Abgeordneten kandidierte Porsch im März 1884 bei einer Nachwahl für einen Sitz im Abgeordnetenhaus des preußischen Landtags und wurde gewählt. In den folgenden sieben Wahlen wurde er jeweils wiedergewählt und gehörte dem Abgeordnetenhaus bis zum Ende der Monarchie an. Im März 1903 wurde er zu dessen ersten Vizepräsidenten gewählt, nachdem der bisherige Amtsinhaber verstorben war. Diese Funktion, die dem Zentrum als zweitstärkste Fraktion zustand, bekleidete er ebenfalls bis zum Ende der Monarchie.

Ab 1887 hatte Porsch kontinuierlich in der Zentrumspartei an Bedeutung gewonnen und wurde nach dem Tod des Zentrumsführers Ludwig Windthorst (AW EM) im Jahr 1891 vor allem in Preußen zu einem der führenden Zentrumspolitiker. Gelegentlich wird er auch als dessen „Schüler“ bezeichnet. Seit 1898 war Porsch auch Mitglied des Landesausschusses der preußischen Zentrumspartei, später dann dessen Vorsitzender. Darüber hinaus war er auch Vorsitzender des Provinzialausschusses des Zentrums in der preußischen Provinz Schlesien.

Seine inzwischen bedeutende Stellung zeigte sich nicht durch seine Wahl zum Landtagsvizepräsidenten im Jahr 1903, sondern ein Jahr später – Anfang 1904 – auch zum Fraktionsführer des Zentrums im preußischen Abgeordnetenhaus gewählt. Dieser war aufgrund des damaligen Parlaments- bzw. Parteiensystems wichtiger als der Parteivorsitz, was er inzwischen als Vorsitzender des Landesausschusses von Preußen auch geworden war. Er verstand es sehr gut, die Fraktion zu führen, so daß er diese Funktion unbestritten bis Anfang 1930 ausübte. Im 433 Sitze zählenden preußischen Abgeordnetenhaus der Kaiserzeit hatte die Zentrumsfraktion in den Jahren vor und nach der Jahrhundertwende jeweils rund 100 Mandate, was einem Anteil von ca. 23 Prozent bedeutete.

Porsch war nun der wichtigste katholische Politiker im Königreich Preußen, dem größten Gliedstaat des Wilhelminischen Kaiserreiches (63,6 Prozent der Fläche und 61,5 Prozent der Einwohner). Seine politische Laufbahn im Deutschen Reichstag sowie im Preußischen Landtag war zweifelsohne vom damaligen Kulturkampf geprägt. Allerdings begann sich dieser zu Beginn seiner parlamentarischen Tätigkeiten im Reich und in Preußen bereits abzumildern. Jedoch beherrschte in Preußen die Diskussion um die Volksschulen weiterhin das dortige politische Geschehen.

Die Politik des Zentrums im Wilhelminischen Reich gestaltete sich zwischen dem Reich und Preußen unterschiedlich. Für den Reichstag herrschte seit 1871 das allgemeine Wahlreicht (allerdings nur für die Männer), für das Abgeordnetenhaus des Preußischen Landtags gab es hingegen bis zum Ende der Monarchie das sog. Dreiklassenwahlrecht. Dieses führte dazu, daß dort im Gegensatz zum Reichstag die Sozialdemokraten eine Mini-Fraktion blieben. Im Reichstag hingegen steigerte die SPD kontinuierlich die Mandatszahl und wurde 1912 sogar die stärkste Fraktion.

Obwohl es weder im Reich noch in Preußen (so wie auch in Österreich) ein parlamentarisches Regierungssystem gab, waren die jeweiligen Regierungen auf parlamentarische Mehrheiten angewiesen, um ihre Gesetzesvorhaben, so vor allem das Budget, durchzubringen. Es gab zwar keine offiziellen Koalitionen, jedoch eine Zusammenarbeit zwischen der Regierung (im Reich hieß diese Reichsleitung) und Fraktionen, um das zu ermöglichen.

