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Geistl. Rekt. KonsR. HR Heinrich Zeder

Geistl. Rekt. KonsR. HR Heinrich Zeder

Urverbindung: Nordgau Wien (30.01.1925)

Geboren: 15.07.1903, Röschitz (Bezirk Horn, Niederösterreich)
Gestorben: 08.12.1985, Wien
Weltpriester, geistlicher Rektor (Gefangenhausseelsorger), Konsistorialrat, tit. Hofrat
Politische Haft: Polizei- bzw. Untersuchungshaft 1940–1943 (Wien, Anrath bei Krefeld, Mönchengladbach)

Lebenslauf:

Zeder wurde als Sohn eines Tischlermeisters geboren und besuchte in seinem Heimatort die Volksschule. Er fiel aufgrund seiner schulischen und sonstigen Begabungen dem Pfarrer auf, der die Eltern überredete, ihn auf das Gymnasium zu schicken. So trat er 1915 in das Knabenseminar Hollabrunn ein und maturierte 1923 am dortigen Gymnasium. In dieser Zeit schloß er sich der katholischen Ferialverbindung Rugia Retz an, die speziell für Gymnasiasten in Hollabrunn gegründet wurde. Anschließend trat er in das Wiener Priesterseminar ein und begann das Studium an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien (abs. theol. 1928; die in „Farbe tragen“ [siehe unten Literaturverzeichnis] genannte Promotion zum Dr. theol. fand jedoch nicht statt). Er fand 1924 Kontakt zur katholischen Pennalie Thuringia (später MKV), wo er Ehrenphilister wurde, und trat dann dem Nordgau bei (Couleurname Ingo).

Am 17. Juli 1927 wurde Zeder zum Priester geweiht, die Primizpredigt hielt der damalige Domdechant und spätere Wiener Weihbischof Franz Kamprath (F-B EM). Nach Vollendung des Studiums im folgenden Jahr wurde Zeder mit 1. April 1928 Kaplan in Orth an der Donau ernannt, um dann 1931 als solcher zur Pfarre St. Johann Evangelist in Wien-Favoriten (Keplerplatz) versetzt zu werden, der er bis zu seinem Tod wohnmäßig verbunden blieb. Dort betätigte er sich im Christlich-Deutschen Turnerbund (nach 1945 Turn- und Sport-Union) und war auch Seelsorger bei den Ostmärkischen Sturmscharen.

Nach dem Anschluß im Jahr 1938 bekam Zeder bald Kontakt zur Österreichischen Freiheitsbewegung um den Klosterneuburger Chorherren Roman Scholz, bei der auch sein späterer Bundesbruder Walter Urbarz (NdW) tätig war. Deswegen sowie wegen seiner Jugendarbeit in der Pfarre und wegen Radiohörens wurde er von der Gestapo vorgeladen und verhört. Als er die Entfernung der Kreuze aus den Schulen kritisierte, wurde er am 30. Juli 1940 verhaftet, Er war zuerst im Polizeigefängnis auf der Roßauerlände (ehemals Elisabethpromenade), kam am 11. September 1940 in das Bezirksgericht Wien-Margareten und im März 1941 ins Wiener Landesgericht. Im Juli 1941 wurde er in das Gefängnis von Anrath (nunmehr Krefeld, Nordrhein-Westfalen) verlegt („Hölle von Anrath“), wo er acht Monate blieb. Im März 1942 kam er in das Gefängnis von Mönchengladbach, von wo er im Februar 1943 wieder nach Anrath rücküberstellt wurde. Nach insgesamt 32 Monaten Haft wurde er am 5. April 1943 nach Wien entlassen. Während seiner Haftzeit gab er zusammen mit einem Zisterzienser-Pater des Stiftes Wilhering eine religiöse Monatsschrift heraus, die aber unentdeckt blieb.