In Preußen gab es eine solche zwischen den beiden stärksten Parteien (Konservative, Zentrum), die zusammen eine deutliche Mehrheit im Abgeordnetenhaus besaßen. Im Reich bahnte sich hingegen in den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg, vor allem nach 1912, ein parlamentarisches Zusammenspiel zwischen SPD, Zentrum und Linksliberale an, das nach 1918 in der sog. Weimarer Koalition im Reich und dann auch in Preußen, wo nun ebenfalls das allgemeine Wahlrecht herrschte, ihre Fortsetzung fand.

Für das Zentrum und insbesondere für Porsch als der führende preußische Zentrumspolitiker war diese Situation nicht einfach. In Preußen blieb ihm nichts anderes übrig, als einen Mitte-Rechts-Kurs zu fahren, während auf Reichsebene das Zentrum in einem Mitte-Links-Zusammenspiel stand.

Die Zusammenarbeit mit den Konservativen in Preußen behinderte jedoch das Zentrum bzw. Porsch, die alte Forderung nach einem allgemeinen Wahlrecht für den Landtag durchzusetzen. Dieser widersetzten sich die Konservativen aus naheliegenden Gründen, denn damit wäre ihre Vormachtstellung vorbei gewesen. Versuche des Zentrums bzw. von Porsch, das Reichstagswahlrecht auch in Preußen einzuführen scheiterten nicht zuletzt am Einspruch des preußischen Herrenhauses.

Kennzeichnend für den Politischen Katholizismus im deutschen Sprachraum vor 1933 war die enge Verflechtung zwischen den katholischen Parteien (Zentrum, Christlichsoziale) und dem organisierten Laienkatholizismus. Dieser manifestierte sich in Deutschland bei den jährlichen Katholikentagen und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken, der Leitungsplattform zwischen den Katholikentagen, das 1868 erstmals genannt wurde. Porsch gehörte diesem seit 1898. Darüber hinaus war er 1889 in Bochum, 1892 in Mainz und 1904 in Regensburg jeweils Präsident des Katholikentags. 1882 zählte er zu den Gründern des „Katholischen Juristenvereins“, die 1907 unter seiner Leitung mit der Sektion Rechts- und Sozialwissenschaften der Görres-Gesellschaft verschmolzen wurde.

Porsch gehörte 1890 auch zu den Mitbegründern des Volksvereins für das katholische Deutschland, dessen Gesamtvorstand er bis 1928 angehörte. 1890 bis 1899 war er Vorsitzender des Volksvereins in Schlesien. Führungsfunktionen bekleidete er darüber hinaus im Augustinusverein zur Pflege der katholischen Presse und im Albertus-Magnus-Verein zur Förderung unbemittelter Studenten. Von 1882 bis 1914 war er auch fürstbischöflicher Konsistorialrat, in welcher Funktion er die Fürstbischöfe von Breslau juristisch beraten hatte. Porsch veröffentlichte übrigens eine Unzahl von wissenschaftlichen Beiträgen zu Fragen des Staatskirchenrechts bzw. des Kirchenrechts. Des weiteren war er auch Mitglied der Aufsichtsräte der Deutschen Bank sowie der Zentrumszeitungen „Germania“ in Berlin und der „Schlesischen Volkszeitung“ in Breslau.

In der sog. „römischen Frage“, d. h. der Wiederherstellung des 1870 kassierten Kirchenstaates, war Porsch anfänglich auf der strengen katholischen Linie, d. h. für die Wiederherstellung des früheren Kirchenstaates. Allerdings milderte er diese Haltung gegen Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend ab, nicht zuletzt auch aus außenpolitischen Gründen bzw. aus Rücksicht gegenüber dem Bündnispartner Italien im Dreibund. Er reduzierte diese Forderung auf einem Schutz des Papstes vor der Instrumentalisierung durch weltliche Machthaber. 1929, kurz vor seinem Tod, konnte er noch mit Genugtuung erleben, daß mit den römischen Verträgen und der Errichtung des Vatikanstaates sein eigentliches Anliegen erfüllt wurde.

Porsch selber wird als „Sozialkonservativer“ bezeichnet, der eher zur „Mönchengladbacher“ Richtung innerhalb des parteipolitischen Katholizismus tendierte. Diese zeichnete sich u. a. dadurch aus, daß sie das Zentrum in Richtung einer interkonfessionellen christlichen Partei entwickeln wollte. Dagegen wehrten sich vor allem sog. integralistische katholische Kreise, die die Dominanz des Katholischen Kirche bzw. des Papstes betonten. In dieser Frage kam es Ende 1909 zu einer Verständigung zwischen Porsch und dem bayerischen Ministerpräsidenten und späteren Reichskanzler Georg Graf Hertling (Ae), um im Zentrum einen tragbaren Kompromiß zu finden. Konterkariert wurden diese Bemühungen dann 1910 durch die Einführung des sog. Antimodernisteneides durch Papst Pius X. In dieser Zeit bewährte sich Porschs Krisenmanagement innerhalb des Zentrums bzw. der Fraktion, was auch zur allgemeinen Bewunderung in Zentrumskreisen führte.

Die Auseinandersetzungen über den Kurs des Zentrums eskalierten neuerlich im Sommer 1911, als der an der Universität in Freiburg/Schweiz lehrende Dominikanerpater Albert Maria Adalbert Weiß (AW EM) den intendierten interkonfessionellen Kurs des Zentrums in einer Veröffentlichung stark kritisierte. Porsch wandte sich sogar direkt an den Verlag Herder, um bei einer 2. Auflage die entsprechenden Passagen rauszunehmen. In der Folge kam es zu weiteren innerparteilichen Irritationen, in der zeitweise der oberschlesische Priester und spätere Zentrumspolitiker Karl Ulitzka (Cl) gegen Porsch agitierte.

KRIEG UND WEIMARER REPUBLIK

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges, der das normale parlamentarische bzw. politische Leben durch den sog. „Burgfrieden“ unter den Parteien weitgehend reduzierte, war Porsch 61 Jahre alt. Den zeitlichen Höhepunkt seiner politischen Laufbahn hatte er damit schon überschritten gehabt. Das hinderte ihn aber nicht daran, sich weiter für die katholischen Interessen bzw. die Zentrumspartei zu engagieren. So war er maßgeblich an der Friedensresolution des Reichstages vom 19. Juli 1917, die von dem führenden Zentrumspolitiker Matthias Erzberger vorbereitet wurde, beteiligt. In dieser Resolution wurde u. a. betont, daß Deutschland keinen Annexionskrieg führe. Sie wurde vom Zentrum, den Sozialdemokraten und den Fortschrittlichen (Linksliberalen) eingebracht, die bereits vor 1914 parlamentarisch zusammenarbeiteten und nach dem Krieg die sog. Weimarer Koalition bildeten.

Porsch befand sich in den Umbruchstagen vom 7. bis 10. November in Berlin und erlebte dort die Revolution, ohne direkt an den politischen Umwälzungen beteiligt gewesen zu sein. Nachdem Anfang November der Präsident des preußischen Abgeordnetenhauses verstorben war, übernahm nun Porsch als erster Vizepräsident automatisch dessen Funktion. Er registrierte den Zusammenbruch der Hohenzollern-Monarchie, zu der er bereits davor ein gespaltenes Verhältnis gehabt hatte, mit kühlem Verstand und ließ sich nicht in seiner katholischen Interessenspolitik beirren. Er bezeichnete sich zwar noch in der Weimarer Republik als Monarchisten, lehnte jedoch eine Glorifizierung des Hohenzollernreiches ab. Hier unterschied er sich nicht wesentlich vom Politischen Katholizismus in Österreich.