In seinen Erinnerungen in der Festschrift zum 50. Stiftungsfest des Nordgau schrieb Zeder: „Als ich 1940 unter dem Verdacht der Vorbereitung zum Hochverrat verhaftet wurde, stieß ich in den verschiedenen Gefängnissen immer wieder auf Cartellbrüder. [...] Es gab wohl keinen Akademiker, dem bei den Gestapoverhören nicht die Frage vorgelegt wurde, ob er CVer sei. [...] Auch bei den Verhandlungen vor dem Volksgericht wurde die Zugehörigkeit zum CV schon a priori als schwerste Belastung gewertet. [...] Noch niemals in der Geschichte der katholischen farbentragenden Hochschulverbindungen hat sich das Prinzip der Freundschaft und der tätigen Nächstenliebe wirkungsvoller gezeigt als in jenen Tagen, da es galt, seelische und leibliche Not zu lindern, Trost zu spenden und Entmutigte aufzurichten.“

Nach Wien zurückgekehrt, war Zeder wieder in seiner Pfarre tätig. Um aber jedoch vor weiteren Nachstellungen der Gestapo sicher zu sein, ließ er sich bereits Ende Juni 1943 zur Deutschen Wehrmacht einziehen, was damals eine gängige Praxis für Priester in einer solchen Gefahrenlage war. Als er im Zuge eines Gerichtsverfahrens während der Jahreswende 1943/44 keine Aussagen machte, wurde gegen ihn wegen der „Nichtanzeige eines hochverräterischen Unternehmens“ nach § 138 des deutschen Strafgesetzbuches (diesen Tatbestand gibt es nach wie vor im deutschen Strafrecht) Anklage erhoben. In dem Verfahren wurde er am 25. Februar 1944 zwar zu zwei Jahren verurteilt, jedoch wurde seine Untersuchungshaft angerechnet, so daß das Urteil für ihn keine unmittelbaren Folgen hatte. Er wurde dann in Frankreich bzw. an der Westfront eingesetzt und geriet Mitte April 1945 in Solingen (bei Leverkusen) in US-Kriegsgefangenschaft.

Am 19. August 1946 wurde Zeder aus der Gefangenschaft entlassen und kehrte als Kaplan in seine Pfarre St. Johann Evangelist zurück. Darüber hinaus war er Religionsprofessor an einer Realschule. Als der langjährige Gefängnisseelsorger am Landesgericht Wien (im sog. „Grauen Haus“), Eduard Köck (Rd), 1952 verstarb, wurde Zeder mit 31. Dezember 1952 sein Nachfolger. Mit 1. August 1954 wurde er zum geistlichen Rektor (Dienstklasse VII) ernannt und gründete im selben Jahr die „Arbeitsgemeinschaft der Gefangenhausseelsorger Österreichs“. In dieser Funktion hat er an der Vorbereitung der Richtlinien für die römisch-katholische Seelsorge für alle Justizanstalten Österreichs, die vom Justizministerium im Einvernehmen mit den Kirchen erlassen wurden, mitgewirkt und damit wesentlich zur Förderung des modernen Strafvollzuges beigetragen.

Zeder trat zwar Ende 1968 in den Ruhestand. Da aber die Erzdiözese Wien vorerst keinen Nachfolger benennen konnte, erklärte er sich bereit, im Rahmen eines Sondervertrages die Funktion eines Gefangenhausseelsorgers für weitere vier Jahre bis Ende 1972 auszuüben. Seitens der Erzdiözese Wien erhielt er den Titel Konsistorialrat verliehen. Der damalige Päpstliche Nuntius Opilio Kardinal Rossi (Dan EM) setzte sich sehr für eine staatliche Ehrung ein. So verlieh ihm der Bundespräsident am Nikolaustag 1972 den Berufstitel Hofrat. Zeder wurde auf dem Friedhof seines Geburtsortes Röschitz begraben, und nach ihm wurde 2007 ein Weg in Wien-Favoriten (Oberlaa) benannt.

Werke:

Judas sucht einen Bruder, Schicksale aus dem Freiheitskampf Österreichs (1948)
Graues Haus. Eine Chronik über Seelsorger und Seelsorger von 1834–1972 (1983).

Quellen und Literatur:

Verbindungsarchiv Nordgau Wien. Stammblatt.
Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsdirektor i. R. Heinz Hafner Am, Mitteilung 4. 6. 2020.
Zeder, Heinrich: Sturm über Österreich, in: Festschrift der KÖHV Nordgau zum 50. Stiftungsfest, Wien 1950, S. 104–109.
Academia intern 5/2007, S. 4.
www.doew.at/erinnern/biographien/erzaehlte-geschichte/widerstand-1938-1945/heinrich-zeder-mit-der-bibel-in-der-hand (Abruf 6. 5. 2020)
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 395f.