Als die preußische Revolutionsregierung am 15. November 1918 das preußische Abgeordnetenhaus auflöste, protestierte Porsch als amtierender Präsident gegen diese Maßnahme. Desgleichen warnte er vor kirchenfeindlichen Maßnahmen. Die Novemberrevolution mit ihren Begleiterscheinungen animierte ihn, weiter in der politischen Arena zu verharren, um u. a. die Rechte der Katholiken zu verteidigen.

Porsch konnte in dieser Umbruchszeit die Führung der schlesischen Zentrumspartei sowie dann auch 1920 die der preußischen Landespartei für sich behaupten. Bei den Wahlen zur Deutschen sowie zur Preußischen National- bzw. Landesversammlung am 19. bzw. 26. Januar 1919 kandidierte jeweils Porsch, wurde jedoch nur in die Landesversammlung gewählt, weil er bei der Liste für die Nationalversammlung in der Provinz Schlesien an dritter Stelle stand und das Zentrum hier nur zwei Mandate erhalten hatte. Insgesamt entfielen in Preußen auf das Zentrum 21 Prozent und wurde wie im Kaiserreich zweitstärkste Fraktion. Porsch wurde dadurch neuerlich zum Ersten Vizepräsidenten sowie zum Fraktionsführer gewählt, welche Funktion er bis Anfang 1930 behielt, nachdem er bei den folgenden Landtagswahlen wiedergewählt wurde. Nachdem Ende 1924 das Zentrum nur mehr drittstärkste Fraktion wurde. bekleidete er ab da das Amt des Zweiten Vizepräsidenten.

Wie im Reich so wurde auch in Preußen eine sog. Weimarer Koalition zwischen SPD, Zentrum und Deutsche Demokratische Partei (DDP, die Nachfolgerin der linksliberalen Fortschrittlichen Volkspartei) gebildet, auch wenn es wegen der politischen heiklen Schulfrage anfänglich Schwierigkeiten gab. Porsch verzichtete auf ein Ministeramt, um sich auf die Fraktions- und Parteiführung zu konzentrieren.

In diesem entscheidenden Frühjahr 1919, als in Versailles die Friedensbedingungen ausgehandelt und in Weimar die neue Reichsverfassung beraten wurden, starb die Ehefrau von Porsch, und er selber erkrankte derart, daß er bis Mitte Juni dem politischen Geschehen fernbleiben mußte. Seine um 13 Jahre jüngere Ehefrau heiratete er 1896. Sie entstammte der bekannten Sektkellereifamilie Matthäus Müller (mit den noch heute gängigen Sektmarken MM und Rotkäppchen) in Eltville. Die Ehe blieb kinderlos.

Inzwischen war für Porsch die Organisation des Zentrums in Schlesien eine wichtige Frage. Hier spielte unmittelbar nach dem Krieg vor allem die Nationalitätenfrage in Oberschlesien eine besondere Rolle. Um das gemeinsame Katholische zwischen Deutschen und Polen zu betonen, kandidierte das Zentrum in Oberschlesien unter der Führung von Karl Ulitzka (Cl) als Katholische Volkspartei. Im Friedensvertrag von Versailles mußte Ost-Oberschlesien an die neue Republik Polen abgetreten werden, während im verbliebenen Oberschlesien eine Volksabstimmung angesetzt wurde, die im März 1921 eine Mehrheit von ca. 60 Prozent für Deutschland erbrachte. Begleitet wurden diese Vorgänge von zum Teil blutigen Kämpfen und Auseinandersetzungen.

Um die Situation zu beruhigen wurde Oberschlesien als eigene preußische Provinz vom bisherigen Schlesien, welches nunmehr Niederschlesien hieß, abgetrennt. Dort blieb Porsch weiterhin Vorsitzender des Zentrums, während in der neuen Provinz Oberschlesien Ulitzka den Parteivorsitz übernahm. Beide waren als Bandphilister der Winfridia Bundesbrüder. Die oben erwähnten Spannungen zwischen den beiden aus der Zeit vor 1914 waren inzwischen bereinigt. So wohnte Porsch während des Abstimmungswahlkampfes im Pfarrhaus von Ulitzka in Ratibor.

Bei den preußischen Landtagswahlen im März 1921 mußten SPD und DDP starke Stimmenverluste verzeichnen, während das Zentrum seine Stellung behaupten konnte. In den folgenden Verhandlungen entstand eine Große Koalition unter Einbeziehung der Deutschen Volkspartei (DVP, Nachfolgerin der rechtsliberalen Nationalliberalen). Dem Zentrum wurde nun das Amt des Ministerpräsidenten übergeben, wobei zuerst Porsch dafür genannt wurde. Dieser lehnte jedoch ab, weil er sich primär als Parlamentarier bzw. Parteipolitiker verstand und auch seine eigenen Grenzen erkannte.

Nach dem Tod des Reichsparteivorsitzenden des Zentrums im Sommer 1921 wurde Porsch als Vorsitzender der preußischen Zentrumspartei, der größten Landesorganisation, vom Reichsparteiausschuß mit der provisorischen Parteiführung betraut, bis im Januar 1922 auf einem Reichsparteitag ein neuer Vorsitzender gewählt wurde. Als sich nach dem Hitlerputsch im November 1923 ein Erstarken der völkischen Rechten bemerkbar machte, wurde das von Porsch mit Besorgnis registriert.

Porsch hatte 1923 bereits das 70. Lebensjahr überschritten, und eine Zuckerkrankheit machte ihm zunehemend zu schaffen. Das Ende seiner politischen Laufbahn war also vorhersehbar. 1928/29 konnte er noch mit Genugtuung den Abschluß des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und Preußen erleben. Neben verschiedenen Absicherungen für die katholische Kirche brachte es auch das Bischofswahlrecht der Domkapitel aufgrund eines römischen Dreiervorschlags. Dieses war dann beispielgebende für weitere Konkordate bzw. Verträge mit dem Heiligen Stuhl (Badisches Konkordat 1932, Reichskonkordat 1933, Verträge nach der Deutschen Einigung 1989). Obwohl Preußen 1946 untergegangen ist bzw. dismembriert wurde, gilt dieses Konkordat immer noch.

So legte nun Porsch im November 1929 sein Amt als Zweiter Vizepräsident des Landtags und am 30. Januar 1930 als Fraktionsführer des Zentrums zurück. Landtagsabgeordneter blieb er jedoch bis zu seinem Tod. In seinem letzten Jahr erlebte er noch den rasanten Aufstieg der NSDAP bei der Reichstagswahl im September 1930.

PORSCH UND DER CV

Porsch war ein engagierter CVer, was sich schon in seiner Studentenzeit abgezeichnet hatte, wie bereits erwähnt wurde. Er unterstützte die Gründungen einiger Verbindungen. Zusammen mit seiner Urverbindung Guestfalia trug er insgesamt 28 Bänder von CV-Verbindungen. Damit liegt er knapp hinter Richard Wollek (AIn), der es auf insgesamt 29 Bänder brachte. Beide sind sich in ihrer Bedeutung für den CV vor und nach dem Ersten Weltkrieg in vielen Zügen nicht unähnlich.

Der Hauptverdienst von Porsch für den CV lag in seinem erfolgreichen Bemühen, dessen Altherrenschaft dauerhaft zu organisieren. Dieser Prozeß begann Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts infolge der immer älter und größer werdenden Verbindungen. Das machte es notwendig, die Alten Herren einer Verbindung in eigenen Altherrenverbänden zusammenzufassen. Neben den Altherrenverbänden der Verbindungen entstanden ebenfalls in den neunziger Jahren örtliche Philisterzirkel. Die Gründung einer Dachorganisation der Altherrenschaft war nun seit 1896 in Diskussion, wobei Porsch hier die treibende Kraft war. Das war nicht uneigennützig, da er dieses akademische Elitepotential für die Zentrumspartei nutzen wollte.

Schließlich wurde der Altherrenbund (AHB) des CV am 29. November 1908 ins Leben gerufen, wobei der Beitritt der Altherrenverbände der Verbindungen und der örtlichen Philisterzirkel vorerst noch auf freiwilliger Basis geschah. Initiator dieser Gründung war und erster Vorsitzender des AHB wurde Porsch. Er übte diese Funktion bis zu seinem Tod 1930 aus und war somit zweifelsohne die prägende Gestalt des CV im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Der AHB unter Porsch stellte auch einen „nicht zu unterschätzenden innerparteilichen [gemeint innerhalb des Zentrums, Anm. d. Verf.] Machtfaktor dar“.
(August Hermann Leugers-Scherzberg, S. 144.)

Zu den Verbindungen, die Porsch ihr Band verliehen hatten, zählten auch die Norica und die Austria Innsbruck. Die Norica verlieh ihr Band aus Anlaß ihres 25. Stiftungsfestes Ende Juni/Anfang Juli 1909. Der zeitliche Zusammenhang mit der Gründung des AHB ist dabei nicht zu übersehen. Die Übergabe des Bandes erfolgte aber später, wann und wo – wahrscheinlich aber nicht in Wien – ist unbekannt. Möglicherweise erschien zu dieser Zeit, die noch unter dem Eindruck der sog. Annexionskrise 1908 (Annexion Bosnien-Herzegowinas) stand, die Reise eines preußischen bzw. deutschen Spitzenpolitikers nach Wien nicht opportun. Die Bandverleihung durch Austria Innsbruck erfolgte offenbar im Zusammenhang mit dem 70. Geburtstag von Porsch.

Treffend charakterisiert Engelbert Siegl (Nc), der Herausgeber des Gesamtverzeichnisses des CV in der Zwischenkriegszeit und CV-Funktionär, Porsch in den „Noriker-Blättern“ nach dessen Tod: „Sein Name war ein Programm, er selbst das Urbild eines echten CVers aus jener Zeit, da der CV erst sechs Verbindungen zählte. Was diesen Mann aber zu seiner Bedeutung emporhob, war sein unbeugsamer, unantastbarer Charakter, seine unwandelbare, tiefgläubige Gesinnung, seine treue Liebe zum CV, in der sein Herz völlig aufging. […] Dr. Porsch trat in den letzten Jahren in Reden wenig hervor, um so wirkungsvoller war seine innere Arbeit im AHB und seine stille Fürsorge und Hilfe für so manchen Cartellbruder. Wie heiter und friedlich waren doch jene Stunden, da er nach den Sitzungen im Kreise von Alten und Jungen an allem Interesse nahm, was den CV bewegte, oder aus dem reichen Schatze seiner Vergangenheit zum besten gab. Verstehende Güte war seines Herzens Ausklang, Politiker im besten Sinne durch und durch. Seine lauteren Eigenschaften und Absichten schufen ihn von selbst zu jener achtungsgebietenden Persönlichkeit, die als unbedingte Autorität im CV und weit darüber hinaus Geltung und Anerkennung hatte.“

WÜRDIGUNG

Porsch wurde durch seine Familie wie den CV katholisch sozialisiert, und so fand er nahezu zwangsläufig den Weg in den parteipolitischen Katholizismus, für den er sich sein ganzes Leben lang engagierte. Der Schwerpunkt seiner politischen Arbeit lag daher in der Vertretung der katholischen Interessen in einer Zeit des Kulturkampfes und der politischen wie gesellschaftlichen Umbrüche sowie in einem konfessionell gespaltenen Land, in dem die Katholiken in der Minderheit waren. Den Prozeß der Kommerzialisierung, der Bürokratisierung und Zentralisierung des Staates, der Pluralisierung und Demokratisierung der Gesellschaft sowie die zunehmende Auflösung traditionsgeleiteter Lebensführung verfolgte er mit Unbehagen. Diesem Prozeß der Modernisierung stand er im Grund ablehnend gegenüber.

Doch Porsch war von seinem Naturell her und dann vor allem in seiner politischen Praxis auf das realistisch Machbare und den Kompromiß angelegt. Nicht zuletzt war er ja nach 1918 in Preußen ein „Großkoalitionär“. Dadurch wurde er auch ein erfolgreicher Führer einer an sich heterogenen Zentrumsfraktion. Dieser mußten die erzielten Kompromisse, die natürlich den gesellschaftlichen Modernisierungsprozeß widerspiegelten, der Fraktion auch vermittelt werden, damit sie politisch tragfähig waren. Und so wurde Porsch, eigentlich ungewollt, in diese Modernisierung in Deutschland hineingestellt.

Seine Politik „war damit die Politik eines Vertreters organisierter Interessen. Dabei faßte Porsch den Katholizismus als eine Art ‚Dachverband‘ konfessioneller Unterorganisationen auf. In diesem Rahmen stellte neben den katholischen Laienorganisationen (unter Einschluß des Zentrums) auch die kirchliche Hierarchie nur einen Faktor innerhalb des Katholizismus dar. […] Sein Einsatz für eine ‚Politikfähigkeit‘ des Katholizismus schloß auch ein, daß er gegenüber der kirchlichen Hierarchie die politischen Interessen des Katholizismus zur Geltung brachte.“ (August Hermann Leugers-Scherzberg)

Porsch verstand es wie kein Vertreter des parteipolitischen Katholizismus im deutschen Sprachraum, auf der Klaviatur des organisierten katholischen Milieus zu spielen. Früh fand er im CV und seinen Verbindungen ein für ihn nützliches Netzwerk, das er im Gegenzug auch förderte. Zentrumspartei und katholisches Verbandswesen waren die Basis seiner politischen Tätigkeit. Retrospektiv betrachtet verinnerlichte er lange vor dem II. Vatikanum das, was dieses unter eigenverantwortliches Laienapostolat verstand.

Porsch gehörte vor dem Ersten Weltkrieg zwar nicht zu allerersten Garnitur der Zentrumsführer, wie etwa ein Ludwig Windthorst (AW EM), Ernst Lieber (AIn EM) oder Georg Graf Hertling (Ae), wohl aber zu ersten. Denn nicht zuletzt war er fast 50 Jahre seines Lebens politischer Mandatar, wovon er knapp mehr als die Hälfte der Zentrumsführer Preußens war.

Von den vielen Ehrungen, die er erhalten hatte, sind vor allem sein Ehrendoktorat der Theologischen Fakultät der Universität Breslau (1911), der päpstliche Titel Geheimer Kämmerer (Camerieri Segreti di Spada e Cappa) und der preußische Titel Geheimer Justizrat zu erwähnen. An Orden wurden ihm u. a. das Großkreuz des päpstlichen Piusordens sowie den preußischen Orden vom roten Adler II. Klasse verliehen.

Anläßlich seines 70. Geburtstags sowie seines Todes gab es Lobeshymnen auf Porschs Leben. Sie vermitteln den Eindruck, als ob es ausschließlich von Glück und Erfolg geprägt gewesen wäre. Gustav Simon (Gu) zeichnete in seinem Nachruf in den „Guestfalenblättern“ (Nr. 28, Februar 1931, S. 14) ein realistischeres Bild: „Es war im Grunde ein Leben wachsender Vereinsamung, und daß der Verstorbene das tief empfunden hat, daran ist gar kein Zweifel.“

TOD UND BEGRÄBNIS

Aufgrund seiner Zuckerkrankheit machte sich im Lauf des Jahres 1930 der körperliche wie geistige Verfall von Porsch zunehmend bemerkbar. Nach einer Sitzung des Landtags am 14. November mußte er nach Breslau zurückkehren und sich ins Krankenhaus der Barmherzigen Brüder begeben. Am 5. Dezember mußte sein rechter Fuß amputiert werden, und sein Zustand wurde im kritischer. Als ihn der Erzbischof von Breslau, Adolf Kardinal Bertram, in den letzten Lebenstagen im Krankenhaus aufsuchte, bemerkte Porsch: „Noch kurze Spanne Zeit, dann stehe ich vor meinem Gott.“ Er erlitt schließlich einen Herzinfarkt und starb am 8. Dezember 1930, am Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariä, um 4 Uhr in der Früh.

Porsch wurde zuerst in der Klosterkirche der Barmherzigen Brüder aufbewahrt, wo die Chargierten der Winfridia Tag und Nacht an seinem Sarg die Totenwache hielten. Danach wurde der Leichnam zum Requiem in den Breslauer Dom überführt, das Kardinal Bertram, der auch Vorsitzender der Fuldaer Bischofskonferenz war, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung zelebriert. Anschließend wurde der Sarg in einem endlos erscheinenden Zug zum Bahnhof geleitet und von dort zur Beisetzung in der Familiengruft seiner Frau nach Eltville am Rhein gebracht.

Am dortigen Bahnhof wurde der Sarg von Chargierten seiner Urverbindung Guestfalia und der Bavaria Bonn erwartet und in der Kapelle des Friedhofs von Eltville aufgebahrt. Am nächsten Tag, dem 12. Dezember, wurde Porsch beigesetzt. Die feierliche Einsegnung nahm der Bischof von Limburg, Antonius Hilfrich, vor, bei der zahlreiche Vertreter des öffentlichen und des katholischen Lebens sowie des CV teilnahmen.
Der WCV hielt am 24. Februar 1931 in der Kirche St. Peter, Wien, einen Gedenkgottesdienst ab. Einen Tag später, am 25., fand ein Trauerkommers der Norica im „Saale zum Grünen Tor“ (Lerchenfelderstraße 14) statt.

Der deutsche CV gedachte Porsch nach dem Zweiten Weltkrieg, indem er anstelle der früheren CV-Hilfskasse 1953 die Felix-Porsch-Stiftung e. V. gründete

Werke:

(Auswahl)
Die Bedeutung des Beweises durch Indizien im kanonischen Gerichtsverfahren (1876).
Vierzig Jahre Zentrum (1911; gemeinsam mit Georg Graf Hertling).

Quellen und Literatur:

Academia 26 (1913/14), S. 85–90, und 41 (1928/29), S. 8–12.
Verbindungsarchiv Norica. Noriker-Blätter, VI. Jahrgang, Nr. 19, 1. Juli 1931.
Austrier-Blätter, Nr. 6, 1931, S. 15f.
Leugers-Scherzberg, August Hermann: Felix Porsch 1853 – 1930. Politik für katholische Interessen in Kaiserreich und Republik (= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte. Reihe B: Forschungen. Band 54). Mainz 1990.
CV-Handbuch. Hg. von der Gesellschaft für Studentengeschichte und studentisches Brauchtum e. V. Regensburg 3. erw. Auflage 2000, S. 49f., 485f. und 579
Neubach, Helmut: Felix Porsch, in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 637f. Onlinefassung: www.deutsche-biographie.de/pnd118928708 (Abruf 20. 12. 2015)
Schmitt, Christoph: Felix Porsch. Jurist, Politiker, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 29 (2008), Sp. 1087–1096 (hier ein umfassenden Veröffentlichungsverzeichnis von Porsch).